Sänger Kenny Leckremo ist seit 2020 zurück, und mit dem neuen Album "Welcome to the Future" hat er jetzt zu seinem Nachfolger und Vorgänger Erik Grönwall mit ebenso 4 Longplayern aufgeschlossen. Ich werde versuchen, den für mich schmerzlich vermissten Erik Grönwall hiermit zum letzten Mal in der Review zu erwähnen, und ich bitte darum, mir diese Parteilichkeit nachzusehen.
H.E.A.T. sind wie schon auf dem Vorgänger-Album dynamisch, positiv und gradlinig, ohne dabei glatt zu sein. Der Opener "Disaster" ist mitnichten ein Missgeschick, sondern eine typische, nach vorne preschende Rocknummer, die in Kürze die Zuschauer live zum Schwitzen bringt. "Bad Time For Love" waren die 80er nicht unbedingt, aber hier ist eben genau diese Epoche musikalisch präsent. Und "Running To You" hat ein wenig BON JOVI inside - simpel, aber voller Energie und Leidenschaft. H.E.A.T. haben ihre Formel und die wird nicht oder kaum variiert. "Welcome To The Future" ist eigentlich welcome to the 80ies, welcome to Rock 'n' Roll und welcome to a good time!
Und wer kann da schon etwas dagegen haben? Die fünf Schweden haben genau das auf ihrer Agenda stehen, und tatsächlich kann man sich kaum dem lebensbejahenden Schwung, wie z.B. bei "Call My Name", wiedersetzen. Warum sollte man auch? Ein Album, das Freude macht.
LIV KRISTINE hat sich den Frühling als "Sendetermin" ausgesucht, um ihr siebtes Soloalbum "Amor Vincit Omnia" zu veröffentlichen. Ob das blühende, summende und sonnenbeschienene Umfeld die richtige Atmosphäre für die doch eher düsteren und sinnierend anmutenden Songs schafft, darf durchaus in Frage gestellt werden; gleichwohl, es bleiben ja noch die Wolken, der Regen und die Nacht. LIV KRISTINE hat mit dem Studio-Musiker Sascha Dannenberg ein relativ unbeschriebenes Blatt als Komponist und Produzent verpflichtet und damit auch eine grundlegende, zumindest personelle, Neuaufstellung markiert.
Nach dem gespenstischen "Prelude" kredenzt uns die Künstlerin zusammen mit ihrem Mann, Michael Espenæs, einen fast death-doomigen Einstand mit dem Titelsong. Der könnte in der deutschen Übersetzung auch von ROSENSTOLZ sein. Musikalisch ist er eine Melange aus DRACONIAN und ihrem Ursprung THEATRE OF TRAGEDY. "Ode to Life Pristine" beschreitet in seiner Stimmung einen ähnlichen Pfad, ist musikalisch aber viel reduzierter und ohne Growls. Die Produktion des Albums ist kristallklar und wunderbar ausgeleuchtet. Jeder Part strahlt in seiner Essenz und bildet erst zusammen ein neues Ganzes. Applaus an dieser Stelle an den Karlsruher Produzenten, Gitarristen und Komponisten des Longplayers. Hier scheinen sich zwei auf einer künstlerischen Ebene gefunden zu haben, und das hört, nein, das spürt der Rezipient. Erzählerisch, feministisch und irgendwie vergeistigt präsentieren sich Sound und Künstlerin bei "12th February". ENYA mit einer Gothic Rock-Ausrichtung ist als Vergleich durchaus entsprechend. Meint man, bei manchem Anfang oder Moment im Song seine Aufmerksamkeit lockern zu können, so zieht man im nächsten Moment wieder die Zügel an und hält die Spannung.
Mit wenig Ausnahmen ("Unzip My Love") zeigt sich das Album eher schlendernd, nicht forsch; aber "Amor Vincit Omnia" hat Ausstrahlung, ist voller Inspiration und Kraft. Ein Gothic Rock-Album, das sehr persönlich, anmutig und gleichzeitig modern klingt. Hut ab einmal nach Karlsruhe und einmal nach Norwegen oder eben in die Schweiz, meines Wissens lebt sie ja in der Alpenrepublik.
