Interview Es ist schon eine Weile her, dass wir uns unterhalten haben… Was passierte bei GORATH seit 2005? Waren ja scheinbar gute Jahre, mit einigen Veröffentlichungen.
Das Wichtigste war sicherlich die Entwicklung von einem Soloprojekt zu einer richtigen Band, nach dem Release von „The Fourth Era“ 2007. Mit Session Musikern wurden Shows in Belgien und im Ausland gespielt, die nach und nach durch Vollzeitmitglieder ersetzt wurden. „MXCII“ ist das letzte Album, dass ich praktisch alleine geschrieben, heute tragen alle Bandmitglieder zum Songwriting bei. Wir spielen weiterhin Shows, bisher u.a. mit DARK FUNERAL, SHINING, WATAIN und NEGURA BUNGET. Darkness has fallen and it's not about to clear up.
„MXCII” ist vor Kurzem veröffentlich worden – bist du immer noch nervös vor so einem Termin? Wie sind die Reviews ausgefallen?
Es ist ja unser viertes Album und ich habe das Alter, in dem man auf Weltbeherrschung aus ist oder sein Ego gestreichelt bekommen will, hinter mich gelassen. Mit den vorherigen Alben habe ich mir meine Streifen verdient, alle Alben haben sehr gute Reviews bekommen. „MXCII“ ist ein weiterer Schritt nach vorne, sehr schnell und sehr melodische Musik. Es ist komplex und nicht nach einer Listening Session zu greifen. Dafür gab es exzellente Reviews, genau wie schlechte. Es war das, was ich erwartet habe und es kümmert mich nicht. Die Musik kommt aus meinem tiefen Inneren und ist nicht davon beeinflusst, was andere denken. Die, die wirklich zuhören wollen, finden die Seele von „MXCII“.
Du bist also sehr zufrieden mit dem Album? Natürlich. Sonst hätte ich es nicht veröffentlicht. Und ja, natürlich gibt es kleine Fehler oder Dinge, die ich heute anders machen würde, aber ich sehe „MXCII“ als unser erwachsendes Album an.
Verglichen mit euren früheren Alben, wo hat „MXCII“ die größten Veränderungen und Fortschritte? Die Musik ist komplexer und mehr auf einer guten Atmosphäre basierend. „MXCII“ enthält viele Schichen Musik, die nicht alle sofort sichtbar sind. Sie müssen entdeckt werden. GORATH wurde immer mit SATYRICON verglichen. Die Musik hat sich zu weniger rockenden und weniger groovenden Form entwickelt. Es ist alles dunkler geworden.
Wie lange hast du an den Songs gearbeitet? Hast du da schon Routine entwickelt? Es war alles sehr einfach: Ich schrieb die Musik, programmierte die Drums und gab die Demo an den Drummer. Er spielte das im Studio ein, ich die restlichen Instrumente. Das war’s. „MXCII“ war das erste Album, das mit mehreren Musikern eingespielt wurde, Gitarrist und Bassist haben ihren Teil selbst gespielt. Für das kommende Album hat sich auch der Songwriting-Teil drastisch verändert, wie schon gesagt. Bart (guit.) hat schon zwei Songs fertig, was das erste Mal ist, das jemand anderes mit der Musik von GORATH interagiert. Sein Death Metal-Background ist sehr inspirierend und er bringt GORATH an neue Grenzen.
Wovon handeln die Texte auf „MXCII“? Abgesehen von „Elite” sind alle GORATH-Alben ein Gesamtkonzept, in dem Musik, Artwork und Texte eine Dreifach-Sechs bilden. „The Fourth Era“ behandelte die Maya-Prophezeiungen für 2012, „Misotheism“ handelte von der Doppelzüngigkeit der Kirche und „MXCII“ beschreibt Folklore, gesehen durch die Augen eines Häretikers.
Wurde im Black Metal nicht schon alles gesagt? Wie schwer oder leicht fällt es dir, Texte zu schreiben? „MXCII“ ist einzigartig! Die Texte sind in meinem lokalen Dialekt geschrieben, basierend auf dem dafür offiziellen Wörterbuch. Wir sind die einzige Band in der Welt, die diese Sprache benutzt, erweitert um etwas Latein und Griechisch. „MXCII“ ist das Gründungsjahr meines Dorfes, Diepenbeek, was dasmals wie so viele andere Teile Europas war. Aber viele Leute hier kennen diese Geschichte sicher nicht, die zwar nicht so beeindruckend wie manche Teile der skandinavischen Geschichte ist, aber trotzdem interessant. Es gab eine Art Stonehenge hier („Tombeveld“); zwei Galgen („Doed over't Galgeveld“) und eine Geschichte über St. Augustinus. Jeder Song des Albums erzählt von einer Besonderheit des Dorfes. Ich brauchte Stunden, um alles zu übersetzen, inklusive der englischen Version, die aber in Spiegelschrift abgedruckt ist. Es braucht also einige Anstrengung, um die Texte lesen zu können.
