So vergiftet wie der Albumtitel uns suggerieren will, ist das Debut der Hamburger gar nicht. GODSNAKE spielen modernen Thrash Metal, der leider ein wenig bieder präsentiert wird. Hier wird selten der Dampfhammer geschwungen, und man setzt eher auf solides Midtempo-Riffing, welches durch angenehme Melodien angereichert wird. Die Stimmfärbung von Sänger Torger erinnert ein wenig an einen jungen James Hetfield und kann auch in sanfteren Passagen überzeugen. Für mich ist die dargebotene Musik aber leider zu unauffällig. Die Riffs sind aus dem Thrash Metal-Onlineshop entnommen, und die Lead-Gitarren umschmeicheln die erworbene B-Ware. Das ist leider zu wenig um positiv aufzufallen. Natürlich ist das alles in keinster Weise schlecht, aber im Vergleich zu diesjährigen Glanztaten von Bands wie HEATHEN, EVILDEAD oder ONSLAUGHT hinkt man leider noch Jahrzehnte zurück. Da ist sich ja um ein Debüt-Album handelt, sollte man dies alles aber nicht überbewerten, da sich die Band ja noch in einer Findungsphase befindet, und somit sollte man dem Fünfer eben noch eine gewisse Anlaufzeit gewähren.
GODSNAKE haben definitiv auch ihre spannenden Momente. Manchmal verschlägt es den Thrash auch in Rock´n´Roll-Gefilde, was somit einzelne Songs geschickt aufwertet. Bei Songs wie „Stone The Crow“ oder „You Gotta Pay“ fehlt aber einfach das gewisse Aha-Erlebnis, wobei „You Gotta Pay“ wenigstens durch ein „Enter Sandman“-Riff einen gewissen Wiedererkennungswert besitzt. Insgesamt hätten alle Songs ein wenig knackiger und dramatischer aufgebaut werden sollen. So ist die Platte leider zu harmlos und ungefährlich um eine Kaufoption für einen Thrasher zu sein.
Die Produktion kommt trocken und druckvoll aus den Boxen und lässt die Basis-Riffs gut zur Geltung kommen. Hier kann man den LSD-Studios nur ein wirkliches Lob hinterlassen. Die Band sollte sich auf mehr Eigenständigkeit und Songstrukturen konzentrieren und nicht immer dauerhaft auf dem Grundton E verweilen. Dieser Spielart bedienen sich einfach zu viele Bands, und das sorgt für Langeweile. Natürlich ist „Poison Thorn“ kein schlechtes Album geworden, aber leider kann ich in der Gesamtwertung nur eine durchschnittliche Bewertung abgeben. Bestimmt ist hier in Zukunft noch viel Luft nach oben, und diese wird bestimmt beim Folgealbum gefüllt werden. Das Talent ist in jedem Fall vorhanden und muss nur noch umgesetzt werden.
Dass dieses Jahr speziell ist, muss ich niemandem erzählen und auch wenn es sich langsam wie eine hängen gebliebene Schallplatte anhören muss: Comebacks, Alter, Comebacks!
Hand aufs Herz, wer hatte GLACIER auf der Rechnung? Ja, klar, die EP von 1985 war toll, und US Metal-Fanatiker erinnern sich auch an das superbe 88er Demo. Aber dann war ja Schluss mit lustig. Bis man 2017 unter dem Namen DEVIL IN DISGUISE auf dem Keep It True auftauchte und einen starken Gig ablieferte.
Nun hat Originalstimme Michael Podrybau mit einer neuen Hintermannschaft und unter dem alten Banner GLACIER tatsächlich ein neues Album an den Start gebracht. Und was soll ich sagen? Das Werk ist eine US Metal-Offenbarung. Melodisch, großartig gesungen, episch und mit dem richtigen Maß an Pathos, ohne kitschig zu sein. Außerdem tönen die acht Songs perfekt produziert aus den Boxen.
