Dass harte Mucke mit kotzender Frau am Mikro allerspätestens seit dem internationalen Erfolg von ARCH ENEMY nix Außergewöhnliches mehr ist, dürfte allgemein bekannt sein. Und inzwischen ist dieses „Genre“ auch mehr als inflationär bedient worden; aus allen Teilen der Welt kommen mitunter gruselige Bands, die sich die Ischen nicht nur zum Blasen, sondern zum Bölken zulegen. Bei DREAMING DEAD aus Los Angeles verhält es sich ähnlich, nur dass Bölkerin Elizabeth Schall auch noch die Leadgitarre bedient. Und spielen kann sie! Ihr Gegrunzkreische erinnert zwar schon ein wenig an Frau Gossow, aber das Trio baut seine Hassklumpen nicht auf melodischem Death Metal schwedischer Prägung auf, sondern ist fast gänzlich traditionell beeinflusst. AT THE GATES, IN FLAMES, DARK TRANQUILLITY und Co. sind so gut wie gar nicht präsent, sondern eher MERCYFUL FATE, CELTIC FROST, DARKTHRONE oder (alte) RUNNING WILD! Die durchweg geilen Riffs der Band (überhaupt ist der Gitarrensound auf „Within One“ einer der besten seit Langem!) kommen deutlich stärker als bei den Schweden wie eine neue, moderne und härtere Interpretation der stilprägenden Old School-Helden herüber und sägen permanent wie ein Hochdrehzahl-V8-Stakkato am Lauscher-Interieur. Man höre sich nur mal Kaliber wie „Shadows In The Dark“ oder das abschließende, überagende „Manslaughter“ (so hieß die Band noch zu Demo-Zeiten) an, die auch noch tolle, mitunter sehr gefühlvolle Melodien und Soli bieten. „Within One“ ist eines der stärksten Debüts der letzten Monate oder gar Jahre, vereint Härte und Melodie auf nahezu perfekte Weise, besitzt einen Mördersound und haut das aktuelle ARCH ENEMY-Album „Rise Of The Tyrant“ mit einem Chuck Norris-mäßigen Roundhouse-Kick in den Staub! Neben den genialen THE DEVIL´S BLOOD sind DREAMING DEAD daher für mich die „Female Fronted Blablubb“-Band der Stunde. Einfach klasse!
F5 sind ein Kind der beiden ehemaligen MEGADETH-Recken Dave Ellefson (Bass) und Jimmy DeGrasso (Drums), die mit „The Reckoning“ schon ihr zweites Album nach „A Drug For All Seasons“ aus dem Jahr 2005 auf die Bangerschaft loslassen. Wie kaum anders zu erwarten, bekommt man auf dem Album traditionellen, groovigen Metal der alten Schule zu hören, der aber keinesfalls wie ein müdes Abziehbild der Thrash-Vorreiter um Dave Mustaine klingt. Dafür sorgt allein schon Fronter Dale Steele, dessen kraftvoll-melodischer Gesang zu keiner Sekunde an das nasale Geshoute von „Megadave“ erinnert. In Sachen Qualität stehen die F-Fünfer ihrem einstigen Arbeitgeber in kaum etwas nach, wobei allerdings die dumpfe, trockene, schwache Produktion die Klasse von Hymnen wie „Wake Up“ oder „Cause For Concern“ ein ganzes Stück herunterspielt. Nichts gegen herrlich knarzende Old School-Sounds, aber hier wurde das Thema deutlich verfehlt – von Power keine Spur! Ohne dieses Manko wäre „The Reckoning“ ein echter Geheimtipp für Leute, die eine knackige Mischung aus Heavy- und Thrash Metal nicht verschmähen, doch hier empfielt sich vorheriges Reinhören. Schade, denn in Sachen instrumentaler Fähigkeiten sind die Jungs erste Sahne!
Mit ihren drei letzten Alben „Shooting At The Sun“, „The Magnificent Seventh!“ und “Robert Johnson´s Tombstone” haben die Briten THUNDER durchweg erstklassige Hardrock-Scheiben vorgelegt, die sich durch zeitlose Songs, viel Gefühl und die unglaublich charismatische Stimme von Danny Bowes auszeichneten. Doch ihr aktuelles Werk „Bang!“ erreicht – um mein Fazit gleich mal vorwegzunehmen - dieses sehr hohe Niveau leider nicht ganz. Ich habe mich lange gefragt, woran das liegen könnte, aber es sind ganz einfach die Songs, die dieses Mal nicht durchgehend überzeugen und teilweise viel Kitsch mitschleppen, den man gerade von THUNDER nicht erwarten würde. Bevor eine erstklassige Ballade wie „Retribution“ dem Hörer eine derbe Entenpelle bescheren darf, muss man ein Akustikgitarren-Schmalzbrot wie „Carol Ann“ ertragen, das man eigentlich eher einer inzwischen kreativ verarmten Frauentruppe wie BON JOVI zuschreiben würde. Auch „Candy Man“ (durchschnittlicher Rocker mit furchtbarem Text) fällt durchs Raster, wogegen sich das nachfolgende „Have Mercy“ als gewohnt cooler Groover entpuppt. Auch etwa „Turn Left At California“ (atmosphärischer Südstaaten-Feger) oder „Love Sucks“ (straighter Stampfer) können überzeugen; überhaupt wird „Bang!“ gegen Ende zunehmend stärker, nachdem auch die beiden Opener „On The Radio“ und „Stormwater“ leicht biedere Kost bieten. Das Album ist unterm Strich immer noch sehr stark und mehr als „nur“ hörenswert, und viele im Radio dudelnde Bands werden diesen Pegelstand im Leben nie erreichen, aber die ganz magischen Momente der drei Vorgänger werden knapp verfehlt – wie auch leider mein vierter „Tipp“ in Folge.
Gothic Rock aus Finnland gibt es ja mittlerweile zu Hauff – und SARALEE reihen sich da zusammen mit Bands wie ENTWINE, NEGATIVE, POISONBLACK und anderen hinter den Marktführern von HIM, THE 69 EYES und THE RASMUS ein. Nach einem soliden Debüt („Darkness Between“, 2006) liefern SARALEE mit „Damnation To Salvation“ nun ihr zweites Album ab, das zwar dem Debüt nicht nachsteht, aber doch noch etwas mehr in Richtung Radio und Massentauglichkeit zu schielen scheint. Und das ist auch der Schwachpunkt. Denn trotz (oder grade wegen) melodischen Ohrwürmern wie „Sleeping In The Fire“ und dem einfühlsamen, von Pianoklängen getragenen „Last Day Alive“ fehlen „Damnation To Salvation“ die überragenden Momente und auf das Langzeitgefühl zielenden Kanten. So wundert es nicht, dass der raue Gesang fast total verschwunden ist (nur im guten „Forsaken“ lässt man noch Growls zu) und sich beim Durchhören kaum Aha-Erlebnisse ergeben. Um das abzusehende Ende des sich immer weiter verflachenden Gothic Rock Trends zu überstehen braucht es doch mehr an Ideen und Eigenständigkeit. Ansonsten bleibt man in der Verfolgung oben genannter Referenzbands hängen.
Heavy Metal in seiner reinsten und pursten Form hauen uns DRAGONSFIRE um die Ohren. Ganz in der Tradition solcher Combos wie GRAVE DIGGER, UNREST, CAPRICORN oder den deutschen TYRANT gibt es satte Metalhymnen en gros. Kitsch oder gar Keyboards sucht man auf „Visions Of Fire“ vergeblich und das ist auch gut so. „Wings of Fire“ oder „Dragonsfire Rockxxx“ sind lyrisch zwar keine Glanztaten aber eben Metal pur. Auch das folgende „Burning For Metal“ ist Klischee mal 1000. Und genau das liebe ich. Auch die restlichen Songs haben knackige Riffs und kommen ohne unnötige direkt auf den Punkt und zeichnen sich durch einen hohen Mitgröhlfaktor aus. DRAGONSFIRE sind das perfekte Futter für den traditionsbewussten Metalhead und mich sollte es nicht wundern wenn die Hymnen von „Visions Of Fire“ bald auf diversen Underground Events die Kuttenträger in bangende Ekstase versetzen sollten.
