Schwierig, hier objektiv zu bleiben. Ich bin wahrlich kein großer Fan von Symphonic Metal und werde es auch in diesem Leben nicht mehr werden. Aber ich versuche, hier fair zu bleiben und das Album so zu bewerten, wie es sich mir darstellt. Dies wird dem Einen oder Anderen nicht gefallen, aber somit kann jeder Leser dieses Review für sich selber bewerten.
LEAVES´ EYES springen als Erstes auf einen Trend auf. Der Titel des Albums verrät es schon, es geht thematisch um die Wikinger und das Ende ihrer Ära. Gut, LEAVES´ EYES haben sich auf den letzten Alben auch schon mit geschichtlichen Themen beschäftigt, aber das Aufgreifen einer Wikinger-Saga kommt mir doch ein wenig zu konstruiert und geplant vor. Kann es an der Erfolgsserie „Vikings“ auf Netflix liegen? Wollte man hier eine neue Zielgruppe ansprechen? Soll nur eine Vermutung sein, aber irgendwie liegt dieser Gedankengang doch sehr nah. Im Übrigen wird es die wenigsten Hörer interessieren, ob die Band die historischen Ereignisse genaustens studiert und vertont hat. Geschichtsunterricht sollte nicht von einer Metal-Band vermittelt werden. Solche Thematiken gehören eher an die Universität, sonst bleibt dies alles leider Pseudowissen und halbgar.
Auf „The Last Viking“ sind die Rollen klar verteilt. Sängerin Elina ist für die sanften und wirklich guten Leadvocals zuständig und kann mit ihrer dominaten und klaren Sopranstimme überzeugen. Ex-ATROCITY-Sänger Alexander Krull (Krulle) übernimmt den angriffslustigen Part und somit die Growls. Diese bewerte ich ungerne, aber es fällt doch auf, das Krulles Vocals ein wenig eindimensional und lustlos wirken. Man sollte seine tolle Stimmlage auf alten ATROCITY-Alben wie „Hallocinations“ und dem jetzigen Output vergleichen. Hier liegen Welten dazwischen, und die abgehackten Betonungen tragen leider auch ihren Teil zu einer zwiespältigen Gesangsleistung bei.
Die 14 Songs sind allesamt sehr abwechslungsreich und stimmungsvoll aufgebaut. Hier keltische Hörner, da eine mittelalterliche Trommel und andere untypische Instrumente geben sich hier ein Stelldichein. Dies eröffnet immer neue Facetten im Sound der Band und wertet jeden Song definitiv auf. Somit ein klarer Punkt auf der Habenseite. Die Gitarrenfraktion sorgt mit mächtigen und ausdrucksvollen Riffs für ein sehr kompaktes Bild und verleiht „The Last Viking“ die nötige Härte und bildet so einen gelungenen Gegenpol zu Elinas glockenklarer Stimme. Natürlich erinnert dies immer wieder an die Genre-Alphatiere von NIGHTWISH, und deren Zielgruppe wird sich bei LEAVES´ EYES auch besonders wohl fühlen. Im Song „Black Butterfly“ biedert sich die Band eindeutig bei der Fangruppe von BEYOND THE BLACK an und haut, mit Unterstützung von Clémentine von VISIONS FROM ATLANTIS, einen derart massenkompatiblen Chartstürmer raus, das es einerseits eine Freude ist, aber andererseits der Band jede Glaubwürdigkeit nimmt. Schielt hier jemand nach dem großen TV-Auftritt?
Das Album hat in jedem Fall Filmmusik-Charakter und wirkt von vorne bis hinten durchgeplant, was hier aber nicht negativ ausgelegt werden sollte. Hier sind Profis am Werk, die genau wissen, welchen Weg sie mit „The Last Viking“ einschlagen wollen. Und dieser Weg wird ein erfolgreicher sein, da bin ich mir sicher. LEAVES´ EYES kennen ihr Marktpotential ganz genau, und dieses wird mit der Scheibe bestens ausgeschöpft und bedient. Zu finden sind eindeutig keine Zufälle oder spontane Handlungen - die Band wird sich schon im Vorfeld im Klaren sein, das „The Last Viking“ einschlagen wird wie die Axt auf einem Wikingerhelm. Produktionstechnisch wurde alles sehr gut in Szene gesetzt, und hier kann man Krulle und Thorsten Bauer (Gitarre, Bass) einen prima erledigten Job bescheinigen.
Das Album geht für mich schon in Ordnung, und der Schlusstrack „The Last Viking“ zieht nochmal auf über zehn Minuten alle Register. Klischee hin – Klischee her, LEAVES´ EYES zeigen besonders in diesem Song ihre Fähigkeit, eine großartige Spannung innerhalb eines Songs aufzubauen und bis zum Ende zu halten. Das muss man bei aller Kritik der Band lassen, aber kaufen würde ich mir ein solches Konstrukt trotzdem nie, und auch eine weitere Rotation der Scheibe werde ich mir ersparen. Grundsätzlich gesehen, haben hier ganz einfach zu viele Symphonic-Bands die Nase weiter vorne und wirken somit frischer. Genre-Fans sollten sich die Scheibe besorgen, denn eine Enttäuschung ist sie definitiv nicht. Naja, da die Musik nicht weh tut und keinen verängstigt, würde sie Wickie aus Flake bestimmt auch empfehlen.
Die Artworks von BROTHER FIRETRIBE wurden von Album zu Album erwachsener und ausdrucksstärker. Und auch die Band verändert sich 2020. Gründungsmitglied NIGHTWISH-Gitarrist Emppu Vuorinen verlässt die Band, weil er neben seiner Hauptband keine Zeit mehr dafür findet. Somit gibt es kein Namedropping und auch keine Rücksichtnahme auf dessen Hauptarbeitgeber mehr. BROTHER FIRETRIBE sind quasi mit "Feel The Burn" autonomer und selbständiger. Und irgendwie meine ich, diese Gefühle auch in dem Artwork wiederzufinden.
Neu-Gitarrist Roope Riihijärvi füllt die Lücke adäquat, wobei die Gitarre nie allein oder gar maßgeblich im Sound des finnischen AOR-Kollektivs steht oder stand. Der Opener "I Salut you" beginnt mit Keybord, das im weiteren Verlauf dann auch klar die Melodie "ausleuchtet". Die Gesangsmelodien von Pekka Ansio Heino sind griffig und gefühlvoll, seine Stimmfärbung kann sich nicht ganz mit den Großen des Genres messen, bringt dafür aber Profil ein. Das atmosphärische "Night Drive" punktet dramaturgisch, wobei es ruhig etwas rauher und kantiger klingen dürfte. Zu steril ist der Sound, zu präsent das Keyboard, das einen hin und wieder an die 80er Jahre Autoscooter-Beschallung denken lässt. Die Gitarren-Soli indes sind scharf und sorgen für rockigen Ausgleich.
Für BROTHER FIRETRIBE beginnt mit Album Nr. 5 eine neue Episode. "Feel the Burn" ist poppiger und cleaner als gewohnt, bietet dennoch vertraute Elemente und nach wie vor starkes Songwriting.
Wenn man als Band unbedingt nicht berühmt und reich werden will, dann sollte man sich an den Kaliforniern von HEXX orientieren. Wer sich 1983 in der Bay Area gegründet hat und im Umfeld von HEATHEN, FORBIDDEN, METALLICA, EXODUS, TESTAMENT und Konsorten seine ersten Sporen verdient hat, sollte in 2020 einen ganz anderen Stand in der Szene haben. Tja, aber HEXX haben es halt anders gemacht und machten eher durch Besetzungswechsel und im Jahr 1991 durch einen gnadenlosen Stilwechsel auf sich aufmerksam. Es wurde nicht mehr dem Gemisch aus Power Metal und Thrash gefrönt, sondern man versuchte sich bei der aufstrebenden Death Metal-Gemeinde anzubiedern. Ein Marketing-Trick, der komplett nach hinten losging und verbrannte Erde hinterließ. Somit wurde die Band aufgelöst, und die Rückkehr kam erst im Jahre 2017 bei High Roller zustande. Hier wurde das Album „Wrath Of The Reaper“ veröffentlicht, welches wieder deutlich back to the roots ging. Mit „Entangled In Sin“ soll dieser Weg weiter verfolgt und mit Sänger Eddy Vega eine Konstante geschaffen werden.
Und ja, die Mischung aus Power Metal und Thrash kann mich doch überzeugen. Musikalisch würde ich „Entangled In Sin“ als Mischung aus OVERKILL und METAL CHURCH beziffern. Die kurzweiligen Songs nehmen keine Umwege und kommen sofort auf den Punkt. Verschnaufpausen sind auf dem Album rar gesät, da die Rhythmusfraktion das Tempo beständig auf einem hohen Level hält. Die melodischen Gitarrenleads liefern sich beeindruckende Duelle mit den messerscharfen Riffkaskaden. So muss moderner und doch basischer Power-Thrash in 2020 klingen. Einen kleinen Ausreißer finden wir in der Halbballade „Over But The Bleeding“, welche die Herkunft der Bay Area nicht verleugnen kann. Ein tolles Stück, welches definitiv ein Highlight der Bandgeschichte darstellt.
Die Scheibe klingt so, als hätte die Band ihre Identität endlich gefunden und mit Eddy Vega einen Sänger, der noch für manche gute Scheibe sorgen wird. HEXX haben richtig Lust und möchten ein gehöriges Wort im umkämpften Markt mitsprechen. Und mit einer Scheibe wie „Entangled In Sin“ haben sie auch jede Berechtigung dazu. Agil, lebendig und keinesfalls ein Metal-Dinosaurier; so lasse ich mir HEXX gerne gefallen, und somit sind jeder Power-Metaller und jeder Thrasher hiermit aufgefordert, sich über diese wirklich gute Scheibe ein eigenes Bild zu machen.
Als ich das Cover des Erstlings-Outputs von KING MOTHRA sah und die ersten Gitarrenanschläge vernahm, dachte ich, hier würde ich es mit etwas in Richtung KVELERTAK zu tun bekommen.
Doch Heureka! Weit gefehlt!
Wer oder was mich zu diesen Gedankengängen geritten hat, weiß ich bis heute noch nicht. Schon nach wenigen Sekunden wurde ich eines Besseren belehrt. "Hive" von KING MOTHRA hat in keinster Weise etwas mit den norwegischen Herren gemeinsam. Die Debüt-EP ist ein absolut eigenständiges und extrem interessantes Werk. Das Ding ist so facettenreich, dass es fast unmöglich ist, dies zu kategorisieren. Schon lange habe ich nicht mehr einen so vielschichtigen und Genre-übergreifenden Hybriden gehört. Die beiden Guitar Heroes Jewgeni Roudenko und Max Dörfler zimmern auf Ihren Klampfen neben schönen, druckvollen Riffs immer wieder eingängige Melodien zusammen, die "Hive" mit einer herrlichen Klangfarbe unterstreichen. Dabei verarbeiten sie kontinuierlich verschiedenste Stilelemente, die mal progressiv, dann aber auch wieder heavy und stellenweise sogar irgendwie klassisch oder aus der Alternative-Ecke stammen könnten. Drummer Oleg Freydenzon und Bassist Dominik Noack tragen ungehindert ihren Teil dazu bei und schaffen es, die hauptsächlich im Midtempo angesiedelte EP in ein modernes Gewand zu packen. Saubere Arbeit! Und dann ist da noch Philipp Wiedemann, dessen Vocals ähnlich universell einsetzbar sind wie ein Multifunktionswerkzeug führender Hersteller. Die Stimme variiert so vielfältig zwischen derben Growls, feinem Gekeife und Clean-Vocals, dass es eine Freude ist, den stellenweise sogar nahtlosen Übergängen dabei zuzuhören. Das Beste an der Sache ist, dass die klaren Gesangspassagen zu keiner Zeit künstlich, überproduziert oder aufgezwungen wirken. Im Gegenteil. Es ist immer ein leicht männlich markanter Unterton dabei zu hören, was die Clean-Parts einfach authentisch klingen lässt.
Um jetzt aber mal Nägel mit Köpfen zu machen, merkt man der Band einfach an, dass jeder seinen eigenen musikalischen Background integriert. Heavy Riffs sowie eingängige Melodien gehen hier Hand in Hand mit unterschiedlichsten Stilelementen, abwechslungs- und kontrastreichem Songwriting, sowie einem extrem variablen Gesang. Hinzu kommt eine schöne und stimmige Produktion, die einfach zur Klangfarbe der EP passt und "Hive" zu einem rundum gelungenen Debüt macht. Es ist, als hätte man beim Hören eine akustische Tüte "Colorado" aufgemacht. Hier ist wirklich für jeden was dabei. Und der Spaß für die ganze Familie ist auch garantiert.
Hier darf, bzw. sollte jeder mal einen Lauschangriff starten!
Drei Alben haben die Emsdetter Jungs auf dem Buckel, und mit „Descent“, dem vierten Longplayer, wird einmal mehr auf die Trumpfkarte Death Metal gesetzt. Fans von modernen Sounds oder Experimenten sollten einen weiten Bogen um den Fünfer machen, da NEW WORLD DEPRESSION es mit dem Genre Death Metal auch todernst meinen. Hier wird aus allen Rohren geschossen, und die Riffs überfahren den Hörer wie eine Dampfwalze.
Hier wurden alle Hausaufgaben gemacht und die richtigen Bands studiert. Zur Orientierung würde ich mal Bands wie OBSCENITY, MORGOTH und SIX FEED UNDER benennen wollen. Letztere natürlich nur zu deren erträglicher Zeit. Gesangstechnisch bleibt man auch bewusst Old School, und so growlt man sich durch die zehn kurzweilen Tracks. Das Tempo bleibt immer im erträglichen Bereich und macht nur kleine Stippvisiten in Richtung Blastbeats. Das ist auch gut so, da besonders im Midtempo-Bereich die mitreißenden Riffstafetten erst richtig zur Geltung kommen, und somit ein toller Groove aufkommt. Live dürfte dies ein wahres Gitarrenfest bedeuten, da diese der Musik die gewisse Schärfe und Aggressivität verleihen.
Besonders der wirklich fette Sound rundet „Descent“ entsprechen ab und lässt für Soundlöcher keinen Platz. Der kraftvolle Gesamteindruck der Band kann begeistern, und für alle Traditionalisten sollte „Descent“ einen Platz auf der Einkaufsliste finden. Gutes Teil!
ASCIAN haben Zeit… viel Zeit… und diese sollte sich der Hörer für das Debutalbum „Elysion“ auch nehmen. Die Riffs und Melodien sind zäh und dickflüssig, und die Band denkt gar nicht daran, den eingeschlagenen Weg sofort zu ändern. Man schlachtet jedes Riff aus und tritt mit Genuss auf der Stelle. Klingt langweilig? Nein, ist es überhaupt nicht! Wer Riffs der Marke MY DYING BRIDE aus dem Hemdsärmel schüttelt und damit fünf überlange Songs kreiert, die begeistern können, der muss richtig liegen. Der Gesang von Sänger S. kokettiert mit Death-Vocals, cleanen Einschüben und Ausflügen in den Black Metal-Bereich. Eine abwechslungsreiche Mischung, die besonders im Death Metal-Bereich in Verbindung mit herrlichen Doom-Parts überaus überzeugend wirkt. Gerne werden in den fünf überlangen Songs auch akustische Parts eingebaut, die die düstere Atmosphäre und die allgegenwärtige Melancholie gelungen einfangen. Auch die eingestreuten (Post) Black Metal-Parts wirken nie überhastet und planlos. Es wurde immer darauf geachtet, die bleierne Schwere der Songs nicht zu zerstören, und dies gelingt der Band wahrlich superb.
Die vier Musiker aus Braunschweig und Würzburg haben hier wirklich etwas Einzigartiges erschaffen, das hiermit besonders Fans der ersten (und unerreichten) MY DYING BRIDE-Scheiben ans Herz gelegt sein soll. Ein solches hochemotionales und begeisterndes Feuerwerk an Doom sollte man sich nicht entgehen lassen.
Natürlich ist „Elysion“ kein Album, welches man nebenher hören sollte. Hier sollte man Zeit, eine Flasche Rotwein und jede Menge Konzentration mitbringen. Tut man dies, wird man mit einem Doom-Meisterwerk belohnt, welches hoffentlich nicht in der Veröffentlichungsflut untergehen wird. Wenn ich mit meinem Review auch nur einen Leser zum Testen und Feiern von „Elysion“ bekomme, dann ist meine Mission erfolgreich gewesen. In diesem Debüt steckt so viel Liebe, Verzweiflung und Herzblut – bitte honoriert dies und unterstützt ASCIAN und dieses Meisterwerk! Ich verneige mich vor dieser Band, vielen Dank für die Musik und die großen Gefühle!
Auf ein neues AYREON-Album freue ich mich immer wie Bolle – habe ich doch den ihm eigenen Sound, den Ideenreichtum und die Liebe fürs Detail bei Mastermind Arjen Lucassen schon immer bewundert. Beim neusten Werk des Niederländers habe ich aber zwiespältige Gefühle. Denn das schon mal vorneweg – der Fluss und die Faszination vergangener Alben will sich nicht einstellen. Klar – „Transitus“ war als etwas „Anderes“ angekündigt. Aber doch so weit weg von meinen Hoffnungen hatte ich das dann nicht erwartet. In der Vergangenheit hat Lucassen damit geworben, für „neue“ Sounds doch lieber auch mal einen anderen Band-/Projektnamen zu wählen – siehe STAR ONE, GUILT MACHINE, AMBEON, usw. Für mich ein Rätsel, warum der gute Arjen dies nicht auch für sein Musical – und als solches empfinde ich „Transitus“ – getan hat. Das wäre aus meiner Sicht folgerichtig gewesen.
Davon abgesehen, hat sich der Meister hier wohl selbst übertroffen und mit „Transitus“ ein neues Markenzeichen seines Schaffens in die Welt gesetzt. Die Story basiert auf einer mit Gothic- und Horror-Elementen angereichten, im Jahr 1884 spielenden Geschichte um Leben, Tod und allerlei übernatürliche Phänomene. Als Sprecher wurde der britische Schauspieler Tom Baker, der in den 1970er-Jahren als Star der von der BBC produzierten Kult-Fernsehserie „Dr. Who” Berühmtheit erlangte, engagiert. Die Hauptrollen haben Cammie Gilbert von OCEANS OF SLUMBER und Tommy Karevik von KAMELOT inne; weiter bekannte Sänger sind u.a. der gute alte Dee Snider (TWISTED SISTER), aber auch Simone Simons von EPICA oder die mit AVANTASIA bekannt gewordene Amanda Somerville.
Musikalische Highlights hat „Transitus“ natürlich zu bieten – das flotte „Dumb Piece Of Rock“ und das direkt danach platzierte „Get Out Now!“ rocken und machen echt Laune – beides aus dem ersten Teil des Werkes. Hinten raus wird es enger, da zu viele der Story dienende kleine Zwischenparts und Sprechpassagen (mich) stören. Hier hat es mir besonders das ruhige, an THE GATHERING erinnerte Duett „Hopelessly Slipping Away“ angetan. Wie zu erwarten, geht es hier weniger um die einzelnen Songs, sondern mehr um Atmosphäre und das musische Erzählen einer dramatischen Geschichte. Demzufolge überwiegen die bedächtigeren, weniger metallenen und weniger proggigen Parts. Dass musikalisch hier alles passt, dass an den Instrumenten Könner agieren, dass er wieder eine hervorragende Riege an Sängern aufgeboten hat – stimmt alles. Auch die Kompositionen an sich, die Refrains – super. Und das Alles arrangiert mit Bombast (und doch auch Kitsch), wie es sich für eine richtige Rock-Oper geziemt. Aber es ist mir dann doch an manchen Stellen zu viel des Guten (irgendwann nerven die „spoken parts“ mich halt einfach und ich spule nach vorne) - und ich werde da wohl nicht der Einzige sein. AYREON und „Transitus“ – das passt irgendwie nicht so richtig – und auch irgendwie doch zu Arjen Lucassen. Aber das sollte natürlich jeder für sich selbst entscheiden.
Wir schreiben das Jahr 1996. Der Autor dieser Zeilen ist zarte 18 Jahre alt und versucht sich immer tiefer in den Metal Underground zu wühlen. Was gar nicht so einfach ist. Das Internet spielt praktisch noch keine Rolle, und das Rock Hard titelt „Ist der Metal tot?“ und beerdigt auf dem Cover eine Kutte. Grunge ist schon am Abflauen, aber es kommt nichts Besseres nach, und ich bin am Verzweifeln. Da wurde ich auf eine neue New Yorker Formation und deren Debüt aufmerksam. Der Bandname: POWER. Das Album: „Justice Of Fire“. Das war genau der Sound, den ich suchte. Flotte Doublebassgewitter, virtuoses, pfeilschnelles Gitarrenshredding und eine Stimme, die in der Lage schien, gläserne Wolkenkratzer zum Einsturz bringen zu können. Selbige gehörte übrigens Alan Tecchio, welcher mit HADES, NON-FICTION und WATCHTOWER Metal-Geschichte schrieb. Allerdings waren POWER meine erste Berührung mit ihm.
Mastermind und Gitarrist Daniel Dalley konnte aber nicht nur über das Griffbrett sprinten, sondern mit „Hands Over Time“, „Rising Son (Through The Eyes Of God)“ oder „The Vision“ auch formidable US Metal-Pretiosen verfassen. Kommerziell erfolgreich wurde das Ganze zwar nicht, Liebhaber bekommen aber immer noch feuchte Augen. Leider kam dann auch nichts mehr nach.