Allein das „Anarchy-X“-mäßige Intro zu „The Eldest And Truest“ (was ein Songtitel) lässt die Unterarmhärchen nach oben schnellen. Und schon zieht einen das Album in eine perfekte Welt aus edelstem Stahl, in der 365 Tage im Jahr das Keep It True stattfindet. Das folgende „Live For The Whip“ ist krachender Uptempo-Metal, der sofort zum Mitsingen animiert. Das hochmelodische „Ride Out“ erinnert an einen Mix aus alten NIGHTCRAWLER und DEAF DEALER und ist mein persönliches Highlight auf einer Platte, die eigentlich keine Höhepunkte hat, da alles auf einem gleich hohen Niveau angesiedelt ist.
Das balladesk beginnende „Sands Of Time“ verwandelt sich nach knapp zwei Minuten in eine fein schwebende Heavy-Nummer mit starkem Refrain. Das treibende „Valor“ beschwört mit energischen „Fight!“-Shouts den Krieger in jedem Hörer, und bei „Into The Night“ werden die Zügel zum ersten Mal richtig losgelassen und man gibt dem alten Schlachtross „Ready For Battle“-like die Sporen.
„Infidel“ lässt wohlige Assoziationen zu ganz alten STEEL PROPHET-Zeiten zu, jedoch immer mit den ganz eigenen GLACIER-Melodien. Beim Finale „The Temple And The Tomb“ wird es noch einmal richtig heavy, und man verbindet orientalische Melodien mit hartem METAL CHURCH-Riffing.
GLACIER liefern mit „The Passing Of Time“ eine absolut zeitlose US Metal-Scheibe ab, die auch vor den Klassikern der 80er zu bestehen weiß und die Relevanz dieser Reunion sehr eindrucksvoll unterstreicht.
THEM, die Dritte, kommt nahezu pünktlich zu Halloween am 30.10.2020 auf den Markt, und das passt doch super zu der Horror-/Fantasy-Ausrichtung des Power Metal-Kollektivs. "Return To Hemmersmoor" ist der Abschluss der Album-Trilogie, die mit dem Debüt "Sweet Hollow" begann und nun die Story zu einem spannenden Ende führt. Auch musikalisch bleiben die sechs Musiker ihrer Linie, die sich zwischen MERCYFUL FATE, KING DIAMOND und POWERWOLF platziert, treu.
Atmosphärisch, düster, mit Spoken Word-Passagen und Doppelbass-Gewitter wird das Album eingeleitet. Danach überrollen den Hörer zwei Hochgeschwindigkeits-Thrash Metal-Züge, die den Zuhörer zwar ein Stück mitschleifen, sich aber zu wenig in der eigentlichen Songidee unterscheiden. "Free" kann sich da schon präsenter aufstellen, es punktet mit erhabener Melodie und aggressiven Chören. Sänger KK Fossor macht einen tollen Job, er übertreibt es nie mit der KING DIAMOND-Kopfstimme und vermeidet so, zu stark zu polarisieren. "Waken" schwankt zwischen düster hart und anmutig melodiös; der Song ist vielschichtig, nahezu progressiv und bleibt bis zum Schluss hochspannend. Genau hier gefallen mir THEM am besten, wenn sie beziehungsreich zwischen Härte und Melodie agieren und sich vielseitig zeigen. Dort, so scheint mir, schlummert das größte Potenzial der Band.
THEM zeigen sich auf ihrem dritten Album härter und noch weniger konsensbereit als beim Vorgänger. Gleichwohl sind auf "Return To Hemmersmoor" einige der stärksten Songs der Bandgeschichte zu finden.
PRIDE OF LIONS haben ein großes Problem in den eigenen Reihen. Dieses nennt sich Jim Peterik, der sich als Songwriter des Megahits „Eye Of The Tiger“ ein unumstößliches Denkmal geschaffen hat. Diesen Hit zu toppen, ist ein Ding der Unmöglichkeit, aber zusammen mit Sänger Toby Hitchcock wird zumindest seit Jahren Qualitätsarbeit abgeliefert und die freudigen Fans bestens bedient.
