SYRINX CALL stehen für eine Melange aus ruhigem Artrock und Pop, mit der Blockflöte (statt Gitarre) als zentralem Instrument. Die meist akustischen Stücke setzten dabei vor allem auf Atmosphäre und viel einschmeichelnde Melodien. Das nach der 2015er Veröffentlichung von „Wind In The Woods“ zweite Album „The Moon On The Stick“ besticht durch sphärische, warme und überwiegend milde Kompositionen. Maestro des Ganzen ist der Mann mit der Flöte – Volker Kuinke; dem einen oder anderen vielleicht bekannt als Mitwirkender bei ELOY, ISGAARD, SINGLE CELLED ORGANISM oder MIND OVER MATTER. Jens Lueck als Produzent (SYLVAN) und Songschreiber steuerte einen Teil der anderen Instrumente bei (u.a. Keyboard und Schlagzeug) und verwirklichte Ideen mit Streichorchester und Gitarrenparts; die Flöten (Sopran-, Alt-, Tenor-, Bass- oder gar Großbassflöte) erzeugen zwar im ersten Moment meist eine Folk-Assoziation, überzeugen aber im songdienlichen Kontext und spannen den Bogen zum sanften Artrock. Dazu noch Sängerin Isgaard, welche sich bei drei Songs durch ihren elfenhaften Gesang auszeichnet. „The Moon On The Stick“ funktioniert so am besten in Momenten, in denen man die Seele baumeln lassen möchte, in denen man sich fürs Tagträumen öffnet. Wer sich als Schwerpunkt mal an die Ambient-Seite von ELOY oder auch PINK FLOYD traut, dürfte bei SYRINX CALL durchaus fündig werden.
Es ist ja durchaus kein Geheimnis das Arjen Anthony Lucassen sich nicht gerade für Live-Auftritte begeistert. Umso erfreuter war die Szene als der Meister im Anschluss an die Veröffentlichung seines letzten AYREON-Meisterwerkes „The Source“ bekannt gab, sich mit illustren Gästen für drei Tage in Tilburg Live auf die Bühne (vor jeweils ausverkauftem Haus) zu stellen. Die Vorbereitung dazu liefen damals schon fast 2 Jahre; und (typisch für Lucassen) entsprechend perfekt war die Inszenierung vor 30 Kameras, einer riesigen HD-Wand und einer perfekten Sound-, Misch-, und Aufnahmeanlagen.
Geboten wurde in etwas mehr als zwei Stunden Songs aus allen AYREON-Alben – vom 1995-Debüt „The Final Experiment“, über das unsterblich „The Electric Castle“, die unvergesslichen „Universal Migrator“-Alben, über „01011001“ bis um aktuellen Output „The Source“. Als Titel wählte man passend „Ayreon Universe – Best Of Ayreon Live“ – deren 2-CD-Variante hier vorliegt.
Musikalisch war es dann ein Treffen alter Bekannter aus dem AYREON-Universum – ich möchte da einfach mal die Labelinfo bemühen: Floor Jansen und Marco Hietala (Nightwish), Damian Wilson (Threshold), Hansi Kürsch (Blind Guardian), Tommy Karevik (Kamelot), Anneke van Giersbergen (The Gentle Storm), Jonas Renkse (Katatonia), Mike Mills (Toehider), Marcela Bovio (Stream of Passion), Irene Jansen und Jay van Feggelen (Ayreon), Robert Soeterboek (Star One), John Jaycee Cuijpers (Praying Mantis), Edward Reekers (Kayak), Maggy Luyten (Nightmare) und Lisette van den Berg (Scarlet Stories). Die Band setzte sich neben Lucassen selbst aus Ed Warby (Drums), Johan van Stratum (Bass), Marcel Coenen (Leadgitarre), Ferry Duijsens (Gitarre) und Joost van den Broek (Keyboards) zusammen, hinzu kamen noch Ben Mathot (Geige), Jeroen Goossens (Flöte, Holzbläser) sowie Maaike Peterse (Cello). Dabei sind die Live-Aufnahmen auf „Ayreon Universe – Best Of Ayreon Live“ so wertig, dass man die instrumentalen Nuancen und die unterschiedlichen Stimmen am Mikro (Solo und im Chor) wunderbar differenziert hören kann.
