Bei "In The Eye Of The Hurricane" kann unter Umständen etwas Verwirrung beim geneigten Betrachter aufkommen, sollte dieser nicht aufmerksam aufs Aufnahmendatum der Aufzeichnungen geachtet haben. Da nämlich NEGATIVE eine Weile in Deutschland ohne Label waren, erscheint nun, nicht gar zu lange nachdem hierzulande mit "Karma Killer" das erste Album der Band ohne Gitarrist Sir Christus erschienen ist, nun eine Live-DVD, auf der ebendieser wieder munter mit von der Partie ist. Grund hierfür ist, dass das Konzert bereits im Dezember 2006 im für die Band heimischen Tampere mitgeschnitten wurde und im übrigen in Finnland schon Anfang diesen Jahres, kurz nachdem die Trennung von Sir Christus bekannt gegeben worden war, veröffentlicht wurde. Nun also kommen auch die deutschen Fans in den Genuss, und Schmankerl gibt es in der Tat einige, denn zusätzlich zu dem in Tampere aufgezeichneten Konzert wurde noch eine ganze Menge Bonusmaterial auf die DVD gepackt. Aber eins nach dem anderen. Zu Anfang der Live-Aufzeichnung hat man noch ein wenig den Eindruck, Sänger Jonne Aaron könne etwas heiser sein, da die Stimme an der einen oder anderen Stelle, die besonders stimmbandstrapazierend ist, nicht ganz so mitmacht, wie sie soll, aber nach einigen Minuten des Warmwerdens geht dann ziemlich die Post ab. Etwas gewöhnungsbedürftig ist vereinzelt die Kameraführung, die sich mitunter durch recht abrupte Schwenks und Nahaufnahme-Weitwinkel-Wechsel auszeichnet, wer zu Schwindel neigt sei also ein wenig zur Vorsicht gemahnt (insbesondere wenn Jonne vor "In Memoriam" kurzzeitig von der Bühne aus die Kamera übernimmt könnte der eine oder andere diesbezüglich Gefährdete ernstzunehmende Probleme bekommen, denn Jonnes Kameraführung zeichnet sich primär durch guten Willen aus). Besonders positiv hervorzuheben wären unter anderem die die beiden Gitarristen ins Rampenlicht rückende Instrumentalversion von "Lost Soul", sowie "Reflections", "Embracing Past", der herrliche Schmachtfetzen "A Song For The Broken Hearted", "In My Heaven" und insbesondere, eigentlich das Highlight der gesamten DVD, "Until Your Mine". Mit einem furiosen elegischen Live-Intro versehen, bei dem der mittlerweile abhanden gekommene Sir Christus die Töne regelrecht aus seiner Gitarre herausbluten lässt und kniend das Inbild eines ins Spiel versunkenen Gitarrengottes vor seinem Publikum abgibt, bildet der Song auf voller Länge den atmosphärischen Höhepunkt des gesamten Gigs. Disc 2 umfasst neben fünf Videos und zugehörigen Making-Ofs noch ein Interview, als Verneigung vor den Fans drei von diesen aufgezeichnete Live-Videos sowie Fotos und eine mit "Around The World" betitelte Dokumentation, die einen breiten Querschnitt durch die Karriere der Band von den absoluten Anfängen, festgehalten in privaten Homevideos, bis zu ausgedehnteren Auslandstourneen zeigt, darunter auch viel von den Bandmitgliedern selbst gefilmtes Material mit mitunter Privatem bis Kompromittierendem. Schade hierbei ist lediglich, dass der finnische Originalton über große Teile hinweg nur bruchstückweise untertitelt wurde und man sich des Gefühls nicht erwehren kann, dass dadurch ein nicht unbeträchtlicher Teil der vorhandenen Gags und Spitzen an einem vorbei geht, zumal sich einem schon bei der Konzertaufzeichnung das Gefühl aufdrängt, dass beim für die englischen Untertitel Verantwortlichen der gute Wille eventuell doch größer war als die Englischkenntnisse (da wird aus "Embracing Past" schon mal "In Praising Past"). Aber schwamm drüber, dann muss mal halt Finnisch lernen.
Die im Jahr 2000 gegründete Berliner Formation HAVANNA HEAT CLUB hat sich nicht nur nach einer Siebziger Super-8-Porno benannte, ihre Mischung aus Rock aus eben jener Zeit, Punk und modernem Stoner Sound lebt auch von einer gewissen Dreck-Attitüde. Das selbstbetitelte Debüt – nach eigener Ansage von MOTÖRHEAD und AC/DC inspiriert - brachte HAVANNA HEAT CLUB in 2005 dann auch einiges an guter Presse ein und bis ins Vorprogramm von GLUECIFER, D.A.D, und ROSE TATTOO. Mit Album Nummer 2 „Specially Made For Your Satisfaction” nimmt man sich etwas zurück, bleibt aber laut, erdig und melodiös. So wissen Tracks wie der nach vorne preschende Opener „Get Up!“, der punkige Rock’n’Roller „Unleashed“ und das cool groovende „Dealin’ With Demons“ gut Spaß zu machen. Das man dabei zwischendurch auch etwas eintöniger agiert kann man ab entsprechender Dröhnung verschmerzen und wird die Stoner-Fraktion sogar eher freuen. HAVANNA HEAT CLUB’s „Specially Made For Your Satisfaction” ist damit mehr wie solide und für die Zielgruppe ein Antesten Wert.