Dies ändert sich auch nicht mit dem vorliegenden „Lion Heart“. Der Sound der Band schöpft noch immer erfolgreich aus dem 80er-Repertoire und lässt Fans von Bands wie BOSTON oder FOREIGNER die Freudentränen in die Augen steigen. Hier wird unzeitgemäßer und packender AOR aus dem Herzen gespielt, und diese Ehrlichkeit merkt man über die gesamte Spielzeit. Eigentlich passt diese Musik ja mehr zu lauen Frühlingstagen, aber auch im Herbst kann die Mischung aus energiegeladenen Uptempo-Nummern, unumgänglichen 80er-Keyboards und feinfühligen Vocals absolut punkten. Hier wurde ein Lebensgefühl auf Silber gebrannt, welches am Besten zu Filmen wie „Top Gun“ oder „Karate Kid“ gepasst hätte. Es wird für jeden Geschmack etwas geboten, und somit tritt auf dem Album niemals Langeweile ein, und Lückenfüller sind nicht zu erkennen.
Der schmissige Opener „Lion Heart“ und das fast an ein Musical erinnernde „We Play For Free“ eröffnen eine in allen Belangen überzeugende Scheibe. Die Songs besitzen grundsätzlich eine Vielzahl an griffigen Melodien und immer nachvollziehbaren Songstrukturen. Ein freudiges Mitwippen ist über die 55 Minuten also in jedem Fall vorprogrammiert. Auch die Balladen-Fraktion wird mit „Unfinished Heart“ und „Now“ bestens versorgt, wobei „Unfinished Heart“ eine mächtige MEAT LOAF-Schlagseite nicht verleugnen kann. Was bleibt, ist ein Album, welches an tollen Melodien, griffigen Refrains und eingängigen Gitarren nicht geizt und „Lion Heart“ zu einem Pflichtkauf aller geneigten AOR-Hörer macht.
Auch im siebzehnten Jahr der Bandhistory und jetzt sieben Longplayern lässt sich bei PRIDE OF LIONS keine Altersmüdigkeit erkennen, und somit setzt sich das Album locker an die Speerspitze aller diesjährigen Veröffentlichungen von Frontiers Records. Herzlichen Glückwunsch!
Kannste ma´ sehen, diese Briten! Doch jetzt folgen keine schalen Witze über ebensolches Bier, den Brexit und schlechtes Essen. Denn das hier ist bitterer Ernst: BENEDICTION sind zurück. Ohne Maschinengewehr Hunt (dessen Ballereien auf der Bühne fehlen werden), aber dafür kehrt Dave Ingram für „Scriptures“ ans Mikro der Birminghamer zurück. Auf dem ersten Album, zwölf Jahre nach „Killing Music“, liefert er ab, wie die Fish´n´Chips-Bude auf dem Weg Richtung Villa Park. Wohl-wütend-situiert grunz-brüllt er seine Texte wohlvernehmlich heraus. Als ob er seine Kommandos aus der Kanzel eines Panzers brüllt, also wie aus der Klappe eines „A39 Tortoise“, den eine gut geölte Musikmaschine antreibt. Und die erfahrenen Burschen an den Instrumenten haben die ganz große Dienstfahrerlaubnis und ballern über das Schlachtfeld wie eine Panzerhaubitze der West Midland Gunners. Was mit beinahe slayereskem Touch beginnt („Iterations Of I“) mündet in ein mächtiges Death Metal-Donnerwetter, das derzeit seinesgleichen sucht. Hier ein bisschen BOLT THROWER-Groove („The Blight At The End“ oder das abschließende „We Are Legion“), da ein winziges Fitzelchen Thrash sowie ein ganz klein bisschen Punk und Crust („Rabid Carnality“). All das ergibt summa summarum zehn Death Metal-Songs der alten Schule mit flachem, basischem, aber eben auch super-passendem Sound. Weil er eben nicht wie von Soundchirurgen auf dem Klinik-Tisch erarbeitet klingt. „Scriptures“? Das sind zwölf Vollkracher ohne Ausfall mit Abwechslung innerhalb der britischen (Death Metal)-Grenzen. BENEDICTION? Das ist viel mehr als Blutpudding und Pims. BENEDICTION sind ein Segen für den Death Metal!
Post-Black Metal in Verbindung mit der Romantisierung des Pioniergedankens des amerikanischen Westens? Auf Album Nummer vier sprengen WAYFARER nicht nur thematisch alle Grenzen, auch stiltechnisch wird aus den Vollen geschöpft. Mal befinden wir uns musikalisch direkt im wilden Klondike und lassen uns von der Goldgräberstimmung anstecken um dann einen Schlenker ins eingeschneite Skandinavien zu wagen. Musikalisch verarbeitet man also alle möglichen Genrestilmittel um damit ein Album wie „A Romance With Violence“ zu schaffen. Der musikalische Mix funktioniert mehr als ordentlich. Blastbeats treffen auf eine überzeugende Melodieführung. Stampfende Midtempo-Parts gehen Hand in Hand mit traditionellen, angefolkten, amerikanischen Klängen. Im Intro „The Curtain Pulls Back“ fühlt man sich gleich heimisch und lauscht im ansässigen Saloon den Klängen eines verstimmten Pianos. Durch dicke Zigarrenschwaden genießt man danach das verspielte „The Crimson Rider Gallows Frontier Act I“, welches locker die Zehn-Minuten-Marke knackt. Wie auch in zwei weiteren Stücken wird hier in überlangen Songs wirklich alles musikalisch verbraten, was das Post-Black Metal Genre zu bieten hat. Verspielte Gitarren, treibende Drums und ein Sänger, der scheinbar nicht ganz zufrieden mit seinem Umfeld ist. Leider bleibt der Gesang auf Dauer doch recht eindimensional, was ein wenig konträr zu den doch abwechslungsreichen Kompositionen der Band ist. Hier hätte ich mir einen Ausbruch aus den Genre-Grenzen gewünscht. Da geht stimmlich bestimmt noch mehr.
Positiv ist, dass langgezogene Midparts niemals langweilig erscheinen, da man immer wieder etwas Neues entdecken kann. Das ist ein großer Pluspunkt für WAYFARER, da wirklich an jeder Ecke etwas passiert, und man nicht stur am Basisriff entlangmusiziert. Sogar ganz dezente Keyboardklänge finden ihren Platz, die aber immer sehr songdienlich benutzt werden und nie auffällig sind. Highlight der Scheibe ist der Song „Masquerade Of The Gunslingers“, welcher von hart bis zart wirklich alles kann. Mit einem ausdrucksvolleren Gesang, hätten wir hier einen Vorzeigesong des Post Black-Metals gehabt. Trotzdem bleibt ein sehr guter Song, der, untypisch für diese Stilart, sich tatsächlich in den Gehörgängen festsetzt.
Mir gefällt das Gehörte sehr gut, und wenn der Sänger noch ein wenig mehr Gas gibt, dann steht mit dem fünften Album die endgültige Kolonisierung des Westens an.
Satte 29 Jahre sind seit dem letzten EVILDEAD-Album „The Underworld“ vergangen. Da stellt sich die Frage, ob sich auch EVILDEAD in die Reihe der gelungenen Comebacks von 2020 einreihen können? Erstmal stellt der geneigte Fan erfreut fest, dass alle fünf Mitglieder des aktuellen Line-Ups auf mindestens einer der beiden Vorgänger-LPs zu hören waren. Dann schlägt auch das gelungene Ed Repka-Cover die Brücke zur eigenen Geschichte. Und der Name Bill Metoyer in der Rolle des Produzenten lässt die Erwartungen ebenfalls nach oben schnellen.
Und was soll ich sagen: Es wurde viel versprochen und noch mehr gehalten. Der EVILDEAD-typische Midtempo-Thrash mit diversen Speed-Ausbrüchen ist nach wie vor vorhanden, und man ist von Altersmilde meilenweit entfernt. Die Riffs sind fies und walzen ultrabrutal aus den Boxen. Das Album ist in seiner Gesamtheit superkompakt, man verzichtet auf Füller und planiert in knappen 35 Minuten schlicht einen Großteil der thrashenden Konkurrenz in Grund und Boden. Neben dem Brutalo-Riffing schleichen sich aber auch immer wieder melodische Harmonien („No Difference“) in die Wall of Sound ein. Obwohl die meisten Songs knackig arrangiert sind und flott auf den Punkt kommen, finden EVILDEAD immer wieder Zeit für überraschende Wendungen um die Sache interessant und spannend zu gestalten.
EVILDEAD besetzen zwischen den extrem Thrashern wie DARK ANGEL oder SADUS auf der einen Seite und der eher melodischen Bay Area-Fraktion mit HEATHEN oder DEATH ANGEL auf der anderen Seite, ihre eigene Nische und zelebrieren mit absoluter Überzeugung ihren einzigartigen Stil. Die schon angesprochene Bill Metoyer-Produktion ist im besten Wortsinne zeitlos und passt perfekt zum wuchtigen Thrash EVILDEADs.
Aber auch textlich haben EVILDEAD noch einiges zu sagen. Hat man schon 1991 (!!) das Problem der von Menschen gemachten Erderwärmung thematisiert („Global Warming“), so gerät auch das neue Werk zum gesamtgesellschaftlichen Rundumschlag. Die Politikerkaste wird allgemein in „The Descending“ abgewatscht, Trump im Speziellen in „American Mussolini“. Die Fortsetzung von „Global Warming“ nennt sich „Greenhouse“, und auch sinnlose Kriegsführung wird angeprangert („A.O.P. / War Dance“)
Alles in Allem ist „United States Of Anarchy” ein fettes Comback, welches in allen Disziplinen zu überzeugen weiß und auf dem Einkaufszettel eines Thrashers ganz oben stehen sollte.
Wer „Wolf Moon“ von TYPE O NEGATIVE covert und damit überzeugen kann, der kann ja eigentlich nur richtig liegen, aber es gilt, über 71 Minuten mit Material zu füllen. Dies klappt ansatzweise auch ganz gut. Die Produktion von Dan Swanö ist definitiv als sehr gelungen zu bezeichnen. Besonders die Drums wurden hervorragend abgemischt und halten den progressiven Doom von OCEANS OF SLUMBER zusammen, was nicht immer leicht ist, da scheinbar jedes Bandmitglied auf seinem Albumanteil und damit auf seinem Egopart besteht und diesen auch konsequent ausspielt.
Bei den Amis ist dies ein Spiel mit dem Feuer, da besonders Sängerin Cammie auf ihrer Vormachtstellung beharrt. Und das mit Recht, da Cammie wirklich eine tolle und unverwechselbare Stimmlage hat, die man als fast soulig definieren könnte. Abseits von Pseudo-Opernvocals kann die Sängerin hier ihr gesamtes Repertoire souverän ausspielen und durchaus beeindrucken. Leider kann ihr Sängerkollege mit eingestreuten Growls dieses Niveau nicht halten. Zu kraftlos und zu deplatziert wirken hier die Einsätze und zerstören mehr, als das sie dem Gesamtwerk an Inhalt bieten könnten. Hier wäre weniger mehr gewesen. Wenn ich Growls hören möchte, dann doch bitte in Verbindung mit einer anderen Musikrichtung. Das passt hier nicht zusammen und ist mehr gewollt als gekonnt.