Zu der Qualität der Kompositionen und den perfekten Arrangements braucht man hier eh‘ kein Wort zu verlieren. Meinereiner weis gar nicht wo anzufangen wäre mit der Beweihräucherung der einzelnen Songs. Anspieltipps? Ja an sich alles. So sei nur erwähnt dass ich (unter anderem) bei „Abbey Of Synn“, „The Two Gates“, „Everybody Dies“, „Amazing Flight In Space” und dem gigantische Abschluss in Form des STAR ONE Hits „The Eye Of Ra“ Gänsehautmomente hatte.
Wer sich mal mit dem AYREON-Universum erstmalig beschäftigen möchte, findet hier einen tollen, empfehlenswerten Einstieg – und alteingesessene Fans finden viele Lieblingssongs in einer mehr oder minder geänderten Live-Fassung. Klasse Mitschnitt, ein hochwertiges und kurzweilies Vergnügen ohne Längen – jetzt brauche ich nur noch die BluRay um das Ganze auch mal in der visuellen Umsetzung bewerten und genießen zu können.
Jetzt sind wir mit GROBSCHNITT also endlich in den 80er angekommen - zur Vervollständigung der „Black & White“-LP-Reihe gibt es die drei Alben „Volle Molle“ (1980), „Illegal“ (1981) und „Razzia“ (1982) in hochwertigem Vinyl mit einigen Extras. Wie schon bei den Vorgänger-Releases haben die drei GROBSCHNITT -Gründer Eroc, Lupo und Willi Wildschwein sich dem Ganzen angenommen und die über 35 Jahre alten Originale kräftig aufgewertet. Die Alben erscheinen allesamt im Gatefold mit gefütterter Innenhülle als Doppel-LP (ein Vinyl „black“, ein Vinyl „white“); mit Original-Artwork und zusätzlichen Fotos, sowie ausgestattet mit einem mehrseitigen Inlay (Linernotes, Fotos, Songtexte) - dazu noch ein Download-Code. Dass die Alben dabei auch tonmäßig in die Neuzeit transferiert wurden (Stand 2015) versteht sich dabei von selbst.
Den Anfang machte 1980 das Live-Album „Volle Molle“ welches es natürlich mit dem 2 Jahre zuvor erschienenen Überflieger-Mitschnitt „Solar Music Live“ aufnehmen musste – und dabei deutlich den Kürzeren zog. Zwar gibt es mit der Live-Version von „Rockpommel's Land“ (einfach innovativen, improvisierter Prog pur) und auch das seltene Stück „Snowflakes“ sowie das semiakustische „Waldeslied“ können in dieser Ausprägung überzeugen. Auch aufnahmetechnisch war hier alles Bestens. Der Rest des Albums erscheint hier aber eher als Beiwerk (ohne das Grobschnitt Live je nicht gut waren) – und auch die Live-Sketche und Aufführungen die ja Bestandteil eines jeden GROBSCHNITT Auftrittes waren kommen auf Platte einfach nur mäßig rüber – einschließlich dem Faktor der Vergangenheit. Beim Bonusmaterial auf Vinyl Nummer zwei ist es die Kölner Version von „Solar Music“ (hier nun als „Power Play“) die man fast schon haben muss.
