Review:

Genesis XIX

(SODOM)

TIPP

Mit “Genesis XIX“, dem 16. Studioalbum der Thrash-Teutonen aus dem Pott, findet ein Entwicklungsprozess seinen krönenden Abschluss, der mit der Umstrukturierung der Band 2018 begonnen hatte. Nachdem man die letzten zwei Jahre nur kleine Häppchen in Form von den EPs “Partisan“ (2018) und “Out Of The Frontline Trench“ (2019) verabreicht bekommen hatte, gibt’s nun die Vollbedienung....aber so was von!
Zunächst gilt es wieder einmal, ein neues Mitglied zu begrüßen. Die Position am Schlagzeug wurde mit Toni Merkel neu besetzt, der so viel mehr in seinem Repertoire hat als ein Doppelbass-Gewitter. Das Ziel von Tom Angelripper (Gesang und Bass) war es, eine Mannschaft aus seinem Dunstkreis, mit der man ständig proben und arbeiten kann, um sich zu scharen. Mit diesem letzten Schachzug sei das seiner Meinung nach geglückt. Ebenso sollte der Spagat zwischen Vergangenheit und Moderne geschafft werden, und dafür musste junges Blut ins Team. Das Ergebnis kann sich hören lassen. Nach einem gemäßigten Einstieg wird man mit dem zweiten Song direkt unter viel Getöse nach “Sodom & Gomorrah“ geschickt, das thematisch hervorragend zum Titeltrack passt. Jener befindet sich zwar bereits auf der “Out Of The Frontline Trench“, wurde aber jetzt mit Toni neu aufgenommen und somit veredelt. Die erste Version war bereits gut, nun aber ist sie grandios, ein Brett, das seines Gleichen sucht. Die Tomtom-Läufe alleine sind zum Zungeschnalzen.

So facettenreich wie die Musik sind aber auch die Themen, die textlich verarbeitet wurden. Im deutschen Titel “Nicht Mehr Mein Land“ beklagt sich Tom über Hass und Intoleranz in unserer Gesellschaft, bei “Glock 'N' Roll“ geht es um einen Serienmörder, was jetzt im Thrash nichts Außergewöhnliches ist, interessant finde ich allerdings, dass das bereits die zweite Erwähnung des österreichischen Waffenherstellers Glock in einem Songtitel dieses Jahr ist, der mir über den Gehörgang läuft (“Meine Kleine Glock“ von EXTRABREIT war die erste). “The Harpooneer“ ist das epische Stück auf der Scheibe und hat eine besondere Erwähnung verdient. Die Geschichte von Moby Dick und Kapitän Ahab wird musikalisch großartig in über sieben Minuten erzählt. Im Anschluss gibt's mit “Dehumanized“ wieder richtig Knüppel aus dem Sack: Herrlich! Der obligatorische Kriegssong hört dieses Mal auf den seltsamen Namen “Waldo & Pigpen“ und entführt uns, mitunter überraschend melodiös, in den Vietnamkrieg.

Ich kann mich nicht erinnern, wann mir eine SODOM-Platte so viel Spaß gemacht hat wie das vorliegende Werk. Wenn mich “Friendly Fire“ mit einem SLAYER-mäßigen Tritt hinausbefördert, habe ich das unbändige Bedürfnis, den wilden Ritt von vorne zu starten.
Es gibt von der Kult-Truppe kein Album, das in jedweder Hinsicht variabler und vielschichtiger ist als “Genesis XIX“. Das Ding kann man am besten mit einem Wimmelbild vergleichen, bei dem man ständig etwas Neues entdeckt, je länger und öfter man es sich zu Gemüte führt, und das gilt nicht nur für eingefleischte SODOM-Fans.

…. Ach übrigens: das Cover-Artwork wurde von keinem Geringeren als dem Erfinder des MOTÖRHEAD-Maskottchens “Snaggletooth“, Joe Petagno, illustriert.

 

 

Genesis XIX


Cover - Genesis XIX Band:

SODOM


Genre: Thrash Metal
Tracks: 12
Länge: 54:54 (CD)
Label: Steamhammer
Vertrieb: SPV