Nach norwegischem Black Metal sieht das Cover-Artwork von „Motvind“ wahrlich nicht aus. Fünf Jahre haben NIFROST gebraucht um ihre bereits 2011 erschienene Demo „Motvind“ zu perfektionieren und nun – in verbesserter Form und in viel besserer Produktion – als Album vorerst digital neu zu veröffentlichen. Rasender Black Metal nordischer Machart trifft hier auf epische Passagen und nordischen Folk. Übermäßiger Klargesang, Kitsch und Flötendudelei sind den Norwegern fremd, hier wird mit Gitarren und dezenten Chören eine folkige Atmosphäre geschaffen. Der Schwarzmetall obsiegt hier also trotz Blüten-Cover. Der Opener und insbesondere der Titelsong zeigen NIFROST von ihrer epischen Seite: Folkiges Akustikgitarrenspiel verbreitet hier eine schöne Lagerfeuer-Atmosphäre und kontrastiert hervorragend mit den Growls und schnellen E-Gitarren. Heroischer Männer-Chor und Wind-Sampler erledigen den Rest – bei NIFROST klingt das wunderbar, natürlich und echt (wie es bei „Folk“-Metal längst nicht immer der Fall ist). „Vaart Land“ geht mit seinem prägnantem Clean-Refrain schnell ins Ohr, während „Ufred“ durch eingängige Gitarrenarbeit punktet. Songs wie „Dei Ville Med Vald“ zeigen ebenfalls, dass da einiges an Tempo geht. Wer ISTAPP und WINDIR im Regal stehen hat sollte hier mal rein hören.
Hinter THURM stecken Leute von u.a. ANTEATER und AMBER, die sich mit THURM ein neues Betätigungsfeld gesucht haben. Hardcore Kids entdecken den Black Metal für sich, so wirkt "Thurm" zu Beginn. Da wird gleich in die Vollen gegangen. THURM ziehen alle Register des Genres und hassbolzen sich relativ Melodiefrei durch die Songs. Das Ganze gleitet dank der Routine der Beteiligten nie in stumpfes Geholze hat, sondern hat durchaus Groove und ganz viel Charme. Neben dem extrem bösartigem Gesang überzeugt die an Wahnsinn grenzende Schlagzeugarbeit auf ganzer Linie: unfassbar, was dem Kit hier angetan wird. Dabei bleiben Shouter und Schlagwerker jederzeit songdienlich. Gleiches gilt für die wunderbar schrammelnden Gitarren, die gerne mal in Raserei verfallen, um dann im nächsten Moment den Groove zu entdecken. Klingt jetzt alles noch nicht so richtig spannend - beim Songwriting und der Atmosphäre punkten und überzeugen THURM endgültig. Sei es das fast schon melancholische "Modern Slavery Exists" oder das in seiner Wut furios-wunderschöne "Children Of Darkness", THURM wissen, wie Black Metal-Songs geschrieben sein müssen. So bleibt der Hörer beim Album und nimmt das gnadenlose Inferno dankbar hin. Natürlich wäre stellenweise etwas mehr Abwechslung als Entlastung von der Sound-Attacke willkommen, andererseits wäre die Durschlagskraft von "Thurm" dann geringer. Beim Rausschmeißer immerhin zeigen die Herren und Damen, dass sie auch bösartig-schleppende Songs schreiben können. Der Hörer bleibt, umgehauen von sieben Black Metal-Songs, zerstört zurück und stellt fest, dass Black Metal keine Frage der Optik, sondern der Einstellung ist.
Man denkt an vieles, wenn man auf das Artwork des neusten SECRETS OF THE MOON-Albums blickt, nur ganz bestimmt nicht an die Sonne. Doch genauso heißt der schwarze Wirbel der Finsternis: „Sun“. Wer denkt dass „Sun“ wie die letzte Veröffentlichung „Seven Balls“ (2012)das so erfolgreiche „Privilegivm“ (2009)nahtlos fortsetzt liegt ebenfalls falsch, denn SECRETS OF THE MOON sind nach all den Jahren nicht müde sich neu zu erfinden.
Das macht bereits der Opener „No More Colours“ klar, welcher das Werk bedrohlich düster eröffnet. SECRETS OF THE MOON erzeugen hier eine sehr dichte und hoffnungslose Stimmung mit starken Riffs, französischen Lyrics im Hintergrund (wenn man ganz genau hinhört) und industriellem Flair, welches man auf „Sun“ immer wieder findet. In jedem Fall ein sehr intensiver Einstieg.
