Nanu. Ist die Zeit stehen geblieben? Beim Opener „3000AD“ sieht das geistige Hör-Auge Mike Muir rumhüpfen, singen und schreien im Stakkato eines Maschinengewehrs. Und auch die ganze Anmutung, der ganze Charme dieser neuseeländischen Band erinnert wohlig an die damalige US-Skate-Hardcore-Thrash-Ursuppler SUICIDAL TENDENCIES. Allerdings teilen sich gleich alle Mann des mächtigen Kiwi-Dreiers den Gesang – was neben einer gewissen Hektik auch für Abwechslung sorgt – gerade in Sachen Hard- und Metalcore oftmals eine Schwachstelle dieser Schiene. Apropos: Variantenreichtum kennzeichnet den ganzen Erstling, wenngleich die Zutaten die bekannten sind – Thrash der alten Schule mischen 3000AD mit modernen Elementen. Das wirkt eindringlich mit eingängigen Parts, prägendem Bass und eben den variablen Shouts – es sitzt, passt und hat Luft. Wie im schlonzigen Thrashcorler „The World We Knew“. Zudem auffällig: Die Jungs aus dem Rugby-Land legen nicht so viel Wert auf das Drumherum, müssen sich nicht in Kutten schmeißen und mit Dosenbier posen um authentisch zu wirken, sondern lassen die Musik „sprechen“. Und dass sie es ernst meinen, erkennt der geneigte Hörer am Rausschmeißer „Born Under A Black Sun“ : Das ist nämlich ein Instrumental mit fast proggiger Note, Post-Heavy Metal sozusagen. Fazit: ehrlich-erwachsener Thrash Metal mit modernen Noten – unaufgeregt, lässig und gut.
Ok, die Jungs streben definitiv keine große Karriere an, was man schon am Bandnamen erkennen kann. Aber jedem seinen Geschmack, und auffällig ist der Name auf jeden Fall. Aber ok, die Musik entscheidet, und diese wird vom Label als progressiver Death Metal vermarktet. Progressiv würde ich unterschreiben, da wirklich alle Metal-Stilarten wild durcheinander gemixt werden und im Endeffekt eine ziemliche seltsame Mischung entsteht. Die Jungs beherrschen ihre Instrumente, aber leider sind die Kompositionen allesamt nicht homogen und bleiben langweilig. Teilweise wird noch obligatorischer Klargesang hinzugesteuert und verwässert die Geschichte noch zusätzlich. Den Faktor Death Metal würde ich auch nicht überbewerten. Die Vocals sind zwar entsprechend aggressiv und einigermaßen abwechslungsreich, aber es fehlt der Spirit, den ein Death Metal-Shouter in sich tragen sollte, und auch der Rest der Band sollte sich doch einige Genre-Klassiker zu Gemüte führen um dem Namen Death Metal auch gerecht zu werden. „Progression In Madness“ hat irgendwie kein Herz, und es fehlt der rote Faden. Textlich steuert man auch gezielt am Thema Death vorbei, was der Band in dieser Hinsicht auch keine Credibility-Punkte einbringt. Die Produktion könnte auch weitaus besser sein, da die Lead-Gitarren teilweise fast unhörbar abgemischt worden sind, und vom Cover-Artwork wollen wir hier mal lieber gar nicht sprechen. Hier stimmt also irgendwie das abgelieferte Gesamtpaket gar nicht und selbst die teilweise ordentlichen Riffs können nicht mehr viel retten. Für mich klingen BRUTAL KRAUT nach einer technisch versierten Schülerband, die den eigenen Weg in keinster Weise gefunden hat. Ich würde ja lieber positives Feedback geben, aber die Platte rauscht an mir im ICE-Tempo vorbei.
Heute habe ich mir mal die neueste Scheibe der Oranienburger Band BRUTAL KRAUT angehört, die auf den Namen "Progression In Madness" hört.
Das Trio besteht seit 2012 aus den Brüdern Rouven Constantin (Vocals & Gitarre) und Marlin Constantin (Drums) sowie Henry Ludwig (Bass), und musikalisch geht man grob in die Richtung Death Metal mit progressivem Einschlag.
