Der Tod aus Thüringen hat wieder weit ausgeholt, und kaum überraschend ist er auch sobald wieder da: der Konflikt mit der BPjM. So mussten die Künstler diesmal auf die Darstellung eines mongoliden Flötenspielers auf dem Artwork verzichten und den dazu passende Track „Flötenmongo“ aus der Tracklist des Albums streichen. So wurden die „Todestage“ verschoben. Wäre ja auch merkwürdig, wenn die Meister aus Thüringen mal keine Steine aus dem Weg zu räumen hätten.
„Todestage“, das sollte wohl erwartungsgemäß die Spitze des Eisberges sein, stellt das Album doch schließlich EISREGEN’s Jubiläumswerk dar. Und tatsächlich findet der Hörer hier alles, was EISREGEN ausmacht. Zum einen ist der Klargesang wieder einer echten „Blutkehle“ gewichen, die verloren geglaubte Violine taucht hie und da („Waldgott“) auf und auch der Schwarzmetall hat wieder verstärkt Einzug erhalten. Zum Anderen gibt es auf dem Jubiläumswerk auch ruhigere, düstere Lieder, die ein fast gotischer Reiz ausmacht („Oh Wie Sie Schrie“, „Ostern Am Narbenhimmel“). „Lang Lebe Die Nadel“ greift in die Drogenkiste des Falco-Covers, „Seele Mein“ lässt nicht nur in der Thematik Parallelen zu des „Leichenlager(‘s)“ „Schwarze(r) Rose“ erkennen und der [in meinen Augen recht unnötige] Bonustrack ruft aufgrund verstärkter Elektronik Erinnerungen an die wahre Elektrohexe wach, jedoch hält hier tatsächlich ein Kind das Mikro in der Hand. Im Titeltrack, „Höllenfahrt“ und „Familienbande“ prasseln reichlich Blast Beats auf den Hörer hinab und „DSDSL“ („Deutschland Sucht Die Superleiche“) kratzt sogar an der Death Metal-Sparte. Hier wird wieder schön die Gesellschaft kritisiert, unterstützt werden die Thüringer dabei von Martin Schirenc von PUNGENT STENCH.
Richtig, was wir hier in den Händen halten ist EISREGEN, und zwar durch und durch. So klingt „Todestage“ bald mehr wie eine Zusammenstellung vergangener Tage, denn wie eine Neuerscheinung. Angenehm rau und angenehm abwechslungsreich kommt das hier gebotene Material daher und das ist beinahe eine Wohltat nach „Rostrot“ und „Schlangensonne“. Stellenweise scheinen die Thüringer gar an die „Farbenfinsternis“ anzuknüpfen. Somit gelang EISREGEN mit „Todestage“ wohl das Kunststück neue, wie alteingefleischte Fans, gleichermaßen zu begeistern.
Das Debüt des Rock-Urgesteins GEORGE THOROGOOD (Jahrgang 1950) und sein DESTROYERS beim Festival on Montreux 2013 war überfällig – 15 Millionen verkaufter Alben und zahlreiche Fans in aller Welt sprechen Bände. Schon seit Mitte der 70er unterwegs waren es die 80er die dem Blues-Rocker die Hits brachten, mit denen er bis heute für fulminante Liveauftritte bekannt ist. Sein typisches Gitarrenspiel seine Soli und ein unverwechselbarer Gesangstil sind das Markenzeichen von GEORGE THOROGOOD & THE DESTROYERS. Solch ein Auftritt startet dann auch mit Ansage – als Opener hatte man „Rock Party“ gewählt. „Who Do You Love?“ (mit tollem Saxophone-Part), „I Drink Alone“, den Boogie „One Bourbon, One Scotch, One Beer“ und natürlich „Bad To The Bone“ (Gassenhauer vor dem Herrn) sowie „Move It On Over“ und als Abschluß „Madison Blues“ (und nochmals ein unverwechselbar überragendes Gitarrensolo) sorgten dann für durchgehen hohen Stimmungspegel. Highlight sicherlich der „Cocaine Blues“, bei dem der gute GEORGE nicht nur einen auf JOHNNY CASH macht, sondern sich dieser gelungenen Hommage mehr als würdig erweist. Zum Schluss machen dann die bereits oben genannten Hits kräftig Laune. Für Fans sicherlich nichts Neues, aber ansonsten einfach gut.
