MAGNUM sind für viele Fans melodischen Hard Rocks noch immer das Maß aller Dinge – um so mehr, als man in 2004 mit „Brand New Morning“ (das zweite Album nach der Reunion) eine richtig starke Wiedergeburt erleben durfte und mit der 2007er-Scheibe „Princess Alice And The Broken Arrow“ für viel Furore sorgte. Nun gibt es mit „Into The Valley Of The Moonking” neuen Stoff der englischen Veteranen. Und das Album bietet genau jenes, auf was die Fans der Band schwören: melodisch hymnischen Rockmusik, wunderbar ausgereiftes Zusammenspiel von Keyboard und Gitarre (Mark Stanway und Tony Clarkin) und dazu Bob Catley’s unverwechselbar schöner Gesang. Auch klar das man sich nicht mit den Überfliegern der Anfangsjahre messen kann – wir haben 2009. Diese Scheibe braucht etwas bis man mit ihr warm wird – ein sofortiges „das isses“ (wie beim oben genannten Vorgänger) bietet „Into The Valley Of The Moonking” definitiv nicht. Und obwohl das Werk mit der Zeit viele gewohnt geniale Momente offenbart, scheinen MAGNUM darunter zu leiden mal wieder etwas die Handbremse angezogen zu haben – die irgendwie schon mal gehörten Ballade „A Face In The Crowd" und „Time To Cross That River" (dem Song hätte ein wenig mehr Härte gut getan) fallen darunter; und auch über den etwas ungewöhnlich Opener „Cry To Yourself“ (fast schon Pop mit Beatles-Bezug) kann man sicher streiten. Als einzelner Song durchaus gut, vermittelt er nicht gerade den besten Einstieg in das Album. Subjektiv gut dagegen der zwar einfach gestrickte aber recht flotte und eingängige Retro-Rocker „All My Bridges“, das als „Wings Of Heaven“-Hommage angelegte großartige Epos „The Moon King” und das sich dramatisch steigernde und emotionale „If I Ever Lose My Mind”. Das finale „Blood On Your Barbed Wire Thorns“ kommt dann mit gewollt / ungewollten AC/DC-Feeling daher und rockt gewaltig. Dazu ein Album-Cover mit detaillierten Querverweisen das einen ja fast schon zum Vinyl zwingt. Gut! Aber den überragenden Vorgänger, das beste MAGNUM-Werk seit den glorreichen 80er kann „Into The Valley Of The Moonking“ trotzdem nicht toppen. Dafür haben sich zwischendurch halt doch nicht ganz so zwingende Kompositionen eingeschlichen. Aber selbst so sind MAGNUM der Konkurrenz immer noch weit voraus und für Melodic-Rock-Freunde weiterhin unverzichtbar.
Japaner, die sich am englischen Idiom versuchen, sind meistens unfreiwillig witizg. Das gilt auch für Musiker, wir erinnern und an BALZAC oder BATHTUB SHITTER. MERRY umschiffen diese Klippe, indem sie einfach in ihrer Landessprache singen, was als Bonus einen mächtig exotischen Flair in den Krachmatensound bringt. Ganz dicht sind die Herren eh nicht, ist ja aber auch von Japanern nicht anders zu erwarten, und so ist „Under-World“ eine Mischung aus MR. BUNGLE, SYSTEM OF A DOWN, ELÄKELÄISET und Punk. Gleichermaßen eingängig wie sperrig, gleichermaßen poppig wie krachig-brutal, aber immer total bekloppt. Ganz so, als hätten sich die Herren nicht wirklich um Songwriting gekümmert, sondern im Studio einfach eingespielt, was ihnen in den Sinn kommt. Immerhin hören sie alle zur gleichen Zeit auf, ist doch schon mal ein Anfang. Spaß macht der Genuss von „Under-World“ auf jeden Fall, etwas Offenheit in Sachen Musik vorausgesetzt. Wer das hat, wird mit dieser Scheibe warm werden.
