Finster, finster wird es mit HOSTIUM aus der kanadischen Hauptstadt Vancouver. Nach einer Demo mit dem doch eher goreig klingenden Titel „Pissing Incest On The Virginborn“ (2008) veröffentlicht das Trio nun sein erstes Album: „The Bloodwine Of Satan“.
Der Opener verschafft es auch sogleich mit sehr ritulesken Tönen den „Holy Spirit Of Satan“ einzufangen, bevor das Ganze in rumpligen Black Metal überdriftet. Die Produktion ist hier wirklich nicht zu loben, für ein BM-Debut aber noch im Rahmen. Insgesamt bieten HOSTIUM hier eine ansehnliche Bandbreitedes Black Metal alter Schule: Schaurigen Rhythmus („Bloodwine Calice“), leicht rituleske Down-Tempo-Songs („Arcane Deathtomb“) und satanisches High-Speed-Geknüppel („Thirst of Destruction“). Die Vocals haben stets einen schaurigen Hall in sich („From Soulless Ruins“ - besonders eindrucksvoll). So kann man sagen, dass es durchaus lohnt vom Blutwein des Satans zu kosten, vorausgesetzt man genießt Black Metal älterer und rumpeliger Art.
Schaurig und satanisch und manchmal auch zutiefst verstörend ist das Album auf jeden Fall.
Anspieltipps: Das straighte „Heathen Burial“ und im Kontrast dazu „Arcane Deathtomb“.
„Ah Tza!“, heißt die neuste Veröffentlichung der mexikanischen Black Metal-Pioniere XIBALBA ITZAES, um die es sehr lange still war. Dieser Stille setzt das Trio nun ohne große Umschweife ein Ende. Ungestüm, brachial und roh brettert der gerade einmal zweiminütige Opener aus den Boxen. XIBALBA ITZAES klingen eher nach dem hohen Norden, denn heißen Mexiko. Hier werden keine folkigen Melodien oder Instrumente rein gemischt, „Ah Tza!“ ist purer Schwarzmetall. Dabei waren die Mexikaner Abwechslung: Während der Titel-Song ungestümer, schnellerer Natur ist, fallen in „Katun 1“ die dominanten (ich finde fast schon penetranten) Gitarren auf. Der Höhepunkt der Scheibe ist mit dem wunderbaren, etwas langsameren „Dawn Of Endless Horrors“ gegeben. Hier sind die Stimmung und das Feeling perfekt. XIBALBA ITZAES erweisen sich als echter Geheimtipp für Fans etwas roherer Black Metal-Tapes. „Ah Tza!“ schafft mehr als so manche jüngste Veröffentlichung aus Norwegen – und das in gerade einmal neun Minuten.
Anspieltipp: „Dawn Of Endless Horrors“
Eine Gratwanderung zwischen (Alb)traum und Wirklichkeit ist das neue Album Black Metal-Chaoten SKÁPHE. Wer das Selftitled-Demo der Amis kennt dürfte sich freuen, denn hier gibt es SKÁPHE hoch zwei. Schwärzester Noise trifft hier auf ungestümen, rasenden Black Metal und noch viel mehr. Die hier gebotende Musik hat einen industriellen, aber zeitgleich okkulten Touch. Finstere Soundwände treffen auf ein sehr geladenes Schlagzeug und schreddernde, verzerrte Gitarren. Die Vocals klingen in ganzer Linie sehr gespenstisch (man könnte sagen geisterhaft), sehr verzweifelt und sind ganz und gar unverständlich. Ab und zu wird das Tempo gedrosselt und eine gruslige Stimmung breitet sich aus (besonders eindrucksvoll in V). Hier schaffen SKÁPHE eine sehr düstere, beklemmende Atmosphäre. Doch Struktur wird hier mit numerischer Titelvergabe nur geheuchelt, die Band gibt sich so unstrukturiert und undurchsichtig wie je und schafft ein einziges, großes finsteres Chaos. Für den einen ist „Skáphe²“ somit sicher die perfekte Vertonung von Beklemmung und Angst und tierfster Verzweiflung. Für einen großen Rest dürfte das Album allerdings schwer zugänglich sein – SKÁPHE machen es ihren Hören nämlich keinesfalls leicht. Viele, viele Disharmonien, viel Gewabber, viel Lärm, wenig bis keine Struktur – wer das totale Chaos sucht wird hier jedenfalls fündig!