Da das aber nicht die einzigen Einflüsse sind, ist dies auch wirklich nur die ungefähre Richtung.
Der Einstieg mit dem Song "Broken" kommt auch ohne großes Intro oder irgendwelche Spielereien aus, sondern man geht im Midtempo direkt ohne Umweg immer geradeaus.
Und diesen Song könnte ich exemplarisch für das komplette Album nennen, ob es nun Songs wie "All I See", "Hesitation" oder der titelgebende Track "Progression In Madness" sind.
Man schwankt zwischen Midtempo und Uptempo, die Gitarrenarbeit ist absolut solide, die Vocals decken eine verhältnismäßig breite Range ab, und auch Bass- und Drumarbeit sitzen auf den Punkt.
"Progression In Madness" fährt acht Songs auf, die insgesamt knapp 40 Minuten Laufzeit haben.
Unter http://www.brutalkraut.com findet Ihr nochmal alle wichtigen Infos sowie den bandeigenen Shop.
Mein Fazit: Jeder, der gern guten Death Metal hört, kann hier gerne reinhören, denn er wird sicher nicht enttäuscht werden. (Daniel Reese)
Tracklist:
1. Broken
2. Hesitation
3. New Ways
4. Like Gods
5. Perceive The Insanity
6. All I see
7. Twisted Tounge
8. Progression In Madness
"Beyond The Shores (On Death And Dying)” ist eine 38-minütige Suite. Die Italiener setzen mit diesem mutigen Schritt ihr ultimatives Doom-Manifest ab. Schon die Gäste sprechen Bände, denn dabei sind Superhelden aus dem Death-Doom-Kosmos: Mikko Kotamäki von SWALLOW THE SUN und Thomas A. G. Jensen von SATURNUS. Um nur zwei zu nennen. Und dann sorgen klassische Instrumente wie das Piano oder die Violine für Abwechslung – bei erstaunlichem Sound. Und textlich geht es um die fünf Phasen des Sterbens nach Elisabeth Kübler-Ross. Durchaus passend zum Stil der Römer. Der erstreckt sich im durchaus typischen Bereich von Death und Doom, ist meistens (natürlich) schleppend, oft kommt die Musik völlig zum Stillstand. Es gibt es aber auch Geschwindigkeits-Boosts, und alles bleibt IMMER mindestens melancholisch. Die Traurigkeit kennt also keine Grenzen, und es ist schwer, einen rollenden Fast-40-„Tonner“ mit 1000 Zeilen ausreichend zu beschreiben. Aber mit Geduld und viel Einfühlungsvermögen belohnt SHORES OF NULLs neuestes Werk seine Hörer mit ungeheurer Intensität. Wer sich auf „Beyond The Shores ...“ einlässt, den beschenkt die Band geradezu mit viel Abwechslung und noch mehr Emotionen. Ein wunderschönes Album mit viel Tristesse, aber ohne aufgesetzten Weltschmerz. Ein Album wie der durch Urbanisierung verschwundene Spielplatz von MY DYING BRIDE, OPHIS, DÉCEMBRE NOIR, SATURNUS, SWALLOW THE SUN und vielen anderen. Schnüff.
Da ist der Albumtitel mal wirklich Programm.
Nach 27 Jahren sind die legendären PIRANHA zurück und präsentieren ein neues Album. Old School Death Metal aus Griechenland.
Die Produktion ist herausragend und brilliert mit klaren und definierten Sounds. Death Metal geht auch mit Bass.
Die Vocals von John verleihen dem Ganzen einen hohen Wiedererkennungswert und prägen den Sound der Band.
Abwechslung kommt zudem noch durch die recht melodiösen Leadgitarren rein.
Insgesamt ein wirklich gelungenes und energiegeladenes Death Metal-Album.
Das etwas ruhigere "Rotten Mind" ist mein Lieblingsong auf der Platte, die aber durchaus auch für einen Komplettdurchlauf ohne Unterbrechung geeignet ist, denn Ausfälle gibt es auf dem Album nicht.
Also, ANHÖREN!