Wie weiland die Österreicher SIEGFRIED beziehen sich auch 7 SEALS auf die Nibelungensage und ziehen aus diesem umfassenden Werk die Inspiration für ihren Power / Speed Metal teutonischer Prägung. Alte BLIND GUARDIAN oder auch THE STORYTELLER geben die Marschrichtung für 7 SEALS vor. So gibt es viel Speed und Doublebassgeboller in Verbindung mit folkigen Harmonien und Melodien. Das ist nicht besonders neu oder orginell aber zumindest gut gemacht und dürfte bei jedem Rollenspieltreffen perfekt als Soundtrack dienen. Einziger wirklicher Knackpunkt ist der „meckernde“ Gesang von Frontmann Markus Wagner. Ein wenig weniger Vibrato wäre manchmal echt mehr. Speed Songs wie „Unforseen Alliance“ (mit STORMGARDE’s Sabrina Grochocki als Duettpartnerin) krachen recht gut ins Gebälk. Überhaupt fällt auf, dass Sabrina für eine Gastsängerin recht viel Platz auf dem Album eingeräumt wird, was „Moribund“ aber sehr gut tut. Alle „Bard Song“ Fanatiker sollten mal ein Ohr riskieren.
Manchmal bekommt man CDs wo einem die Schwachstellen sofort ins Auge springen. Im Falle von EKPYROSIS ist es der unaussprechliche Bandname und der…äh..tja…sonst eigentlich gar nix. Die nicht mehr ganz so jungen Herrschaften aus des Governors Heimat Steiermark haben mit „All You Can Eat“ einen Hammer des modernen Power Metals eingetrümmert. Egal ob thrashig oder balladesk, eher traditionell oder doch hoch modern (ohne anbiedernd zu wirken) EPYKROSIS sind überall zu Hause und überaus sattelfest. Als mutmaßliche Einflüsse schimmern METALLICA, ANNIHILATOR oder auch eher kultige Combos wie ANACRUSIS bzw. KINETIC DISSENT durch. Man hört sofort, dass hier gestandene Musiker am Werk sind, denn immerhin existiert die Band schon seit 1988. Hymnen wie „The Art Of Living“ schreiben auch große, erfolgreiche Acts nur alle Jubeljahre mal. Der Speedhammer „Yellow Eyes“ verbindet gekonnt Tradition mit Moderne und glänzt wie die meisten Songs mit einem genialen Chorus. „Auch das folgende „See You Again“ mit seinen irrwitzigen fast schon SYSTEM OF A DOWN mäßigen Riffs und Gesangsharmonien ist ganz großes Kino. Der Thrasher „Madhouse“ montiert einem gnadenlos den Schädel ab. „Behind My Mast II“ zeigt, dass EKPYROSIS sich auch in ruhigen Gewässern wohlfühlen. Auch textlich heben sich EKPYROSIS von anderen Acts wohltuend ab. Von surrealistischen Themen bis hin zu sozialkritischen Inhalten zeigen die Österreicher, dass sie nicht nur musikalisch einiges auf dem Kasten haben, sondern dass bei ihnen auch das Hirn eingeschaltet ist. Außerdem scheinen die Jungs nicht an mangelnder Kreativität zu leiden, denn „All You Can Eat“ präsentiert sich als über 80 Minütiges Doppealalbum ohne Ausfall.
