1988 standen die ROLLING STONES so kurz vor der Trennung wie nie. Das Verhältnis zwischen Mick Jagger und Keith Richards war zerrüttet, da Mick sich schon während der Aufnahmen zu “Dirty Works“ überwiegend um seine eigene Solokarriere kümmerte. Dies führte zum einen dazu, dass die Qualität des Albums unter diesem Zwist litt, zum anderen übernahm Keith Richards zum ersten Mal auf zwei der Songs den Leadgesang und fand Gefallen daran. Kurzerhand kontaktierte Keith ein paar befreundete Musiker, u.a. den Gitarristen Waddy Wachtel und seinen langjährigen Mitarbeiter Steve Jordan (Schlagzeug, Produktion), Keyboarder Ivan Neville und Saxophonist Bobby Keys (beide Sidemen der STONES) sowie den Bassisten Charly Drayton und die Sängerin Sarah Dash. Heraus kam eine fantastische Bluesrock-Scheibe: “Talk Is Cheap“ (siehe Review). Mit dieser Truppe ging er dann auch auf Tour und nannte sie THE X-PENSIVE WINOS, da man gerne Wein aus dem Weingut Rothschild konsumierte.
Einer dieser legendären Gigs wurde im Hollywood Palladium in LA aufgenommen und nun neu aufgelegt (1991 erstmals veröffentlicht).
An diesem Abend bestand die Setlist zum größten Teil aus Titeln des Solowerks, es wurden aber auch STONES-Klassiker wie “Happy“, “Time Is On My Side“ (wunderbar von Sarah Dash vorgetragen), “Connection“, sowie “Too Rude“, eine Lieblingsnummer von Keith (er liebt Reggae) aus “Dirty Works“, zum Besten gegeben. Warum man die bis dato unveröffentlichen Titel “Little T&A“, “You Don't Move Me“ und den BEATLES-Hit “I Wanna Be Your Man“, bei der nahezu die komplette Band (herrlich schräg) singt, nur im Box-Set (als 10" Vinyl) und auf digitalen Formaten anbietet, entzieht sich jedoch meinem Verständnis.....auf die CD hätten sie noch gepasst.
Das Konzert selbst ist einer dieser authentischen, rohen, ungeschliffenen Club-Auftritte (obwohl das Palladium ein großer Club ist), bei der weder die große Lightshow noch Bühnenoutfit oder Choreo eine Rolle spielen. Es geht dabei um puren Rock mit Roll, den Keith oft vermisst hat, Blues, Reggae und Soul. Hier ist eine verschworene Garagenband am Werk, die mit Leib und Seele musiziert, und in die Mr. Richards als Bestandteil eines Ganzen integriert ist. Wenn man irgendwas bemängeln möchte, dann vielleicht, dass man den Gesang vom guten Keith, an der einen oder anderen Stelle, ruhig etwas nach vorne hätte mischen können. Schließt man die Augen, spürt man jedoch förmlich die Club-Atmosphäre... den engen, vollen Saal, die niedrige Decke, die Nähe zur Band, die wabernde, tanzende Menschenmenge... den Geruch von Schweiß, Rauch (in den 80ern war das noch erlaubt) und Bier... wer weiß, wann wir solche Konzerte wieder erleben dürfen?
