Es ist jetzt drei Jahre her, da konnte man mit dem Output „The Whitecrow“ dem feinen Death Metal von HYPNOS lauschen. Nun legen die Tschechen nach und veröffentlichen den logischen Nachfolger „The Blackcrow“, den die erfahrenen Musiker um Bruno Kovařík auf Band geprügelt haben. Die seltsame Story versucht ein wenig von dem eigentlichen Geschehen abzulenken, aber damit sind HYPNOS bei mir an der ganz falschen Adresse, und somit wird sich auf das Wesentliche konzentriert. Hier regiert nämlich staubtrockener und humorloser Death Metal! Zäh wie Lava riffen sich die Songs durch ein virtuelles Minenfeld um dann im Geschwindigkeitsrausch alles niederzumetzeln. So muss das sein, und dies zelebriert Bruno schon seit seiner Zeit bei den Underground-Urgesteinen von KRABATHOR. Hier wird nicht nach links oder rechts geschaut, sondern man bewegt sich konsequent durch die Mitte. Man erlaubt sich zwar kleine Ausflüge, die sogar im Black Metal landen, aber der Grundtenor findet sich eindeutig im Todesblei. Ein Song sticht dennoch hervor. „In Grief“ beginnt düster und bedrohlich und erlangt einen hypnotischen Charakter. Verstärkt wird dieser durch geflüsterte Parts, die den Spannungsbogen immer weiter steigern um sich dann in einem Growlfeuerwerk zu entladen, welches stark an BEHEMOTH erinnert. Wirklich sehr gelungender Song, der sich deutlich abheben kann und mit fast zehn Minuten völlig überzeugt. Aber auch klassische HYPNOS-Songs wie „Afterlife Disilluision“ oder „Vae Victis“ können überaus beeindrucken und hauen so manches technische Schmankerl aus dem Sack. Über allem steht Brunos Stimme, die mit jedem Album kraftvoller wird und teilweise an alte MORBID ANGEL oder NOCTURNUS erinnert. Nostalgisch wird es bei „In Blood We Trust“. Dieser Klassiker hat fast zwanzig Jahre auf dem Buckel und klingt noch immer frisch und knackig. Eventuell noch ein wenig unausgereifter als aktuelle HYPNOS Songs, aber als Zeitdokument wirklich eine passende Bereicherung für das Album. Machen wir es kurz. Wer Death Metal liebt, der liebt auch dieses Album. Schiebt den Frohsinn mal für knapp 50 Minuten beiseite und lasst die schwarze Krähe in Euer Herz!
THE MURDER OF MY SWEET-Frontlady Angelica Rylin holt mit “All I Am” zum zweiten Solo-Schlag aus. Das Debütalbum „Thrive“ war eine sehr gute Melodic Rock-Scheibe, die mir sogar besser reinlief als die bombastischen Werke ihrer Stammband.
Auf „All I Am“ emanzipiert sich ANGELICA noch weiter von dem Sound, der sie bekannt gemacht und tönt streckenweise noch poppiger. Hat man sich erst einmal an das noch softere Gesamtbild gewöhnt, offenbaren sich dann doch so einige Ohrenschmeichler, wie das nach Sommer und naiver Unbeschwertheit klingende „Still Bleeding“ oder die erste Single „Calling“. „All I Am“ klingt zu jeder Sekunde unaufgeregt und erwachsen. Hier setzt eine gestandene Musikerin ihre Visionen ohne Rücksicht auf Genre-Konventionen um. Es geht um die Melodie, um den Song und nicht, ob das jetzt noch Melodic Rock oder schon Pop ist. ANGELICAs Stimme ist warm und kraftvoll, und viele ihrer Gesanglinien gehen ohne Umschweife direkt ins Ohr und weigern sich hartnäckig, dieses zeitnah wieder zu verlassen. Ihre Begleitband hält sich vornehm im Hintergrund und sorgt für eine angemessene Instrumentierung, ohne zu sehr ins Scheinwerferlicht treten zu wollen. Wer die ersten beiden Alben von JESSICA WOLFF oder auch die softeren Momente von Label-Kollegin ISSA zu schätzen weiß, der findet auch auf „All I Am“ genug Futter. Gerade in diesem nicht wirklich einfachen Jahr tun die 41 Minuten guter Laune einfach gut und lassen die Hoffnung auf eine baldige Besserung neu aufflackern.