„Dirty Black“ und “Here Lies The Sun” gehen dafür mit dezentem Gothic Rock-Touch schon fast in Richtung SISTERS OF MERCY. Auch Songs wie das wundervoll atmosphärisch dichte, auf Klargesang setzende „Man Behind The Sun“ oder das doomige „I Took The Sky Away“ wären vor Jahren noch undenkbar gewesen. Ziemlich ruhig startet auch „Hole“ bevor es den Hörer mit schwarzer Macht in die Tiefe reißt: „There is no hope – give yourself into the hole“ – das ist eindeutig.
Die Lyrics sind in jedem Fall klar verständlich, hier unterscheiden sich SECRETS OF THE MOON von vielen Kollegen. Wer auf packenden, düsteren Metal mit mächtigen Riffs und klarem, zeitgemäßen Klang steht kann hier nicht wirklich viel verkehrt machen. Auch wer mit der Band bisher nicht so viel anfangen konnte sollte hier mal rein hören, da hat sich wirklich einiges getan. Anspieltipps sind der grandiose Opener, das mächtige „Hole“ und „Man Behind The Sun“ wegen der wunderbaren Atmosphäre.
So kann es gehen: Olve Eikemo alias Abbath zieht sein eigenes Ding durch. Nachdem es mit Demonaz Doom Occulta und Horgh für ihn bei IMMORTAL nicht mehr funktionierte wagt der legendäre Meister seines Fachs den Erstschlag. Um Verwechslungen zu vermeiden veröffentlicht er dieses mal nicht unter „I“ sondern nennt seine Band gleich beim Namen. ABBATH. Das Artwork zeigt das kultige Corpsepaint des Sängers und auch der Titel der Scheibe gibt Hinweise um wen es sich hier handeln könnte: Richtig, “Abbath”.
Musikalisch gab es mit „Count The Dead“ (inklusive JUDAS PRIES-Cover“ im Dezember schon einen kleinen Vorgeschmack auf das Werk. Und tatsächlich klingen ABBATH ziemlich nach Abbath, IMMORTAL inklusive. Diese Kriegserklärung ist eindeutig, „To War!“ zeigt ordentlich Tempo. Creature alias Kevin Foley (BENIGHTED) und King (Ov Hell) (GORGOROTH) machen ihr Ding ausgezeichnet. Doch ABBATH können mehr als Tempo. Heavy Metal-Einflüsse machen sich hier immer wieder und vor allem in der Gitarrenarbeit bemerkbar, was ein wenig an „I“ erinnert. Das lockert das Ganze ein wenig auf und sorgt für Dynamik, hier gibt es einige Variationen. Das Tempo wird ab und an gedrosselt – was vor allem bei dem epischen „Winterbane“ sehr zu gefallen weiß. Doch auch „Ocean Of Wounds“ und „Root Of The Mountains“ wissen mit der gewissen Note Heavy Metal im Schwarzmetall zu gefallen. In „Fenrir Hunts“ und „Endless“ wird das Tempo angezogen, hier schimmert ein wenig MOTÖRHEAD-Liebe durch.
Große Innovationen braucht man auf „Abbath“ nicht zu erwarten. ABBATH macht hier genau das was er am besten kann und wofür man ihn schätzt. So können alte Abbath-IMMORTAl-I-Fans praktisch bedenkenlos zuschlagen.
Da scheppert es im Untergrund. Aus Karlsruhe kommen die finsteren VOIDCRAEFT, die nunmehr seit 2013 ihr Unwesen treiben und mittlerweile fast ein Dutzend EP’s aufgenommen haben. Im Sommer 2015 wurde das Album „Ἕβελ“ erstmals digital veröffentlicht, jetzt bringen VOIDCRAEFT es mit Label-Unterstützung auch physisch auf den Markt. Wie dem auch sei, „Ἕβελ“ ist das dritte Album des Solo-Künstlers und komplett auf hebräisch (?) verfasst. So kommt Ἕβελ“ wie eine finstere, unheilige Schlange daher gekrochen, bereit die Welt mit ihrem Gift zu benetzen und alles Heilige zu vernichten. Wie eine dämonische Beschwörung mit wirrer, ungehaltnerer Black Metal-Untermalung stürmen VOIDCRAEFT ins Verderben. Die Musik ist schwer zu fassen, eine Disharmonie jagt die andere. Mal geht es langsam und düster-doomig voran, mal rasen VOIDCRAEFT als ginge es um Leben oder Tod – beides im Wechsel und ohne nennenswerte Höhepunkte. Für mich nicht wirklich zu genießen.