Ich hasse Tribut-Alben und finde sie wirklich unnötig. Viel zu oft werden gute Stücke viel zu schlecht und ohne Herzblut wiedergegeben, oder die gecoverten Songs klingen zu 98% wie das Original. Wo ist da der Mehrwert? Auch die schwedischen EREB ALTOR bringen mit „Blot – Ilt – Taut“ (altschwedisch für: „Blood – Fire – Death“) ein Tribute-Werk zu Ehren BATHORYs heraus und setzen den Maßstab damit verdammt hoch. Da die Band den ein oder anderen Song schon einmal live performte hat das eigentlich nicht überrascht und dürfte viele Fan-Herzen höher schlagen lassen.
„Blot – Ilt – Taut“ ist keine neu eingespielte Version von „Blood Fire Death“ (1988). Die Schweden haben sich hier Quorthons älterer Werke bedient und diese mit ihrer besonderen Note verfeinert. Leicht angestaubte Black Metal-Werke wie „The Return Of Darkness And Evil“ (von der „Scandinavian Metal Attack“-Split 1984) knallen da selbstverständlich mit viel mehr Power aus den Boxen. EREB ALTOR haben eine wunderbare Mischung aus schwärzlicheren und doomigeren Klassikern BATHORYs zusammengestellt und ein Tribut-Album geschaffen, das sich wirklich sehen lassen kann. Teilweise weiß man nicht, ob hier BATHORY oder EREB ALTOR läuft. So sollte es sein. Dabei hört man die Leidenschaft mit der die Schweden an die Sache gegangen sind bei jedem Song klar raus. Die Liebe steckt hier im Detail. Klar ist, das EREB ALTOR hier großes geleistet haben!
„Blot – Ilt – Taut“ zählt für mich klar zu den besten Veröffentlichungen des noch jungen Jahres (auch wenn hier dezent beim Meister abgekupfert wurde) und ist ein Muss für jeden EREB ALTOR- und BATHORY-Fan. Einzige Minus-Punkte gibt es da leider nur in der B-Note, da das Album (wie auch schon die vergriffene EP „The Lake Of Bloo“ (2014)) ausschließlich auf LP erscheint und Plattenspielerlosen Musiksammlern somit leider vorenthalten bleibt.
Keine Ahnung, ob „Metal Noir Quebecois“ jemals in die Fußstapfen der norwegischen Kollegen vm „Inner Circle“ treten wird, vermutlich eher nicht. Zu gut klingt noch immer der Ruf, von dem die Skandinavier heute leben. Wer aber auf der Suche nach frischen Bands ist, wer eher unentdeckte, musikalische Landstriche antesten möchte, der kommt am französischen Teil Kanadas nicht vorbei. So interessant und vielschichtig Land und Leute, so tiefgründig erscheint auch der Black Metal aus Quebec. Die vielleicht bekanntesten Bands mögen Forterèsse und Monarque ein, aber mit Chasse-Galerie, Csejthe, den inzwischen leider verblichenen Culte D'Ébola und vielen anderen Kapellen, gibt/gab es tonnenweise mehr. Komischerweise finden die Franko-Kanadier hierzulande nicht den Zuspruch, den Sie verdient hätten, aber vielleicht schaffen es ja CANTIQUE LÉPREUX mit ihrem Erstling, der am 18. März im Eisenwald erscheinen soll. Wie das Land, so eben die Leute – und manchmal auch die Musik. Die Schönheit Quebecs prägt „Cendres Célestes“ in jeder Sekunde, schon angefangen vom atmosphärischen Intro „Introduction“, das leicht flirrend aus der scheinbar überforderten Box wabert, kracht und knackt. Wer aber jetzt denkt, die drei Kanadier Blanc Feu :(Gitarre/Gesang), Cadavre (Drums) und Matrak (Bass) klängen wie die Hinterwäldler in Papas Garage, ist arglistig getäuscht. Die Jungs sammelten allesamt ihre Erfahrungen bei oben bereits genannten Formationen. Und sie übertreiben es gekonnt weder mit liebreizender Schönheit, noch mit vordergründiger Schwarzmetall-Fäulnis. Eben noch episch-schön, werden sie schon Sekunden später eiskalt – und liefern Black-Metal-Vibes as fuck - die viele