Hier ist sie nun also. Die erste Veröffentlichung von CHALICE (nicht zu verwechseln mit der ebenfalls großartigen US Doom-Band) auf Albumlänge. Sowohl das Demo-Tape als auch die "Silver Cloak"-7“ haben mir schon sehr gefallen, wie auch der Auftritt der Band am Chaos Descends-Festival 2019. Bei dieser Band war von Anfang an klar, dass man es mit wirklich begabten Musikern zu tun hat, aber dennoch weit genug entfernt ist von seelenlosem Gefrickel. So darf man sich hier auf eine musikalische Wundertüte freuen, bei welcher klassischer Heavy Metal, 70er Hard/Prog Rock, eine Prise alter Melodic Death Metal in der Gitarrenarbeit, Post Punk-Vibes und ja, sogar Flamenco zusammengeworfen werden, als wäre es ganz selbstverständlich. Selbstverständlich ist dies leider im Heavy Metal heutzutage nicht. Zu oft bedienen sich neuere Bands aus einem Topf aus gefühlt zehn Bands und weigern sich geradezu vehement, dem ganzen zumindest einen kleinen eigenen Farbtupfer zu verleihen. Entsprechend der stilistischen Vielfalt ist das natürlich nix leicht Verdauliches, dafür wird es jedoch kaum verwunderlich sein, wenn diese Scheibe auch in ein paar Jahren immer noch den Weg auf den Plattenspieler findet. Im Grunde könnte man fast von einer Huldigung der alten Heavy Metal-Helden sprechen, die darauf basiert, sich, wie auch eben jene Helden, an einer breiten Palette zu orientieren, anstatt einfach nur einer Band stumpf nachzueifern. Ziemlich großes Kino, welches jedoch etwas braucht, bis man fassen kann, was hier vor sich geht.
Erst GERNOTSHAGEN, dann THRUDVANGAR. Oder andersherum. Jedenfalls schwingen die Schwertträger wieder ihre Eisen und Trinkhörner. Natürlich finden sich Bands dieses Genres mit dem Popo immer auf der Schneide des Peinlichkeiten-Messers. Nur: Immer wieder meckern Menschen über das Black-Viking-Folk-Pagan-Genre, und THRUDVANGAR gehören seit jeher zu den Bands, die spalten. Weniger mit der Axt die Köpfe, eher mit ihrer Musik die Fan-Gemeinde. Sieben Jahre sind seit der keineswegs schwachen CD „Tiwaz“ vergangen. Nach dem Intro von „Vegvisir“ geht es ab mit dem flotten „Wächter der Brücke“ – ein Song, der weit über den Pagan-metallischen Setzbaukasten hinausgeht und mit einnehmenden Melodien hymnisiert. Nach eindringlichem Power Metal-Beginn, eilt „Jörmungandr“ genauso catchy weiter, ohne aufgesetzt zu wirken. Von den Mythen und Legenden der Wikinger künden die Sachsen-Anhaltinischen Nachkommen Thors mit einem richtig guten, fetten Sound – auch nicht immer gegeben in der Vergangenheit. Dafür hat Lars Rettkowitz von FREEDOM CALL als Produzent gesorgt. Eine etwas überraschend anmutende Partnerschaft. Das sechste Album der Köthener ist insgesamt eine echte Stimmungskanone geworden – das ist nicht negativ gemeint – und vermeidet offensichtlich Peinlichkeiten gekonnt. Auch, wenn manches doch ein bisschen in Richtung AMON AMARTH zielt („Ran“). Und, nicht zu vergessen: Die Keys kehren zurück. Das alles ist zwar ein wenig abgegriffen, macht aber dennoch Freude und lässt in Gedanken schwelgen, Drachenflügeln- oder booten. Darauf einen Pfeffi. Oder doch ´nen Met?