Ich fang´s mal so an: jeder einigermaßen geschmackssichere Heavy Metal-Fan konnte die letztjährige EP „The Final Battle I“ der einstigen „Kings Of Metal“ allerhöchstens nach dem Genuss von mindestens drei Flaschen Hochprozentigem ertragen (beim letzten Song war dann selbst Alkohol mit der Situation überfordert, aber lassen wir das...). Es ist daher einfach ein gutes Gefühl, dass die Hochzeiten der Truppe, also die glorreichen 80er, in der jüngeren Vergangenheit die eine oder andere stark beeinflusste Kapelle abgeworfen haben – namentlich etwa ATLANTEAN KODEX, VISIGOTH, TERMINUS, MEGATON SWORD oder eben ETERNAL CHAMPION aus dem sonnigen Texas, die bereits mit ihrem bärenstarken 2016er Debütalbum „The Armor Of Ire“ die traditionelle Epik-Fraktion zu begeistern wussten. Für den Nachfolger „Ravening Iron“ mit seinen nicht einmal 40 Minuten Spielzeit hat sich die Band ganze vier Jahre Zeit gelassen, dabei jedoch auf Qualität statt Quantität gesetzt: bis auf das kurze Intermezzo „The Godblade“, das an Fantasy- und Horrorfilme der 80er Jahre erinnert, finden sich auf „Ravening Iron“ einige Erstliga-Kauz-Hymnen, die auch Genre-Urväter wie BROCAS HELM oder OMEN kaum besser hinbekommen hätten. Mit dem stampfenden Opener „A Face In The Glare“, dem vorab veröffentlichten Titelsong, dem sehr melodischen „War At The Edge Of The End“ (Killer!), dem treibenden „Coward´s Keep“ und dem eingängigen und mitgrölkompatiblen „Worms Of The Earth“ hauen die Jungs absolutes Weltklasseformat raus, während lediglich die MANILLA ROAD-Anbetung „Skullseeker“ und der sperrige Abschluss „Banners Of Arhai“ nicht ganz so heftig zünden wie der Rest des Albums. Und ob der nasale (und technisch doch etwas limitierte) Gesang von Jason Tarpey nun gewöhnungsbedürftig sein mag oder nicht – zu ETERNAL CHAMPION passt er, wie auch die genretypisch leicht verwässerte, dumpfe Produktion, perfekt. Ach, was sag ich?! Wer mit angeschrägtem Epic Metal rein gar nix anfangen kann, wird auch mit „Ravening Iron“ nicht glücklich werden. Der Rest, darunter die komplette „Keep It True“-Fraktion, hat dieses Hammerteil sowieso schon vorbestellt!
DARWIN ist ein Bandprojekt des gleichnamigen Komponisten und Gitarristen. Herkunft, Lebenslauf, Vorname? Das bleibt alles im Nebulösen, und auch der Künstler zeigt sich meist nur mit Sonnenbrille. Das finde ich jetzt nicht wirklich mystisch, sondern einfach nur ein wenig affig. Aber immerhin, ihm gelang es, eine Schar an hochkarätigen Musikern um sich zu scharen, u.a. Simon Phillips (TOTO), Derek Sherinian (ex-DREAM THEATER, SONS OF APOLLO) und Billy Sheehan (Mr. BIG, SONS OF APOLLO), und das macht dann die Sache doch interessant.
"DarWin 2: A Frozen War" ist, richtig, das zweite Werk des Künstlers. Von einem Longplayer will ich hier nicht unbedingt reden, denn das Album hat 5 Songs und dauert knapp 31 Minuten. Diese Zeit wird aber durchaus kurzweilig gestaltet. DARWIN bietet eine Melange aus Prog, Rock und teilweise Spuren von Metal. Alles recht lose gebunden und erratisch.
Der Opener "Nightmare Of My Dreams" verquickt dann auch ganz ungeniert KANSAS mit Prog Metal à la SYMPHONY X. Die Nummer wirkt ambitioniert, aber unentschieden und inhomogen. Die weiche und wandlungsfähige Stimme von Matt Bissonette überzeugt indes. Werden nicht zu viel Einflüsse auf einmal vermengt, und der Song darf seine Ausgangsrichtung beibehalten wie bei "Future History" oder dem AOR-lastigen "Eternal Life", gelingt wirklich gute Rock-Unterhaltung. Ein nicht ganz schlüssiges und irgendwie unvollendet wirkendes Werk, das dennoch mit gefälligen Melodien und handwerklich versierten Musikern punkten kann.
Fluch oder Segen? PYRAMAZE werden auf ewig mit dem ehemaligen ICED EARTH-Sänger Matt Barlow verbunden werden, der die Vocals auf ihrem 2008er Album „Immortal“ einsang. 2020 haben sich PYRAMAZE ein wenig freigeschwommen und können das dritte Machwerk in gleichbleibender Besetzung über AFM Records veröffentlichen. Hochmelodischer und durchaus progressiver Metal wird auf „Epitaph“ geboten, der sich meistens im Midtempo-Bereich bewegt und von interessanten, aber nie aufdringlichen Keyboards begleitet wird. Nach einem opulenten Intro wird die Messlatte mit „A Stroke Of Magic“ sehr hoch angesetzt. Der Bass wummert, und Sänger Terje Harøy lässt den Hörer gleich wissen, wer hier Chef im Ring ist. Der Refrain nimmt wunderschön an Fahrt auf und kann an STRATOVARIUS und Konsorten erinnern. Ein wirklich starker Einstieg, der einen gesunden Mix aus Power und Verspieltheit anbietet. Die Ohren sollten auch weit geöffnet bleiben. „Knights In Shining Armour“ beginnt sehr gradlinig, und dann nimmt der Song Fahrt auf und überrascht mit gelungenen Doublebass-Einsätzen und verspielten Pianoklängen. Durchaus überzeugend.
An Gastbeiträgen hat PYRAMAZE auf „Epitaph“ auch einiges zu bieten. Der Song „Trascendence“ wird durch Brittney Slayes (UNLEASH THE ARCHERS) erfolgreich veredelt, die mit ihrer unverwechselbaren Stimme durchaus Akzente setzen kann, ohne in Operngeschwurbel zu verfallen. Der zweite Song, der Gastbeiträge vorweisen kann, nimmt uns mit in die Geschichte von PYRAMAZE. Auf über zwölf Minuten geben sich die ex-Sänger Lance King und Matt Barlow die Ehre und verhelfen dem Song zu beachtlicher Größe. Natürlich sind auch hier alle Instrumente erstklassig gespielt, aber natürlich achtet man besonders auf den Bereich der Vocals. Hier hat keiner der zwei Gastsänger etwas verlernt. Über der progressiven Note des Songs thronen drei unverwechselbare Stimmen, die sich aber nicht zu schade sind, sogar ein Keyboard-Solo zuzulassen und pushen somit „The Time Traveller“ auf den Spitzenplatz der Scheibe. Großartig und wird auch beim x-ten Durchlauf nicht langweilig.
Zusammenfassend sind die über 60 Minuten schwermetallischer Kost professionell arrangiert und dementsprechend auch produziert. Leider hat sich auch der ein oder andere Lückenfüller eingeschlichen. Eventuell wären hier 40 Minuten die bessere Option gewesen und hätten das Album kompakter erscheinen lassen. Nichtsdestotrotz haben wir mit „Epitaph“ ein sehr gutes Werk vorliegen, welches die Zielgruppe bestimmt erreichen wird. Eine mehr als solide Leistung, die Lust an der Band und dem weiteren Schaffen macht. Daumen hoch.
AUTUMNBLAZE sind erwachsen geworden. Mit der 1997 gegründeten Band haben die neuen AUTUMNBLAZE nichts mehr zu tun, was schon die EP „Philia“ aus dem Jahr 2018 angedeutet hat. Der krude Mix aus Black, Death und Folk-Elementen ist endgültig Vergangenheit und macht Platz für melancholischen Post-Rock, der mit einer erstaunlichen Souveränität präsentiert wird. Vielen wird die Pause der Alternative-Helden von ANATHEMA unschön aufgestoßen sein, aber hier kommt mehr als Methadon. „Welkin Shores Burning“ entwickelt sich nämlich mit jedem Durchlauf mehr und mehr zu einer Droge, die einen extrem hohen Suchfaktor besitzt und von der Schaffenspause der Engländer bestens ablenken kann. Die poetische Dunkelheit des Werks lässt den Hörer in jeder Spielminute eine gewisse Schwere und Düsterheit spüren, die wenige Bands in dieser Form vertonen können. Als Indikator könnte ich KATATONIA ins Spiel bringen, die ähnliche Pfade bereisen, aber nicht die Eindringlichkeit der Saarländer besitzen. AUTUMNBLAZE besitzen die Fähigkeit, mit wenigen Tönen sehr viel zu sagen – Die Welt steht plötzlich still, und was bleibt, ist Resignation und erbarmungslose Hingabe. Es ist schwierig, einzelne Songs aus dem Ganzen zu reißen und zu besprechen, da die Scheibe als Gesamtwerk konsumiert werden muss. Türe zu, Fenster zu, Kopfhörer auf, Decke über den Kopf. So lässt sich bestens in das musikalische Universum der Band eintauchen. Nur in der Mitte der CD wird man aus der hypnotisierenden Wirkung herausgerissen. Es ertönt ein wahrer Hit. „Leaders“ ist einfach fantastisch geworden und somit eindeutig die Sternstunde der Veröffentlichung. Selten verschmolzen Musik und Vocals so wunderschön zu einem Highlight des Post-Rocks. Der Refrain setzt sich schon beim ersten Durchgang im Gehirn fest und wird bei jedem weiteren Durchgang (und hier werden einige folgen) noch tiefer verankert. Hier haben sich AUTUMNBLAZE ein eigenes Denkmal geschaffen, welches die derzeitige Positionsbestimmung der Band perfekt aufzeigt. Ich frage mich, welchen Weg die Band mit dem nächsten Album gehen will. Toppen kann die Band „Welkin Shores Burning“ eigentlich nicht, aber gespannt sollte man trotzdem sein. Klasse Leistung, die ich in dieser Form wirklich nicht erwartet hätte.