Dass das ganz im HD-Format und 16:9 bei anständigem Sound daherkommt (DTS-HD Master Audio, LPCM Stereo bzw. DTS Surround Sound, Dolby Digital 5.1, Dolby Digital Stereo) verstärkt die gute Laune noch. Das Bonus-Interview auf „Live At Montreux 2013“ von gerade mal 4 Minuten kann man sich aber durchaus schenken.
Es gibt bessere Bandnamen als NEUROTIC NOVEMBER, so ingesamt betrachtet. Oder weiß jemand, wie ein Monat als solcher neurotic sein kann? Eben. Musikalisch ist die Sache eindeutiger, auf "Anunnaki" wird dem Hörer in zehn Songs (plus Intro) brutaler, mit gut gesetzten Breakdowns gespickter, Metalcore geboten. Auffällig ist dabei das bösartige Organ von Shouter Dirty, der damit immer wieder Akzente zu setzen vermag ("Our Development"). Schnell wird klar, dass er das Aushängeschild der Band ist und die Songs auf zugeschnitten sind. Seine Kollegen sind zwar handwerklich fit, bringen aber selten interessante Ideen ein, sondern orientieren sich eher am Metalcore-Standard. "Anunnaki" ist so kein überragendes Album, kann aber im oberen Genre-Mittelfled landen und hat mit den Rap-Parts von Dirty ein kleines Alleinstellungsmerkmal. Gute, solide Kost, aber auch nicht mehr.
ROADFEVER kommen aus der Schweiz und "Wolf Pack" ist ihre zweite Langrille. Mit Stevie Pike frontet eine Lady das Quartett. Auf den 11 Nummern wird eine stimmige Mischung aus klassischem Hardrock mit Southern Rock-Anleihen geboten. Die Stimme von Mrs. Pike ist nicht schlecht, aber überragend oder besonders charakteristisch auch nicht.
Die Songs kommen geschmeidig und glaubhaft ums Eck, nur auch hier fehlt mir der "Wow"-Effekt. Um Missverständnissen vorzubeugen, das Ding kreist amtlich, ohne Weichzeichner oder große Aussetzer, in meinem Player. Ich kann mir gut vorstellen, wie die grimmig dreinschauende Combo das Haus rockt. Nur auf Konserve springt der Funken nicht so richtig über. Am Sound liegt das nicht, der ist erstklassig. Da ist in einigen Bereichen noch Luft nach oben, aber vergessen wir nicht, "Wolf Pack" ist erst das zweite Album der Band. Wer auf klassischen Hardrock mit Frauenstimme steht, kann das Teil gerne mal antesten und einen eigenen Blick darauf werfen.
Dass in Brasilien die Echtmetallfahne, auch genreübergreifend, immer noch ganz hoch gehalten wird, ist kein Geheimnis. Zu den Traditionalisten zählen HELLISH WAR aus Sao Paolo, die bereits seit 1995 aktiv sind und nun mit „Keep It Hellish“ ihr drittes Album loslassen. Das Quintett hat höchstwahrscheinlich über die Jahre hinweg seine alten MANOWAR,- ACCEPT,- JUDAS PRIEST,- und IRON MAIDEN-Vinylscheiben bis auf Papierdicke runtergehobelt und geht nicht ohne Kutten, Nieten und Lederschlafanzug ins Bett. Das Schönste ist aber, dass die Jungs ihre Einflüsse in richtig gute eigene Kompositionen verwandeln und durchweg auf hohem Niveau unterwegs sind. Die Riffs der Herren Vulcano (!) und Daniel Job (!!) kommen einem zwar immer irgendwie bekannt vor, und Bil Martins´ hoher Schreigesang könnte etwas charismatischer sein, aber das Album gewinnt durch seine rohe Authentizität an Sympathie – und durch sehr hörenswerte Hymnen wie „The Challenge“, „Reflects On The Blade“, die überlangen „Fire And Killing“ und „Phantom Ship“ oder das sehr geile „Scars (Underneath Your Skin)“ (Hammerrefrain, den auch BRAINSTORM nicht besser hinbekommen hätten!). „Keep It Hellish“ ist kein Meilenstein, aber garantiert eine essentielle Entdeckung für alle, die gerne die 80er-Keule schwingen, am Liebsten auf dem „Keep It True“ oder dem „Headbangers Open Air“.
Rob The Slob, Mad Masx (der den ausgestiegenen Kinky Stieg ersetzt), Nicke Piss und Richard Rimjob sind zurück und ergießen ihre zweite Ladung Gedärme, Erbrochenes, Exkremente, stinkenden Eiter sowie erbrochene Exkremente (hab ich was vergessen?!) über uns und eingeweiden sich einmal mehr an dem, was die Meister der Metzgereizunft (AUTOPSY, PUNGENT STENCH, ASPHYX, NECROPHAGIA, etc.) seinerzeit aus ihren Enddärmen gequetscht haben. Gegenüber dem Vorgänger „Pervertopia“ ist „Up From The Sewers“ jedoch kein großer Schritt nach vorne; statt völliger Belanglosigkeit regiert nun annährend totale Belanglosigkeit. Der doomig stampfende und üppig mit SLAYERs „South Of Heaven“ jonglierende Opener und Titelsong, das nachfolgend flotte „Enter Filthdome“, das schleppende „Nightsoil Drunks“, der Midtempo-Banger „Hobo Holocaust“ oder die kurze Brachialnummer „Stinkhole“ sind dabei zwar keine grottenschlechten Rumpelklumpen und zitieren die oben erwähnten Originale ganz passabel, aber genau das ist der Punkt. Man hat, wie beim Debütalbum, alles schon einmal gehört, nur deutlich inspirierter und packender. Den Spagat zwischen langsamen Passagen, heftigem Midtempo und schnellerer Gangart nebst furztrockenem Gegrunze beherrschen die Jungs problemlos, aber von großartigen Kompositionen sind sie dabei noch weit entfernt. Oder wie Loriot vielleicht eingeworfen hätte: „Pervers heißt pervers nicht gleich pervers!“.
Jeder Metalhead, der bei diesem Bandnamen nebst zugehörigem Albumtitel sofort an die METALLICA-Favoriten DIAMOND HEAD und ihr gleichnamiges Werk von 1982 denkt, liegt goldrichtig, denn hier paart sich melodisch-hymnischer 80er (US-) Metal mit der unpolierten Rauhigkeit der NWOBHM. Das Quartett aus Michigan hat den Underground bereits mit einem Demo, einer EP sowie einer Split mit den britischen WYTCH HAZEL beglückt und durfte dieses Jahr das „Keep It True“-Festival beehren. Und wer jetzt noch weiß, welche Bands und Stile dort vertreten sind, ist wenig überrascht, dass die Jungs als Einflüsse von MERCYFUL FATE, JUDAS PRIEST, HEAVY LOAD und SCORPIONS über CANDLEMASS, BROCAS HELM und OMEN bis hin zu ANGEL WITCH, SATAN und CLOVEN HOOF fast alles angeben, was in der Szene Rang und Namen hat. Dieses Debütalbum lässt viele der genannten Referenzen erkennen und kanalisiert sie in produktionstechnisch roh belassenen, ungestümen und von JP Abboud kraftvoll gesungenen Songs wie dem relativ vertrackten Opener „Wallow In The Mire!“, dem mit coolen Gitarrensoli veredelten „Libertine“, dem großartigen, flotten „Dawn For The Glory Rider“, dem ebenfalls famosen, epischen „Of Nymph And Nihil“ oder dem treibenden „Pygmalion“. Speziell das letztgenannte Dreierpack könnte „Borrowed Time“ für einen „Tipp“ qualifizieren, jedoch liegt der Rest des Materials einen kleinen Tick unter diesem für einen Album-Einstand überraschend hohen Niveau. Die Old School-Abteilung wird hier trotzdem eine echte Entdeckung machen!
MAD MAX mit ihrem umtriebigen Sänger, Gitarristen und Produzenten Michael Voss (CASANOVA, DEMON DRIVE, MSG, und x-Projekte) sind mit ihrem melodischen Hard Rock mit Unterbrechungen bereits seit Anfang der 80er unterwegs und haben sich dabei ein solides Following im Genreumfeld erspielt. Mit ihrem aktuellem Longplayer „Interceptor“ gehen sie den zuletzt eingeschlagenen Weg der härteren Töne weiter und liefern ein Album das von prägende Hard Rock-Riffs (wie bei der Mid-Tempo Hymne „Save Me“), tolle Gitarrensoli (wie bei dem etwas melancholisch-getragenen „Five Minute Warning“) und melodischen Ohrwürmern („Streets Of Tokio“) dominiert wird. Und dazu muss man noch unbedingt erwähnen das Michael Voss hier eine der besten Gesangleistungen seiner Karriere abliefert – und das der Mann singen kann, weiß man an sich schon seit über 30 Jahren. Als SWEET-Cover hat man sich diesmal für das eher nur Insidern bekannte „Turn It Down“ entschieden. Kennzeichnend für das „neue“ Selbstverständnis der Band sicherlich die Tatsache, dass auf „Interceptor“ keine einzige Ballade zu finden ist. MAD MAX 2013 rockt - richtig gut gemacht!
Wenn Sängerin Elin Larsson von BLUES PILLS auf dem Mini-Album „Devil Man“ anfängt zu singen wird einem erst einmal anders: Mit einer extrem starken Soul-Stimme leitet sie ohne den Rest der Band den Titelsong völlig solo ein. Wenn dann die restlichen Musiker, namentlich Drummer Cory Berry, Saitenkünstler Dorian Sorriaux und Basser Zack Anderson einsetzen wird schnell klar, worin der Reiz der Truppe besteht: Mit einem Sound der an LED ZEPPELIN, die alten BLACK SABBATH, JIMI HENDRIX oder CREAM erinnert wird eine absolute Retro-Feeling kombiniert mit Bewunderung für die Musiker geweckt: Die Band stammt aus diversen Ländern (Schweden, Frankreich & den USA) und besticht nicht nur durch musikalische Qualität, sondern auch durch die Tatsache dass die Musiker alle gerade noch mit der erst vor kurzen erreichten 20 als Jahreszahl kämpfen dürften.
Denn wenn einen ein Song wie „Time Is Now“ dann auf einmal 50 Jahre in der Zeit zurück wirft und einen in ein Konzert irgendwo zwischen Woodstock, böse kratzigem BLACK SABBATH Bass und Larssons wirklich großartiger Stimme wirft – dann sieht man, dass BLUES PILLS definitiv eine Menge Potential haben. Oder wenn „Dig Deep“ wie ein Blues-Jam mit Solos in Art von JIMI PAGEs leicht angezerrtem Rock und ein bisschen Aretha Franklin am Mikrofon daher kommt...
Dieses auf CD und auch auf 10“-Mini-LP erhältlichen Albums lege ich daher jedem ans Herz, der Freude an den alten Stars der Musikgeschichte findet – rübergebracht von einer sehr talentierten, jungen Truppe. Für mich ist das eine großartige Kombo – und da sind 17 Minuten entschieden zu wenig Spielzeit.
Bei SATYRICON muss man echt mit allem rechnen! In diesem Fall mit einer Rückkehr zu den Wurzeln. Zu den eigenen und zu denen der "schwarzen" Musik ins England der 1970er und Schweden der 1980er Jahre. Denn das selbstbetitelte Album "Satyricon" ist auf seine Art schwärzester Black Metal. Auf seine Art, denn niemand hört sich mit Ende 30 an wie mit 18. So dominieren nicht Hass und Gekeife, die Grundstimmung des Albums ist eher eine schwere Winterdepression. Also gut, gekeift wird auch noch. Aber es wird weniger gerockt als auf "The Age of Nero" oder "Now, Diabolical". SATYRICON hören sich Anno 2013 weniger nach TURBONEGRO an als nach klassischem Doom. Man mische Black Metal mit einem Löffel CANDLEMASS und voila, aus dem Kessel springt einem "Phoenix" entgegen. Am Mikrofon sitzt Sivert Høyem, Sänger der leider aufgelösten MADRUGADA. Mit dem Timbre seiner Stimme kann er wahrscheinlich Gletscher schmelzen, und der Herr Vongraven hat ihn erfolgreich auf sein Album gelockt. Ehrlich gesagt: Für diesen Song vergebe und vergesse ich Satyr egomanische Ausfälle und einige gleichförmige Songs auf diesem Album - dieser Track ist dunkler Pop und der perfekte Soundtrack zum Rotwein am Kamin! Nur sollte man währenddessen wahrscheinlich keine Scheite nachlegen...