Malaka!
Auf gerade mal zwei EPs („May The Force Be With You“ von 2006 sowie „Discometal Youth“ von 2007) kommen die Nordrhein-Westfalen seit ihrer Bandgründung im Jahr 2005 – nicht gerade viel um nicht in vollkommene Vergessenheit zu geraten. Abhilfe soll nun „The Barrier“ schaffen, das erste Album des Quintetts. Und wie mein Ex-Kollege Lars im Review zu letztgenannter EP so schön bemerkte, gibt es auch hier „Metalcore mit schwedischen Gitarren, einen Screamo-Sänger und ohrschmeichelnde Parts“ (cleanen Gesang lässt man dieses Mal außen vor), verpackt in knackig-kurze Songs, die zudem mit ordentlich Schmackes produziert aus den Boxen dröhnen. Hauptsächlich in flottem Midtempo unterwegs, haben die Jungs etwa mit „Days On The Prowl“, „Scraped Knees“, dem in Deutsch intonierten „Splint!“ oder „Withered“ ein paar richtig starke Songs auf der Pfanne, die – und damit dürfte es die Band vermutlich recht schwer haben – zudem eine starke (Thrash-) Metal-Kante aufweisen, womit man sich zwischen viele Stühle setzt: dem traditionsbewussten Metaller dürfte „The Barrier“ zu „metalcorig“ klingen, dem Metal-/Hardcore-Fan zu metallisch. Je nachdem, wie eng die Scheuklappen verbaut sind, ändert es nichts daran, dass MAY THE FORCE BE WITH YOU (ich sag´s ehrlich: dieser Bandname macht es den Selmern garantiert nicht einfacher um das mal sehr diplomatisch zu formulieren…) hier ein sehr gelungenes Debüt-Album abgeliefert haben, das in Sachen Hitdichte aber noch Luft nach oben lässt.
1999 gab es SWOMP bereits mal. Sie absolvierten auch tatsächlich ein ganzes Konzert mit den Japanern UNHOLY GRAVE. Doch dann lösten sich die Deather-Metal-Grinder wieder auf. Jetzt haben sich die Saarländer wieder reformiert. Und sind mit ihrem Stil in Richtung groovigerem Old-School-Death gegangen. Ansonsten scheint die Zeit stehen geblieben, von den liebenswerten SWOMP gibt es keine richtige Home-, Facebook-, Bandcamp oder Was-weiß-ich-Seite, und das Demo kommt als kleine feine Musik-Kassette heraus – das erste Lebenszeichen der „neuen“ SWOMP. Darauf finden sich neun Songs, die viel MASSACRE-Feeling von beyond verbreiten, alte Schule eben. Mal mit gehobenem Tempo („Welcome To Hell“), mal mit gebremstem Schaum (erste Phase von „Hunting For Human Flesh“), aber eben immer nachvollziehbar, mit viel lässigem Groove und nicht selten sogar mit richtig geilen, ja tatsächlich, Melodien. Dazu grunzt es amtlich, die Breaks sitzen da, wo sie sollen. Deswegen macht es einfach richtig Spaß, den SWOMPies zu lauschen. Obwohl: Lauschen ist nicht ganz das richtige Wort, denn SWOMP sind eine dieser Kapellen, die einem richtig Feuer unterm Popöchen machen, so dass der geneigte Dosenbier-Deather die Büchse wegschmeißt und mit muss – mit dem Rhythmus. Wer Kontakt sucht, mehr Infos will oder was kaufen möchte, sollte dringlich den Weg mit der E-Mail gehen.
Nach sieben langen Jahren werden im Hause CARCASS die Messer wieder gewetzt. Leider nicht mit einem vollständigen Longplayer, da dieser Corona-bedingt verschoben wurde, aber dafür mit einer knapp zwanzigminütigen EP, die die Vorfreude auf das neue Album effektiv verkürzt. Mit der Vergangenheit aus dem Gemisch Grindcore und Death Metal haben die neuen CARCASS auch in 2020 nur noch bedingt zu tun. Zu vielseitig ist die Musik der Jungs aus Liverpool. Natürlich wird auch mal der Blastbeat aus dem Sack gelassen, natürlich ist Jeff Walkers Stimme unverkennbar und äußerst brutal, und doch schwingt in jedem der vier Songs eine nicht zu unterschätzende Affinität zu melodiösen Meisterwerken mit.
