SAXON sind ein Phänomen und eine Legende und haben über die Jahrzehnte einen Klassikerfundus angelegt, bei dem 99,9% aller anderen Bands vor Neid erblassen. Um eben diese Klassiker entsprechend zu würdigen werden im Laufe des Jahres die alten Alben von Englands Finest mit Tonnen an Bonusmaterial und remastered neu veröffentlicht. Den Anfang macht dabei das selbst betitelte Debüt aus dem Jahre 1979. Die NWoBHM steckte noch in ihren Kinderschuhen und auch eine Band wie IRON MAIDEN war noch im Demostadium als SAXON ihre erste Attacke auf die Headbanger dieser Zeit los ließen. Auch wenn das Debüt noch nicht die Klasse späterer Alben hatte und noch recht Blues beeinflusst war, wiesen Songs wie „Stallions Of The Highway“ oder „Still Fit To Boogie“ daraufhin wohin die Reise gehen sollte. Ein erster Schritt war getan.
Vorliegender Re-Release geizt nicht mit massig Bonusmaterial: So gibt nicht nur das original "Son Of Bitch" Demo, der gleichnamigen SAXON-Vorläufercombo zu hören, sondern einen BBC Mitschnitt von 1980, die B-Seite der „Suzie Hold On“ Single und drei Songs des 1980er "Monsters of Rock".
Wenn mal wieder irgendein Spinner zur Waffe greift und ein gutes Dutzend seiner Mitmenschen niedermäht, dann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem „moralisch fragwürdige“ Bands wie CANNIBAL CORPSE metertief in der Kritik stehen. Egal, ob pseudomoralistische Elternbeiräte, scheinheilige Kleriker oder linksfaschistische Ökospinner: sie alle haben auf die Amis eingedroschen, sie aufgrund ihrer bluttriefenden Texte verwunschen, zensiert und ihnen die Schuld am eigenen Erziehungsversagen gegeben. Doch die Kannibalen haben wie die Zombies aus ihren Geschichten alle Hindernisse gemeistert, ihr Ding knallhart durchgezogen und sich trotz ihres stilistischen Limits stets neu definiert. Da bildet „Evisceration Plague“ keine Ausnahme: insgesamt nicht mehr ganz so schnell wie früher und inzwischen in mächtigen Midtempo-Parts wütend, ist auch der neueste Streich von George „Corpsegrinder“ Fisher, Alex Webster und Co. ein erstklassiges Death Metal-Album geworden. Natürlich bekommt man keine großen Überraschung geboten; die „Weiterentwicklung“ ist sehr engmaschig, aber es gelingt dem Quintett immer wieder, instrumental hochtechnische, abgedrehte Kabinettstücke zu integrieren, die sich mitunter erst nach mehrmaligem Hören richtig erschließen. Ein Stück wie der formidable Opener „Priests Of Sodom“ geht sogar als echte Hymne durch, dem sich wütende Nackenbrecher wie „A Cauldron Of Hate“ oder „Carnivorous Swarm“ nahtlos anschließen. Die Jungs arbeiten auf einem Niveau, das weltweit bis auf wenige Ausnahmen unerreicht ist und liefern eine Scheibe ab, die sich (mal wieder, ich weiß!) jeder qualitätsbewusste Todesmetaller in die Butze stellen kann. Man könnte auch sagen: CANNIBAL CORPSE beißen nicht, die wollen nur spielen. Klasse!