Das Aschaffenburger Quintett ist beileibe kein Newcomer, sondern bereits seit 1989 im tiefsten Underground aktiv und liefert erst jetzt, nach diversen Demos und EPs, mit „Holidays In Corpseland“ sein offizielles Debüt-Album ab. Dabei setzen die letzten beiden Gründungsmitglieder Patrick Schreck (Gitarre, Backing-Vocals) und Frank „Zappa“ Ruppert (Bass, Vocals) mit ihrer Mannschaft auf schnörkellosen Old School-Thrash, den sie mit todesmetallischen Einschüben mischen und sicherlich zwischen den Stühlen sitzen, wobei sie dieses Gebräu aber sehr homogen umsetzen. Es regiert stets die (Midtempo-) Riffkante, unterstützt von derbem Shouting, gelegentlichen Growls und Gang-Shouts, so dass CERVET insgesamt in etwa wie ein Zwitter aus DESTRUCTION und SIX FEET UNDER tönen, nachzuhören in ordentlich, wenn auch etwas trocken produzierten Brechern wie dem Opener „The Rising Shadow“, dem hymnischen, mit einem „Curse The Gods“-Gedächtnis-Riff flankierten Titelsong, dem schleppenden Stampfer „King Of The Damned“, dem tatsächlichen balladesken „Skeleton Nation“ (mit klarem Gesang), dem flotten „Sarcastic Sacrifice“, dem treibenden Groover „Feeding Time“ oder dem geilen, an OVERKILL erinnernden „Yes We Bang“. Wenn man CERVET auf ihrem ersten Langspieler überhaupt etwas vorwerfen kann, dann vielleicht der Versuch, zu viele über sehr viele Jahre angesammelte Einflüsse und Ideen in Form pressen zu wollen, was den oben angesprochenen Genre-Mix anfangs etwas schwerfällig und gewöhnungsbedürftig macht. Hat man dieses Fremdeln aber erst einmal überwunden, erkennt man in „Holidays In Corpseland“ ein gutes bis stellenweise sehr gutes Werk, das – zumal in Eigenregie umgesetzt – in einer sehr wertigen DVD-Verpackung nebst dickem Booklet daherkommt. Hier haben die Jungs definitiv alles richtig gemacht!
Das Geister-Experiment geht in die zweite Runde. Das Konzeptalbum bedient sich lose der Story eines in den 70er Jahren durchgeführten, paranormalen Experiments, welches von VANDEN PLAS als Aufhänger für ihre eigene Geistergeschichte dient. Protagonist Gideon Grace begibt sich auf eine Reise, die von Liebe, Selbsterkenntnis und teuflischen Dämonen handelt. Dieser Trip führt die Hauptperson bis an den Rand zur Hölle, was natürlich nach einer epischen und monumentalen Umsetzung nur so schreit. Zur weiteren Recherche empfehle ich das Studieren des Philipp Experiments, welches tatsächlich interessante Fakten liefert. Was es nicht alles (nicht) gibt…
VANDEN PLAS schöpfen aus den Vollen und servieren uns progressiven Metal, der einfach in der Königsklasse einzuordnen ist. Gleich beim Opener „When The World Is Falling Down“ setzen Band und die Gastmusiker Oliver Hartmann (AVANTASIA) und Herbie Langhals (AVANTASIA, FIREWIND) eine exzellente Duftmarke. Technische und melodische Parts gehen Hand in Hand und schaffen einen beeindruckenden Einstieg in die Geisterwelt. Vergleiche zu DREAM THEATER und FATES WARNING dürfen gerne gezogen werden und zeigen auf, dass VANDEN PLAS endgültig in der Oberklasse anzutreffen sind und sich hier vor niemanden verstecken müssen. „Under The Horizon“ beginnt einfühlsam und verträumt, aber dann entwickelt sich der Songs zu einem treibenden, metallischen Monster, welches perfekt von den gelungenen Keyboards abgerundet wird. „Black Waltz Death“ nimmt ein wenig das Tempo aus der Scheibe und beansprucht jede Menge Platz in den Gehörgängen. Der Ohrwurm der Platte, der zum ersten Nachdenken einlädt und das bisher Gehörte verarbeiten lässt. Hier wurde der Gang zum richtigen Zeitpunkt zurückgenommen. „The Lonely Psychogon“ nimmt uns auf einen wilden, progressiven Trip mit, der auch den Einsatz von