„Illegal“ aus dem Jahre 1981 setzt den auf dem 1979 erschienene Vorgänger „Merry-Go-Round“ eingeschlagenen Weg fort. GROBSCHNITT bleiben bei kürzeren Songs und weniger Experimenten als zu ihren Anfängen. Die NDW ist zwar noch etwas weg, aber die Tendenzen der deutschen Musiklandschaft lassen sich auch auf „Illegal“ erahnen. Und auch wenn Mancheiner hier schon „Ausverkauf“ witterte – „Illegal“ ist ein bockstarkes Album mit klasse Prog- und Rocksongs (letzteres kam vor allem durch Lupos verstärktes Riff-Spiel) – wie zum Beispiel die letzten beiden Minuten des Titeltracks „Illegal“ formidabler Gitarrenrock und Prog vom Besten darstellen – Suchtgefahr. Textlich gab es eine Mischung aus deutschen und vor allem englischen Lyrics – sowie zwei Instrumentalstücke (wobei das melancholische „Silent Movie“ als Hit zu bezeichnen wäre). Der sich melodisch ins Ohr brennende Opener „The Sniffer“ und das mit internationaler Songwriter-Klasse daherkommende „Mary Green“ seien da mal anempfohlen. Die abschließende Ballade „Raintime“ braucht ggf. einen Durchlauf mehr – ist aber auch ganz groß. Auf dem Bonusvinyl gibt es die gewohnt guten Livemitschnitte einer Der Live-Bands der Anfang-80er die zu „ILLEGAL“ eine der damals erfolgreichsten Touren durch Deutschland bestritten. Im Vergleich zu früheren Re-Releases wurden hier auch Änderungen vorgenommen – nachbearbeitet wurde aber nichts.
1982 folgte mit „Razzia“ das erste Album das durch die aufkommenden NDW beeinflusst war und manch Altvorderen unter den GROBSCHNITT-Fans sauer aufstieß. Es war auch das erste Album das ausschließlich mit deutschen Texten aufwartete („Jumbo“ war ja an sich zweisprachig). Dazu waren die Keyboards nun ganz verschwunden, Gitarre und härtere (wenn auch eigene) Töne dominierten; der Zeitgeist schlug voll durch. Ein Song wie „Schweine Im Weltall“ oder das viel zu einfach gestrickte „Wir wollen leben“ hört sich für mich nicht nach GROBSCHNITT an – der Titeltrack „Razzia“ oder das Deutschrockstück „Remscheid“ retten was von dem, was die Band und das Lebensgefühl von GROBSCHNITT ausmacht. Und obwohl die Band das bis heute anders sieht, dürfte „Razzia“ das widersprüchlichste Album der Herren aus Hagen sein – und auch den Fan recht zwiespältig zurücklassen. Mit „Sweetwater River“ hat auf das Vinyl dann noch ein Instrumentalstück geschafft, das an sich wohl schon auf dem Original sein sollte, es aber nun nach Jahren zumindest auf dieses Vinyl geschafft hat. Die Livemitschnitte auf LP 2 wirken da schon fast wieder ein Besinnung auf ihre Stärken und geben dem Erwerb des „Razzia“-Re-Releases im GROBSCHNITT-Kontext wieder Sinn.
Wer auf innovativen Art-Rock steht und sich im Bereich Pop und Prog musikgeschichtlich bewandert fühlt kommt am 1972er selbstbetitelten Debüt von ROXY MUSIC kaum vorbei. Das kongeniale Duo Bryan Ferry (mit seinem unverwechselbaren Staccato-Gesang) und dem experimentierfreudigen Brian Eno an den Tasten gelang zusammen mit Andy Mackay (Saxophone, Oboe), Phil Manzanera (Gitarre) und Paul Thompson (Schlagzeug) ein Album voller neuer Ideen und Sounds. ROXY MUSIC waren in dieser Zusammensetzung – Brian Eno war ja nur die ersten beiden Alben mit an Bord – noch keine anspruchsvolle, auf Erfolg gegtrimmte Popband. ROXY MUSIC 1972 waren bombastischer, vom Glam-Rock und Psychedelic inspirierter Artrock – an sich eine Vorstufe zum Prog-Pop, welche Parts des New Wave vorwegnahm. Vor allem aber waren sie neu, innovativ und aufregend – und das war in den untriebigen Zeiten Anfang der 70er gar nicht so einfach.