Wer mit extremen Black Metal à la ÆVANGELIST etwas anfangen kann, könnte an VOIDCRAEFT Gefallen finden.
Ein typisches Beispiel für Black Metal atmosphärischer, verträumter und doch stürmisch ergreifender Machart liefern auch die US-Amerikaner AMIENSUS – die allerdings auch auf ihrem ersten Album „Restoration“ schon ziemlich experimentierfreudig und genreüberschreitend komponierten. Auf „Ascension“ (zu Deutsch: „Aufstieg) werden diese so geliebten, progressiven Experimente noch weiter verfeinert und ausgebaut. Während der Einstieg „On These Deserted Plains“ mit einer gehörigen Portion Blast Beats und tiefen Growls daher kommt folgt in „Towords Horizon“ die Ruhe nach dem Sturm: Clean-Gesang, sanftes Akkustik-Gitarrenspiel und ein mächtiger, hypnotisierender Songaufbau fesseln den Hörer hier und setzen Kontraste. Diese Kontraste aus stürmischem Black Metal und sanften Gothic-/Alternative-/Progressive Rock dominieren „Ascension“, wobei AMIENSUS auch rein instrumental hervorragen vorankommen: Stücke wie „Delphic Æther“ oder „Glass Dungeon“ beweisen das.
AMIENSUS stehen auf ihrem zweiten jedenfalls für eine geballte Ladung Gitarren (mit bis zu sieben Seiten), eine gewaltige Ladung Keys und eine immense stimmliche Vielfalt mit weiblicher Unterstützung. Dabei bewahren AMIENSUNS trotz progressiver Vorgehensweise stets den Kern, schaffen viele Höhepunkte und lassen nichts absaufen. Ein hervorragendes Album, welches zwar ruhiger als „Restoration“ (2013) daher kommt, dem aber aus einem anderen Blickwinkel betrachtet in absolut nichts nachsteht. Fans von Bands wie OPETH, AMORPHIS, IN VAIN und BORKNAGAR sollten hier unbedingt mal reinhören!
Während inzwischen kein Hahn mehr nach der Viking/Pagan-Metal-Welle kräht, haben doch ein paar Bands dieses Genres durch ansprechende Qualität überlebt – musikalischer Darwinismus in seiner reinsten Form. Eine dieser Kapellen liefert seit dem Jahr 2000 in nahezu konstanten Abständen gute bis sehr gute Alben ab: „Vintar“ ist das verflixte siebte Langspielwerk der Nordrhein-Westfalen und überzeugt auf ähnlich hohem Niveau wie der/die Vorgänger mit Met- und schunkelfreien Schlachthymnen, die immer noch eher mit AMON AMARTH oder SUIDAKRA verwandt sind als mit KORPIKLAANI, TURISAS und Co.. Die einzig nennenswerten Kritikpunkte gehen, ähnlich wie zuletzt, wieder in Richtung des über die gesamte Spielzeit doch etwas eindimensionalen Songwritings in Kombination mit der recht monotonen Krächz-/Growl-Mischung von Sänger Agalaz und der Tatsache, dass sich das Quintett gegenüber dem selbst betitelten letzten Album nicht steigern konnte. Das kostet „Vintar“ zwar den „Tipp“, heißt aber noch lange nicht, dass Granaten wie „Naglfar“, „Wodanheim“ (geil!), der Titelsong, „Sieg Oder Niedergang“, „Feld Der Ehre“ oder „Legiones Montium“ schwacher Stoff seien, ganz im Gegenteil. OBSCURITY haben ihren Weg längst gefunden; mögen uns die „Bergischen Löwen“ noch lange erhalten bleiben!