Hammond-Orgeln nicht scheut. Kein echter Earcatcher, aber besonders auf technischer Seite ein absoluter Hinhörer. Treibende Gitarren und stampfende Drums eröffnen „Fatal Arcadia“, welches sich zu einer echten Hymne mausert und bei jedem Durchlauf neue Eindrücke und Nuancen entdecken lässt. Immer wieder wird geschickt das Tempo gedrosselt um dann umso intensiver zurückzukehren. Eine wirklich eindrucksvolle, kompositorische Meisterleistung, die den Hörer durch die Gedankenwelt von Gideon Grace führt. Mit über 13 Minuten wird bei „The Oroboros“ fast der musikalische Bogen überspannt. Wie sollen diese musikalischen Fassetten alle erfasst werden? Hier muss man wirklich hellwach bleiben um nicht den roten Faden zu verlieren. Definitiv keine Musik, die man nebenher konsumieren sollte, da hier wirkliches Zuhören gefordert wird. Es wird dem Hörer sehr viel gegeben, aber gleichzeitig auch die Aufmerksamkeit gefordert, dem musikalischen Treiben eine Chance zu geben. Tut man dies, wird man von „The Oroboros“ reichlich belohnt; mehr Abwechslung in einem Song geht nicht. „Ghost Engineers“ beendet die Reise des Protagonisten und leitet den Abschluss der Geisterreise ein. Schwermütig nimmt man Abschied und blickt auf das Gehörte zurück. Ein würdiges Ende einer grandiosen Odyssee, welches einen nachdenklich zurücklässt.
Der Bonustrack „Krieg Kennt keine Sieger“, der mit Alea von SALTATIO MORTIS umgesetzt wurde, klingt hier fast ein wenig unpassend, da mit „Ghost Engineers“ eigentlich alles gesagt worden ist. Natürlich ein ordentlicher Song, aber im Gesamtkontext nicht nötig, und die deutschsprachigen Parts passen einfach nicht zu dem internationalen Standard von VANDEN PLAS. Schwamm drüber.
Das Gesamtbewertung ist natürlich ein durchweg positive. Ein tolles und anspruchsvolles Machwerk, welches die Messlatte sehr hoch ansetzt und mühelos überspringt. Das Gesamtkonzept wird textlich und musikalisch perfekt umgesetzt und fordert den Hörer zu jeder Sekunde. Natürlich ist dies keine Musik, welche man als Hintergrundmusik laufen lassen sollte, aber mit den Kopfhörern auf den Ohren und einem Glas Rotwein in der Hand kann man doch auch viel besser in die Geisterwelt vordringen. Ganz feine Sache!
Ähnlich wie bei GREAT WHITE, RATT und früher bei QUEENSRYCHE gibt es auch mehrere Versionen der Band L.A. GUNS. Das ist für Fans der Band verwirrend und oft auch nicht wirklich angemessen. Dieses Modell rief ex-L.A. GUNS-Schlagzeuger Steven Riley ins Leben und versucht, mit der Beteiligung von Ur-Bassist Kelly Nickels dieser Variante eine höhere Legitimation zu geben. Die Band L.A. GUNS hat über die Jahre nicht wirklich mit einer stabilen Besetzung veröffentlicht, somit ist Bandgründer Tracii Guns und alleinige Konstante die einzige Person, die den Namen führen sollte. Bei dieser Version fehlt er.
Wichtig bei solch einem Unternehmen ist, dass zumindest die Bezeichnung der Verpackung mit dem erwartbaren Inhalt übereinstimmt. Und das macht auch diese Fassung der L.A. GUNS mit leichten Abstrichen in der B-Note. Der gebotene Sleaze Rock ist eine Spur geschmeidiger als gewohnt, aber nicht ohne Reiz. Sänger Kurt Frohlich hat eine melodiöse und gefällige Stimme, der zwar jeder Schmutz abgeht, die dafür aber ein Mehr an Anschmiegsamkeit und Gelenkigkeit bietet. Das Songwriting ist ansprechend, etwas eindimensional, punktet aber gerade, wenn eher verhalten, wie bei dem bluesigen, melancholischen "You Can't Walk Away" oder dem alternativ angehauchten Titelsong, gerockt wird. Somit ist "Renegades" ein nettes Hard Rock-Album im amerikanischen Stil; ob man das jetzt zu der L.A. GUNS-Diskografie zählt oder nicht, bleibt Ansichtssache.