BENEDICTION legten vor vier Jahren mit "Scriptures" ein Comeback nach Maß hin. Zuvor war es zwölf Jahre lang ruhig um die Briten geworden. Ex-Sänger Dave Ingram war wieder mit an Bord und die Truppe erfreute Old School Death Metal - Fans weit und breit. Aktuell hat der noch junge Nik Sampson den Job am Bass von Dan Bate übernommen.
Nun stellen wir uns selbstredend die Frage: Kann BENEDICTIONs neuer Streich "Ravage Of Empires" das Niveau halten? Grund genug gleich zwei Reviews zum aktuellem Longplayer zu verfassen! Kollege Karsten war als erster fertig und gab dem wüsten Treiben das Prädikat wertvoll und es fallen Begriffe wie dreckig, dynamisch, kompromisslos und ehrlich. Und was soll ich sagen: aus „böser Cop – guter Cop“ oder „Plus und Minus“ wird nichts! Da gibt’s nix zu rütteln, BENEDICTION demonstrieren eindrucksvoll wie Death Metal zu klingen hat und können das Vorgänger-Album-Niveau locker halten.
Fieses Lachen, tiefe Growls, fetter Groove: Der Opener „A Carrion Harvest“ tritt die Tür ein. „Beyond the Veil (of the Grey Mare)“ ist aus dem gleichen Holz geschnitzt und setzt in Sachen Gitarrenspiel noch einen drauf. Das brechend-brachiale "Deviant Spine", das bohrend-liebreizende „Crawling Over Corpses“ oder das besessen-flotte "In The Dread Of The Night": alles gute Nummern mit Power und Schmiss und einer effektiven Primitivität. Angenehm trendverweigernd, bestialisch walzend beweist das Szene-Urgestein Rückrat. Der Sound ist, trotz der erneuten Produktion durch Scott Atkins im Grindstone Studio, anders als zuletzt schön knisternd-derb und schmutzig. Hier wird nicht nur demoliert, sondern gekonnt in Asche und Trümmer zerlegt!
Dass die zwei Künstler Spaß beim Einspielen der Platte hatten, hört man in jeder Sekunde. Und allein das trägt schon immens zum Hörgenuss von "Black Light/White Noise", dem zweiten Longplayer von ADRIAN SMITH & RICHIE KOTZEN bei. Aber nicht nur das, da sind flirrende Songs wie "White Noise", "Black Light" oder das beschwörende "Darkside", Songs voller Seele und die vor Leidenschaft geradezu brennen, performed mit flehenden, ausdrucksstarken Vocals, die beide Musiker nahezu gleichwertig und gleich intensiv zu ihrem feurigen Gitarrenspiel abliefern. Damit wäre jetzt eigentlich auch schon alles gesagt. Aber gerne gebe ich noch ein wenig Beschreibung des Albums obendrauf.
Blues, Soul und erdiger Hard Rock sind die Ingredienzen. Die Gitarren sind zwar prominent in den Kompositionen, aber der voller Hingabe strotzende Gesang hält die Waage und wird mindestens ebenbürtig wahrgenommen. Die Kompositionen gewinnen von Hördurchlauf zu Hördurchlauf und wachsen in den Hörer quasi hinein. War das Debüt schon durch die gebotene Intensität on the Top, so steckt hier noch eine Prise mehr Selbstbewustsein drin. Bei "Heavy Weather" hat man das Gefühl, die beiden duellieren sich mit ihren Gitarrenhälsen; einen Gewinner kann ich nicht ausmachen oder doch, es ist der Hörer.
Ein Album, das positiv, aber nicht naiv klingt, das hart, aber nicht aggressiv ist, das sich anschmiegt, ohne kuschelig zu sein. "Black Light/White Noise" steckt voller Gefühl, ohne sentimental zu sein.
Uns liegt der Tonträger als schwarze, 180g schwere Vinylversion vor. Pressqualität und Klang sind makellos. Die Platte steckt in einer ungefütterten, bedruckten Hülle, inklusive aller Songtexte. Natürlich gibt es das Werk auch als CD und digital, und zusätzlich zum schwarzen Vinyl bekommt der Sammler auch noch einige limitierte Farbversionen.
Ich bin kein Freund von solchen Coveralben. Erschwerend kommt hinzu, dass die gebotenen Songs auch zu den üblichen Verdächtigen solcher Alben gehören. Und doch gefällt mir manches ausgesprochen gut bei HERMAN RAREBELL & FRIENDS. Dazu später mehr.