Norweger nicht mehr können/wollen/dürfen. CANTIQUE LÉPREUX nehmen die bekannten Zutaten vom aggressiv-kehligen Gekreische, über flirrende Gitarren, krachkalte Riffs, mächtige Melodien, brutalen Bumms bis hin zu gehetzten Tempo-Upgrades und mischen das alles zu einer sehr eigenen, schwermütig-blackmetallischen Mischung. Was übrigens nichts, aber auch gar nichts, mit den französischen Vocals zu tun, die eh nur schwer als solche zu erkennen sind. Und wenn jetzt jemand denkt, das ist hier der wunderschöne Soundtrack zu einem Heimatfilm oder einer Mare-TV-Doku über Kanadas Osten, der sieht sich erneut getäuscht. Das Premierenwerk hat so viel Wut in sich, was darauf hinweist, dass sich natürlich auch in den wunderschönsten Gegenden die hässliche Fratze der Gesellschaft zeigt. Das beweisen auch Songtitel wie „Le Froid Lépreux“ (Die kalten Aussätzigen) oder „Le Mangeur d' Os“ (Knochenfresser - mit Bathory-Epik!), der CD-Titel (Himmlische Asche) oder der Bandname (Lepra-Lobgesang). In seiner Ganzheitlichkeit mutiert das Album zu einem mega-melancholischen Sammelsurium hingebungsvoller Hymnen - ohne Ausnahme. Die Lepra-Lüstlinge geben großes Drama, versprühen allgegenwärtige Traurigkeit aber auch eiskalte Härte, gepaart mit intensiven Vocals und unglaublichen Melodien. Die ganze Passion ist der Scheibe jederzeit anzuhören. Und wer es nicht glauben mag, hört das intensive „La Meute“ auf Bandcamp. Danke Eisenwald, danke Quebec, danke CANTIQUE LÉPREUX.
Tod bedeutet meistens Verlust und Einsamkeit. Keine Frage, Trondr Nefas (URGEHAL, BEASTCRAFT, ANGST SKVADRON, ENDEZZMA) starb mit gerade einmal 35 Jahren viel zu jung. URGEHAL hatten zu diesem Zeitpunkt gerade sechs Alben veröffentlicht, wobei die erste Hälfte von Nummer Sieben auch schon fertig geschrieben war – von Trondr Nefas. Bei solch einem tragischen Einschnitt stehen Bands meistens vor einer großen Entscheidung: Auflösung oder Ersatz. Beides kam für Enzifer und Uruz nicht in Frage. So wurde weder ein Ersatz-Sänger arrangiert, noch die Band aufgelöst. Die verbleibenden URGEHAL-Mitglieder verabschieden sich mit „Aeons In Sodom“ von ihrem verstorbenen Vokalisten – und ihren Fans.
Die Vorgehensweise der beiden Norweger ist dabei mehr als spannend: Die Hälfte des Albums wurde von Trondr Nefas geschrieben, die zweite Hälfte von Enzifer vervollständigt. Einige Gitarren-Soli stammen ebenfalls von Trondr Nefas. Für den Rest (Gesang und Solos) engagierte das verbliebene Duo etliche Gastmusiker: Nocturno Culto (DARKTHRONE), M. Shax (ENDEZZMA), Mannevond (KOLDBRANN, Niklas Kvarforth (SHINING), Nattlefrost (CARPATHIAN FOREST) und Nag (TSJUNDER) haben URGEHAL ihre Stimme geliehen – um nur einige zu nennen. Musikalisch gesehen bietet „Aeons In Sodom“ einen guten Querschnitt durch die bisherige URGEHAL-Diskographie. Von leichten Thrash-Einflüssen („The Iron Children“), Death Metal-Einflüssen bis hin zu Heavy Metal- und groovigem Gitarrenspiel („The Sulphour Black Haze“) ist hier echt alles dabei.
Man könnte jetzt meinen, dass „Aeons In Sodom“ ein wenig gestückelt wird. Überraschender Weise ist das jedoch gar nicht der Fall, URGEHAL haben ihren alten Stil trotz der vielen Gastmusiker konsequent beibehalten. Das überrascht vor allem, da hier mit Hoest, Nattlefrost, Nag und Kvarforth ziemlich markante Stimmen auf der Liste stehen, was hier allerdings eher Gewinn als Chaos stiftet. „Aeons In Sodom“ ist alles in allem ein würdiger Abschluss der 22-Jährigen Bandgeschichte und ein würdiges Tribut an Trondr Nefas, der sich nicht im Grabe umdrehen braucht.