Der eröffnende Song „Re-Make/Re-Model“ wirkt dabei gar ein wenig punkig und läßt Ferry seinen aufregend-unruhigen Gesang in den Vordergrund rücken. Natürlich dürfte die Hitsingle „Virginia Plain“ für den unbewanderten Hörer das bekannteste Stück des ROXY MUSIC-Debüts sein. Obwohl auch diese Song durch ungewöhnlichen Arrangements und Strukturen auffällt und keinen benannten Refrain aufweist schaffte es bis auf Platz 4 der UK-Charts. Weitere, einzelne Songs hervorzuheben verbietet sich an sich, da „Roxy Music“ ein atmosphärisches Konglomerat verschiedenster Einflüsse und Stilmittel darstellt. Man experimentiert mit Tönen und Instrumenten, Eno läßt seinen Synths freien Lauf – Ferry seinem extrovertierten Gesang ebenso. Zappelig, ja gehetzt klingt manches – ja fast schon atonal – aber ROXY MUSIC ziehen einen dabei in ihren Bann. Die Vielfalt ist hier also Programm – das eher ruhige, dunkel-eingängige „2 HB“ kontrastiert hier zum Beispiel per Excellance das indie-rockige „The Bob (Medley)". Ein Album das man entdecken muss.
Das vorliegende Album „Roxy Music – The Debut 45th Anniversary” enthält in der Doppel-CD-Ausgabe den US-Release der Scheibe mit dem Überhit „Virginia Plain“ in der 1999 von Bob Ludwig remasterten und digital optimierten Version; sowie als Dreingabe noch vier „BBC Sessions“ aus dem Jahre 1973. Weitere Versionen – darunter eine Vinyl-Variante – dürfen da natürlich nicht fehlen. Aber wie bereits eingangs erwähnt: Wer auf innovativen Art-Rock steht und sich im Bereich Pop und Prog musikgeschichtlich bewandert fühlt kommt am 1972er-Debüt von ROXY MUSIC kaum vorbei.
2-DISC / DIGITAL DELUXE EDITION TRACKLISTING
DISC ONE: THE ALBUM
Re-Make/Re-Model (5.14)
Ladytron (4.28)
If There Is Something (6.34)
Virginia Plain (2.57)
2 HB (4.31)
The BOB (Medley) (5.49)
Chance Meeting (3.10)
Would You Believe? (4.03)
Sea Breezes (7.04)
Bitters End (2.08)
DISC TWO: THE BBC SESSIONS
THE PEEL SESSIONS 4/1/72
If There Is Something (6.38)
The BOB (Medley) (5.50)
Would You Believe? (3.48)
Sea Breezes (8.18)
Re-Make/Re-Model (4.58)
THE PEEL SESSIONS 25/5/72
2 HB (3.46)
Ladytron (6.14)
Chance Meeting (3.01)
THE PEEL SESSIONS 25/5/72
Virginia Plain (4.03)
If There Is Something (12.15)
Nun gibt es also kurz vor Weihnachten den zweiten Teil des GROBSCHNITT Back-Katalog als Vinyl - „Jumbo" (englisch, 1975), „Rockpommel´s Land" (1977), „Solar Music Live" (1978) und „Merry-Go-Round" (1979) – wie gehabt in der BLACK & WHITE“-Serie. Das heißt hochwertiger Aufmachung mit Gatefold-Format (unter Verwendung des originalen Artworks). Zu den jeweils zwei 180g Vinyl (1 schwarz, 1 x) kommen jeweils zwei 4-seitige Booklets im LP-Format mit Texten, Bildern, Liner Notes, usw., sowie ein Downloadvoucher für alle Songs. „Rockpommel`s Land“ und „Merry-Go-Round“ enthalten zusätzlich einen farbigen Kunstdruck in LP-Größe. Dabei wurden die Aufnahmen von den drei GROBSCHNITT-Gründern Eroc, Lupo und Willi Wildschwein in 2015 neu remastert.
„Jumbo“ war jenes Album das GROBSCHNITT in zwei Sprachen veröffentlichte. 1976 die deutschsprachige Version, ein Jahr davor in 1975 kam „Jumbo“ mit englischen Lyrics auf den Markt. Musikalisch war der Unterschied zwischen den beiden Versionen marginal. Wobei GROBSCHNITT sich mit der englischen Version mal wieder dem Vergleich zur internationalen Konkurrenz stellten – und mit ihrem symphonischen progressiven Rock hier verdammt gut abschnitten. „Jumbo“ gilt nicht zu Unrecht als eines der besten Alben der Band und Songs wie „The Excursion Of Father Smith“, „Dream And Reality“ und „Sunny Sunday's Sunset“ als zeitlose Prog-Klassiker.
