Soso, DEAD MEANS NOTHING (die nichts mit der gleichnamigen spanischen Band zu tun haben, auch wenn das häufig angenommen wird) sind also aus einem Motorradunfall hervorgegangen, weil Bandgründer Mickey Rude im Jahr 1996 aus diesem Grund von den Drums zur Gitarre wechseln musste. Danach lernte er seine Mitmusiker kennen, alle hatten sich ganz dolle lieb und beschlossen, von nun an Lemmy zu huldigen. Das Trio klingt ohne Umschweife wie MOTÖRHEAD, allerdings in einer deutlichen „Light-Version“. Dreckigster Bluesrock beherrscht das Geschehen, fördert aber leider keine wirklich nennenswerten Hymnen zutage. Zu beliebig, wenn auch nicht ganz schlecht und ohne Frage anhörbar, klingen Stücke wie „Thy Will Be Done“, „Teenage Punkrock“, „Back In Town“ oder die nette, aber doch irgendwie überflüssige Coverversion des Lemmy-Classix „Going To Brasil“, die gewöhnungsbedürftig verzerrten Gesang auffährt. „Nothing Of Devinity“ ist eine dieser Scheiben, die keinem wehtut, die fraglos sogar ein paar Fans anlocken wird, auf die die Welt aber nicht unbedingt gewartet hat. Dafür sind die „Originale“ einfach zu grandios.
Bei VELVETSEAL gibt es keine Überraschungen, spätestens beim Blick auf das Artwork ist klar, dass hier Gothic Metal serviert wird, der ganz in der Tradition von NIGHTWISH und WITHIN TEMPTATION steht. Ist per se nichts Schlechtes, auch wenn das natürlich originell wie Hulle ist. Immerhin hat die Dame am Mikro eine relativ eigenständige Stimme und driftet nicht in Opernsphären ab wie das Kolleginnen so gerne machen. Die Gitarren bieten derweil Genre-Standardkost, womit sie keine Akzente setzen können und vom ziemlich penetrant-süßlichen Keyboard nassgemacht werden. Dazu noch die billig klingenden Streicher und die schwachbrüstige Produktion und fertig ist eine mittelmäßige Scheibe, die zudem am belanglosen Songwriting krankt. Das ist alles nur halbgar, was VELVETSEAL auf den Hörer loslassen und weit weg von den Referenzwerken, an denen sie sich zwangsläufig messen lassen müssen.
Skandinavien im Allgemeinen und Finnland im Speziellen haben einen Haufen Bands zu bieten, die sich düster-atmosphärischem Metal verschrieben haben, DARK THE SUNS sind da nur die nächste Band. Piano und Frauengesang werden vereinzelt eingesetzt, um dem ziemlich vorhersehbaren Sound der Finnen zu verstärken - klappt aber nicht so recht, dafür werden beide Stilmittel zu uninspiriert genutzt. So wabern die Songs weiter belanglos vor sich hin, hauptsächlich im Midtempo, mit gefälliger Gitarrenarbeit, einem soliden Shouter (der ab dem vierten Song spätestens zu monoton klingt) und Songwriting nach Schema F. Selbst wenn DARK THE SUNS mal rockiger werden wie bei „The Rain“, reißen sie nicht wirklich mit. Alles in Allem eine zu berechenbare Scheibe, die zwar handwerklich solide ist, gegen die Konkurrenz aus dem eigenen Land wie aus der weiten Welt nicht viel zu melden hat.
THY FINAL PAIN haben ein Label gefunden, „…Of Life And Death” ist ihr dortiger Einstand. Ihr überzeugender Einstand, wohlgemerkt. Schöön dampfwalzig gehen die Musiker vor, DEFACED CREATION sind ihnen dabei näher als BOLT THROWER. Die fette Produktion, der verdammt gute Growler und die permanent Druck machende Schlagzeugarbeit sind die Markenzeichen der Band, die zudem noch mit einer guten Saitenabteilung aufwarten kann, dank der die Songs zwar simpel, aber nicht langweilig werden. „…Of Life And Death“ macht so von Anfang bis Ende Spaß und hat einige gute Songs zu bieten, die in der Death Metal-Community für Ohrenschlackern sorgen dürften, ehrlichen Death Metal, der nichts mit Core am Hut haben will, gibt es anno 2009 selten genug und wenn er dann noch so gut ist wie in diesem Fall, kann eine Scheibe nur glücklihc machen. Also nicht lange fackeln, sondern in den Laden rennen und die Scheibe kaufen! Lohnt sich!
ORPHANAGE waren ja ganz cool, auch wenn da nostalgische Verklärung im Spiel sein mag. Deren Drummer hat mit LA VENTURA eine neue Band am Start, die sich dem symphonischen Gothic Metal verschrieben. Klingt lahm? Wird lahmer, Frauengesang gibt’s nämlich auch. Innovativ wie 100 Meter Feldweg werden auch beim Songwriting keine neuen Ideen genutzt, sondern tausendmal gehörter Stoff recycelt. Das mag für Gelegenheits-Hörer in Ordnung sein, aber auch die dürften sich ab der Hälfe von „A New Beginning“ langweilen und die CD aus dem Player schmeißen, um WITHIN TEMPTATION oder NIGHTWISH anzumachen. LA VENTURA ist vertontes Mittelmaß, allerhöchstens.
NEW FOUND GLORY haben einiges durchgemacht in der letzten Zeit. Weg vom Major, mit INTERNATIONAL SUPERHEROES OF HARDCORE beweisen, dass sie ihre Wurzeln im HC und Punkrock haben, dann bei Epitaph gelandet und „Not Without A Fight“ geschrieben. Und wo führt der Weg hin, nach zwölf Jahren? Schwierig einzuschätzen nach den ersten beiden Songs, die zwar soliden poppigen Punkrock bieten, aber noch nicht an vergangene Zeiten anknüpfen können und eher wie ein Überbleibsel aus Sessions zum letzten schwachen Album klingen. „Listen To Your Friends“ ist dann der Weckruf, mit dem NEW FOUND GLORY Hoffnung machen: mitreißend, eingängig und dabei zwischen Harmlosigkeit und Punkrock pendelnd. Aber das war nicht anders zu erwarten und ist von der Zielgruppe nicht anders gewünscht, denn allen Tattoos, allen Edger-Xen und MADBALL-Shirts zum Trotz stehen NEW FOUND GLORY für Poppunk, der für HC-Typen meist zu süß ist und stattdessen auf die BLINK 182-Community abzielt. „I'll Never Love Again“ und „Such A Mess“ sind zwar etwas heftiger (da kommen die HC-Wurzeln mal durch), sonst regiert aber der poppige Kram. Den können NEW FOUND GLORY, das zeigen sie endlich wieder – fast so, als hätte der Weggang vom Major neue Energie freigesetzt, die sich in guten Songs ausdrückt. „Not Without A Fight“ ist nach zwei schwachen ersten Songs ein starkes Album geworden, mit dem NEW FOUND GLORY an vergangene Glanztaten anknüpfen können und ihre Fans vollauf zufrieden stellen werden.
BORN OF SIN waren mal mit LORD BELIAL unterwegs, haben sich davor und danach aber recht rar gemacht, gerade was Veröffentlichungen angeht. So ist „Imperfect Breed Of Humanity“ erst das (selbstironisch betitelte) DEübtalbum. Am Mikro ist mit Jerker Backelin einer der LORD BELIAL-Leute zu finden und auch Neuzugang Hjalmar Nielssen an der Gitarre hat schon mit den Brüdern gezockt. Da überrascht der schwarzmetallisch angehauchte Death Metal nicht, der in der guten halben Stunde zum Besten gegeben wird, NECROPHOBIC und die guten alten SACRAMENTUM lassen ebenfalls grüßen. Die zehn Songs sind knackig und böse, stellenweise sogar richtig gut, wie „Our Infamous God“ bestens beweist. Sonderlich originell ist das zwar nicht, dafür haben BORN OF SIN sich auf gutes Songwriting und eine ordentlich wütende Produktion konzentriert, was unter dem Strich eine ziemlich gute Death/ Black-Scheibe ergibt, die Fans skandinavisch-böser Tonkunst gefallen wird und keinen einzigen Ausfall zu verzeichnen hat.
Es mag so klischeehaft oder abgedroschen klingen wie es will, aber diese Hühnerfüße haben den amtlichen Hardrocksoundtrack für diesen Sommer geschrieben und zwar ohne jegliche Einschränkung. Diese elf Tracks dürften für alle VAN HALEN Fans eine wahre Genugtuung sein, denn so ein knackiges Album haben die beiden Van-Halen-Brüder Eddie und Alex schon seit der letzten akzeptablen Platte „For Unlawful Carnal Knowledge“ (1991) nicht mehr hinbekommen.
Diese Band nennt sich auch tatsächlich CHICKENFOOT und wer hat sich nicht für dieses gleichbetitelte Debüt an großen Namen zusammengefunden: Die beiden Ex-VAN HALEN Mitglieder Michael Anthony (Rhyth. Git.), Sammy Hagar (Vocals), Gitarrenvirtuose und Technikfreak gleichermaßen Joe Satriani und RED HOT CHILI PEPPERS Felldrescher Chad Smith - also eine lupenreines All-Star Line-Up. Im Gegensatz zu vielen der vermeintlich unfehlbaren Zusammenstellungen, ganz aktuell muss hier auch das ziemlich daneben gegangene ROSEWELL SIX Projekt im Progbereich dazu gezählt werden, schaffen es diese vier Herren locker und lässig einen vermeintlich oldschooligen Rockstil wieder neu zu beleben und mit frischem Leben zu versehen. Vor allem groovt die Mucke so richtig fett ohne Ende, bietet Spielfreude pur und mancht super Laune pur. Da lassen es Anthony und Smith einfach mal wo richtig krachen. Die Musik ist eine Mischung aus Stadionrock a la VAN HALEN wie u.a. bei „Oh Yeah“ (ohne Keyboards), ein wenig sleazy in Anlehnung an AEROSMITH („Soap On A Rope“), dem typischen Partyfeeling von Hagars Solowerken sowie anspruchsvollem Hardrock der Sonderklasse hervorgezaubert natürlich von Joe Satriani. Dieser Mann gehört zum besten was die Szene zu bieten hat, es gelingt ihm mit genial-coolen Solis in fast jedem Song zu zeigen, wie man geschickt seinen eigenen Stil mit fantastischen Leads absolut songdienlich einbringen kann. Was natürlich absolut passt sind geile Hooks („Sexy Little Thing“) mit schönen zweitstimmigen Chorussen a la Van Halen mit viel Ohrwurmgarantie wobei die sehr kraftvolle Röhre Hagars, in seinem breiten Ami-Englisch vorgetragen, einmal mehr überzeugt. Neben dem aufwühlenden „Avenida Revolution“, sind Groovemonster wie „Down The Drain“ ( da drückt und wummert sich die Rhythmusabteilung förmlich aus den Boxen) dabei, „My Kinda Girl“ ist die heimliche Hitsingle des Albums und hätte in den 80ern garantiert die Charts gestürmt und mit „Learning To Fall“ gibt es natürlich auch ein wenig Herzschmerz aber ohne faden Beigeschmack. Bei der leicht angefunkten Schlussnummer „Future Is The Past“ ist quasi das Motto für dieses klasse Platte noch erwähnt und man wünscht sich noch viele Alben mit solcher zeitloser Musik. Mensch, was hat die geplante Van-Halen-Inzuchtveranstaltung (mit den eigenen Söhnen) nur dazu gebracht sich nochmal mit DAVID LEE-ROTH einzulassen, der kann es für mich nicht mal annährend mit Sammy aufnehmen. Aber egal es gibt ja jetzt CHICKENFOOT und die machen einfach tollen 80er-Jahre-(Stadion) Hardrock. Nicht zu poliert wie BON JOVI & Co. sondern etwas erdiger, sehr mitreißend und lassen alle in diesem Jahr veröffentlichten Sachen wie die hochgelobten Nachwuchsstars THE ANSWER oder auch die auferstandenen GUNS N’ROSES locker hinter sich.