Anspieltipps sind vor allem „The Sulphour Black Haze“, „Norwegian Blood And Crystal Lakes“ und „Psychedelic Evil“. „Aeons In Sodom” ist ein Muss für jeden URGEHAL-Fan.
„Vertellingen Van Een Donkere Eeuw“ heißt die erste Full-Length des Zwei-Mann-BM-Projektes FOLTERAAR, welches sich aus B. (Bram) und K. (Kenneth) zusammensetzt. Gerade Letzterer scheint ausgesprochen ambitioniert zu sein was den niederländischen Black Metal-Underground anbelangt, in nicht weniger als achtzehn (!) Projekten ist K. aktiv dabei. Unzählige Demos wurden aufgenommen, ein paar Split’s und EP’s und nun endlich – mit FOLTERAAR – ein erstes Album. Dabei machen FOLTERAAR es dem Hörer gar nicht einmal so leicht: In gutdurchschnittlicher Albumlänge bekommt man hier fiesesten, ritulesken Underground Black Metal um die Ohren gejubelt. Schlagzeug und Gitarren agieren hier sehr Genre-typisch. FOLTERAAR können zwischen Mid- und Up-Tempo variieren und mitunter richtig Gas geben. Dazu gesellen sich die finsteren Vocals frühster Black Metal-Veröffentlichungen aus dem hohen Norden – in Niederländisch.
Was FOLTERAAR fehlt ist allerdings (leider!) nicht nur Fähigkeit Neues zu kreieren, sondern allem voran die Fähigkeit Nachhaltig Eindruck zu schinden. Wer auf Rumpelkammer-Schwarzmetall übelster Sorte steht kann hier mal rein hören – oder es sein lassen.
Hallo TODTGELICHTER! Ende Februar kommt es endlich zur Veröffentlichung von „Rooms“, welches bereits im März 2015 angekündigt wurde und auch Ende letzten Jahres erscheinen sollte. Wie kam es zu den Verzögerungen?
Tentakel P.: Wir haben uns zusammen mit dem neuen Label Supreme Chaos Records erst etwas später als geplant geeinigt, was aber an uns liegt. Die Aufnahme- Mix- und Mastersessions haben sich auch nicht schwieriger oder langwieriger als sonst gestaltet, haben sich aber aus Termingründen etwas länger als geplant hingezogen, soll heißen die Pausen zwischen den Sessions waren einfach größer dieses Mal, lief nicht in einem Rutsch ab. Das hat leider auch dazu geführt, dass wir uns erst später nach einem Label umgesehen haben und als wir uns einig waren, mussten wir natürlich auch noch entsprechend Promo und Produktionsvorlauf einplanen – mit Weihnachten dazwischen immer etwas blöd. Daher haben wir beschlossen erst im Januar richtig loszulegen, was zu dem Februar-Termin geführt hat. Wie lange habt ihr an dem Album gearbeitet?
T.P.: Das ist insgesamt schwer zu sagen. In der Regel ist es so, dass wir uns direkt nach einem Album kompositorisch gleich auf das nächste stürzen. Dieses Mal mussten wir uns erst mal selber wieder finden, soll heißen die etwas angespannte Line-up Situation und deren Klärung hat uns Anfangs schon recht heftig den Start erschwert. Nachdem wir allerdings mit dem jetzigen Line-up wieder komplett waren konnte es losgehen, das war um Frühjahr 2014 so weit. Das Komponieren und Feinschliff hat dann ungefähr ein Jahr gedauert, bis wir dann die Aufnahmen starten konnten. Diese haben sich dann noch mal von Juni bis September gezogen, da wir immer nur Sessionweise alle paar Wochen weiterkamen. Kurz: Es fühlte sich dieses Mal sehr anstrengend an, hat sich aber definitiv gelohnt.
Auf Stormbringer.at habt ihr damals angedeutet dass es sich bei „Rooms“ um eine Art Konzeptalbum handeln wird, welches sich mit alten Erinnerungen, Geistern, Verlusten und Veränderungen befasst. Habt ihr dieses Thema beschlossen oder hat es sich ergeben?
T.P.: Das war schon so beschlossen. Wir haben uns noch vor den ersten Kompositionen hingesetzt und die thematische Richtung festgelegt, denn natürlich beeinflusst das auch die Musik. Die äußeren Umstände haben dieses Thema eigentlich nur verfestigt - also die Line-up Wechsel, außerdem ist auch viel privater Mist passiert. Das ist quasi alles mit ins Album geflossen.
Wer war für die Lyrics verantwortlich?
T.P.: Wie immer eigentlich habe ich die meisten Texte verfasst. Zwei sind von Marta und einer ist von Frederic, der Rest von mir. Ich versuche aber auch die Umstände, Stimmungen, Gedanken und Ideen aller anderen Mitglieder zu erfassen. Meine Texte sind nicht immer persönlicher Natur, manchmal male ich auch lyrische Bilder von Dingen, die ich um mich herum wahrnehme.
Was bedeutet „4JK“?
T.P.: Das allerdings will und werde ich nicht erklären. Zu persönlich und es ist auch Martas Text. Ich bin zwar eigentlich kein Freund davon, den Leuten irgendwas Kryptisches hinzuwerfen und dann zu sagen "Ätschbätsch, ich sag nicht was das heißt" aber in diesem Fall ging es wirklich nicht anders - der Song musste so heißen, aber es geht niemanden etwas an wieso. Zumal es mehrere Bandmitglieder betrifft. Natürlich wollen wir gerne auch Fans an unseren Gedankenwelten teilhaben lassen, aber in erster Linie machen wir Musik immer noch für uns selber und zumindest im Fall dieses Titels geht das nicht darüber hinaus.
Seit der „Angst“-Scheibe benutzt ihr immer öfter englische Lyrics. Wozu seid ihr teilweise auf Englisch umgestiegen?
T.P.: Einfach um andere Wortgerüste, Zusammenhänge und Rhythmen auszuprobieren. Deutsch hatte ich zur Genüge getextet zu der Zeit, ich wollte die Möglichkeiten einer anderen Sprache nutzen. Ich weiß nicht, vielleicht schwächt das in naher Zukunft wieder ab und ich falle mehr ins Deutsche zurück - ich hatte auf diesem Album wieder zwei deutsche Texte beigesteuert; aber einer hat es nicht aufs Album geschafft und bei dem zweiten haben mich die anderen gebeten, ihn doch ins Englische zu übersetzen, weil sich das Lied eher "Englisch" anfühlte. Und sie hatten Recht. Manche Songs erfordern nach unserem Bauchgefühl das Englische. Kann ich nicht so recht festmachen, aber lustigerweise sind wir uns meistens alle einig, ohne genau zu wissen, warum. Da stelle ich mein eigenes Empfinden auch schon mal zurück. Und zuletzt: ich kann englische Texte emotional etwas distanzierter betrachten bzw. nutzen, eben weil es nicht meine Muttersprache ist - es fühlt sich nicht ganz so intim an.
Wie beurteilt ihr euren stilistischen Wandel von „Apnoe“ zu „Rooms“?
T.P.: Ich würde sagen, einen Schritt zurück Richtung "Angst" und zwei zur Seite, was die innere musikalische Dunkelheit angeht. Auf "Apnoe" ging es uns allen irgendwie gut und ich finde, das hört man auch. Jetzt sind wir wieder schlecht gelaunt, haha. Außerdem ist da auch wieder mehr Wut drinnen. Aber eine gemäßigte, kalte Wut. Kontrolliert. Und Melancholie. Ich glaube, "Rooms" ist die songwriterische Finesse von "Apnoe" gepaart mit der Stimmung auf "Angst". Und durch die Hinzunahme der Orgel - da war Neuzugang Frieder echt ein Glücksgriff - bekommt das ganze Album noch etwas sehr Sakrales.
Mit Marta habt ihr eine ziemlich gute Sängerin an Bord. Ich meine sogar noch eine Steigerung zum vergangenen Album erkennen zu können. Sehr großes Lob! Hat Marta das professionell gelernt?
T.P.: Bis auf ein paar Gesangsstunden hat sie alles autodidaktisch gelernt, insofern haben wir großes Glück, sie mit an Bord zu haben. Wir sind aber auch alle ein bisschen blöd gewesen, das nicht früher schon zu erkennen, bzw. sie selber hat sich auch immer nicht hineindrängeln wollen. Heute sind wir alle klüger und Marta deutlich selbstbewusster, was ihre Bandbreite angeht. Da hat sie schon mal alle potentiellen Gastgesangsideen abgelehnt, die wir hatten, und verkündet: sie und sonst keiner mache jetzt alles selbst, sonst knallt's. Und das war auch gut so. Das war aber ein Entwicklungsprozess auf beiden Seiten, also Martas und unserer. Immerhin ist sie schon seit Demo-tagen mit Klavier und seit "Schemen" mit Gesang dabei - zu der Zeit wäre das so aber auch alles nicht möglich gewesen. Jetzt macht sie auch den Grunz- und Kreischgesang; und ich glaube, die Fans brauchen sich erst mal auf keinen Sängerwechsel mehr einstellen.
