Die holländische Prog-Metal Formation XYSTUS (also rein von diesem eckigen Namen her kann man eigentlich keine große Karriere machen) hatte bisher zwei Alben gemacht, und dann abe rin über zweijähriger entstehungszeit ihre eigene Rockoper geschrieben. Das Ergebnis schimpft sich "Equilibrio" (Gleichgewicht“ und für alle Fans bombastischer Rockopern und hier auch mit starken Metalvibes, was die Riffs betrifft, dürfte diese Scheibe ein gefundenes Fressen sein. Vor allem der Sound ist hier einfach klasse geworden, kein Wunder denn hier griff man auf ein echtes Symphonieorchester nämlich das Utrechtsch Studenten Concert Orchestra zurück und das hört man von der ersten Note an voll durch. Die Wucht der Instrumente, die filigranen Streicher insbesondere die Bläsergruppen lassen beim Zuhörer den Eindruck entstehen man säße direkt neben dem Orchestergraben.
Aber auch der Rockfaktor verkommt beileibe nicht zur Nebenrolle hier findet eine tolle Symbiose aus Klassik und Gitarrensound statt, kein billiges Keyboardgeklimper aus dem PC sondern authentischer Klang. Die Songwriter Ivo van Dik (Drums) und Joris van de Kerkhof (Keys) haben hier eine schöne Rockoper komponiert, für deren inhaltliche Ausgestaltung Bas Dolmans (Voc./Guit.) zuständig war. Bei den Aufführungen waren bei der Gesamtproduktion dieses Werkes über 130 Musiker und Mitarbeiter dabei. Über 4.000 Zuschauer waren bei den Livekonzerten in den Niederlanden dabei und haben diese wuchtige Mischung aus Metal, Musical, Klassik und Theater erleben dürfen. Diese Studioversion beinhaltet jetzt aber nicht die komplette Fassung, aber die wichtigsten, entscheidenden Szenen dieser Rockoper.
Klar die Story hinter "Equilibrio - A Rock Opera“ ist sicher nicht die originellste, denn die Thematik bewegt sich um den etwas ausgelutschten Kampf zwischen Gut und Böse, mit den Charakteren Herrscher Primos (böse) und die Aveline (die Gute). Während Primos die Weltherrschaft an sich reißen will, versucht sich Aveline als Rebellin. Zwischen diesen beiden will ein fremder Wanderer namens Diegu vermitteln um die Balance zwischen Gut und Böse wiederherzustellen. Die Umsetzung ist aber wesentlich spannender, energiegeladener und vor allem packender als dieser grobe textliche Rahmen.
Mit dafür verantwortlich sind die tollen Gäste an den Vocals mit Simone Simmons (EPICA gefällt mir hier fast besser als bei ihrer Stammcombo), George Osthoek (ORPHANAGE, DELAIN) er darf als Gevatter Death wieder mal so richtig abgrowlen sowie den beiden Theaterschauspielern John Vooijs und Michelle Splietelhof, die ebenfalls sehr gute Stimmen besitzen.
Die sicher nicht ganz einfache Produktion ist ebenfalls sehr gut gelungen, das Orchester steht natürlich schon etwas im Mittelpunkt, aber trotzdem bekommen auch die Rockinstrumente noch genügend Raum. Man übertreibt es nicht mit zu vielen Balladen, die Tracks sind detailreich ausgearbeitet, die üppigen Instrumentalpassagen mit ihren achtbahnartigen aufwühlenden Auf’s und Ab’s erinnern nicht selten an Breitwandfilmsequenzen mit unheimlichen Weite wie eine Art Soundtrack im Bombastmetalgewande.
Ansonsten erfinden XYSTUS dieses, in den letzten Jahre etwas überstrapazierte Genre, nicht völlig neu aber man spürt die Frische, die absolute Begeisterung und den Enthusiasmus bei allen Akteuren durch und durch - wer auf melodramatischen Pathos, blumige Epic, schöne Melodien mit Ohrwurmcharakter (geht dann schon in die Musicalrichtung wie bei „My Time Of Need“) abfährt, der dürfte hier absolut richtig liegen. Als kleiner Anhalt sei hier mal das AINA Projekt erwähnt, hier bewegt man sich in ähnlichen symphonischen Gefilden. Die Musik wurde nach einer (was sonst auch) Overtüre in verschiedene Akte eingeteilt und ist natürlich schon als Gesamtkonzept zu sehen. Mein Favoriten sind dennoch das fließende „The Traveller“ sowie das sher vielschichtige „The Message“. Wie schon angedeutet die Songs sind trotz aller symphonischer Ausrichtung nicht zu überkomplex, auch der Kitschfaktor hält sich im Rahmen für solche Geschichten, die Musik kommt kraftvoll und mit viel Macht daher wirkt aber trotzdem nie erdrückend. Die Rockroots werden auch nie ganz verleugnet, die Rythmik hat genügend Biss und auch die Drums sind sehr speziell mit genügend Drive. Metal und Klassik finden sich hier in einer Art Musicalvermischung nicht nur durch die vielen gelungenen Duette wieder und bieten somit einfach beste Unterhaltung. Dies mag dem ein oder anderen vielleicht etwas zu mainstreamig oder plakativ glatt daherkommen, ich für meinen Geschmack höre mir dieses Album immer wieder gerne an. Es fehlt vielleicht rein vom Hitpotential etwas der ganz große Knaller und an den Chören hätte man auch etwas mehr machen können inklusive des mir etwas zu verhaltenen Schlusstracks. Aber dies ist zweitrangig. Nicht auszudenken allerdings, wenn die Jungs ihren Landsmann Arjen Lucassen noch als Songwriter mit dabei gehabt hätten, mit dessen einmaligen Melodiegefühls wäre sicher noch eine Schippe mehr gegangen.