Laut meinem werten Kollegen Meisenkaiser waren die früheren Werke der bereits seit 1998 aktiven französischen Schwarzkittel noch reichlich gesichtslos und musikalisch in einer unteren Schublade angesiedelt. Diese Einschätzung trifft auf das neueste Werk "Mysterium" in dieser Härte nicht mehr ganz zu, denn die acht zumeist in Hochgeschwindigkeit mit gelegentlichen Midtempo-Einschüben vorgetragenen Songs (zu denen sich auf der Vinyl-Version noch ein Bonustrack in Form des BATHORY-Covers "The Golden Walls Of Heaven" gesellt) liegen keinesfalls an der Grenze zum Ohrenkrebs, doch eine echte eigene Identität haben TEMPLE OF BAAL auch mit ihrem inzwischen fünften Langspielwerk (nebst diverser Splits und Demos) nicht gefunden. Die Songstrukturen sind sehr austauschbar; einprägsame Hymnen sucht man auch nach mehreren Durchläufen vergebens. Auch der stark ins Death-Metallische abdriftende Grunzgesang von Gitarrist Amduscias kommt sehr monoton und wenig ausdruckstark daher, was auch die zweckmäßige Breitwandproduktion kaum kaschieren kann. Das Quartett macht insgesamt, vor Allem instrumental, nicht viel falsch, aber nichts, was stilistisch ähnlich gelagerte Vorbilder wie MARDUK oder BEHEMOTH nicht schon um Welten besser erledigt hätten. So bleibt "Mysterium" eines dieser Alben, die niemandem wehtun, die man sich problemlos anhören und vielleicht sogar gut finden kann, die aber vom Rad der Zeit gnadenlos überrollt werden.
Von dieser 2013 gegründeten Band um die Herren Alfschijn, Botmuyl und MJWW, die auf der Bühne von vier weiteren Musikern verstärkt werden, ist nicht viel bekannt, außer, dass die Mitglieder unter Anderem bei HEIDEVOLK oder den seit knapp zehn Jahren (leider) nicht mehr existenten FLUISTERWOUD aktiv waren. Für eine noch recht junge Formation machen WEDERGANGER aber alles andere als einen schlechten Job: die acht Stücke ihres Debütalbums "Halfvergaan Ontwaakt" bieten ein durchgehend starkes, tempomäßig variierendes Old-School-Black-Metal-Fundament, auf dem das Trio viele melodische Abschnitte, tiefe Chöre, Piano-Intermezzi ("Schimmenspel") und ruhige Parts errichtet, so dass, wie etwa in den Songs "Dodendans" oder dem großartigen "Vlammenvonnis", bisweilen mitunter in Viking/Pagan-Sphären eingedrungen wird. Mit "Zwarte Gedachten" hat die Truppe am Ende eine superbe Midtempo-Doom-Nummer angehängt, die den letzten Beweis liefert, dass hier ein sehr vielversprechender Newcomer am Start ist, den man nur schwer einordnen und vergleichen kann, der aber, da bin ich mir sicher, mit seinem nächsten Werk noch eine gehörige Schippe drauflegen wird.
„Thy Kingdom Come“ heißt das zweite Album von AGRATH. Aus New York kommt dieses sehr ritulesk klingende Black Metal-Trio, welches man nicht nur soundtechnisch eher nach Südamerika stecken würde, ein spanisch-sprachiges Instrumental-Stück „La Catedral Del Dolor“ unterstreicht diesen (offensichtlich gewollten) Eindruck nämlich noch.
Mystische Klänge „From Beyond…“ läuten das Album ein, das mit dem düster-rumpelnd-rauschigen „Litany“ sogleich in finstere Black Metal-Klangwelten explodiert. Hin und wieder bilden Instrumental-Passagen mit südamerikanischen Feeling einen interessanten Gegenpol zum schwärzlichen Geknüppel. Tatsächlich sei aber gesagt, dass die Aufnahmequalität hier so sehr im Keller ist, dass es über eine Spielzeit von über fünfzig Minuten einfach kein Genuss ist. Klar, das alles trägt zum Soundbild von AGRATH bei und hat auch einen gewissen Charme, doch irgendwie geht der rote Faden den New Yorkern mehr als einmal verloren und kürzere Songs hätten es hier definitiv auch getan.
Wer am BLACK TWILIGHT CIRCLE und Bands wie VOLAHN, ARIZMENDA, DOLORVOTRE und BLUE HUMMINGBIRD ON THE LEFT Gefallen findet sollte hier dennoch mal rein hören.