Häh? Die haben doch 2020 schon mit „Road To Victory“ ein mehr als ordentliches Album auf den Markt geworfen. Und jetzt noch ein neues Album? Wie geht das? Das ist ganz leicht zu klären, da „Tales From The Darkside“ eine Wiederveröffentlichung des ersten Longplayers aus dem Jahr 1998 darstellt. Das macht in diesem Fall Sinn, da das Debüt-Album sträflich ignoriert wurde, da der Jahrtausendwende-Headbanger (was ein Wort…) damals wohl eher mit seiner Kopfsocke und seinem Karohemd beschäftigt war…
Auf „Tales From The Darkside“ wird konservativer, melodischer Heavy Metal geboten, der die gesamte Bandbreite des Genres wunderbar abdeckt. Der hohe Gesang ist sicherlich Geschmackssache, passt aber definitiv zu den Songs, und somit kann man BLACK KNIGHT auf dem Erstling einen eigenen Stil bescheinigen, der aber natürlich seinen Ursprung in den Tiefen der 80er Jahre hat. Kurz gesagt, hier wurde nichts aufpoliert und für die MTV-Jugend aufgearbeitet, sondern hier waren wirklich Musiker mit Herzblut an der Arbeit. Als Inspirationsquellen können sicherlich Bands wie QUEENSRYCHE, IRON MAIDEN und JUDAS PRIEST genannt werden, welche natürlich einen wunderbaren Background darstellen. Durch das Remastern der Scheibe, wurden die Songs soundtechnisch nochmals aufgewertet und sind somit absolut vorzeigbar, aber behalten trotzdem ihren klassischen Charme.
Pure Steel Records haben hier eine wirklich tolle Veröffentlichung am Start, die hoffentlich, im Windschatten von „Road To Victory“, die verdiente Anerkennung bekommen wird. Und sollte das alles nicht reichen, setzten Band und Label noch einen drauf. „Tales From The Darkside“ bietet zusätzlich noch sechs Bonustracks, bei denen man einem Live-Auftritt aus dem Jahr 2007 lauschen kann. Somit kommt der Release auf stolze 76 Minuten. Das nenne ich fanfreundlich und sollte definitiv Schule machen. Gutes Teil!
Ich beginne diese Rezension mit einem Zitat des SOILWORK-Gitarristen David Andersson:
„Ich liebe es schon seit meiner frühen Jugend, mir Epen wie "Supper’s Ready" von GENESIS, also Songs, die für sich schon ein Mikrokosmos sind, anzuhören, und nun hatte ich endlich die Chance, all die merkwürdigen Klänge in meinem Kopf zu nehmen und daraus ein Lied zu komponieren, allerdings mit Bezug zum Metal. Ich denke, dass jeder wahre Musikfan daran seine Freude haben wird, wenn er sich die Zeit zum Zuhören nimmt.“
Was hat das jetzt mit der vorliegenden EP „A Whisp Of The Atlantic“ zu tun? Eine ganze Menge. Denn dieser Output ist anders. Keine Ahnung, ob das kreative Schaffen mit THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA etwas mit diesem Höhenflug zu tun hat, aber Fakt ist, gleich zu Beginn setzten sich SOILWORK ein Denkmal. Mit knapp 17 Minuten thront der Titelsong über der gesamten EP. Ein Monumentalwerk, welches von progressivem Metal bis hin zum Abriss-Part wirklich keine Spielart des Metals unter den Tisch fallen lässt. Zu Beginn werden wir von einem stimmungsvollen Piano-Part abgeholt, der mit seinen Keyboards und Björns Gesang leicht mit DREAM THEATER kokettiert. Klar steigert sich das Tempo, und der Song nimmt an Fahrt auf um dann in einem gigantischen Refrain zu enden. Wieder kann Sänger Björn mit seiner außergewöhnlichen Stimme Punkte einfahren und hinterlässt verbrannte Erde. Originell sind auch die stampfenden Drums, die von einem feinen Solo überlagert werden. Klingt sehr experimentell und passt somit bestens zum Gesamteindruck. Auch die Highspeed-Parts werten den Song weiter auf und zeigen die Ursprünge der Band gut auf. Was ein feines Geprügel! Der Song endet mit einem schönen Chill-Out und bietet Zeit, die letzten Minuten zu verarbeiten. Was war das? Gut, SOILWORK waren schon immer eine Konstante, aber wer hätte ihnen diesen Qualitätssprung zugetraut? Wirklich der helle Wahnsinn und schon so den Kauf der EP wert.