Mit ihrem Debüt „From The Depth Of Time“, das vor gut dreieinhalb Jahren erschien, legten AVIAN ein sehr hörenswertes Melodic Metal-Album vor, das jedoch nicht durchweg überzeugen konnte. Nun steht mit „Ashes And Madness“ der Nachfolger in den Regalen, der unter ähnlichen Problemen leidet wie der Erstling. Lance King ist immer noch ein erstklassiger Sänger, der viele Passagen vor dem Abdriften in die Banalität rettet, aber ein Zauberer ist auch er nicht. Auch nach einem guten halben Dutzend Durchläufen will das Album nicht so recht zünden. Dass die Jungs durchaus können, wenn sie wollen, beweisen unter Anderem sehr gute Songs wie der treibende Opener und Titelsong, das epische „Beyond The Hallowed Gates“ oder das absolute Highlight, das mit einem grandiosen Killerrefrain gesegnete „Into The Other Side“, deren Qualitätslevel fraglos „Tipp“-Niveau erreicht. Denen gegenüber stehen etwa mit „The Lost And Forsaken“ (mit SAVATAGE-lastigem Mittelteil) oder dem völlig belanglosen „Esoteric Lies“ aber einige Songs, die nicht in Fahrt kommen und vor sich hinplätschern. Auch der etwas kraftlose Sound nimmt den Songs Einiges an Power, die sie fraglos verdient gehabt hätten. Somit gelingt AVIAN keine merkliche Steigerung zum Vorgänger, was bedeutet, dass Fans des Debüts auch hier bedenkenlos zuschlagen können, ein Sprung in die erste Liga aber leider erneut verpasst wurde.
Hinter SCIENCE FAXTION verbirgt sich mit Buckethead kein Unbekannter, hat der Gitarrist doch schon mit Axl Rose zusammengearbeitet und einen Haufen Soloscheiben veröffentlicht. Mit bootsy Collins hat er sich jetzt zusammengetan, um SCIENCE FAXTION mit Leben zu füllen und dabei auf Grenzen keine Rücksicht zu nehmen. Munter verbraten die Herren Metal, Funk, Soul und Industrial, um mal wie MARILYN MANSON und mal wie JAMES BROWN zu klingen. Homogen ist das nicht immer, über das ganze Album betrachtet, die Songs selbst sind in sich schlüssig und zeigen die große Kreativität, die in den Musikern steckt. „Living On Another Frequency” braucht Zeit und die Bereitschaft, offen für ungewohnte Wege zu sein, was nicht jedem Metaller gefallen dürfte. Zudem ist das Album nicht wirklich heavy, dafür sorgen schon die vielen Funk-Einflüsse. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, wir mit einer hochinteressanten und jederzeit hörbaren Platte belohnt, die definitiv auf einer anderen Frequenz funkt.
Die Londoner Band TRIBAZIK tritt – der Name impliziert es bereits – als Trio auf und hat sich 2004 gegründet. Musikalisch bekommt man von den drei Herren um den Engländer Jerry Kandiah und den später hinzu gestoßenen Franzosen Blaise Merino recht steril wirkenden Elektro-Rock zu hören, der mitunter an Bands wie KILLING JOKE erinnert, was deren Jaz Coleman anscheinend gereizt hat, beim (relativ belanglosen) Stück „Molten“ mitzuwirken. Auch Namen wie LIMP BIZKIT (zu „Significant Other“-Zeiten) oder PITCHSHIFTER kommen dem Hörer bisweilen in die Schaltzentrale, doch erreichen TRIBAZIK weder den gekonnten „Nu-Groove“ (den sie zumindest früher hatten…) der erstgenannten Band, noch die unglaubliche, punkige Energie der letztgenannten Industrial-Götter. Letztlich bleibt „All Blood Is Red“ eine belanglose Angelegenheit, deren in der Biografie angepriesene Organik zumindest meine Antenne nicht erreichen will. Zu viele pseudo-moderne Drum&Bass-Einlagen, deren Wumms kaum über Bonduelle-Dosen-Volumen hinausgeht, trüben den Hörgenuss ebenfalls, weil einfach keine Power aufkommen will. Dennoch Interessierte können sich ja mal das zumindest melodisch gelungene „Smokescreen“ geben, aber der Rest kann sich ruhig wieder vielen stärkeren Scheiben zuwenden.