Nimmt man einen Song wie „The Living Dead At The Manchester Morgue“, dann tönt jede Menge Spirit von Bands wie IRON MAIDEN und KREATOR aus den Boxen. Natürlich wird hier auch der Prügel rausgeschmissen, aber es sind besonders die effektiven und langsamen Parts, die den Song extrem aufwerten. “The Long And Winding Bier Road“ beginnt als traditioneller Thrasher, der wieder stark an KREATOR erinnert um dann in wirklich tolle Lead-Gitarren zu münden. Hier passt jeder Baustein in den anderen, und trotz aller Melodie sieht man vor dem geistigen Auge noch immer einen blutverschmierten Operationstisch. Typisch CARCASS halt. Richtig fies wird es also bei „Under The Scapel Blade“. Hier wird zwischen Blasts, genialen Leads und famosen Midtempo-Parts so schnell umgeschaltet, dass es eine wahre Freude ist. Jeffs Vocals setzen dem wilden Treiben noch das Krönchen auf, und fertig ist ein wahrer Ohrenschmaus. „Slaughtered In Soho“ beginnt mit feinsten Twin-Gitarren und hätte auch gerne auf „Heartwork“ stehen können. Der Song erinnert vom musikalischen Anspruch fast an einen aus dem Ruder geratenen Blues-Song. Dies zeigt die Vielseitigkeit und musikalische Wendigkeit von CARCASS in 2020 bestens auf, aber trotzdem besitzt der Song, wie auch die anderen drei Stücke, immer eindeutig die ekelerregende Duftmarke von CARCASS.
Mit „Despicable“ haben wir einen großartigen Vorgeschmack auf das neue Album vorliegen. Die Band steht voll im Saft und hängt noch immer 90% aller Brutalo-Bands spielend ab. Absolute Kaufempfehlung! Apropos Kaufempfehlung: Der Typ, dem ich vor über 20 Jahren in einem Kasseler Kino (in der Toilette) mein rotes CARCASS-Longsleeve für 20 Deutsche Mark verkauft habe – Ich würde den Kauf gerne wieder rückgängig machen! Her mit dem Teil!
Die Kölner Band RIOT IN THE ATTIC bringt nach bisher zwei erschienenen EPs nun ihr erstes komplettes Studioalbum "Dawn" raus, und da kann ich es mir als Quasi-Nachbar der Band natürlich nicht nehmen lassen, das Review zu schreiben.
Die Produktion der Platte ist noch etwas demohaft und zu trocken, stilistisch kann man die Jungs irgendwo zwischen ALICE IN CHAINS und BLACK LABEL SOCIETY einordnen.
Beim Opener "Head High" könnte man allein schon ob der Zweideutigkeit des Titels ein bisschen auf die Idee kommen, dass Stoner-Bands auch Einfluss auf die Band hatten.
Der Sound der Lead-Gitarre gefällt mir sehr gut, hat etwas von Father Zakk.
Das Songwriting stellt eine ziemlich gut funktionierende Mischung aus etwas komplexeren Melodien, Rhythmen, Tonarten und sehr eingänglichen Passagen dar.
Kein 08/15, aber auch nicht zu schwer verdaulich, auch wenn "Astrovision" und "Thalassa" nicht unbedingt über sieben Minuten lang hätten sein müssen. Der Schlusstrack "We Know Nothing" bringt es sogar auf fast neun Minuten.
Mein Favorit auf dem Album ist "Pleasureland". Geht gut nach vorne und ist gesanglich die stärkste Nummer. Dazu ein paar schon Breaks und ein guter Refrain, gefällt mir sehr gut.
Wirklich extrem schade, dass hier im Bereich der Produktion gespart wurde. Da ist doch noch reichlich Luft nach oben, ansonsten steht einer erfolgreichen Zukunft der Band sicher nichts entgegen.