Natürlich überzeugen Songs wie „To The Sea“ oder „Total Failure Apparatus“. Besonders „To The Sea“ kann mit seinem wirklich hübschen Anfangspart bei mir Punkte einsammeln. Nicht punkten können die zwei Instrumentals, die mir sehr uninspiriert vorkommen und das Drücken der Skip-Taste als Option doch in wahrscheinliche Nähe rücken lassen. Irgendwie haben OCEANS OF SLUMBER auf der gleichnamigen Platte ein großes Problem, welches sich Songs nennt. Keines der Lieder kann sich ins Gehirn fressen und somit einen Wiedererkennungswert generieren. Hier werden viel zu viele Parts verbaut, Cammie versucht ihren Teil in den überfrachteten Songteilen auch noch einzubringen, und Growls setzen dem Ganzen dann noch die Krone auf. Das kann niemand mehr nachvollziehen und für gut befinden. Hier befindet sich die Band irgendwie in der gleichen Findungsphase wie OPETH nach „Blackwater Park“. Ich bin gespannt, wo hier die Reise hingeht. Zu diesem Zeitpunkt kann die Band nur mit der Stimme von Cammie punkten. Der Rest der Band sollte nochmals in Klausur gehen und den endgültigen Weg der Band festlegen. Und dieser Weg sollte in einem guten und strukturieren Song enden!
Fazit: Tolle Cover-Version, tolles Cover-Artwork, tolle Sängerin. Damit langt es bei mir zum gehobenen Durchschnitt – aber da wird in Zukunft noch mehr gehen, da bin ich mir eigentlich sehr sicher.
Eine Hauptkritik, welche bei zeitgenössischen Platten immer wieder laut wird, ist, dass sich Vieles zu ähnlich und zu stromlinienförmig anhören würde. Viele Platten bedienten sich ähnlicher Sounds und würden am Reißbrett auf Massentauglichkeit getrimmt. All diese Kritikpunkte treffen auf die Australier RAVEN BLACK NIGHT nicht mal im Ansatz zu. Jim Petkoff und seine Bande haben sich für den unbequemen und kauzigen Weg entschieden. 70er Lo-Fi Produktion, BROCAS HELM-Verschrobenheit, early SABBATH-Doom und Stoner-mäßige Waber-Einschübe bestimmen das Bild. RAVEN BLACK NIGHT schaffen das Kunststück, sogar in doomigen Temporegionen irgendwie zu rumpeln. In “Sheeba (Queen Of The Ravens)” lugen auch mal JETHRO TULL um die Ecke (“Crossed-Eyed Mary” anyone?).
Klassische Songstrukturen werden mit Freude ignoriert, und man baut viele Tempowechsel in seine Mini-Epen ein. Trotzdem schaffen es RAVEN BLACK NIGHT, auch immer wieder tolle Melodien in ihren Lavastrom einzubinden. Auch wenn diese vor Allem eines sind: unkommerziell.
Dazu passend Songtitel wie „Castle Walls (Tears Of Leonidas)“, „Her Sword In Tears“ oder “Fire And Steel”.
Eine reine Doom-Combo, wie uns das Info verspricht, sind RAVEN BLACK NIGHT indes nicht, da sie auch vor flotten Passagen nicht zurückschrecken. Was in meinen Ohren aber kein Nachteil ist, sondern die ganze Chose spannender und abwechslungsreicher gestaltet. Momente wie das cleane Gitarrensolo im „Child In Time“-mäßigen Ende von „Her Sword In Tears“ sind sogar richtig groß.
Um es auf den Punkt zu bringen: RAVEN BLACK NIGHT veröffentlichen mit „Run With The Raven“ ein Album, welches sicherlich nur einem kleinen Teil zugänglich sein wird, diese werden die kauzigen Nummern aber lieben. Wer auf seinem Altar zu Hause ganz frühe BLACK SABBATH, BROCAS HELM, MANILLA ROAD oder auch THE LORD WEIRD SLOUGH FEG bzw HOT FOG und MAUSOLEUM GATE stehen hat, der sollte den Australiern eine Chance geben…der Rest geht SABATON hören.