„And not to forget – a great fuck off – to all the nutsuckers talkin’ shit about the band – fuck you!!!!!!“ – Puhh. Starke Worte. Und nicht auszuschließen, dass das auch mich zum Teil trifft. Läßt das Cover, der Albumtitel und das Vorhandensein einer Sängerin (Ilka Schuch) eher auf sphärischen Metal und Gothic schließen so bieten GROOVIN’ HEART auf „Mystic Gate“ aber normalen Hard Rock welcher an die Achtziger erinnert und irgendwo zwischen BONFIRE meets BON JOVI angesiedelt ist. Das man dann mit dem ALPHAVILLE-Hit „Big In Japan“ eröffnet spricht aber nicht grade für Selbstvertrauen in die sechs Eigenkompositionen – zeigt aber deutlich, dass GROOVIN’ HEART aus der starken süddeutschen Riege der Rock-Coverbands kommen (und das schon seit 1995). Das mit einem gelungenen Refrain ausgestattete „Winterstorm“ sowie das Intro „Hidden Stair“ mit dem anschließenden flotten „Heaven“ offenbaren dann den Groove des Bandnamens und zeigen, dass es auch selbst geht. Allerdings sorgt die dumpfe Produktion dafür das hier nicht die richtige Freude aufkommen will. Musikalisches und Gesang gehen zwar in Ordnung, den restlichen Kompositionen fehlt aber doch noch etwas die letzte Ausgereiftheit – genannte Songs zeigen aber in die richtige Richtung. Ach ja, das zweite Cover, das von sämtlichen Coverbands (und Bierzelt-Blaskapellen) abgenudelte „Mighty Quinn“ ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss – eher ein rotes Tuch, sorry.
LIONHEART kommen aus der Bay Area, die ja gemeinhin eher mit Thrash Metal als mit metallischem Hardcore assoziiert wird. Vielleicht erklärt das die Potion Metal, die sich in den Songs der „Will To Survive“-Scheibe findet? Wobei LIONHEART keineswegs in Metalcore-Gefilde abdriften, sondern im TERROR/ HATEBREED-Dunstkreis bleiben und kompromisslos auf die Fresse geben. Ursprünglich von Jamey Jastas Label veröffentlicht, wurde „Willl To Survive“ von I Scream Record für Eruopa lizensiert und mit der „This Means War“-EP kombiniert, so dass am Ende mehr als 45 Minuten Material auf dem Silberling sind. Dabei sind die EP-Songs roher produziert, stehen den Albumtracks in Sachen Heftigkeit aber in nichts nach. LIONHEART machen mächtig Druck, setzen gleichzeitig auf viele Breakdowns, was einzelne Songs etwas vorhersehbar macht, aber im Grunde sehr gut funktioniert und eine rundum brutale Scheibe ergibt. Da passt der stimmlich auf eine Tonlage festgelegte Shouter wie Arsch auf Eimer – immerhin macht er seinen Job gut und braucht sich vor der Konkurrenz nicht verstecken. Wer mit den eingangs genannten Bands was anfangen kann, sollte auch mit LIONHEART glücklich werden, für Neueinsteiger empfehlen sich weiterhin die Klassiker wie „One With The Underdogs“.
Jawoll! Es gibt sie noch, die Death Metaller, die nicht versuchen, mit Blastspeed-Orgien den Hochgeschwindigkeits-Knüppelrekord zu brechen. Aus all den Blowjobs Für Cowboys und Möchtegern-VADERs stechen doch noch Szene-Versteher hervor, die Todesblei so spielen, wie er von Anfang an konzipiert war: roh, abgefuckt, dumpf und stumpf. CARNAL DESIRE aus Mannheim kennen ihre alten OBITUARY-, SIX FEET UNDER-, ASPHYX- und DEICIDE-Platten in- und auswendig und grooven ohne Pseudo-Aggro-Attitüde dermaßen gekonnt simpel und dreckig drauflos, dass einem das dämliche Grinsen gar nicht mehr aus der Visage fallen will. Ihre Songs hören auf Titel wie „No God“, „Ghoul“ oder „Defloration“, kommen mit kultigen Spoken Word-Intros daher und handeln von nicht vorhandener Religion, vorhandenen Blutlachen und bald nicht mehr vorhandenen Jungfernhäutchen. Dabei rumpelt das Trio richtig knackig das Haus, und Bassist Tim Fischer grunzt wirklich überzeugend; von modischen Screams keine Spur! Zudem passt der furztrockene, völlig unvoluminöse Sound von „Run In The Blood“ perfekt zu den eingängigen, durch die Bank stimmigen Songs. Wer mal wieder Death Metal in seiner Reinform hören möchte, sollte sich dieses erstklassige „Debüt-Demo“ für 6 Euro über die angegebene E-Mail-Adresse ordern und eine echte Underground-Überraschung abgreifen!
Seit ihrem Debüt vor knapp einer Dekade stehen die Schweden WOLF für erstklassigen, traditionellen Metal, der sich schon früh vom seinerzeit noch flammenden „True Metal“ gelöst hat. Nix Keyboard und Pseudo-Bombast-Chöre mit Schieflage, sondern (frühe) IRON MAIDEN (auch wenn diese im Gegensatz zu den ersten Werken der Band nicht mehr allzu präsent sind) und MERCYFUL FATE sind die Hauptpaten des wölfischen Klanggewandes. Daran wird auch auf „Ravenous“ nichts verändert, das seinen Vorgängern in kaum etwas nachsteht, auch wenn es – so viel schon vorab zum Fazit – nicht ganz so grandios ausgefallen ist wie die beiden Vorgänger und das famose „Black Wings“. Doch handelt es sich ausschließlich um winzige Nuancen wie etwa den etwas dumpfen, leicht „mechanisch“ klingenden Sound und die nicht immer völlig zwingenden Refrains, die „Ravenous“ im Vergleich zwar etwas schmälern, aber abgekoppelt von den letzten Werken (und denen der Konkurrenz) immer noch als eine erstklassige Scheibe dastehen lassen. Superbe Stücke wie der treibende Opener „Speed On“, die Diamantenkönig-Hommage „Voodoo“, die Mitgrölhymnen „Hail Caesar“, „Whiskey Psycho Hellions“ oder mein Favorit, das unterschwellig vor sich hinröchelnde „Love At First Bite“, gehören zum Besten, was die traditionelle Szene in den letzten Monaten zu bieten hatte und haben sich daher locker den „Tipp“ verdient. Der Wolf ist eine saustarke Konstante in der Szene geworden, die hoffentlich noch lange heult!
Die deutschen Thrasher EMERGENCY GATE, die soeben eine Tour als Support von KREATOR begonnen haben, haben durch den Einstieg des ehemaligen SUIDAKRA-Fronters Matthias Kupka (der hier einen sehr hörenswerten Job erledigt) einen kleinen Bekanntheitsschub erlangt. Und so richtig puren Thrash wie Herr Petrozza und Co. spielt der Haufen auch gar nicht, sondern erinnert mit seinem sehr modern gehaltenen, melodischen Sound eher an eine Mischung aus SOILWORK, IN FLAMES und einem Hauch DEPRESSIVE AGE. Nur haben EMERGENCY GATE genau das Problem, dass sie über weite Strecken ebenso steril klingen wie erstgenannte schwedische Bands zuletzt, was „Rewake“ auch den typischen „Alles-schon-mal-woanders-(besser)-gehört“-Stempel aufdrückt. Ein cooler Ohrwurm wie „Of Stars And The Drifting“ weiß wirklich zu gefallen, aber eine dreiste Anbiederung an SENTENCED („Trust In Me“) muss nun absolut nicht sein. Ein Totalausfall ist „Rewake“ keineswegs, aber leider eine dieser Scheiben, die das Problem haben, eben weder richtig schlecht noch richtig gut zu sein. Wobei ich den Begriff „Durchschnitt“ in Reviews bekanntlich hasse…