FIREBIRD-Kopf Bill Steer ist mit CARCASS anscheinend nicht voll ausgelastet und hat mit seinen zwei FIREBIRD-Mitstreitern eine neue Scheibe eingespielt, die mit einem zwischen langweilig und schlicht schwankenden Artwork veredelt wurde. Wie gehabt gibt es bei FIREBIRD 70er Jahre Rock, der charmant roh klingt und von Anfang bis Ende rockt, die Jungs hatten da wohl derbe Bock auf ein paar authentische Rocknummern. Manche Songs sind dabei eher ausladend, während „Jack The Lad“ knackig-kurz in zwei Minuten runtergerissen wird. Die Produktion ist recht leise ausgefallen, gerade die Instrumente sind zu oft zu weit im Hintergrund, was in wenig Durchschlagskraft resultiert. Jetzt sind FIREBIRD keine Band, die auf brutalen Sound setzt, aber etwas mehr Gitarenpower wäre trotzdem wünschenswert. Beim Songwriting zeigen sich Mr. Steer und Co. etwas limitierter als noch beim Vorgänger, viele der Songs ähneln sich und versprühen nicht so viel Charme wie von FIREBIRD gewohnt, was am Ende eine solide Platte ergibt, die aber im Vergleich zum Band-eigenen Katalog wie auch den Originalen aber weiter hinten anzusiedeln ist. „Grand Union“ ist ok, mehr aber auch nicht.
BURY YOUR DEAD waren bisher ein Garant für Metalcore – vielleicht nicht immer den persönlichen Geschmack treffend, aber mit ihrem Stil durchaus erfolgreich. „It’s Nothing Personal“ beginnt kraftvoll, inklusive feinem Wutbrockengesang. Aber nach 30 Sekunden gibt es die große Überraschung: cleane Vocals, die unterlegt sind mit Standard-Metal-Riffing. Was soll das sein? Scheinbar haben BURY YOUR DEAD die Nase voll vom bisher gefahrenen Kurs und sich eine neue Strecke gesucht. Klar, clean gesungene Passagen gab es vorher auch schon, aber das neue Album setzt sehr stark darauf, was zusammen mit den poppigen Refrainstrukturen und dem Metal-Riffing in Richtung New Metal geht, Core ist da nicht mehr viel drin. „Lakota“ ist in seiner Aggressivität und Kürze wohl noch ein Überbleibsel aus alten Zeiten, das belanglose „The Forgotten“ oder das peinliche Rocknümmerchen „Without You“ geben die Richtung vor – und die geht klar hin zum massenkompatiblen New Metal. Mehr SLIPKNOT als HATEBREED, mehr SEVENDUST als TERROR. Wenn die Band damit glücklich wird, ist das schön, aber alte Fans brauchen die Scheibe nicht, während die neue Zielgruppe angesichts der nur mittelmäßig spannenden Songs sicher nicht in Euphorie verfallen wird. Spannend bleibt immerhin die Frage, wohin der Weg BURY YOUR DEAD führen und wie erfolgreich sie mit „It’s Nothing Personal“ sein werden.
KICKBACK hatten Anfang der 90er einige coole Scheiben veröffentlicht, aber aus irgendeinem Grund nie den großen Durchbruch geschafft, wie das für Pioniere oft das Schicksal ist. Dabei haben sie mit metallischem Hardcore und einem krassen Image das vorweggenommen, was zehn Jahre später der große Trend wurde und bis heute ist. Nach einigen Jahren Pause sind die Franzosen wieder da und machen schnell klar, dass sie sich nicht verändert haben. „I hate you, motherfucker” am Ende von „The Audience Is The Target” ist da exemplarisch: KICKBACK sind fies, böse und gemein und haben kein bisschen Aggressivität eingebüßt. „No Surrender“ ist ein Wubrocken, der alten INTEGRITY oder MODERN LIFE IS WAR nichts nachsteht und HATEBREED wie eine Bande Schuljungen aussehen lässt. Der heisere Gesang passt perfekt und lässt Texte raus, die tiefschwarz den Zustand der Gesellschaft aufzeigen. KICKBACK sind nichts für die Hardcore-Blumenkinder, das war schon immer so und bleibt auch mit „No Surrender“ so. Wer dagegen mit verstörenden Texten und metallisch angehauchten Songs was anfangen kann, ist hier genau richtig.
Der Schotte Ricky Warwick ist nicht nur Gründer und Bandkopf von THE ALMIGHTY, sondern hat u.a. auch schon bei NEW MODEL ARMY und den STIFF LITTLE FINGERS Gitarre gespielt. Auf seinem neuen Solo-Album „Belfast Confetti“ bleibt die Stromgitarre aber im Koffer, und die Akustik-Klamfe wird ausgepackt. Zum Teil macht er das auch wirklich gut, so rockt direkt der Opener „Can’t Wait For Tomorrow“ trotz akustischer Instrumentierung mit Mundharmonika und leichtem Country-Einschlag vorzüglich. Und auch ein Song wie „Hank’s Blues“ kommt nicht zuletzt dank des angezerrten Gesangs schön dreckig rüber. Weniger toll sind einige Songs, die über einen gewissen Schnulz-Faktor verfügen, wie das von irischer Volksmusik beeinflusste „The Arms Of Belfast Town“ oder das getragene „Angel Of Guile“ mit seinem Violinenthema. Hier steuert Warwick direkt auf den Kitsch zu. Und dann gibt es auch noch einige Songs, die nicht wirklich schlecht sind, denen aber irgendetwas Charakteristisches abgeht und die daher nur so vor sich hindudeln. Unterm Strich kann man die Scheibe also kaum als besonders aufregend bezeichnen. Als angenehme Hintergrundmusik taugt sie aber bestens, und das ist ja schon mal besser als gar nichts.
BRAVE bringen zum Zehnjährigen eine Best-Of auf den Markt, die unter dem Titel „Lost In Retrospect“ 14 Tracks aus allen Schaffensphasen der Amis bietet. Im Mittelpunkt eines jeden Songs steht dabei Sängerin Michelle, die mit ihrer kraftvollen Stimme überzeugen kann und viele Passagen allein trägt und auf Elfengeträller zum Glück verzichtet, stattdessen verbreitet sie oft eine melancholische Stimmung. Da die Songs der Scheibe chronologisch geordnet sind, lassen sich die Fortschritte beim Songwriting leicht erkennen, die älteren Songs sind dabei mit stärkerem Gothic-Touch und simpler im Aufbau, während die neuen Sachen progressiver und poppiger sind. Das ist auch das große Manko der Scheibe, viele Songs sind eine Spur zu seicht und hätten von einer stärkeren Betonung der Gitarren in der Produktion profitiert. So sind BRAVE oftmals eher als ALANIS MORRISSETTE als an knackigen Rock erinnernd. Wer damit kein Problem hat und auf Frauengesang steht, kann mit der Best-Of nichts verkehrt machen.
Jedes Label kommt irgendwann an den Punkt, dass Bands unter Vertrag genommen werden, die sich vom restlichen Roster unterscheiden. Im Falle von Rise Above Records sind das ASTRA, die keinen fiesen Doom spielen, sondern im 70er verdrogten Progressive Rock hängen geblieben sind und ganz klar von THE DOORS und frühen BLACK SABBATH beeinflusst sind. Ausufernde Songs, die viele eingängige Melodien haben sind das ASTRA-Ding; zudem ist der Sänger vergleichbar mit dem jungen Ozzy. Die Rhythmusabteilung hält sich dabei dezent im Hintergrund und lässt den Gitarren und dem Sänger den Vortritt, ohne die eigene Rolle dabei zu entwerten. ASTRA klinge dabei zu jeder Zeit sehr sanft und harmonisch, auf zu abgedrehte Parts wurde bei aller Drogenaffinität verzichtet, was „The Weirding“ vielleicht unpassend betitelt, aber sehr gut hörbar macht. Cool ist dabei das 17 Minuten lange Instrumental „Ouroboros“, in dem ASTRA alle Register ziehen. Aber auch die anderen sieben Songs sind schöner Rock, mit dem sich entspannte Abende perfekt unterlegen lassen.
Die Holländer ASPHYX haben eine sehr bewegte Biografie vorzuweisen, mit zahlreichen Line Up-Wechseln, einer Auflösung, einer Umbenennung, noch einer Umbenennung und schließlich einer Reunion. Was sich insgesamt liest wie die Geschichte der italienischen Politik, ist nichts anderes als der Werdegang einer der besten Death Metal-Bands aller Zeiten, die nun endlich nach einem famosen Reunion-Gig auf dem 2007er „Party.San“-Festival auch ein neues Album am Start hat. Mit Martin Van Drunen am Mikro und Wannes Gubbels, Paul Baayens und Bob Bagchus an der Instrumentierung befinden sich zudem wieder einige altgediente ASPHYXianer in der Band, die „Death… The Brutal Way“ zum Triumphzug werden lassen. Man kann sich natürlich streiten, ob Stücke wie der unbändig nach vorne peitschende Opener „Scorbutics“, der brutale Titelsong, der Stampfer „Eisenbahnmörser“ oder das doomige „Cape Horn“ tatsächlich das Niveau früher Perlen von „The Rack“ oder „The Last One On Earth“ halten, aber kein einziger Fan der Band kann den Jungs vorwerfen, ein halbgares oder gar schwaches Comeback vorgelegt zu haben, im Gegenteil. Die Riffs ballern (nicht zuletzt dank des ultrafetten Mixes von Dan Swanö) genauso primitiv wie sägend und hoch wirksam aus den Boxen, die Breaks innerhalb der Songs sind erstklassig (wenn auch mitunter recht vorhersehbar und gleichförmig), und der gute Maddin bölkt wie in alten Zeiten und sogar noch etwas fieser. „Death… The Brutal Way“ ist eine hochklassige Scheibe und eine nahezu tadellose Wiederauferstehung einer Szene-Legende, die nur einen kleinen Schönheitsfehler offenbart: das vor einem Jahr veröffentlichte Debüt der teilweise aus ASPHYX-Recken bestehenden HAIL OF BULLETS ist noch eine Ecke stärker. Aber das Bessere war ja schon immer des (sehr) Guten Feind.
Mein lieber Scholly, hier handelt sich wohl um einen klaren Fall von Kreativitätsüberschuss, der skandinavischen Formation STONE LAKE hatten ja erst letztes Jahr eine Schiebe am Start (insgesamt ist dies bereits die vierte Scheibe seit 2005) und jetzt gibt es schon den Nachfolger "Shades Of Eternity". Die beiden Hauptprotagonisten hinter dieser Band, die beiden Musiker Jan Akesson (Gitarre, Keyboards) und Peter Grundström (Gesang) hatten mich damals mit "Uncharted Souls" jetzt zwar nicht unbedingt umgehauen aber eine durchaus hörenswerte Scheibe abgeliefer. Jetzt war schnell wieder tätig aber ich mein dies ging etwas zu Lasten der Qualität und außerdem ging mir die sehr enervierende hohe Eierschneiderstimme auf dem Vorgänger noch nicht so auf den Geist wie diesesmal. Es fehlt ihm deutlich an Volumen für diese Art Songs, blutleer und dünnen satt mitreißender Stimmgewalt. Die vielen Höhen sind gewöhnungsbedürftig und passen nicht immer zu diesem 80er Jahre geprägten Melodic Rock/Metal, der einfach zu wenig packende Momente bietet.
Auf „Shades Of Eternity" finden sich ansonsten nur wenig wirkliche Höhepunkte. Bereits der Titeltrack reißt mich nicht wirklich vom Hocker, sorry aber billig klingende Streicherkeyboards und dieses unsägliche Geziehe bei den Vocals, echt grausam. Auch das plakative „Raise Your Hands“ (nein leider kein BON JOV Cover) klingt so was von aufgesetzt mit diesen zu präsenten 80er Jahre Tastenwänden. Etwas packender kommt dann "End Of The World" mit leichtem Gothic Touch aber etwas weniger standardisiertem Songaufbau, bei dem schmissigen „Rescue You“ mit leichtem JOURNEY Dejavu bei den Gitarren merkt man dass sich der Sänger in mittleren bis tieferen Lagen deutlich besser fühlt bzw. anhört als bei dem Höhengequetsche. Wie gesagt man kämpft sich durch das oftmals sehr ähnlich klingende Material, wahre Spannungsmomente sucht man vergeblich, stellenweise ist dies einfach nur altbacken. Dazu paßt auch bestens die typische 80er Ballade „Treat Me Right“ (nur der wummernde Bass hält mich von der Skiptaste ab), hatten wir halt alles schon vor 20 Jahren, nur klang dies damals echt und nicht so aufgesetzt auf Retro gemacht wie hier. Von Jan Akesson der auch als Produzent recht erfolgreich war, hätte ich mir einen etwas erdigeren Sound für "Shades Of Eternity" gewünscht. De Hang zu US-geprägtem AOR mit vielen zwar bombastisch angelegten Parts ist unverkennbar nur meist zu seelenlos, wie am Reisbrett entwickelt. Einzig „Rage Of A Lion“ gegen Ende versöhnt mich noch etwas mit der schwachen Gesamtdarbietung. Gegenüber "Uncharted Souls" wirkt diese Scheibe jedenfalls irgendwie zu inspirationslos, dahingeschludert und nur wenig überzeugend. So als harmlose Hintergrundbeschallung geht es schon noch durch, mehr aber nicht. Schade eigentlich, auch wegen dem echt gelungenen Artwork.