Zeitsprung ins Jahr 2020. Dalley und Tecchio sind der Meinung, dass sie eine sensationelle Platte noch geiler machen können. Meist geht sowas ja in die Hose. Dass „Justice Of Fire“ 2020 mindestens so stark wie das Original ist, liegt vor Allem an Tecchio. Es ist unglaublich, aber der Mann klingt in seinen 50ern aggressiver und zugleich kraftvoller und voluminöser als jemals zuvor. Was er bei „Deceiver Of Truth“ aus seinen Lungen herausholt, jagt mir eine Gänsehaut nach der anderen den Rücken hinunter. An den Songs selbst wurde glücklicherweise nur im Detail rumgeschraubt. So kommt mir z.B. das Intro „Prelude To The Apocalypse“ ein Tacken langsamer vor. Und natürlich klingt das Ganze nun etwas zeitgemäßer.
Sowohl für Neuentdecker als auch alte Fans macht „Justice Of Fire“ in der vorliegenden Version Sinn. Speediger US Power Metal mit Wunderstimme…dem kann man sich einfach nicht entziehen.
Aktuell gibt es das Album auf allen gängigen digitalen Plattformen. Ein physischer Release soll aber zeitnah folgen.
Erika Wallberg, bekannt von CULT OF THE FOX, VOID MOON und aus den Fotogräben dieser Welt hat die Corona bedingte Liveflaute dafür genutzt mit ihrer dritten Spielwiese WYSDOM GIVEN eine EP aufzunehmen. Zu hören gibt es SABATON-beeinflussten…Spaß...natürlich nicht.
In ein herrlich organisches und sehr passendes Soundgewand gehüllt, gibt es leicht okkulten, an die NWOBHM angelehnten, Traditionsstahl, der vor kauzigen Noten nicht zurückschreckt. Und auch doomige Einflüsse sind im Sound der SchwedInnen zu entdecken. Die Melodien sind in gleichem Maße eingängig wie auch schrullig. Was an sich schon ein großes Verständnis für erstklassisches Handwerk offenbart. Die unterschwellige Bedrohlichkeit erinnert manchmal an frühe MEMORY GARDEN, dann wieder kommt die Verzweiflung großer MORGANA LEFAY Momente durch. Sänger Daniel Myvall Hedman versteht es im richtigen Moment zu leiden und transportiert mit seiner Stimme große Emotionen.
Alles in Allem ist diese EP ein gefundenes Fressen für alles KIT- und HOA-Gänger und macht Appetit auf einen hoffentlich irgendwann erscheinenden Longplayer.
Es wird mal wieder Zeit für melodisch, flotte Klänge aus Fernost. Das besondere an ASURA ist die Bandbesetzung: denn im Line-Up werden neben den üblichen Verdächtigen Bass, Drums, Gitarre und Gesang auch zwei Tänzerinnen geführt. Das ist auf Konserve naturgemäß wenig spannend, live dafür umso unterhaltsamer. Und was die beiden Ladies auf die Bretter bringen müssen, ist richtig Sport, denn ASURA geben Vollgas. Der melodische und mit technoiden Keyboards versehene Power Metal besticht nämlich durch viel Doublebass mit wenig Verschnaufpausen. Nach dem hymnisch, rasenden Auftakt „修羅の華” dauert es bis zur Mitte des Album bis mit “Moon” eine Ballade ertönt. Aber direkt danach wird mit “One” wieder richtig auf die Tube gedrückt. Etwas aus dem Rahmen fällt das poppige “Voice” welches aber mit einem dominanten und virtuos gespielten Bass überzeugen kann und die sehr positive Abschlussnummer “Wind”.
Technisch sind ASURA über jeden Zweifel erhaben und haben mit Akina eine charismatische Frontfrau, welche den Songs ihren eigenen Stempel aufdrückt.
Fans, die mit japanischem Girl Metal noch keine Berührung hatten, aber Acts wie RAGE OF LIGHT, METALITE oder FOLLOW THE CIPHER mögen, sollten ASURA eine Chance geben. Profis sei gesagt, dass ASURA perfekt zwischen IBUKI, UNLUCKY MORPHEUS oder OCTAVIAGRACE ins Regal passen.