Mit Frieder Loch ist dieses Mal ein neuer Keyborder / Organist dabei. Wie kam es zu der Zusammenarbeit? Habt ihr aktiv gesucht?
T.P.: Ja, einen Basser nach Chris' Weggang. Wir hatten nur wenige Kandidaten (drei glaube ich) die allesamt Top waren. Geworden ist es Guntram, weil er einfach technisch und spielerisch am besten war, aber Frieder meinte damals gleich, dass er eigentlich Keyboards als sein Hauptinstrument ansieht. Wir hatten schon vor, ein paar 70er/80er Hammondähnliche Sachen wie damals bei "Oblivion" von der "Angst" zu nutzen und versprachen, diesbezüglich noch mal auf ihn zuzukommen. Das taten wir auch, schickten ihm unsere ersten Rohfassungen, einfach mal zum Ausprobieren. Und es kamen geniale Sachen zurück, immer mehr, die letztendlich das Gesamtbild so prägten, dass wir ungefähr auf halben Wege durch die Albenkompositionen beschlossen, ihn als Keyboarder/Organisten mit in die Band aufzunehmen und seine Parts gleich richtig einzubinden, nicht nur als Eventualität; denn alles andere wäre seiner Arbeit auch nicht gerecht geworden. Das gipfelte dann sicherlich in den Feldaufnahmen in einer Kirche, wo er den eigens komponierten Track "Lost" - quasi ein Auftakt zu "Shinigami" - einspielte, sowie noch einen Endpart für "Zuflucht". Da er auch elektronisch experimentierfreudig war, habe ich mich mit ihm hingesetzt und zu zweit schrieben wir "Necromant". Diese Spielereien hatten wir immer mal wieder dabei und dieses Mal sollte es etwas trackdienlicher werden. Also -Frieder war dabei sehr ausschlaggebend bzw. für das gesamte Album prägend; deswegen haben wir jetzt einen Organisten/Keyboarder an Bord.
Eine Orgel hört man im Metal ja auch gar nicht mal so häufig. Was macht dieses Musikinstrument für euch so besonders und wie setzt ihr das live um?
T.P.: Die Aufnahmen in der Kirche waren unglaublich. Alle Anwesenden - gestandene Musiker und Tontechniker - waren umgehauen von der unglaublichen Wucht der Orgel und der Akustik in der Kirche. Aufgenommen hat das übrigens Alex Henke von DARK AGE, der ja auch als Basser mit Daniel Wirtz unterwegs war und sein eigenes Studio hat, also bei weitem kein Unbefleckter. Der meinte hinterher am Telefon auch nur noch, dass das so verdammt krass klingt. Wir waren ja trotzt aller Erfahrung alle Kirchenfeldaufnahmejungfrauen. Also was macht das für uns so besonders? Macht und Erhabenheit. Wir hatten nur 4 Raummikros in der Kirche dabei und dennoch klang das Probehören über Kopfhörer vom Laptop so, als ob der ganze Raum hinter einem erbebt und du nicht über Kopfhörer hörst, sondern hinter dir die Orgel im Raum. Leider müssen wir live wohl auf synthetische Orgelsounds zurückgreifen, da die meisten Venues unsere Pläne mit Dach absäbeln und Orgel mit Hubschrauber einfliegen nicht mitmachen werden. Man kann nicht alles haben.
Auf der Bühne seid ihr in der Regel immer ausgesprochen weiß. Was ist das, womit ihr euch einschmiert? Hat das einen Hintergrund?
T.P.: Theaterschminke fürs Gesicht und Titandioxid mit Gel für die Haare. Der Grundgedanke kam zur "Angst" von unserem damaligen Künstler Y und soll symbolisieren, dass wir live zur Leinwand für die Musik werden. Außerdem ist weiß in Japan die Farbe der Trauer, was ja auch ganz gut passt.
Werdet ihr auf der kommenden „Wachkoma-Tour“ auch Songs von den ersten beiden Alben spielen? Wie sieht eure Setlist ungefähr aus?
Floris: Da wir auf der Tour ja unser neues Album vorstellen werden, wird die Setlist einige Songs von „Rooms“ beinhalten – jedoch wird auch der ein oder andere Song aus alten Tagen live ausgepackt werden. Insgesamt wird es ein Mix aus mindestens vier Alben sein, in dem auch Songs ihren Platz bekommen werden, die live bisher nur selten gespielt wurden! Seid gespannt....
Auf welche Lokation freut ihr euch neben der Markthalle-Hamburg besonders?
Floris: Für uns als Hamburger ist das Heimspiel in der Markthalle gepaart mit dem Releasegig für „Rooms“ natürlich eine klare Herzenssache. Ich persönlich freue mich am Meisten auf die Gigs in Zürich, Salzburg und Wien was die Tour angeht. Alles Städte, die zumindest ich bisher noch nicht bewusst bereist habe (TODTGELICHTER waren ja zumindest schon mal in zwei der drei Städte mit dem alten Line-up). Und außerdem ist es spannend, wie die neue Scheibe außerhalb Deutschlands wahrgenommen wird. Am spannendsten finde ich jedoch von den bisher geplanten Gigs für 2016 den in Sofia – als Band, deren Texte zu einem großen Teil in Deutsch verfasst sind, ist es eine schöne Gelegenheit zu erleben, wie dies über die deutschsprachigen Grenzen hinaus erlebt wird.
Falls das schon war: Wie sind die neuen Songs angekommen?
Floris: Ja, wir haben bereits die Livepremiere von einigen Songs vom neuen Album feiern können und die Resonanzen waren durchweg positiv. Es macht natürlich besonders viel Spaß, die neuen Kompositionen aufs Publikum loszulassen und zu schauen, wie sie live funktionieren.
Stehen dieses Jahr außer dem „Ragnarök“ in Lichtenfels und „Autumn Souls Of Sofia“ noch andere Festivals bei euch an?
T.P.: Da wird sicher noch was kommen, das Jahr ist ja noch jung und das Album noch nicht mal erschienen. In der Pipeline steckt noch was und wir haben mit Eld Events eine Bookingagentur, die sich richtig reinhängt. Allerdings habe ich zu diesem Zeitpunkt noch nichts weiteres offizielles zu verkünden; ich kann daher nur allen Lesern wärmstens empfehlen, sich auf www.facebook.com/todtgelichter und in ein paar Wochen auch wieder auf www.todtgelichter.de zu informieren, da werden Ankündigungen zuerst bekannt gegeben.
Ist das „Autumn Souls Of Sofia“ eure bisher weiteste Reise als Band? Was erwartet ihr?
T.P.: Weit, weiß ich nicht; habe die Entfernung nicht nachgemessen. Wir waren im umliegenden Ausland schon öfter zu Gast und daher schon einige Kilometer on the road abgerissen. Allerdings haben wir, obwohl man das ob der Herkunft meiner Frau Marta vielleicht vermuten mag, in osteuropäischen Regionen noch nicht gespielt. Die finanzielle Situation ist dort auch etwas schwieriger, wenn man eine weite Reise planen will. Aber auch hier wieder chapeau an Eld Events, wir werden dabei nicht draufzahlen aller Wahrscheinlichkeit nach. Was uns da erwartet kann ich nicht sagen, aber aufgrund der polnischen Wurzeln meiner Frau und den Erfahrungen mit ihrer und meiner eigenen Familie - mütterlicherseits größtenteils kroatisch - rechne ich doch mit der vielgerühmten, herzlicher und schnapsdurchtränkter slavischen Gastfreundlichkeit, hehe...
Auf Facebook habt ihr jeweils eure Top-Alben 2015 gepostet. Was läuft aktuell bei euch?
Floris: Ja, das hat sich zu einer Tradition entwickelt, die wir gerne aufrechthalten. Oftmals wird man auf diesem Wege auch das ein oder andere Mal auf ein Album aufmerksam, dass man sonst vielleicht gar nicht wahrgenommen hätte. Ich für meinen Teil bin ja ein großer Freund des „Post (Metal)“ - Spektrums, somit hat dieser Bereich immer einen großen Anteil bei mir. Somit unter anderem in momentaner Dauerrotation: PLANKS – Perished Bodies; DEAFHEAVEN – New Bermuda; AGENT FRESCO – Destrier; LEPROUS – The Congregation. Aktuell bin ich total begeistert von der neuen TRIBULATION Scheibe („The Children of the night“). Live konnten sie mich kürzlich auch sehr überzeugen.