Mit der Veröffentlichung von „Rockpommel´s Land" dürften GROBSCHNITT 1977 dann wohl ihren künstlerischen Höhepunkt erreicht haben (den Dauerbrenner „Solar Music“ mal außen vor gelassen). Das Album ging mehr in Richtung der britischen Prog-Marktführer jener Jahre wie YES und GENESIS ohne die eigenen Trademarks komplett zu vernachlässigen. Das Konzeptalbum handelt vom verträumten Ernie und seinem Fantasie-Vogel Maraboo, einer Stadt in der fast alles verboten war (einschließlich das Lachen), die Suche nach Widerstand und guten Geistern (Rockpommel’s Land) und die Befreiung jener Stadt von ihren bösen Kräften. Das Ganze wurde dabei in eher ruhigeren, melodischen und sehr ausgeglichenen Instrumentalpassagen sowie harmonischem Gesang umgesetzt. Das Album sollte der geneigte Art-, Prog- und Krautrockfan kennen; ein Album zum verträumen, ein Album an dem die Zeit spurlos vorüber gegangen zu sein scheint.
1978 erschien dann „Solar Music Live" - mitgeschnitten wurde das Album damals im Rahmen der Tour zu „Rockpommel´s Land" und dokumentiert auf äußerst gelungen Weise all das, was GROBSCHNITT Live ausmachte, und was GROBSCHNITT an sich ausmachte. Keine Kopie der großen englischen Prog-Bands, sondern eine innovative Mischung verschiedener Stile (Progressiv Rock, Krautrock, Space Rock, Psychedelic), allseits sehr harmonisch, auch ohne Gesang (oder gerade deswegen) ein Hörerlebnis. Eroc, Lupo & Co. waren zu der damaligen Zeit sicherlich die deutsche Band die melodische Spannungsbögen mit atmosphärischen Parts, Gitarrensoli mit überragendem Keyboard am besten vermengte – und das Live gelungen variierte und improvisierte. „Solar Music Live" ist hierfür ein richtiges Zeitzeugnis der deutschen Musikgeschichte. Wer nur CD’s gewöhnt ist, darf sich über einen nostalgischen Moment freuen wenn mittendrin unerwartet die Spielzeit der A-Seite zu Ende ist und man die LP umdrehen darf – ja, so war das früher halt. Natürlich muss man sich auf GROBSCHNITT live einlassen wollen (oder sie gar mal Live gehört haben). Über die komplette Spiellänge hinweg bleibt man melodisch Abwechslungsreich. Die heute oft gewohnten (zum Teil harschen) Tempowechsel waren aber nicht unbedingt das Ding von GROBSCHNITT.
Mit „Merry-Go-Round" waren GROBSCHNITT 1979 dann auch produktionstechnisch auf dem Zenit – und musikalisch an sich schon in der Rockmusik angekommen. Die Songs waren kürzer, es wurde weniger experimentiert. Auf der anderen Seite ist „Merry-Go-Round" ein Album das Spaß macht, das auch über die deutschen Grenzen hinweg Beachtung fand. „Come On People“ und „May Day“ sind großes Rock-Kino – auch wenn es für die „alten“ GROBSCHNITT-Fans schon nach Ausverkauf klang; die Hinwendung vom spaßig-spacigen Krautrock zu politisch angehauchten Prog-Rock aber ein absehbare Entwicklung der Zeit.
Alle sin allem dürften die vorliegenden Alben – vor allem auch auf Grund der wertigen Aufmachung - ihre Fans finden.