Wie siehst du die heutige Black Metal-Szene? Gibt es noch die gleichen Ideale und das gleiche Image wie zu Anfangszeiten? Die Black Metal-Szene wird von Idioten regiert. Diese Leute kümmern mich nicht, genauso wenig wie sie unsere Musik nennen. In dieser Szene gibt es viele Poser, die nur Farbe tragen und Scheiße reden. Ich fühle mich schon lange nicht mehr dem Black Metal alleine zugehörig, auch wenn ich viele Leute aus der Szene kenne, aber mir fehlen die Regeln. Wenn jemand über Ant-universelle Magie singt und Gnostiker ist, hat er meinen Respekt. Hingabe ist der Schlüssel. Sei ehrlich und hör auf, eine Maske zu tragen! Black Metal war immer ein Vehikel, voll mit Trend-Nachläufern. Die ersten Band wollten sprichwörtlich die Leute schocken; VENOM haben sicher nicht die Ideal verehrt, die manche heute im Black Metal sehen. Ich bin zu lange in der Szene aktiv, um mich um Regeln zu scheren. I just don’t give a fuck.
Wie sehr bist du in der belgischen Szene aktiv? Belgien ist ja in zwei Teile geteilt: im Norden wird Holländisch gesprochen, im Süden Französisch. Diese Teile interagieren nicht sehr viel mit einander. Wie in Deutschland auch werden wir mit Underground-Shows überschwemmt, jede Samstag sind mindestens drei in einem Zwei-Stunden-Radius um mein Dorf. Das ruiniert die Atmosphäre.
Es gibt nicht viele gute Bands hier. PARAGON IMPURE werden bald ein neues Album aufnehmen, ENTHRONED haben ihres gerade veröffentlicht. Ich denke, mehr haben wir an Black Metal nicht.
Was sind deine weiteren Pläne für GORATH? GORATH werden aufgrund von Arbeitsverpflichtungen sicher nie längere Touren spielen, wir haben dieses Jahr schon Support-Angebote für TAAKE und DARK FORTRESS ablehnen müssen. Interessante Sachen sind aber in Arbeit. Wir werden wohl mit TODTGELICHTER eine kleine Tour im Dezember spielen.
Interview Die Veröffentlichung von „Mort(e)Nes(s)“ kam für viele Leute überraschend, immerhin ist der Vorgänger „Misanthrope(s)” noch nicht lange auf dem Markt gewesen. Wie wart ihr in der Lage, das neue Material so schnell zu schreiben?
Wir sind daran gewöhnt und mögen es nicht wirklich, alte Sachen zu proben. Wenn wir uns also im Proberaum treffen, arbeiten wir fast immer an neuem Material. Außerdem sind wir schnell gelangweilt von dem was wir tun und wollen deswegen immer neue Sachen spielen. Von daher ist es für uns nur natürlich, jedes Jahr ein Album zu veröffentlichen. Aber da wir in diesem Jahr viele Shows spielen, wird es mit dem nächsten etwas länger als ein Jahr dauern.
Wie lange habt ihr am Material von „Mort(e)Nes(s)“ geschrieben? Wie ist eure Arbeitsweise beim Schreiben neuer Songs? Für dieses Album haben wir acht Monate gebraucht. Wir hatten im August die nötige freie Zeit, um die Sachen aufzunehmen, was wir nutzen wollten. Allerdings wurden die letzten Wochen vor den Aufnahmen sehr hektisch, um ehrlich zu sein. Guillaume ist wie immer mit Songideen angekommen, die wir dann diskutiert haben, veränderten und dann am Rhythmus arbeiteten. Wenn dann alles fertig ist, arbeite ich am Gesang.
Für mich hat das neue Album einen stärkeren Black Metal-Einfluss als „Misanthrope(s)“ – siehst du das ähnlich? Antoine: Ja, definitiv. Aber es war tatsächlich in unbewusster Vorgang, denn auch wenn wir mehr und mehr vom Black Metal beeinflusst werden, haben wir uns nicht entschieden, ein Black Metal-Album zu machen. Wir wollen einfach nur die Musik machen, die wir selbst gerne hören!