Herman Rarebell war von 1977 bis 1996 Schlagzeuger der SCORPIONS und damit in der erfolgreichsten Zeit der Hannover Hardrocker. Bei den Hitalben "Lovedrive", "Blackout", "Love at the First Sting" und "Crazy World" war er der Mann an den Drums. Federführend hat sich Michael Voss (u.a. MICHAEL SCHENKER, MAD MAX) als Gitarrist, Sänger und Mitproduzent in dieses Projekt eingebracht. Dazu konnte man u.a. mit Dann Huff, Howard Leese und Bob Daisley namhafte Musiker für das Album gewinnen.
Hochkarätige Mitmusiker für ein Projekt zu buchen ist in der heutigen Zeit (digitale Aufnahme, physische Anwesenheit unnötig) nichts besonderes mehr. Aber das von Michael Voss stark gesungene und atmosphärische "In The Air Tonight" ist einfach gut gemacht. Und es ist mutig, sich an diese im Original bereits nahezu perfekte Nummer heranzutrauen. Überragend ist Van de Forsts emotionale Performance von "Love Is A Battlefield". Auch der Song strahlt Frische und gleichwohl Vertrautheit aus, was ich als besondere Kunst in diesem Covermetier empfinde. Und das gelingt nahezu immer, wenn die Dame aus Münster am Mikro steht, was sie relativ häufig, manchmal nur partiell macht. Und ja, auch die neuen Arrangements leisten einen Beitrag. "Every Breath You Take" zum Beispiel klang nie hoffnungsvoller und dynamischer wie hier. Zugegeben, "Sweet Child O'Mine" holt mich nicht ab, das liegt aber schon am Original. Und "Here I Go Again" kann kein anderer Sänger besser singen als David Coverdale. Aber das wunderbare "Passion Rules The Game" war schon bei den SCORPIONS ein Hammer-Song, hier wächst das Ding aber tatsächlich noch mal. Und dieser Umstand ist für ein Coveralbum eigentlich der Ritterschlag.
Also, HERMAN RAREBELL & FRIENDS ist ein bockstarkes Werk gelungen, weniger wegen Schlagzeuger Herman Rarebell oder anderer großer Namen, sondern wegen Mitproduzent und Arrangeur Michael Voss und nicht zuletzt Sängerin Van De Forst, die beide einen tollen Job gemacht haben.
Kontinuierlich werden die Alben von EDGE OF SANITY und NIGHTINGALE von Insideout wiederveröffentlicht. Gemeinsam sind den beiden Bands neben dem früheren Label auch Bandkopf Dan Swanö. NIGHTINGALE ist das Progressive- bzw. Hard Rock-Projekt des Schweden. "Alive Again" ist kein Live-Album, es ist das vierte Album in der Discographie und wurde erstmalig 2003 veröffentlicht.
Die Brüder Swanö formten in den beginnenden 2000ern langsam eine Band aus dem zuvor eher als Projekt angelegten Kollektiv. Gebundener als die Vorgänger ist dieses Album der auch durch Liveauftritte zusammengewachsenen Band. Es ist konzeptionell das letzte Album, das sich vollständig der Geschichte des atmenden Schattens widmet. "Shadowman" zeigt sich atmosphärisch und hymnisch, gefolgt vom eher unkomplizierten Rocksong "The Glory Day". Der Longtrack "Eternal" lässt sich Zeit, um seine ganze Pracht zu entfalten. Rhythmuswechsel und lange Soloparts sind Prog Rock-Ingredienzien; gestützt und gehalten wird die Nummer von der warmen Stimme und gefälligen Melodie der Nummer. Das Zusammenwirken aus den melodischen Vocals, selig klingenden Gitarrenparts und bündelnden Keybordsounds erreicht bei diesem Longplayer seinen vorläufigen Höhepunkt.
CD 1 beinhaltet zusätzlich 4 Demos und kommt auf eine Spielzeit von stolzen 71 Minuten. CD 2 hat 16 Songs zu bieten, darunter sind sowohl Live- als auch Demoversionen vertreten. Diese Re-Issue Edition von »Alive Again« ist seit Februar 2025 als Limited Digipak 2CDs (10 + 20 Bonustracks) mit O-Card und zum ersten Mal auf Vinyl als 180g LP (10 Tracks) erhältlich. Restauriert, erneuert und erweitert, von Dan Swanö himself.
Mit "Out Of The Fire" veröffentlicht der italienische Gitarrenheld Francesco Marras heuer sein drittes Soloalbum. Einem breiteren Publikum dürfte er als Saitenhexer bei SCREAMING SHADOWS und TYGERS OF PAN TANG bekannt sein. Auch auf seinem neuesten Alleingang bleibt Francesco den gewohnten Pfaden des ganz klassischen Heavy Metals treu und gerade eine stilistische Abgrenzung zu den TYGERS ist eigentlich kaum möglich. Mit bösem Willen könnte man daher die Sinnfrage nach dem Ganzen stellen, aber wir wollen ja nicht böse sein. Richtig? Genau! Also lassen wir uns direkt vom Opener "Carnival Of Darkness" mitreißen, der ein wirklicher Kracher ist, was zum großen Teil am fantastischen Gianni Pontillo (VICTORY, THE ORDER) liegt. Er liefert hier wie gewohnt Vocals der Spitzenklasse zu einem tollen Song. Auch "Lost Souls" mit David Readman (PINK CREAM 69) oder "Cyber Lust" mit Iacopo Meille (TYGERS OF PAN TANG) sind famose Songs, die zum besten zählen, was der melodische Metal in diesen Tagen zu bieten hat. Gibt es an dem Album dann überhaupt einen Haken? Leider ja - denn Francesco schwingt sich in den meisten Songs selbst zum Lead-Sänger auf und macht das, was bei großartigen Gitarristen selten gutgeht.... auch das Mikro zu übernehmen. Jetzt hat er keine ganz schlechte Stimme und bei flottem Material wie "Rise From The Ashes" fällt diese nicht wirklich negativ auf, bei eher schleppend-epischem Material wie dem Titelsong fehlt jedoch das gewisse Etwas, das die eben genannten Gastsänger zweifellos beitragen könnten.
Trotz dieser kleinen Abstriche beim Gesang bleibt ein wirklich starkes Album für Fans von TYGERS OF PAN TANG, VICTORY oder auch AXEL RUDI PELL mit herausragender Gitarrenarbeit. Denn in diesem Fach gehört Francesco Marras zur absoluten Speerspitze in Europa.
2025 und das 5.Studioalbum von "Neu"-Sänger Nic Maeder. Ihm wird ja immer mal wieder die "Schuld" an der etwas gefälligeren und anschmiegsameren Ausrichtung von GOTTHARD angeheftet. Ich glaube aber nicht, dass er da der massgebliche Einfluss war und ist. Zumindest kann ich mir das "Neu" bei Sänger Nic zukünftig verkneifen, und gehe völlig ohne Erwartung oder Voreinstellung an das Album heran.
"Stereo Crush", gleich mal vorweg gesagt, ist eine pure und irgendwie ansteckende Spaßveranstaltung. Handwerklich top, produktionstechnisch versiert und mit einem positiven Vibe versehen, der wunderbar in den sich anbahnenden Frühling passt. Somit ist auch der Verkaufsstart perfekt gewählt.
Der kraftstrotzende, fast böse Opener "AI and I" erschreckt zu Beginn, aber er bleibt die einzige Wuchtbrumme und Überraschung, wenn man so will. Denn ansonsten bleiben die Eidgenossen schön geschmeidig und temperamentmäßig im Mittelbereich und berechenbar. Die erste Single "Rusty Rose" ist ein griffiger Groover und eine weitere, der THE BEATLES Coversong "Drive My Car" verspricht Aufmerksamkeit und musikalische Harmonie. Aber das melancholische "Burning Bridges", das quirlig-fröhliche "Liverpool" oder auch das bluesige "Devil in the Moonlight" hätten ebenso Werbung für das Album machen können. Und das ist mein Punkt: Ausfälle oder Füller, Songs die nicht mindestens Spaß machen, gibt es nicht auf "Stereo Crush".
Wer guten, positiven Hard Rock mag, wer eine handwerklich versierte Band mit einer ansprechenden Produktion möchte, der macht hier nichts falsch. Kein spektakuläres, kein überraschendes Album ... aber ein starkes!