„Jumbo" (englisch, 1975), „Rockpommel´s Land" (1977), „Solar Music Live" (1978) und „Merry-Go-Round" (1979)
Konnte die Reinkarnation von KANSAS nach langer Pause mit dem überraschend starken "The Prelude Implicit" 2016 punkten, so beweisen die sieben Herren heuer, dass sie es auch live können. "Leftoverture Live & Beyond" heißt der neue Doppelschlag und bietet uns 19 Live-Songs inklusive ihres hierauf komplett gespielten Magnum Opus "Leftoverture". Die Band zeigt sich in einer fantastischen Verfassung, Geige, Keybord, Gitarren und Rythmus-Fraktion kredenzen uns den typischen KANSAS Prog Rock in einem unglaublich transparenten und kraftvollen Live Sound. Neu-Sänger Ronnie Platt beweist ein weiteres Mal, dass er Steve Walsh ersetzen kann, ja vielleicht sogar die nötige Entscheidung für die Zukunft der Band war. Die Songs stammen allesamt aus ihrer erfolgreichsten 70er Jahre-Phase, plus drei Titel aus dem neuen Studiowerk, die sich wunderbar in das Gesamtbild einfügen und erneut zeigen, welche Qualität ihr Comback-Album hat. KANSAS verbindet mit "Leftoverture Live & Beyond" die Vergangenheit mit der Zukunft und bietet ein intensives, handwerklich nahezu makelloses und klanglich beeindruckendes Live-Album. In dieser Vitalität ist die Band eine Bereicherung, erneute Inspirationsquelle und zählt ohne Zweifel wieder zu den ganz Großen des Classic- und Prog Rocks.
Die zwei Silberlinge gibt es in einem schönen Digipack, aber auch als edle Vinyl-Version, mit vier LPs und 2CDs in einem schicken Schuber (Vinyl-Veröffentlichung am 5. Januar 2018).
LUNATIC SOUL ist das Sideprojekt von Mariusz Duda, seines Zeichens Bassist, Stimme und musikalischer Kopf von RIVERSIDE, der Band, die so power- und verheißungsvoll gestartet ist und spätestens seit "Shrine of New Generation Slave" an Durchschlagskraft und Rockappeal eingebüßt hat. Mit Rock oder gar Metal hat auch LUNATIC SOUL sehr wenig bzw. nichts zu tun, was aber nicht als Mangel wahrgenommen wird. Mir scheint, Mariusz Duda lebt hier seine wirklichen, aktuellen künstlerischen Vorlieben aus und das heißt: elektronische Musik, teilweise jazzig anmutend mit Saxophon, nach wie vor progressiv, aber mit sehr wenig Rock-Elementen. Die Stimmung und Melancholie, welche die Songs ausströmen, dazu die vertraute Stimme erinnern natürlich an seine Stammband. Die Atmosphäre indes ist kühler und synthetischer, aber nicht weniger dicht, und das Songwriting zwingender, ambitionierter und markanter als auf den letzten RIVERSIDE-Werken, wie ich finde.
Die Songs brauchen einen Moment, bis sie vollends ihren Kern offenbaren, dann aber erblühen sie in selten gesehener bzw. gehörter Pracht. Einzelne Nummern hervorzuheben, ist eigentlich nicht zielführend, da sie nahezu alle eine überdurchschnittliche Qualität haben. Aber "Red Light Escape" mit seiner klingenden Einsamkeit, nahezu isoliert anmutenden Aura, die sich im Verlauf in pure Schönheit verwandelt, muss Erwähnung finden. Ebenso die Übernummer "A Thousand Shards Of Heaven", die in 12 Minuten annähernd alles bietet, was ein aufgeschlossener Musikfan sich von einem guten Song erhofft. LUNATIC SOULs "Fractured" ist eigen, irgendwie vergeistigt, traurig und kühl auf der einen Seite, unendlich warm auf der anderen - und einfach großartig.
Das Progressive Rock nicht zwangsläufig aus England oder den USA kommen muss, haben schon viele Bands gezeigt. EAT GHOSTS aus Potsdam treten einmal mehr diesen Beweis an, orientieren sich dabei aber klar an der ursprünglichen, englischen Variante. Nicht zuletzt aufgrund eines leichten Jazz-Einschlags, der wiederum nicht zuletzt auf die oftmals wichtige Rolle ihres Saxophonisten zurückzuführen ist, erinnern sie unmittelbar an KING CRIMSON, genauso sind aber auch die frühen GENESIS oder die Norweger MOTORPSYCHO herauszuhören.