Wie sehr beeinflusst euch denn Musik, die ihr selbst hört? Ich denke, dass sie das nicht sehr stark macht. Wir hörn aber auch nicht viele Sachen und was wir hören, ist sehr erhaben und weit entfernt von dem, was wir spielen.
Worum geht es in den Texten? Da sie ja auf Französisch sind, hatte ich keine Chance, sie zu verstehen.
Ich ließ mich von meinem Leben und meiner Sicht auf Frauen inspirieren. Dieses Album ist total der Weiblichkeit verschrieben, von den besten zu den schlechten Aspekten davon. Ich versuchte, meine Sichtweise davon wiederzugeben und wie Männer und ihre Art des Umgangs mit Frauen diese beeinflussen. Wie immer handelt es sich um ziemlich dunkle Themen, in denen sich aber immer auch Optimismus und Nostalgie finden lässst. Im Gegensatz zum letzten Album habe ich dieses Mal sehr stark mit Kontrasten gearbeitet, Positives und Negatives. Ich wollte etwas sehr dunkles schreiben, das aber auch irgendwie poetisch und kontrastreicher als meine bisherigen Arbeiten ist. Ich hoffe, dass dadurch das Ganze noch dunkler klingt.
Hilft das Singen auf Französisch dabei, diese Atmosphäre noch zu verstärken? Definitiv. Ich könnte mir nicht vorstellen, in einer anderen Sprache zu singen. Es hilft mir, sehr scharf in meinen Texten zu sein und ich mag den Klang der Sprache sowieso. Außerdem ist es eine Möglichkeit, anders als andere Bands zu sein, es gibt unserer Musik definitiv eine besondere Stimmung – jedenfalls hoffe ich das. Tatsächlich verstehe ich nicht, warum nicht jede Band in ihrer Muttersprache singt.
Wie sind denn Albumtitel und das Cover verbunden? Es geht um den Verlust von Unschuld, weswegen das Cover auf jeden Fall den Titel berührt. Ich habe dutzende Stunden im Internet nach diesem einen Bild gesucht. Als ich es endlich gefunden hatte, war der Kontakt mit dem Fotografen sehr nett. Ich denke, dass das Bild voller Inhalt ist, außedem ist es sehr untypisch für die heutige Zeit.
Eure Alben werden ja als wunderschön aufgemachte LPs und CDs veröffentlicht, trotzdem veröffentlich ihr sie aus als kostenlosen Download. Lohnt sich das? Wir haben die LP in sechs und die CD in drei verschiedenen Versionen veröffentlicht, es freut mich, dass sie dir gefallen. Wir werden hoffentlich auch Nachpressungen machen müssen. Wir haben glücklicherweise eine Wild Card bei Denovali Records, was die Sache sehr einfach macht.
Es ist mir egal, ob die Leute unsere Musik runterladen oder kaufen. Ich lade selbst Musik runter, wir müssen uns damit alle auseinandersetzen. Ich weiß nicht, wie es bei anderen Bands funktioniert, aber wir sind zufrieden mit den Zahlen. Wir erwarten aber auch nicht, eine große Band zu werden, wir mögen es ja nicht einmal, auf großen Bühnen zu spielen. Wir haben aber immer das Glück, dass relativ viele Leute zu unseren Shows kommen, das ist fast perfekt. Von der Label-Seite aus gibt es keine Angst, da sie dank uns keine Angst bei schlechten Verkaufszahlen anderer Sachen haben müssen.
Wo in Frankreich lebt ihr? Wie ist die Musikszene dort? Antoine: wir kommen aus Lyon, der zweitgrößten Stadt Frankreichs. Wir haben hier viele gute Bands wie OVERMARS oder DAITRO. Vor einigen Jahren war Lyon eine große Hardcore-Stadt mit Bands wie BASTARD oder CONDENCE. Aber seit vier oder fünf Jahren sind die meisten Clubs geschlossen, wodurch es sehr geworden ist, hier noch Shows zu machen. Aber wir haben trotzdem immer wieder gute Bands, die hier entstehen.
Letzte Worte, Grüße, Shout-outs? Johan: Thank you very much for the interview. We wrote it in the Van on the road between two shows, it made the time look very short *lacht* Many thanks again
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