T.P.: Tentakel P.: Das Jahr startet für mich schon mal sehr beeindruckend mit den neuen Alben von ABBATH, ROTTING CHRIST, DAVID BOWIE, BORKNAGAR und ULVER. Alles großartige Alben auf ihre Weise. Und dann habe ich mich der QUEEN-Diskographie mal wieder angenommen. Muss auch ab und zu mal sein. Eine der (wenn nicht sogar DIE) besten Rockbands dieses Planeten.
Vielen Dank für das Interview! Habt ihr noch etwas, was ihr loswerden und mitteilen möchtet?
Danke für das Interview, und natürlich muss ich an dieser Stelle loswerden, dass jeder Tag ohne TODTGELICHTER gehört zu haben ein verlorener Tag ist. Also ganz objektiv. Deswegen sollte sich auch jeder das neue Album zulegen. Am besten gleich mehrfach. Man weiß ja nie ob nicht doch mal eine CD verloren geht. Lieber vorsorgen, Leute.
Da ist es nun endlich: Das fünfte Album der Hamburger Avantgardisten TODTGELICHTER namens „Rooms“. Was hat sich hier seit dem doch recht erfolgreichen „Apnoe“ (2013) verändert? Zunächst einmal gab es bei TODTGELICHTER einige Veränderungen im Line-Up: Ein neuer Gitarrist (Floris), ein neuer Bassist (Guntram) und ein Organist (Frieder) sind jetzt dabei. Zudem zeigt Marta sich jetzt für sämtlichen Gesang (Grunts und Screams inklusive) zuständig. Die Messlatte wurde da noch einmal deutlich nach oben gesetzt.
Wie ein mächtiges Feuerwerk weiß der Opener „Ghost“ leicht gotisch – aber mit ordentlichen Screams, viel Schlagzeug und finsteren E-Gitarren sofort zu fesseln. Musikalische Finesse, viel Abwechslung und eine ziemlich große Bandbreite – auch den Gesang betreffend – erwarten den Hörer in dem etwas ruhigeren Songs wie „Shinigami“ oder „4JK“. TODTGELICHTER agieren hier durchweg sehr abwechslungsreich. Während düstere Elektronik sich den Weg durch „Necromant“ bannt scheuen die Hamburger sich auch nicht mit „Zuflucht“ einen Schritt zurück zu gehen. (Post-) Black Metal, der ein wenig an die Anfangstage der Band erinnert, wird hier geboten. Trotz der Härte gibt es hier jede Menge Melancholie und wunderbare, gut verständliche Lyrics. Die beiden abschließenden Songs „Orgin“ und „Pacific“ hingegen hätten in ähnlicher Form genauso gut auf „Apnoe“ zu finden sein können: Gedrosseltes Tempo, ein paar elektronische Spielereien, prägnanter Chorus mit Düster-Rock-Flair („Orgin“) und genialer Klargesang. Eine schöne Abschluss-Atmosphäre.
Wer die letzten beiden Veröffentlichungen von TODTGELICHTER mochte, kann hier also gar nichts falsch machen. Klar gibt es hier einige Neuerungen, doch unterm Strich ist alles stimmig und „Rooms“ ein klassisches TODTGELICHTER-Album mit allen Facetten.
Ein „Fuath“ ist ein bösartiger, gälischer Wassergeist. FUATH bedeutet „Hass“ und ist der Name des neusten Projektes des schottischen Multiinstrumentalisten Andy Marshall (SAOR). Anders als bei SOAR (was übrigens „Freiheit“ heißt) setzt FUATH den Focus klar auf nordischen Black Metal, wer Folk Black Metal sucht ist hier falsch. Ein flottes, stampfendes Schlagzeug gibt den Takt an und verschmilzt mit den für Andy Marshall so typischen, atmosphärischen Melodien zu etwas ganz Epischem. Der perfekte Soundtrack für eine unberührte, nordische Winterlandschaft? Vielleicht. „In The Halls Of The Hunter“ treibt mächtig düster voran, während „Blood“ wahnsinnig eingängige Melodien auffährt und „The Oracle“ regelrecht hypnotisiert. Das abschließende „Spirit Of The North“ trifft es zum Schluss noch einmal auf den Punkt: Frostige Black Metal Riffs verbreiten garniert mit Genretypischen Vocals eine eisige Kälte und kontrastieren mit melancholischen Riffs und atmosphärischen Klangteppichen. Wunderbare Arbeit!