Egal, auch so ist dieses ambitionierte Werk eine sehr Runde Sache geworden – eine Art Klassik Metal Musical bei dem sich das Reinhören lohnt.
Equilibro
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
12
Länge:
51:12 ()
Label:
Vertrieb:
Warum werde ich nur mit dieser Scheibe der deutschen Formation NERONIA einfach nicht so recht warm?! Es liegt dabei ganz bestimmt nicht an zu wenig Umläufen, die ich diesem Album „Blues Circles“ auf meinem Player eingeräumt habe, außerdem ist die Musik bei weitem nicht sperrig oder gar zu technisch verquert wie man es bei manchen Progalben schon empfunden hat, nein es ist etwas anderes. Es ist diese Stimme von Sänger Frank Ullmann, der mit seiner stark pathetischen Art zu singen sowie auch den vielen „gesprochen-erzählenden“ Parts, dem leicht unrunden English sowie insgesamt der Tatsache, dass mir die Vocals doch etwas zu weit vor die Instrumente gemischt wurden, einfach den Höreindruck etwas trübt. Jetzt bitte nicht falsch verstehen, der Junge kann schon singen, nur triff er bei mit seiner sehr hellen Stimme einige Hörnerven, die mich eher etwas stirnrunzelnd zurücklassen. Der Hang manchmal sogar (absichtlich) leicht schräg und zu betont theatralisch zu klingen, insbesondere bei der Melodieführung, trägt ein übriges dazu bei. Gleich beim Opener „Desert Sand“ ist dies sehr prägnant und hier passen die Backings auch nicht dazu.
Dies trifft dankenswerterweise aber nicht bei jedem Song zu, aber schon bei vielen eingängigeren Parts. Die Musik ansonsten ist nicht schlecht gemacht, ich würde dies mal einfach als deutschen (Neo) Progrock mit Hardrockanleihen charakterisieren.
Die Band entstand ursprünglich mal aus der Formation ULYSSES und vor fünf Jahren lieferten NERONIA dann ihr Debütalbum „Nerotica“ ab, bei dem Keyboarder Rainer Teucher bereits als Gastmusiker an Bord war. Apropos, dieser Musiker gefällt mir mit seinen sehr speziellen sowie abwechslungsreichen Sounds sehr gut, denn er verleiht dem Gesamtbild der Band oft das gewisse Etwas und einen Hauch von Exklusivität. Dies trifft bei dem prägnanten Loop von „Shockwaves“ zu, das hat was von 80’er Jahre Wave. Auch das schöne Tastensolo gegen Ende geht dahin, der Bass groovt klasse, die Gitarren am Ende klingen etwas nach alten SAGA, der Refrain wird etwas zu oft wiederholt. Dieser Neo Prog kommt erfreulicherweise nicht typisch britisch daher, die Darmstädter versuchen schon betont etwas melancholisch-düsterer zu variieren, immer wieder werden mal etwas härter-erdigere Töne mit eingebaut. „Naked Pale“ ist dabei so eine typische Ballade, am Anfang passiert inhaltlich lange relativ wenig dann folgt ein klasse fast schon bluesartig gespielter Gitarrenpart, um dann wieder mit angezogener Handbremse zu schließen.
Insgesamt ist aber (zu) vieles im Midtempobereich wenn nicht gar betont balladesk gehalten, da fehlt es mir etwas an Power bzw. Überraschungen, bei den hinteren Songs wird dies zwar etwas besser, aber es fehlt in Summe an Kompaktheit. Es gibt opulente, nicht allzu komplexe Arrangements, schönen Soli mal etwas schwebender dann wieder riffig, es sind dabei vielleicht der ein oder andere atmosphärische Parts zuviel mit Klavierklängen und akustischer Klampfe, da fehlt es an den belebenden Elementen. Als Beispiel sei hier „One On One“ genannt, zu nervige Textwiderholungen und zu gleichförmig. Ich hätte mir etwas mehr Songs der Kategorie „Cold and Strange“ mit fetzigeren Rhythmen oder noch besser „Lost in Grey“ (tolle doppelläufige Gitarrenleads) gewünscht, hier legt die Band deutlich mehr Energie sowie mehr Elan an den Tag, wirkt mitreißender als zuvor und auch der Schluss mit „Seven Shades“ und tollem auslaufendem Gitarrensolo ist absolut überzeugend gemacht. Beim Drumming hätte es stellenweise aber schon noch etwas mehr Dynamik gebraucht, da könnten die Songs ruhig etwas an Drive zu legen.
Insgesamt gefällt mir die Produktion aber schon mit einem sehr klaren Klang, kein Wunder für das Mastering war Kulttastenmann Eroc (Grobschnitt) zuständig. Die Scheibe kommt professionell daher, passt im Großen und Ganzen. Aber wie gesagt: An vielen, aber nicht den entscheidenden, Details hapert es (wie erwähnt) schon noch. Daher ist diese Scheibe eine durchschnittliche, aber beileibe keine schlechte CD geworden. Mit dem Sänger hatte ich etwas zu kämpfen, das mögen andere sicher nicht so empfinden. Trotz der erwähnten Mankos lässt sich „Blues Circles“ ganz gut anhören. Manche mögen die CD sogar als eine Art Geheimtipp sehen, ich hatte den Eindruck, es hätte von den Möglichkeiten noch etwas mehr sein können aber vielleicht dann beim nächsten Mal.
Wem die deutschen Bands wie MARTIGAN oder ARILYN etwas sagen, sollte auch hier fündig werden, wenn auch NERONIA deren Songwritingniveau (bisher) noch nicht ganz erreicht haben.
Blue Circles
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
9
Länge:
51:37 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten