Mit ihrem 2015er-Album „Inmazes“ haben die Dänen von VOLA aufhorchen lassen. Der Mix aus elektronischen Elementen, modernen Metal und Prog-Rock hatte innovative Züge und atmosphärische Tiefe. Dementsprechend sind die Erwartungen an den nun veröffentlichten Nachfolger „Applause Of A Distant Crowd“ recht hoch. Und wie zu erwarten war – wenn einfallsreiche Komponisten am Werk sind – haben sich VOLA nicht kopiert, sondern verändert. Das neue Werk wirkt mehr wie aus einem Guss, gleitet mehr dahin als dass es schroff bricht. Allerdings gehen dabei der Band die Metal-Einflüsse ab – nur „Smartfriend“ und das tolle „Whaler“ lassen es krachen – sondern man nimmt den Weg gen Pop und Alternative. Und das wirkt bei dem sphärischen „We Are Thin Air“ dem abwechslungsreichen „Alien Shivers“ oder dem coolen „Vertigo“ gekonnt und überzeugend, bei „Ghosts“ (etwas arg kitschig geraten, vor allem die Keyboards) oder „Still“ weniger. Anyway! „Applause Of A Distant Crowd“ ist ein Album das mit der Zeit wächst – dass aber auch seinen Vorgänger „Inmazes” nicht von der Spur holt. Ein schwieriger Spagat Richtung Mainstream den VOLA da eingehen und – das bleibt zu hoffen - der ihnen bei ihrem nächsten Werk wieder besser gelingt.
Nach ihrem Meisterwerk „The Mountain“ wagten sich die englischen Prog-Rock-Wunderkinder HAKEN mit dem nachfolgenden „Affinity“ teilweise in härtere Gefilde vor und verarbeiteten dort gleichzeitig ihre Vorliebe für 80er-Jahre-Sounds. Einige von diesen haben es auch auf ihr fünftes Studioalbum „Vector“ herübergeschafft, vor allem aber ist die musikalische Gesamtausrichtung heavier geworden. Trotzdem sind die HAKEN-Trademarks natürlich alle noch da: die vetrackten Rhythmen, die komplexen Songstrukturen, die epischen Refrains und die immer wieder wahnwitzigen Instrumental-Parts.
Nachzuhören ist das alles etwa in „Veil“, dem zwölfeinhalb Minuten langen Herzstück des Albums, das sich nach einem wilden Ritt und Verschnaufpause in der Mitte in ein groß angelegtes Finale hineinsteigert. Aber auch die übrigen Stücke stehen dem in nichts nach, nur werden die gewohnten Bestandteile hier in der Hälfte bzw. im Falle von „The Good Doctor“ sogar in einem Drittel der Zeit durchexerziert. Ja, man kennt die HAKEN-Formel eben doch so langsam, und man weiß mittlerweile, wozu diese überragenden Musiker fähig sind, deshalb lassen einen die neuen Stücke nicht mehr so ohne Weiteres mit offenem Mund dastehen. Passagen wie die elektronischen Sounds in „Puzzle Box“ klingen außerdem etwas bemüht nach Innovation. Hinzu kommt, dass die ganz großen Melodien, wie sie die Band auf „The Mountain“ nur so aus dem Ärmel zu schütteln schien, und wie sie auch auf „Affinity“ zumindest noch im Ansatz vorhanden waren, fehlen.
Wirklich aus dem Rahmen fällt lediglich das ruhige („Ballade“ möchte ich es irgendwie nicht nennen) „Host“ – und zwar durchaus wohltuend. Wunderbar, wie behutsam das Stück aufgebaut wird, wie Mini-Themen später wieder aufgegriffen werden, ohne dass sich ein Teil wirklich wiederholt, und gegen Ende alles immer dichter wird. Und hier gibt es dann auch endlich wieder mal fantastische Gesangslinien zu hören. Deutlicher als in den wilden Solo-Passagen zeigt sich in „Host“ die enorme Musikalität der Band. Gerne hätte ich auf diesem Album mehr davon gehabt.
Enttäuschend ist „Vector“ deswegen nicht, es erreicht einfach nicht ganz die Erwartungen, die man an diese Band seit „The Mountain“ stellt. Sicher ist es unfair und nervig, immer an dem einen großen Werk (nicht, dass HAKEN jemals ein schlechtes Album aufgenommen hätten) gemessen zu werden, aber damit müssen sie halt leben. Solange sie sich weiterhin auf einem trotzdem derart hohen Niveau bewegen, können sie das aber ziemlich sicher auch ohne Probleme.
Wer nur den Albumtitel liest, denkt unweigerlich an eine dieser "alternativen", pseudointellektuellen Gutmenschen-Hornbrillen-Bands, die ihre Schleimspuren in der nicht vorlesungsfreien Zeit über die Uni-Partys der Republik ziehen und allerhöchstens noch bei postrebellischen Bologna- und Pisa-Opfern einen bleibenden Eindruck in Form kultureller Credit Points hinterlassen. Doch darüber können MONOPHONIST aus Köln nur müde lächeln, denn das jazzig rockende Quartett sitzt nicht zwischen allen Stühlen, sondern liegt in musikalischer Hinsicht quasi unter dem Sofa. Den traditionellen Metallern dürften die Herren Sauerborn, Hartwig, Hölscher und Hoffmann mit ihren Saxophon-Einsätzen, Kontra- und Synthiebass-Orgien zu weit von der Basis entfernt sein, den traditionellen Jazzern jenseits des 70sten Lebensjahres (darunter gibt es keine!) jedoch zu brachial aufspielend und wenig standardfreundlich. Stellt Euch in etwa den musikalischen Anspruch von CYNIC oder FORCES AT WORK vor, gepaart mit der lyrischen Schrägheit von HONIGDIEB oder wahlweise OMA HANS, und Ihr habt ungefähr den Bruchteil eines Schimmers, was hier wirklich abgeht: "Glücklich ist das Kind - über das Eis in der Hand - wohnend in der Familienhölle - für 602000 Euro" (aus "Der Preis Der Freiheit") oder "In einer Zeit, in der mir das Bier nicht mehr schmeckt - lasse ich um mich schießen in meinem Gartenhaus - die Flak Richtung Schädeldecke, Fadenkreuz auf Objekt - sprengt die Schraubzwinge um meine Lunge" (aus "Des Trebers Abschied"), und das sind nur zwei Strophen, die aus dem sehr originell und ansehnlich aufgemachten Digipak-Booklet direkt ins Auge hüpfen. Mit "Der Grenzstein Ist Kein Schöner Anblick" haben die Jungs sogar eine waschechte Mitsing-Hymne kreiert, die man auch als initialen Anspieltipp empfehlen kann, in die schräge Welt von MONOPHONIST einzutauchen. "Über Die Freiheit Der Praktischen Unvernunft" ist ein äußerst originelles Stück Musik von einem Haufen Verrückter, das man eben auch nur Verrückten empfehlen kann. Diese dürfen sich hier gerne einen "Tipp" notieren, aber die große weite Welt ist wahrscheinlich noch nicht bereit für diesen saucoolen Irrsinn!
YES sind die Inkarnation jener 70er-Prog-Überväter die es bis ins Hier und Jetzt geschafft haben den Fans ihre zeitlos guten Kompositionen näherzubringen. Das YES dabei seit Anfang der 80er-Jahre mehr als Projekt denn als Band funktioniert - und Live wie auf Tonträger in unterschiedlichsten Besetzungen und unter verschiedenen Namen unterwegs ist - sei den Egos der genialen Musiker geschuldet. Zum 50. Geburtstag veröffentlicht nun die Firmierung YES featuring JON ANDERSON, TREVOR RABIN, RICK WAKEMAN – welche seit geraumer Zeit das Jubiläum als „#Yes50“-Tour begehen – eine im Jahr 2017 aufgezeichnete Show zum „50th Anniversary“. Unterstützt wurden die Meister von Lee Pomeroy am Bass und Lou Molino III am Schlagzeug – das es am kennzeichnenden Gesang von Jon Anderson sowie am Gitarrenspiel von Trevor Rabin und den Keyboards von Rick Wakeman nichts auszusetzten versteht sich von selbst. Dabei liefert man Live das zu erwartende Programm ab - welches sich kaum von den Setlists der vergangenen Jahre unterscheidet – von „Hold On“ und „I’ve Seen All Good People” über „Rhythm Of Love“ und „Heart Of The Sunrise“ bis zu „Roundabout“ ist alles vertreten was der „Best of“-Hörer braucht (ja – natürlich auch „Owner Of A Lonely Heart“).
Vom Sound her ist das alles erste Sahne, die Performance auf der Bühne dem ja eher anspruchsvollem Material angemessen. Jon und Trevor ist das Alter anzusehen – aber wie bereits oben erwähnt nicht anzuhören. Auch Rick hat seine Tasten voll im Griff – aber der Zahn der Zeit lässt einen bei seinem Auftritt hinter den Keys imd Synths schon nachdenklich werden. Schön auch noch der im Stil der 70er-Live-Konzerte optisch verfremdete Start des Konzertes. Bonusmaterial ist allerdings keines vorhanden.
MICHAEL ROMEO dürfte den Fans progressiven Metals als Gitarrist, Produzent und Songschreiber der genialen SYMPHONY X ein Begriff sein. Das der 50-jährige New Yorker mit Gastbeiträgen bei anderen Bands gerne gesehen wird hat man schon mitgekriegt – sein Soloschaffen ist da eher weniger präsent. Was wundert es? Steht da doch bisher nur eine einzige Scheibe aus dem Jahre 1994 auf der Liste („The Dark Chapter“).
Nun kommt mit „War Of The Worlds / Pt. 1“ die zweite Solo-CD die titeltechnisch schon mal eine Fortsetzung (zeitnah?) ankündigt. Und auf dessen zweiten Teil man sich durchaus freuen dürfte. ROMEO bleibt hier seinem Sound treu ohne alte Kompositionen zu kopieren – die eher überlangen Songs bewegen sich auf einem metalisch-progressiven Fundament das SYMPHIONY X heißt – basta! Aber auf einem Level das Spaß macht, viel Power hat und genügend Ideen zum enddecken bietet. Und so sind Songs wie das episch, harte „Black“, das mit elektronischen Experimenten durchsetzte „F*cking Robots“ oder auch die ausufernde Ballade „Believe“ alles andere als SYMPHONY X B-Ware – sondern klasse Kompositionen – gespielt und eingesungen von klasse Künstlern (Sänger Rick Castellano, Bassist John „JD” DeServio (BLACK LABEL SOCIETY) sowie John Macaluso (Yngwie Malmsteen, James LaBrie, ARK) am Schlagzeug. Wer die Mucke von SYMPHONY X zu schätzen weis – und damit das neo-klassische Gitarrenspiel und die Songideen von MICHAEL ROMEO – der macht mit „War Of The Worlds / Pt. 1“ nichts falsch.
Die britischen Prog-Zauberer HAKEN haben endlich den Ruf ihrer Fans erhört und ein Live-Album veröffentlicht. Doch nicht nur das, es gibt gleich eine Box mit 4 Silberlingen: zwei CDs und zwei DVDs. Die beiden CDs und die erste DVD enthalten den Mitschnitt eines Konzerts im Club Melkweg in Amsterdam von 2017, die zweite DVD bietet als Bonus vier weitere Live-Tracks, die beim Festival ProgPower USA 2016 aufgenommen wurden und drei Video-Clips. Da mir die DVDs nicht vorliegen, kann ich hier nur auf den Audioinhalt eingehen.
Der Schwerpunkt der Setlist lag auf den beiden letzten Alben der Band, „The Mountain“ und „Affinity“. Als Abschluss der ersten CD gibt es jedoch ein gut 20-minütiges Medley von Stücken ihres Debüt-Albums „Aquarius“ zu hören, und die Zugabe bildet der ebenfalls über 20-minütige Titeltrack des Albums „Visions“. Der Sound ist hervorragend, aber auch nicht zu glattgebügelt oder überproduziert, so dass sich hier echte Live-Atmosphäre einstellt. Ansonsten hätte das hier auch ein Studioalbum sein können, so perfekt performen diese herausragenden Musiker auf ihren Instrumenten. Und auch Ross Jennings liefert hier gesanglich eine unglaubliche Leistung ab.
Das ist eben gleichzeitig auch das Manko dieser Veröffentlichung: Bis auf das ansonsten unveröffentlichte „Aquarius“-Medley kann man sich mehr oder weniger auch die Studioalben anhören. (Und mal ehrlich: Wer mag schon Medleys?) Trotzdem macht es natürlich großen Spaß und ist es einfach beeindruckend, diesen Ausnahmemusikern unter Live-Bedingungen bei ihrem (Kunst-)Handwerk zuzuhören. Für die ganz großen Fans ist diese Box natürlich eh ein Muss.
Carl Palmer ist ja schon seit Jahren mit einer Art ELP-Tribute-Band unterwegs – oder besser gesagt mit seiner Ausprägung von EMRSON LAKE & PALMER. Dabei nutzt der Schlagzeuger durchaus unterschiedliche Firmierungen – das vorliegende Package aus CD und DVD wird dabei unter CARL PALMER’S ELP LEGACY veröffentlicht und trägt den Titel „Live“.
Das Besondere daran – hier werden die wichtigsten bzw. bekanntesten Stücke von ELP nicht einfach nachgespielt – sondern instrumental neu arrangiert dargebracht. Die einzelnen Songs (Tracklist siehe unten) kommen ohne Gesang und ohne die an sich stilprägenden Synthesizerklänge einen Keith Emerson daher. Das darbietende Trio serviert uns die Kompositionen in meist rockigen, zum Teil angejazzten Instrumentenstücke mit Gitarre (Paul Bielatowicz übernimmt hier elektrisch und akustisch den Synthie-Part), Bass (Simon Fitzpatrick) und Schlagzeug.
Der Kern der Veröffentlichung ist die DVD, welche am 24. Juni 2016 in Miami (Olympia Theatre) mitgeschnitten wurde. Das Ganze passierte nicht zu lange nach dem Tod von Keith Emerson (R.I.P. 10. März 2016) und trägt deswegen den Titel „Pictures At An Exhibition – A Tribute to Keith Emerson“. Dementsprechend war dies ein sehr gefühlsbetonter wie auch leidenschaftlicher Auftritt welches das Trio hier hinlegte; und welche die Audience zum andächtigen Hören der Details animierte. Als Gäste durfte man Mark Stein (Sänger und Keyboarder von VANILLA FUDGE), einen Damenchor („Jerusalem“) und die Gitarren-Legende Steve Hackett begrüßen, welcher hier allerdings zur Mundharmonika griff (bei „Fanfare For The Common Man“ - Gitarre hätte mir schon besser gefallen). Die ausgewählten, Stücke darf man als guten Querschnitt des ELP-Schaffens bezeichnen – hier sind es vor allem die halbstündigen „Pictures At An Exhibition” und „Fanfare For The Common Man” die immer wieder aufhorchen lassen. Und auch hier gibt es wieder die gewohnten Klassik-Ausflüge – diesmal sind es „Carmina Burans“ (Carl Orff), „Clair De Lune“ (von Claude Debussys) und „Romeo & Juliet“ (Ballett von Prokofjev). Der energetische Auftritt (insbesondere das Schlagzeugspiel) wird dabei immer wieder unterstützt von Tänzern (Ballett) und Filmsequenzen. Dass die DVD dabei den heutigen High-End-Standards von Bild und Ton nicht vollumfänglich genügt sollte dem musikalischen Wert nicht mindern – muss aber erwähnt werden. Eine kurze Dokumentation mit dem Titel „Behind The Scenes At The Tribute For Keith Emerson” ergänzt das Ganze dann noch.
Die CD ist kein bildloser Klon der DVD, sondern enthält Stücke welche zwei Jahre zuvor in New York in der Tralf Music Hall dargeboten wurden. Neben einigen Klassik–Parts („Ride Of The Valkyries“, „Toccata and Fugue in D Minor”, „Mars, The God Of War” – letzteres geht in den KING CRIMSON Klassiker „21st Century Schizoid Man” über) ist es hier vor allem die komplette Version des fast 15-minütigen ELP-Hits „Tarkus” die beim Fan von Interesse sein dürfte.
Ob man EMRSON LAKE & PALMER in der hier vorliegen Version von CARL PALMER’S ELP LEGACY auf Konserve braucht lasse ich mal dahingestellt sein – gewöhnungsbedürftig, trotz alle instrumentaler Klasse ist das Dargebotene allemal. Vergleiche mit den Originalen sollte man sich verkneifen. Live scheint Carl Palmer aber das Publikum nach anfänglicher Skepsis recht schnell in den Bann zu ziehen.
CD:
1. Rondeau Des Indes Galantes / Ride Of The Valkyries
2. Toccata and Fugue in D Minor
3. Mars, The God Of War / 21st Century Schizoid Man
4. Tarkus (Full Version)
5. America
6. Knife-Edge
7. Trilogy (Short Version)
DVD:
1. Introduction
2. Peter Gunn
3. Karn Evil 9 (Welcome Back My Friends)
4. The Barbarian
5. Bitches Crystal
6. Jerusalem
7. Romeo & Juliet
8. 21st Century Schizoid Man
9. Clair De Lune
10. Knife-Edge
11. Hoedown
12. Take A Pebble
13. Carmina Burana
14. Pictures At An Exhibition
15. Fanfare For The Common Man / Drum Solo
16. Nutrocker
Bonus:
17. Behind The Scenes At The Tribute For Keith Emerson
SYRINX CALL stehen für eine Melange aus ruhigem Artrock und Pop, mit der Blockflöte (statt Gitarre) als zentralem Instrument. Die meist akustischen Stücke setzten dabei vor allem auf Atmosphäre und viel einschmeichelnde Melodien. Das nach der 2015er Veröffentlichung von „Wind In The Woods“ zweite Album „The Moon On The Stick“ besticht durch sphärische, warme und überwiegend milde Kompositionen. Maestro des Ganzen ist der Mann mit der Flöte – Volker Kuinke; dem einen oder anderen vielleicht bekannt als Mitwirkender bei ELOY, ISGAARD, SINGLE CELLED ORGANISM oder MIND OVER MATTER. Jens Lueck als Produzent (SYLVAN) und Songschreiber steuerte einen Teil der anderen Instrumente bei (u.a. Keyboard und Schlagzeug) und verwirklichte Ideen mit Streichorchester und Gitarrenparts; die Flöten (Sopran-, Alt-, Tenor-, Bass- oder gar Großbassflöte) erzeugen zwar im ersten Moment meist eine Folk-Assoziation, überzeugen aber im songdienlichen Kontext und spannen den Bogen zum sanften Artrock. Dazu noch Sängerin Isgaard, welche sich bei drei Songs durch ihren elfenhaften Gesang auszeichnet. „The Moon On The Stick“ funktioniert so am besten in Momenten, in denen man die Seele baumeln lassen möchte, in denen man sich fürs Tagträumen öffnet. Wer sich als Schwerpunkt mal an die Ambient-Seite von ELOY oder auch PINK FLOYD traut, dürfte bei SYRINX CALL durchaus fündig werden.
Es ist ja durchaus kein Geheimnis das Arjen Anthony Lucassen sich nicht gerade für Live-Auftritte begeistert. Umso erfreuter war die Szene als der Meister im Anschluss an die Veröffentlichung seines letzten AYREON-Meisterwerkes „The Source“ bekannt gab, sich mit illustren Gästen für drei Tage in Tilburg Live auf die Bühne (vor jeweils ausverkauftem Haus) zu stellen. Die Vorbereitung dazu liefen damals schon fast 2 Jahre; und (typisch für Lucassen) entsprechend perfekt war die Inszenierung vor 30 Kameras, einer riesigen HD-Wand und einer perfekten Sound-, Misch-, und Aufnahmeanlagen.
Geboten wurde in etwas mehr als zwei Stunden Songs aus allen AYREON-Alben – vom 1995-Debüt „The Final Experiment“, über das unsterblich „The Electric Castle“, die unvergesslichen „Universal Migrator“-Alben, über „01011001“ bis um aktuellen Output „The Source“. Als Titel wählte man passend „Ayreon Universe – Best Of Ayreon Live“ – deren 2-CD-Variante hier vorliegt.
Musikalisch war es dann ein Treffen alter Bekannter aus dem AYREON-Universum – ich möchte da einfach mal die Labelinfo bemühen: Floor Jansen und Marco Hietala (Nightwish), Damian Wilson (Threshold), Hansi Kürsch (Blind Guardian), Tommy Karevik (Kamelot), Anneke van Giersbergen (The Gentle Storm), Jonas Renkse (Katatonia), Mike Mills (Toehider), Marcela Bovio (Stream of Passion), Irene Jansen und Jay van Feggelen (Ayreon), Robert Soeterboek (Star One), John Jaycee Cuijpers (Praying Mantis), Edward Reekers (Kayak), Maggy Luyten (Nightmare) und Lisette van den Berg (Scarlet Stories). Die Band setzte sich neben Lucassen selbst aus Ed Warby (Drums), Johan van Stratum (Bass), Marcel Coenen (Leadgitarre), Ferry Duijsens (Gitarre) und Joost van den Broek (Keyboards) zusammen, hinzu kamen noch Ben Mathot (Geige), Jeroen Goossens (Flöte, Holzbläser) sowie Maaike Peterse (Cello). Dabei sind die Live-Aufnahmen auf „Ayreon Universe – Best Of Ayreon Live“ so wertig, dass man die instrumentalen Nuancen und die unterschiedlichen Stimmen am Mikro (Solo und im Chor) wunderbar differenziert hören kann.
Zu der Qualität der Kompositionen und den perfekten Arrangements braucht man hier eh‘ kein Wort zu verlieren. Meinereiner weis gar nicht wo anzufangen wäre mit der Beweihräucherung der einzelnen Songs. Anspieltipps? Ja an sich alles. So sei nur erwähnt dass ich (unter anderem) bei „Abbey Of Synn“, „The Two Gates“, „Everybody Dies“, „Amazing Flight In Space” und dem gigantische Abschluss in Form des STAR ONE Hits „The Eye Of Ra“ Gänsehautmomente hatte.
Wer sich mal mit dem AYREON-Universum erstmalig beschäftigen möchte, findet hier einen tollen, empfehlenswerten Einstieg – und alteingesessene Fans finden viele Lieblingssongs in einer mehr oder minder geänderten Live-Fassung. Klasse Mitschnitt, ein hochwertiges und kurzweilies Vergnügen ohne Längen – jetzt brauche ich nur noch die BluRay um das Ganze auch mal in der visuellen Umsetzung bewerten und genießen zu können.
Jetzt sind wir mit GROBSCHNITT also endlich in den 80er angekommen - zur Vervollständigung der „Black & White“-LP-Reihe gibt es die drei Alben „Volle Molle“ (1980), „Illegal“ (1981) und „Razzia“ (1982) in hochwertigem Vinyl mit einigen Extras. Wie schon bei den Vorgänger-Releases haben die drei GROBSCHNITT -Gründer Eroc, Lupo und Willi Wildschwein sich dem Ganzen angenommen und die über 35 Jahre alten Originale kräftig aufgewertet. Die Alben erscheinen allesamt im Gatefold mit gefütterter Innenhülle als Doppel-LP (ein Vinyl „black“, ein Vinyl „white“); mit Original-Artwork und zusätzlichen Fotos, sowie ausgestattet mit einem mehrseitigen Inlay (Linernotes, Fotos, Songtexte) - dazu noch ein Download-Code. Dass die Alben dabei auch tonmäßig in die Neuzeit transferiert wurden (Stand 2015) versteht sich dabei von selbst.
Den Anfang machte 1980 das Live-Album „Volle Molle“ welches es natürlich mit dem 2 Jahre zuvor erschienenen Überflieger-Mitschnitt „Solar Music Live“ aufnehmen musste – und dabei deutlich den Kürzeren zog. Zwar gibt es mit der Live-Version von „Rockpommel's Land“ (einfach innovativen, improvisierter Prog pur) und auch das seltene Stück „Snowflakes“ sowie das semiakustische „Waldeslied“ können in dieser Ausprägung überzeugen. Auch aufnahmetechnisch war hier alles Bestens. Der Rest des Albums erscheint hier aber eher als Beiwerk (ohne das Grobschnitt Live je nicht gut waren) – und auch die Live-Sketche und Aufführungen die ja Bestandteil eines jeden GROBSCHNITT Auftrittes waren kommen auf Platte einfach nur mäßig rüber – einschließlich dem Faktor der Vergangenheit. Beim Bonusmaterial auf Vinyl Nummer zwei ist es die Kölner Version von „Solar Music“ (hier nun als „Power Play“) die man fast schon haben muss.
„Illegal“ aus dem Jahre 1981 setzt den auf dem 1979 erschienene Vorgänger „Merry-Go-Round“ eingeschlagenen Weg fort. GROBSCHNITT bleiben bei kürzeren Songs und weniger Experimenten als zu ihren Anfängen. Die NDW ist zwar noch etwas weg, aber die Tendenzen der deutschen Musiklandschaft lassen sich auch auf „Illegal“ erahnen. Und auch wenn Mancheiner hier schon „Ausverkauf“ witterte – „Illegal“ ist ein bockstarkes Album mit klasse Prog- und Rocksongs (letzteres kam vor allem durch Lupos verstärktes Riff-Spiel) – wie zum Beispiel die letzten beiden Minuten des Titeltracks „Illegal“ formidabler Gitarrenrock und Prog vom Besten darstellen – Suchtgefahr. Textlich gab es eine Mischung aus deutschen und vor allem englischen Lyrics – sowie zwei Instrumentalstücke (wobei das melancholische „Silent Movie“ als Hit zu bezeichnen wäre). Der sich melodisch ins Ohr brennende Opener „The Sniffer“ und das mit internationaler Songwriter-Klasse daherkommende „Mary Green“ seien da mal anempfohlen. Die abschließende Ballade „Raintime“ braucht ggf. einen Durchlauf mehr – ist aber auch ganz groß. Auf dem Bonusvinyl gibt es die gewohnt guten Livemitschnitte einer Der Live-Bands der Anfang-80er die zu „ILLEGAL“ eine der damals erfolgreichsten Touren durch Deutschland bestritten. Im Vergleich zu früheren Re-Releases wurden hier auch Änderungen vorgenommen – nachbearbeitet wurde aber nichts.
1982 folgte mit „Razzia“ das erste Album das durch die aufkommenden NDW beeinflusst war und manch Altvorderen unter den GROBSCHNITT-Fans sauer aufstieß. Es war auch das erste Album das ausschließlich mit deutschen Texten aufwartete („Jumbo“ war ja an sich zweisprachig). Dazu waren die Keyboards nun ganz verschwunden, Gitarre und härtere (wenn auch eigene) Töne dominierten; der Zeitgeist schlug voll durch. Ein Song wie „Schweine Im Weltall“ oder das viel zu einfach gestrickte „Wir wollen leben“ hört sich für mich nicht nach GROBSCHNITT an – der Titeltrack „Razzia“ oder das Deutschrockstück „Remscheid“ retten was von dem, was die Band und das Lebensgefühl von GROBSCHNITT ausmacht. Und obwohl die Band das bis heute anders sieht, dürfte „Razzia“ das widersprüchlichste Album der Herren aus Hagen sein – und auch den Fan recht zwiespältig zurücklassen. Mit „Sweetwater River“ hat auf das Vinyl dann noch ein Instrumentalstück geschafft, das an sich wohl schon auf dem Original sein sollte, es aber nun nach Jahren zumindest auf dieses Vinyl geschafft hat. Die Livemitschnitte auf LP 2 wirken da schon fast wieder ein Besinnung auf ihre Stärken und geben dem Erwerb des „Razzia“-Re-Releases im GROBSCHNITT-Kontext wieder Sinn.