„An Ti E Go“ ist das erste Album der Band unter dem Namen EAT GHOSTS, 2013 erschien als MINERVA das eigentliche Debüt, wenn auch noch als Trio ohne Saxophon. Zwischenzeitlich hat sich der Band-Sound leicht verändert, psychedelische Elemente und eine gewisse Heaviness hielten Einzug. So wird „An Ti E Go“ bestimmt durch vertrackte, aber trotzdem rockende Riffs, instrumentale Jam-Passsagen, immer wieder aber auch durch tolle Harmonien und Melodien. Die abzüglich Intro sechs Stücke zwischen etwa 6 und 8 Minuten sind komplex aufgebaut, klingen aber trotzdem kompakt. Lediglich der bis auf wenige Ausbrüche sehr ruhige Titeltrack mäandert mit seinem perkussiven Beat etwas ziellos vor sich hin. Demgegenüber stehen aber Stücke wie das treibende „Fancy Free“ mit seinem großen Ohrwurm-Chorus, das groovige instrumentale „EchoEcho“, das fantastisch aufgebaut ist und beinahe als Jazz-Rock durchgehen könnte, oder das abschließende „Hold On“, das sich im Mittelteil von PINK FLOYDscher Ruhe bis zu einem heftigen Ausbruch steigert, der auch von VOIVOD oder MASTODON stammen könnte.
Kleine Abzüge gibt es für den Gesang, der etwas mehr Volumen und die Produktion, die etwas mehr Druck haben könnte. Aber geschenkt – EAT GHOSTS haben hier ein Album abgeliefert, das tollen Prog-Rock bietet, der nichts mit irgendwelchen Hochglanz-Produktionen zu tun hat und fast (siehe oben) über die komplette Länge spannend und einnehmend bleibt.
Mike Portnoy und Derek Sherinian in einer Supergroup wieder vereint - das lässt natürlich aufhorchen. Der Schlagzeuger und der Keyborder werden flankiert von MR. BIG-Bassist Billy Sheehan, ex-GUNS N´ ROSES-Klampfer Ron Thal und Sänger Jeff Scott Soto. Im Zentrum der Band stehen die ex-DREAM THEATER Recken nicht nur, weil sie schon einmal zusammen gespielt haben, sondern auch, weil SONS OF APOLLO eindeutig deren Handschrift tragen. So wird auf dem Debüt anspruchsvoller, zum Teil provozierend kantiger Prog Metal geboten, den ich an mancher Stelle etwas geschmeidiger erwartet hätte. Gerade auch, weil mit Jeff Scott Soto eine melodisch-warme Stimme durch's Gesangsprogramm führt.
Der Opener "God of The Sun" trägt vertraute Classic Rock-Gene der Marke DEEP PURPLE mit "Perfekt Stranger"-Rythmus und orientalischer Einleitung in sich, wobei hier der ausufernde, sperrige, progressive Mittelteil dem Song etwas von seiner enormen Eingängigkeit raubt. Das harte darauffolgende "Coming Home" kommt dann überraschend kompakt und nahezu ohne Prog Metal-Anteil zum Hörer gegroovt. Das kühle "Signs of the Times" wird wie so oft auf dem Longplayer erst durch Jeff Scott Sotos Stimmbänder und gefälliger Gesangsmelodie erwärmt und zum Hörer transportiert. Mir scheint, dass Derek Sherinian das Korsett, dass er bei BLACK COUNTRY COMMUNION trägt, hier mit Schmackes in die Ecke gefeuert hat und umso mehr aufdreht. Der Keyborder nutzt die gebotenen Freiräume erbarmungslos aus und kredenzt uns ein Feuerwerk an Tastenkunst, die manches Mal begeistert, aber leider auch hin und wieder den Weg des Zuhörers verlässt und zum puren Selbstzweck verkommt. Als Beispiel darf hier das atmosphärisch-mystische "Labyrinth" dienen, das durch Sheriniens geisterhafte Keybord-Melodie erst zu schweben beginnt, dann aber mit überbordender Tastenfinesse und fast jazzigem Mittelteil seiner Stimmung ein Stück weit beraubt wird. Zugegeben, der Song ist immer noch klasse, gleichwohl wäre hier meiner Ansicht nach weniger eindeutig mehr gewesen.
"Psychotic Symphony" ist ein hartes Prog Metal-Werk geworden, das für Anhänger des Genres zur "Pflichtlektüre" gehört. Wie eingangs erwähnt, ist das in erster Linie ein Mike Portnoy und Derek Sherinian-Album. All jene, die mit progressiven Klängen nicht so viel am Hut haben, sollten vorsichtig sein und sich nicht von der Hard Rock und Classic Rock-Ecke der restlichen Musiker täuschen lassen.
Achim Reichel dürfte dem einen oder anderen zumindest vom Namen her bekannt sein – prägte er doch die deutsche Musikszene seit Anfang der 60er-Jahre mit. Ob als Begründer der Beat-Band THE RATTLES (die es mit unzähligen Hits sogar ins Vorprogramm der ROLLING STONES und der BEATLES schafften), über seine progressiven Soloausflüge in den 70er (dazu kommen wir gleich noch), sein Hang zum norddeutschen Folk (der fast im Schlager endete – ich sage nur „Aloha Heja He) und der Vertonung anspruchsvoller Lyrik – Achim Reichel war in seiner Szene präsent.
Mit „The Art Of German Psychedelic (1970-1974)“ nimmt ACHIM REICHEL uns jetzt auf eine Zeitreise zu seiner progressiven Phase mit. Zurück zu den Anfängen des sogenannten „Krautrock“ sozusagen. Als Reichel 1970 sein Faible für experimentale und psychedelische Musik entdeckte, führte dies zu einem Projekt, einer Band, welche in den folgenden Jahren für einen Sound stand, den man durchaus als seiner Zeit voraus beschreiben könnte. A.R. & MASCHINES propagierten fast ausschließlich instrumentale Stücke; eine Mischung aus Trance, Psychedelic und Alan Parsons – für die damalige Zeit elektronisches Neuland. Wurde dies damals oft belächelt bis verrissen, bezeichnet manch einer die damaligen Veröffentlichungen heute als Kult, die „alten Platte“ gelten als Sammlerstücke.
Achim Reichel scheint bei seiner Rückschau auf sein Lebenswerk nun auch wieder Lust auf diese Phase seines Schaffens bekommen zu haben - A.R. & MASCHINES Live-Comeback-Show am 15. September in der Hamburger Elbphilharmonie war rasch ausverkauft. Auch hat er viel Arbeit in ein äußerst aufwändiges Box-Set gesteckt. „The Art Of German Psychedelic (1970-1974)“ enthält die fünf Studioaufnahmen („Die grüne Reise“, „Echo“, „A.R.3“, „A.R.IV“ und „Autovision“), dazu noch zwei Live-CDs und drei Bonus-CDs (darunter das Album „Virtual Journey“, welches extra für diese Box produziert wurde, eigene Remixe aus 1996, und aufgenommen Jam-Sessions – allesamt bisher unveröffentlicht). Dazu gibt es noch ein 96-seitiges Hardcoverbuch mit Fotos, Geschichten und Linernotes – da hat sich jemand Mühe gegeben.
Ob er Wegbereiter, Begleiter oder einfach nur da war – CAN, TANGERINE DREAM und natürlich die Überflieger von KRAFTWERK muss man in diesem Zusammenhang nennen. Als Promo gibt es 20 Songs (zum Teil gekürzt) aus dieser Box zum reinschnuppern – die Stilrichtung dürfte mit dem o.g. schon ausreichend beschrieben sein, um niemand auf eine falsche Fährte zu locken. Freunde des Krautrock dürften A.R. & MASCHINES „The Art Of German Psychedelic (1970-1974)“ - einer Box aus zeitlosen alten und neuen Sachen – durchaus als eine tolle Idee zum selber Schenken empfinden.