In den Reviews zu den beiden Vorgängeralben von „Hundre År Gammal“, „Morke Gravers Kammer“ und „Krek“, die meine beiden Kollegen Lars und Memme seinerzeit verfasst haben, findet man bereits alles Wesentliche und Wissenswerte zum Stil und der Ausrichtung der Norweger KHOLD, die schon seit 2000 die dunkle Szene unsicherer machen, als sie es ohnehin schon ist. Auf seinem neuesten Werk bleibt das Quartett seinem Stil also einmal mehr treu und konzentriert sich auf trocken produzierten, basischen, erdigen, mit einer gehörigen Portion Rock´n´Roll garnierten Black Metal der Alten Schule, der allerdings im Gegensatz zu dem der oft in diesem Zusammenhang zitierten SATYRICON nicht so richtig auf den Punkt kommt. KHOLD versuchen zwar, die heimlichen Wurzeln HELLHAMMER, VENOM, DARKTHRONE, etc. in die heutige Zeit zu transportieren, scheitern aber nicht nur an mitreißenden Songs, sondern wirken auch nie so richtig böse. Zu statisch, mutlos und frei von bedrückender Atmosphäre sind die Stücke, die vorbeirauschen, ohne eine große Wirkung zu hinterlassen. Mit dem flotten „Trolos“ ist den Jungs immerhin ein kleiner Ohrwurm geglückt, der aber auch nicht groß beeindruckt, wenn man erst vor Kurzem in den Genuss der starken neuen Scheibe von SATYRICON („The Age Of Nero“) gekommen ist. „Hundre År Gammal“ gehört zwar beileibe nicht zur völligen Ausschussware der norwegischen Szene und wird sicher den einen oder anderen Old-School-Bläckie für sich gewinnen können, aber ich glaube kaum, dass das reicht, aus der zweiten Liga aufsteigen zu können.
Was ruhig, mit leichten WHITE STRIPES-Flair, beginnt, steigert sich schnell in ein beim ersten Hören infernalisches Kaskado – keine Frage, ROLO TOMASSI sind nicht ganz dicht. Genausowenig wie die Kollegen bei FANTOMAS und THE DILLINGER ESCAPE PLAN. Gepflegt noisigen Lärm produzieren sie dann auch entsprechend konsequent über die volle Länge der Platte, selbst du ruhigeren Einschübe („Macabre Charade“) sind von so schrägen Gitarrenmelodien und Keyboardspiel durchzogen, dass von Verschnaufen für den Hörer keine Rede sein kann. Nicht weiter überraschend, dass der weibliche Gesang sehr selten als solcher wahrgenommen wird und meistens als Psycho ganz gut beschrieben ist. „Hysterics“ ist definitv keine Platte für jedermann oder für jede Gelegenheit, dazu ist sie zu sperrig, zu wahnsinnig und zu komplex. Aber FANTOMAS beweisen, dass es für solche Musik eine Fanschar gibt – und genau die kann ROLO TOMASSI mal antesten.
Deathwish Inc. haben seit jeher ein Gespür für ungewöhnliche Bands, TRAP THEM sind dafür erneuter Beweis – mit Standard-Hardcore haben die Herren nichts am Hut, wer Singalongs oder Beatdown-Parts sucht, braucht gar nicht weiterzulesen. „Seizures In Barren Praise“ ist ein zäher, böser Wutbrocken, gleichermaßen von BLACK FLAG wie ENTOMBED beeinflusst und mit tonnenweise ungezügelter Kraft. Dabei schaffen es TRAP THEM, die schwedischen Gitarren, das gnadenlose Drumming (gerne auch mal mit Blast-Part) und die rotzige Röhre zu einem Sound zusammenzufügen, der mehr Punk ist als alles andere. Die Songs sind eruptiv, dabei verstörend und immer wieder für eine Überraschung gut, wie der schleppende Part in „Day 26 – Angles Anonymous In Transit“ oder der ausufernde zähflüssige Rausschmeißer „Day 31 – Mission Convincers“ beweisen. Wer Bock auf eine Dosis vertonter Wut hat, sollte „Seizures In Barren Praise“ definitiv antesten, wer nur auf der Suche nach einer weiteren coolen New Era-Cap tragender Bollos ist, ist hier völlig fehl am Platz. Aufgeschlossene Metaller können der Chose ebenfalls eine Chance geben, das könnte was sein. Aber egal wie der musikalische Background ist: wer mit wütender, ehrlicher, punkiger Musik was anfangen kann, wird TRAP THEM lieben.
Wenn man ein herausragendes Genre-Highlight wie “The Apostasy” verbrochen hat, darf man auf der zugehörigen Tour gerne ein Live-Album mitschneiden, was BEHEMOTH ohne Umschweife getan haben. Da es bis jetzt noch keinen Bühnenmitschnitt der polnischen Ausnahme-Krawallos gibt, geht „At The Arena Ov Aion-Live Aopstasy“ zumindest aus diesem Hörwinkel absolut in Ordnung. Und wer sich von der Band zum Bleistift auf dem diesjährigen „Party.San“-Festival die Rübe hat abschrauben lassen, der weiß, welch unbändige Energie Nergal und seine Schergen auf den Brettern freisetzen… da können selbst die schon mächtigen Landsmänner VADER kaum mithalten! Allein schon, was Inferno auf seinem Drumkit daherzaubert, ist ein selbiges und sorgt für indezente Maulsperre. Die Mischung aus Death Metal, einer Prise Schwarzmetall und der technischen Präzision einer Schweizer Premium-Uhr haut auch live den stärksten Headbanger um, was alles gekonnt auf dieser authentischen, fetten Live-Scheibe präsentiert wird. Man mag sogar meinen, die Sache klinge allzu perfekt (im Sinne von Nachbearbeitung im Studio), aber BEHEMOTH klingen nun mal so perfekt – immer schon leicht an der Grenze zur Sterilität. Und (im Gegensatz zu den meisten anderen „Live“-Platten) sogar Publikum ist da, man hört „Behemoth, Behemoth…!!!“-Sprechchöre und nicht nur ein ultraleises Murmeln irgendwo im Hintergrund. Während der Songs kommt die Meute natürlich nicht gegen die Band an, die sich den Allerwertesten abspielt und eine runde Setlist abliefert, deren Augenmerk nicht zur Hälfte auf Stücken des neuen Albums liegt, sondern auch genug Platz für den einen oder anderen Klassiker lässt. Auch mitunter sehr coole Ansagen bekommt man von Nergal zu hören. Normal tu ich mich mit dem „Tipp“ immer schwer bei Live-Alben, weil sie oft schlichtweg nicht live klingen, aber „At The Arena Ov Aion-Live Apostasy“ ist in der Summe seiner Eigenschaften einfach ein Hammer und eine der besten Bühnenkonserven der letzten Zeit!
MISS MARPLE überraschen, das muss man ihnen lassen. Wohl kaum jemand dürfte beim Anblick des in Pastellfarben gehaltenen Artworks (Totenschädel auf der Rückseite hin oder her) sofort auf den Gedanken kommen, dass einem gleich mit den ersten zwei Songs "Creation Of Doom" (okay, der Titel könnte ein Hinweis sein) und "Liquidation" zwei stark mit New Metal- kokettierende Bretter um die Ohren gehauen werden. Aber MISS MARPLE beschränken sich nicht ausschließlich auf härtere Gangarten. So geht es beispielsweise bei dem leider irgendwie ein wenig schepp klingendem "Reason" im Vergleich zu den eben genannten Songs größtenteils etwas ruhiger zur Sache, auch wenn zwischenzeitlich ein deutlich härterer Zwischenteil das vermeintliche Idyll bricht. Überhaupt demonstrieren MISS MARPLE eine recht große Bandbreite auf ihrem Debutalbum. Meint man nach den ersten zwei, drei Songs die Band halbwegs einschätzen zu können, bekommt man plötzlich mit "Trip" etwas vorgesetzt, das über große Teile hinweg auch genauso gut von den RED HOT CHILI PEPPERS stammen könnte. "Friend" ist eine melodiöse Ballade, beim sich anschließenden "One 2 three" hingegen werden die Verstärker bis zum Anschlag aufgedreht und es geht plötzlich derart hart zur Sache, dass man sich fragt, ob man vielleicht ohne es zu bemerken auf einer Metalcore-Scheibe gelandet ist. Wer also Abwechslung sucht, ist hier goldrichtig, zur homogenen Hintergrundmusik taugt "Fades" definitiv nicht.
Wer schon immer auf der Suche nach Konstanten im Universum war, der könnte jetzt mit Hilfe von S.N.O. eventuell die Antworten finden, zumindest verspricht die Band aus Schweden mit dem etwas sperrigen Album-Titel ebensolche. Aber auch falls man den Antworten auf die großen Fragen des Lebens nicht näher kommen sollte, haben S.N.O. mit "Constants In An Ever Changing Universe" auf jeden Fall ein solides Album am Start, dessen Kernelemente sich aus Stoner Rock mit Psychedelic- Touch und vereinzelten Doom-Metal- Einflüssen zusammensetzen. Mit "4:54" befindet sich auch ein Instrumentalstück auf der Platte und "The Inventor" erinnert fast ein wenig an die einstigen Götter von BLACK SABBATH. "Venus Travel Agency" ist ruhig und melodiös, bei "Deadication" überwiegt ganz deutlich der Stoner Rock und "Headlights" gibt ordentlich Gas. Ordentliches Szenefutter- bedröhnt sein ist nicht zwingend erforderlich, könnte an der einen oder anderen Stelle aber eventuell helfen. Wer weiß, vielleicht klappt´s dann ja auch mit den Antworten auf die großen Fragen des Universums...
CRISIS NEVER ENDS haben mit „Kill Or Cure“ den Nachfolger ihres krachenden „A Heartbeat Away“-Longplayers in die Läden gebracht – und was der Stuttgarter Haufen abliefert, hat erneut Hand und Fuß. Und Melodie. Und Kraft. Metalcore mit starker Metalschlagseite und ohne neumodischen Beatdown-Prollo-Mist gibt es in den elf Songs zu hören. Da erinnern die Gitarren immer wieder an die Göteborger Schule, während Sänger Heiko ordentlich angepisst keift und von kraftvollen Backing Shouts unterstützt wird, wie im Überflieger „Five Years“ eindrucksvoll zu hören ist. Der Track ist dabei keine Ausnahme, jede Nummer kann überzeugen und nimmt den Hörer mit auf eine abwechslungsreiche Reise, die an Mid Tempo-Groove, Blast-Parts und luprenreinem Metal vorbeiführt. So schön kann Metalcore sein, wenn sich eine Band auf das besinnt, was das Genre eigentlich sein sollte: Metal und Hardcore in perfekter Symbiose, quasi das beste beider Welten. Wenn dann noch Leute mit einem Gespür für gute Songs dabei sind, kann nichts mehr schief gehen und es entstehen famose Platten wie diese. „Kill Or Cure“ ist eine der besten Scheiben des Jahres und der Beweis, dass Metalcore auch anno 2008 noch frisch und unverbraucht klingen kann! Davon ließ sich wohl auch MAROON-Lama Andre überzeugen, der bei „Stop And Think“ zu hören ist.
An NICKELBACK scheiden sich hierzulande die Geister. Manch einer sieht in 27 Millionen verkauften Alben einen Ausverkauf und die Band schlicht als unauthentisch, andererseits sehen viele in ihnen die legitimen Nachfolger der gen Country treibenden BON JOVI. Über dem Teich spart man sich solcherart theoretischen Diskussionen – und hat recht. Den nüchtern betrachtet liefern NICKELBACK seit Jahren hochwertige Kost, sorgen dafür dass auch mal klassischer Hard Rock mit modernen Arrangements in europäischen Radios und TV-Shows läuft und schreiben schlichtweg gute Songs mit Hitpotential (und mit durchaus hörenswerten und teilweise Augenzwinkerteen Texten). Und das ist auch bei Album Nummer sechs nicht anders. Man braucht kein Prophet zu sein um vorherzusagen, dass die 11 Songs zwischen hartem Mitsing-Rock und Chad Kroeger Kuschel-Balladen ganz vorne in den Charts (weltweit) landen werden. So legt man gleich mit den beiden Openern „Something In Your Mouth“ und „Burn It To The Ground“ kräftig und nicht unbedingt Airplay-tauglich dreckig los, bevor mit „Gotta Be Somebody“ die typisch gute NICKELBACK Single auftaucht. Ob bei der Power-Ballade „I’d Come For You“, dem heftigen „Next Go Round“ oder dem ruhigen, teilakustischen „If Today Was Your Last Day“ - NICKELBACK punkten einfach durch Melodie gepaart mit genau dimensionierten Gitarren und ein Händchen für Stadionrock. Der moderne Country-Rocker „This Afternoon“ beendet dann eine echt starke dreiviertel Stunde. Das Produzentenlegende Mutt Lange trotz seinen letzten Pop- und Balladenalben (u.a. Celine Dion und Shania Twain) auch noch wie früher kann (hat ja auch mal Klassiker von AC/DC und DEF LEPPARD über FOREIGNER bis MR. BRYAN ADAMS produziert) und hier kräftig Druck entwickeln lies tut ein übriges. So ist „Dark Horse“ ein klasse Rockalbum, welches NICKELBACK wohl weiter konstant auf der Erfolgswelle schwimmen lassen wird. Für die Fans eh Pflicht, sollten hier auch mal die Kritiker mehr als nur ein flüchtiges Ohr riskieren.