ELVENPATH aus Frankfurt halten dir True Metal Fahne nun schon fast eine Dekade hoch und denken nicht daran am einmal eingeschlagenen Weg etwas zu verändern, sondern entwickeln sich nur in Nuancen weiter, die da heißen: schlüssigeres Songwriting, besserer Sound und sie sind bessere Musiker geworden. Leider gibt es nach wie vor die ELVENPATH typischen Krankheiten, welches ein Weiterkommen der sympathischen Truppe bis dato verhindert haben: Hinhaltetaktigen pseudointeressierter Labels (auch „Syrol“ erscheint nun wieder als Eigenpressung), ständige Line-Up Wechsel und die leidige Sängerthematik. Auch Tim Zahn (welcher schon wieder Geschichte ist) gehört leider nicht zu den Topleuten seines Fachs. Es wäre ELVENPATH wirklich mal zu gönnen, dass die durchweg starken Power Metal Hymnen von einem richtigen Klassemann intoniert werden würden, so dass sie in vollem Glanz erstrahlen können. Der speedige Hymne „Burning Skies“ markiert den perfekten Einstieg in „Spyrol“, „Priests Of War“ im Anschluss lässt die Metalfaust nach oben schnellen, bei „Mask Of Sorrow“ wird es dann etwas getragener; leider auch etwas unspektakulärer. Dafür fliegt beim 9 Minüter „Angel Of Fire wieder richtig die Kuh. Melodic Power/Speed wie er sein sollte. „Late At Night“ zeigt, dass neben europäischen Power Metal Combos à la HAMMERFALL oder HELLOWEEN auch IRON MAIDEN ihre Spuren im ELVENPATHschen Sound hinterlassen haben. Mit „Northern Son“ hat Mastermind Till einen bewegenden Abgesang auf den 2004 verstorbenen BATHORY Helden Quorthon verfasst. Den Abschluss bildet das Instrumental „Act Of The Innocent“ Bleibt zusammenfassend zu sagen, das „Spyrol“ ein Werk mit ein wenig Schatten und ganz viel Licht geworden ist, welches es wahrlich verdient hat von der immer noch sehr zahlreichen Power Metal Community gehört zu werden.
EXMORTEM schalten auf ihrem neuen Album „Funeral Phantoms“ einen Gang zurück, das wird bereits im Opener deutlich - „Black Opium“ walzt über den Hörer hinweg wie ein Panzer unerbittlich über einen im Erdloch eingebunkerten Infanteristen. Die Majestät einer BOLT THROWER-Attacke hat der Song zwar nicht, das hier ist eher der dreckige, schmutzige Bruder, der sich auch von den US-Freunden inspirieren ließ. Der weitere Verlauf der Scheibe birgt keine großen Änderungen, EXMORTEM hatten offensichtlich Bock auf eine eher schleppende, monotone (im positiven Sinne) Angelegenheit und haben sich entsprechend darauf konzentriert. Dank der guten (Jacob Bredahl)-Produktion knallt die Musik gnadenlos, gerade lauf aufgedreht entfaltet sie sich. Wer sich als Death Metal-Fan auf fiese, nur gelegentlich von Blastparts unterbrochene, Musik einlassen kann, ist hier genau richtig.
THE SACRED SAILORS bedienen mit ihrem bereits dritten Album die MANDO DIAO/ THE HIVES/ JET-Zielgruppe, also junge Studenten mit zu engen Jeans, quasi-intellektuellem Anspruch und wenig Bartwuchs. Aber ist ja in Ordnung, jedem das seine und so. THE SACRED SAILORS machen ihre Sache dabei ziemlich gut, die Songs flutschen locker-flockig (und bloß nicht zu heftig) aus den Boxen, präsentieren sich eingängig und mit einer unterschwelligen Vorliebe für alten Rock’n’Roll und manchmal sogar Schweinerock, wie ihn Landsleute der Schweden so schön spielen können. Beim Songwriting haben sich die Göteborger Zeit genommen und nach mittlerweile drei Alben ein Gespür dafür, wie eine abwechslungsreiche Platte klingen muss, so dass keiner der zwölf Songs ein Totalausfall ist – die Zielgruppe wird unterhalten werden und bekommt mit „Tune In Turn On“ einen guten Soundtrack für den Sommer, Festivals und Kiffer-Parties.