Apropos, „A Whisp Of Atlantic“ ist mit knapp 37 Minuten nicht mehr von meiner Abneigung gegen das Format EP betroffen. Das nenne ich mal Fan-freundlich und somit fern ab von jedweder Abzocke. Bei diesem Fan-Angebot sollten sich einige Bands eine Scheibe abschneiden.
Natürlich besteht „A Whist Of The Atlantic“ nicht nur aus einem Song, sondern hat noch vier weitere Songs zu bieten, die alle im klassischen SOILWORK-Stil gehalten und natürlich qualitativ über jeden Zweifel erhaben sind, aber dies rückt bei dieser EP in den Hintergrund. Diese Scheibe IST einfach der Titelsong, und wahrscheinlich entdeckt man die restlichen Songs eh erst viel später, da man auf der Repeat-Taste festgewachsen ist. Ich machs kurz: Geil, geil und nochmals GEIL!
Die fünf Mann starke Band AWAKEN kommt aus New York und legt mit dem Doppelalbum "Out Of The Shadows" ihr drittes Werk vor (erstmalig bei Pure Steel). Und richtig, wie der Titel verheißt, sollte, nein, müsste damit der Sprung raus aus dem Schattendasein gelingen. Feiner, druckvoller, geschmeidiger, niemals fordernder, progressiv geprägter Metal der oberen Güteklasse wird geboten. Einziges kleines Manko ist Sänger Glenn DaGrossa, der zwar variabel und gekonnt seine Stimmbänder einsetzt, aber leider von seiner stimmlichen Elastizität, leicht fehlenden Eleganz und auch von seiner Charakteristik her nicht ganz mit einem Ray Adler, Geoff Tate oder James LaBrie mithalten kann. Dieser Vergleich zeigt aber, wo ich ansetze, nämlich ganz oben, bei den Genre-Führern - und das vollkommen zu recht.
Songwriting, Gitarre, Keybord, das Zusammenspiel, die Arrangements - all das offenbart höchste Kunstfertigkeit und trifft das Hörerherz wie der Hammer den Amboss. Der Opener "Black From Blue" eröffnet erst düster, im Songkern zeigt er sich dann hymnisch, mit fesselndem Refrain und leichter symphonischer Präsenz. Auf Sendeplatz drei kredenzt uns das Quintett die Cover-Version "Ride Like The Wind", die viele schon von SAXON kennen und lieben. Doch diese Version schlägt die der Briten um Längen: athletischer, mitreißender und opulenter instrumentalisiert, habe ich diesen Song nie vernommen. Und AWAKEN halten die Qualität auf den gesamten 90 Minuten. Auch der zweite Silberling punktet mit starken und zwingenden Momenten. Der Oberhammer kommt am Ende mit "Nine Circles" (Part 1-3). Hier werden knapp 20 Minuten quasi alle Register gezogen, von eindringlicher Keybord-Melodie über kräftigen Groove, packende Atmosphäre bis hin zu tollen Gitarrensoli - einfach nur großartig!
Ich kann dem Label Pure Steel zu dieser Band und der Veröffentlichung nur gratulieren. Frei nach Denis Scheck: "Vertraut mir, ich weiß, was ich tue!". AWAKENs "Out Of The Shadows" ist für anspruchsvolle Metal-Fans ein "must-have" und verdient somit eine absolute Kaufempfehlung