Die Jungs aus Schwerin existieren unter dem Banner STRYDEGOR bereits seit 2007, aber es konnte nie ein fester Musikstil und auch kein dauerhaftes Line-Up gefunden werden. Vom damaligen Viking Metal ist man in 2020 in jedem Fall weit abgerückt und präsentiert melodischen Death Metal der schwedischen Schule, welcher durch Klargesang abgerundet wird. Definitiv nichts Neues, aber in jeder Lebenslage gut gemacht. Nach einem stimmungsvollen Intro wird man sofort mit dem Song „Innocent Corroded“ konfrontiert, der sehr treibend und druckvoll startet. Die starken Vocals von Florian Kunde haben den richtigen Biss und zeigen die musikalische Richtung bestens auf. Im Refrain taucht das erste Mal der Klargesang auf, welcher durchaus überzeugen kann und an SOILWORK erinnert. Feine melodische Lead-Gitarren runden das Machwerk bestens ab und machen somit den Einstieg in „Isolacracy“ zu einem angenehmen Unterfangen. Mit dem folgenden Song „Lucid“ geht die Band einen noch moderneren Weg. Verspielter, melodischer und intensiv präsentiert die Band einen Vorzeige-Song der deutsch/schwedischen Schule. Der Klargesang nimmt hier einen noch größeren Stellenwert ein und weiß wieder zu begeistern. Dieser rote Faden zieht sich durch das gesamte Album. Besonders die gute Gitarrenarbeit und die powervollen Drums können über die gesamte Spieldauer jederzeit überzeugen.
Natürlich wird hier nicht Metal-Geschichte geschrieben, aber wer gut gespieltem, melodischem Death Metal nicht abgeneigt ist, der sollte der Band eine echte Chance geben. Wir haben es mit einem sehr professionellen Produkt zu tun, welches sich musikalisch und produktionstechnisch nicht vor anderen Genre-Releases verstecken muss. Ins Gesamtbild fügt sich das wirklich schöne Cover-Artwork bestens ein und lädt zum freudigen Antesten der Scheibe ein.
OUR OCEANS ist eine niederländische Rockband, die mit "While Time Disappears" ihr Zweitwerk veröffentlicht. Alternative Rock mit progressiver Schlagseite wird überwiegend geboten. Zumindest beim ersten Blick präsentiert sich das Trio fordernd, zuweilen recht schroff und disharmonisch. Aber gleichermaßen zeigen sie sich intensiv, eigenwillig und mit einer gewissen Eleganz, die das Album interessant macht und die Neugierde des Hörers weckt. Gerade die letztgenannten, positiven Attribute verdankt OUR OCEANS zu einem nicht unwesentlichen Teil Sänger, Gitarrist und Bandkopf Tymon Kruidenier (CYNIC, EXIVIOUS), der mit seinem zwischen flehend, erzählend, mal fast flüsternd und dann verzweifelt schreienden Gesang jede Menge Emotionen transportiert und klar im Zentrum der Performance steht. Das Album schmiegt sich nicht an, sondern will erforscht werden. Zuweilen machen jazzige Rhythmen und starke Kontraste diesen Vorgang nicht einfach. Spannend indes bleibt OUR OCEANS auf dem gesamten Longplayer vom ersten bis zum letzten Ton.
PORCUPINE TREE, CYNIC und die SMASHING PUMKINS finden sich im Sound von OUR OCEANS und noch einige Einflüsse mehr. Wer mit den genannten Bands etwas anfangen kann, darf hier gerne, oder sollte sogar, mal ein Ohr riskieren.
„Forgotten Days“ wiegt schwer. Sehr schwer. Musikalisch und auch textlich muss der Hörer gewaltige Lasten stemmen und diese auch noch verdauen, was das Album zu keiner seichten Kost macht. Keine leichte Aufgabe, die PALLBEARER ihrer Gemeinde aufbürden. Textlich widmet man sich der Familienthematik, aber wer jetzt von RTL-Familienromantik träumt, der ist bei dieser Scheibe an der falschen Adresse. Thematisch werden Krankheiten, Verlustängste und der Tod innerhalb der Familie aufgearbeitet, welche zu Therapiesongs wie „Riverbed“, Silver Wings“ oder „Rite Of Passage“ geformt werden.
Die Tiefe der Texte schlägt sich automatisch auch auf die gebotene Musik nieder. „Forgotten Days“ ist nicht mehr so komplex und progressiv wie der Vorgänger „Heartless“. Es dominieren lavaförmige Riff-Kaskaden, die nicht selten an TYPE O NEGATIVE oder BLACK SABBATH erinnern. Sänger Brett Campell kann mit seinen rauen, eindringlichen, aber immer melodischen Vocals punkten und erinnert oft an Großtaten von TROUBLE. Besonders glänzen kann der Sänger im Song „Riverbed“, der vor großen Emotionen nur so strotzt. Hier wirkt nichts kalkuliert oder gekünstelt. „Riverbed“ musste genau in dieser Version so umgesetzt werden und zeigt die ganze Klasse von PALLBEARER in einem Song auf. „Stasis“ zeigt sogar eine experimentelle Seite der Band auf, die nicht selten an PINK FLOYD erinnert und Riff-technisch in CRIMSON GLORY-Gefilden wildert. Wie man an den vielen aufgezählten Bands in diesem Review erkennen kann, kann man PALLBEARER sehr schlecht auf einen Stil oder eine vergleichbare Band limitieren. Zu gewagt sind manche Sound-Experimente der Band, und zu einzigartig ist das Ergebnis. Würde ich die Jungs aus Little Rock in eine Schublade stecken müssen, dann würden sie wohl im Prog Doom-Fach landen, aber dieses Fach würde für andere Einflüsse immer einen Spaltbreit offen stehen und diese Einflüsse weiterhin gierig aufsaugen.
Wir haben es bei „Forgotten Days“ nicht nur mit einem weiteren Doom-Album zu tun. Wie schon erwähnt, die Scheibe wiegt schwer und muss erarbeitet werden. Zusammen mit den Texten wurde hier ein Vorzeige-Album erschaffen, welches ehrliche Resignation und Traurigkeit in sich trägt und sehr authentisch wirkt. Ein Album für regnerische Novembernächte und flackernde Kerzen. Ein Manifest an die Trauer und die Vergänglichkeit. Groß!
Wer den Segen der frühen Geburt genießt, für den waren AC/DC ein steter Begleiter seit den Flegeljahren. Die ersten Biere.... Alles hängt irgendwie mit den Australiern zusammen. Auch, wenn man Bon Scott live knapp verpasst hat, weil die „Back In Black“-Tour die erste war, weil die Eltern es vorher nicht erlaubten. Auf jeden Fall blieb GEORDIE-Brian immer „der Neue“. Das hat sich (vielleicht erst) dank Axl Rose geändert. Umso schöner, dass Brian dank neuer Technologien nach seinen Hörproblemen wieder mitmischt. Genau wie der verstorbene Malcolm, der eben laut Bruder Angus viel vorher unveröffentlichtes Material beigesteuert hat. Sogar Clifford und Phil kehrten zurück, so dass der geneigte Fan durchaus von einer „Original“-Besetzung sprechen kann, wenn er möchte. Zumal die Rhythmus-Gitarre in Familienbesitz blieb, Neffe Stevie macht’s möglich. Nun mag ein jener vom Eskapismus sprechen, den die Boogie-Blues-Rock-Metaller in diesen Corona-Zeiten mit dem neuen Album ermöglichen. Kritiker können gern auch labern von Altherren-Rock, routiniertem Mainstream oder sonstwelche Haare in der Kraftsuppe suchen. Das versuchten sie bisher bei allen „neueren“ der insgesamt 17 Alben. Wie oder was aber ist „Power Up“ oder auch PWR/UP nun? Zwölf Songs, die absolut das liefern, was AC/DC schon immer tun: Musik, die nur eine Band auf diesem Planeten macht, machen konnte und machen wird. Da können alle AIRBOURNEs dieser Welt noch so hoch an Bühnen hochklettern, wie sie wollen – und von mehr Energie schwadronieren. Sie können sich beim Ideen-Klau anstrengen wie Meisterdiebe, sie werden das Original niemals erreichen – nicht den Standard der klassischen Jahre, nicht den der aktuellen, nicht mal den der schwächeren Alben zwischendurch. Weil eben nur AC/DC dazu in der Lage sind! Was für Ignoranten wirken mag wie Routine, das