Die Herren spielen auf einigen Festivals im kommenden Sommer, leider nur einmal in Deutschland (Hamburg) aber wer kann, sollte sich CHICKENFOOT unbedingt mal live anschauen.
LONG DISTANCE CALLING legen mit “Avoid The Light” ihr Zweitwerk vor, dessen Titel angesichts des Wetters schwermütig macht, aber zum ebensolchen Einschlag der Songs passt. Die sind weiterhin rein instrumental, mit Ausnahme von „The Nearing Grave“, bei dem Jonas Renske (KATATONIA) am Mikro zu hören ist und für das Album-Highlight sorgt, so atmosphärisch dicht und bedrückend der Song ausgefallen ist. Zudem ist er auch vom Songwriting her der stimmigste des ganzen Albums – vielleicht sollten sich LONG DISTANCE CALLING mal an einem Nebenprojekt versuchen, das in die Richtung geht? Die fünf anderen Songs kommen ohne Gesang aus, lassen den aber auch zu keiner Sekunde vermissen – dafür sorgt die exzellente Gitarrenarbeit, die schon beim Opener „Apparitions“ Akzente setzt. Das überlange Stück ist ein echter Knaller und legt die Messlatte für die folgenden Songs hoch an. „Black Paper Plans“ folgt als zweiter Song und ist rockiger ausgefallen, kann aber das Level nicht ganz halten, erst „359“ kommt da dank schwermütig-dichter Atmosphäre wieder mit. „I Know You, Stanley Milgram!“ baut sich langsam auf, knackt den Hörer aber schlussendlich mit heftigem Rock, während das abschließende „Sundown Highway“ wie die logische Fortsetzung des Renske-Song (minus Gesang halt) wirkt und ein gelungener Abschluss einer guten Scheibe ist. LONG DISTANCE CALLING verstehen es, auch ohne Gesang einen Spannungsbogen aufzubauen, der den Hörer einen Mikroknaben gar nicht für nötig erachten lässt. Wer auf Instrumental-Sachen steht, sollte hier mal reinhören, genauso wie Freunde der diversen Postirgendwas-Sachen.
NARROWS haben bereits mit ihrer EP bewiesen, was für Potential in ihnen schlummert. Ist bei der Vorgeschichte der Beteiligten aber auch nicht überraschend, sind da doch u.a. BOTCH, THESE ARMS ARE SNAKES und UNBROKEN zu nennen. „New Distances“ legt mit „Chambered“ krachig-mitreißend los, da werden die HC/ Punk-Wurzeln der Beteiligten aufgezeigt, auch wenn die Riffs einen deutlichen Noise-Einschlag haben. NARROWS können aber mehr und greifen im Verlauf der Scheibe tief in die Trickkiste, um Postcore zu zelebrieren, wie es ihn in einer solchen Güteklasse viel zu selten gibt. Shouter Dave stellt alle Möchtegerns problemlos in den Schatten, das Gitarren-Duo haut eine irrwitzige Melodie, ein irrwitziges Riff nach dem anderen raus und die Rhythmusabteilung legt ein solides wie vielschichtiges Fundament. Und Songs schreiben können die Herren, dass dem geneigten Corler ganz anders wird – sei es erwähnter Opener oder das ohne Gesang auskommende „'A Restoration Effect“ (sehr sphärig), der Wutbrocken „I Give You Six Months“ oder das abschließende „Marquis Lights“, alles ist großartig. Schwer kategorisierbar wie THESE ARMS ARE SNAKES, wütend wie UNBROKEN und dazu sperrig, komplex, intensiv, fordernd ist „New Distances“ eine Offenbarung. Große Musik.