schütteln Angus und Co. mit einer Leichtigkeit aus den Ärmeln wie niemand Anderes. Und verbreiten so ein Feeling, das Fans aufsaugen wie bekloppt – Gänsehautbelohnung inklusive. Und genau diese wohlige Wärme ergreift jeden, der so denkt, hört und vor allem fühlt. Allein dieser Bass zu Beginn von „Wild Reputation“! Jedes einzelne dieser abgehackt wirkenden Signature-Riffs in allen Songs führen einen Langjährigen zurück in seine Jugend, zu den geilen Gigs überall auf der Welt! Jeder kann mäkeln, dass die überraschend vielen Chöre zwar cool, aber auch ein wenig klinisch klingen. Oder dass der Sound insgesamt ein Stück zu trocken ist. Alle könnten sich lustig machen über ewig gleiche Textfragmente, über Reime, die nur knapp an der Peinlichkeit vorbei schrammen („Witch’s spell, tell the tale“). Natürlich kritteln bestimmt wieder welche herum, es gäbe Füllmaterial – nur: die Meckerpötte nennen nie die gleichen Songs. We call it Geschmackssache! Und selbstverständlich wiederholen sich AC/DC immer und überall selbst. Na und, sollen sie gefälligst! Ist es nicht schön, beim fast kitschigen „Through The Mists Of Time“ den Groove von „Sin City“ wiederzuerkennen? Hört Ihr nicht? Vielleicht lässt der bekannte Opener „Realize“ an das ausgenudelte „Thunderstruck“ denken? Oder kommen hie und da Erinnerungen an das unterbewertete „Flick Of The Switch“ auf? Singt Meister Johnson bei „Demon Fire“ nicht sogar ein bisschen tief? Alles wurschtegal, solange die Gänsehaut stimmt, der Bass treibt wie bei „Money Shot“, der typische Groove Dich gefangen nimmt (ständig), so dass der Durst sogar vormittags aufkommt – und die Scheibe immer und immer wieder von vorn gespielt wird. Und wer Lust hat, der legt eben dann auch noch ein paar alte Kracher auf. Fakt ist: AC/DC melden sich nochmal zurück. Das ist verdammt gut so. Schade, dass nicht mehr alle Mistreiter aus den ganzen Jahren dabei sind. Aber sie sitzen jetzt mit Bon, Malcolm und anderen auf einer weichen Wolke, die AC/DC-Blitze schlagen ein, sie rauchen und saufen, stehen mächtig unter „High Voltage“ und warten auf uns – „Can I Sit Next To You (Girl)"?
Was für ein schönes, eisernes Werk voller Gefühl! Stellt Euch vor, epische BATHORY treffen auf mächtige DOOMSWORD und laden auch noch ein paar Folk-Sonderlinge ein. Herausgekommen ist bei dem Meeting am Lagerfeuer mächtige Musik mit akustischen Ruhemomenten und ganz, ganz, gaaaanz viel Atmosphäre. Die Bande aus Chicago vereint ein hämmerndes, warmes Herz mit keltisch-paganer Atmosphäre und majestätischen Melodien. Leider nur 22 Minuten lang überzeugen die Nordamerikaner – egal ob mit akustischen Gitarren, Marschiermusik und Minnegesang. Das geht sofort gut los mit dem Opener „City In The Sea“. „Colossus“ bringt ein Intro mit Trommeln und Akustikbegleitung, beinahe Sprechgesang, das sich merklich steigert, Chöre künden von einer Macht, die kommt – und sie erreicht den Hörer mit einer enormen Kraft nach fast drei Minuten. Alter Freund. Aber es wird noch besser: Das folgende „Fer De Lance“ gleicht einem echten Drama, das Stück ist düster, es ist romantisch, es ist großartig und irgendwie schwungvoll und lässt Dich nicht ruhig sitzen. Diese letzte Minute ist unglaublich, was für ein Spannungsbogen! Aber dann. Aber dann. „Triumph And Tragedy“ (Anm. der Verf.: Es kostete Kraft, sich nicht mit „Agony“ zu verschreiben). Es scheint, als sei Ronnie James Dio aus der Gruft gestiegen und habe noch mal ein Stück aufgenommen. Wie gut singt dieser Bursche namens MP da? Gänsehaut und große Augen! Wollen wir hoffen, dass dieser Eisenspeer nie rostet. Toll.