Ein Meisterwerk wie „The Mountain“ ist kaum zu toppen. Trotzdem geht man mit hohen Erwartungen an den Nachfolger „Affinity“ heran, alleine schon, weil man gespannt ist wie ein Flitzebogen, was die Engländer sich dieses Mal alles einfallen haben lassen. Zunächst einmal ist alles Altbekannte da: die halsbrecherischen Riffs, die unglaublichen Melodien, die epischen Parts. Trotzdem stellt man schnell kleine Veränderungen im Sound fest. Die Gitarren klingen deutlich Metal-lastiger als auf „The Mountain“, und stellenweise wird es sogar richtig hart, wohingegen die Keyboards einen ordentlichen 80s-Einschlag besitzen. Am deutlichsten wird das im programmatisch betitelten „1985“, das vor allem am Anfang an RUSH oder die 80er Phase von YES denken lässt. Hier wurden sogar den Drums stellenweise typische 80s-Sound-Effekte verpasst, sprich Snare und Toms klingen wie bei einem E-Drum-Kit.
Durch die metallischeren, tief gestimmten Gitarren in Kombination mit 80er Keyboard-Sounds und RUSH-ähnlichen Riffs klingen HAKEN erstmals auch etwas nach DREAM THEATER. Besonders das gut viertelstündige „The Architect“ erinnert stellenweise stark an die New Yorker Prog-Metal-Giganten, was auch an der wuchtigen Double-Bass liegen dürfte. Das Stück überrascht aber auch noch in anderer Hinsicht: Nach einem harten, düsteren Anfang und einem sphärischen Mittelteil wird die Steigerung in erneut härtere Bahnen durch authentische Growls unterstützt. Die stammen allerdings nicht von Lead-Sänger Ross Jennings, sondern vom LEPROUS-Shouter Einar Solberg, der hier als Gast fungiert. Klar, zum Schluss hin wird das Stück dann noch mal richtig episch bis knapp vor dem Bombast.
HAKEN sind weiterhin für Überraschungen gut. Man höre sich nur die irren Keyboards in „The Endless Knot“ an. Aber das verrückte Element, das „The Mountain“ auszeichnete, ist hier trotzdem etwas verloren gegangen, einiges ist ein wenig vorhersehbar. Außerdem dürfte „Affinity“ ein Problem mit seiner speziellen Mischung haben: Die Prog-Puristen dürften sich über die RUSH-Anklänge freuen, werden aber weniger Freude an dem Metal-Einschlag haben, wohingegen es Metal-Fans hier wahrscheinlich stellenweise etwas zu betulich zugeht. Trotzdem enttäuscht „Affinity“ keineswegs. Dazu sind die Songs zu kunstvoll aufgebaut, die Melodien zu einnehmend, die gesamte Band einfach zu herausragend. Allerdings wird sich herausstellen müssen, ob ein ähnlicher Grower dahintersteckt, wie ihn „The Mountain“ darstellt.
Aus Israel kommen WINTERHORDE und haben einen Namen, der so absolut nicht zu Region passt, aber zum Sänger (Z. Winter). Laut der Encyclopaedia Metallum spielen WINTERHORDE „Melodic Black“ Metal. Im Beipackzettel ist von „Extreme Progressive“ Metal die Rede. Was einen auf „Maestro“ erwartet ist jedoch um einiges orchestraler: „Satan asks for an orchester“ heißt es im Intro, und WINTERHORDE geben sich alle Mühe des Satans Wunsch nach orchestraler Musik zu erfüllen. So sind hier teilweise sehr schmalzige Cleanvocals in männlicher und weiblicher Machart, Streicher, jede Menge „Ohhh“s und „Ahhhhs“ und Akkustik-Parts zu hören. Auf der anderen Seite gibt es die ein oder andere Seiten-Hexerei und biestige Vocals – was aber gerade im letzten Drittel stark abnimmt. So ist LUCA TURILLI‘S RHAPSODY trotz durchaus vorhandener Black Metal-Parts die erste Band, die mir bereits beim Opener „Antipath“ in den Sinn kommt. Parallelen zu DIMMU BORGIR oder COB kann man hier (nicht mehr) erkennen. Wer die eben genannten Italiener vergöttert und dem Black Metal nicht ganz abgeneigt ist sollte hier vielleicht mal reinhören.
Die sechs Texaner von OCEANS OF SLUMBER waren mir bis vor ein paar Tagen völlig unbekannt. Das neue Album "Winter" erscheint bei Century Media Records, also...Kopfhörer auf...los geh`s! Nach den ersten zwei Minuten des achtminütigen Openers und Titeltrack "Winter", ist mir klar, das OCEANS OF SLUMBER keine normale 08/15-Band ist. Die Musiker kommen aus verschiedensten Ecken der Musikwelt, wie zum Beispiel Jazz und Grind - dieser kunterbunte Mix völlig verschiedener Musikrichtungen, gepaart mit der phänomenalen Stimme der Sängerin Cammie Gilbert, ergeben ein kaum zu beschreibenes Gesamtbild.
Die musikalische Vielfallt reicht von einer Panflöte bis zum Brutal Death. Eine Song für Song Review würde a) die Kapazität des Internetz sprengen ;-) und b) euch die ganze Spannung wegnehmen. Ich habe das Album bis jetzt viele Male gehört und höre immer wieder neue Melodien heraus. Das eine derart seltsame und verspielte Mixtur so homogen klingen kann, hätte ich nie für möglich gehalten.
Sängerin Cammie Gilbert überzeugt mit ihrer warmen und kräftigen Stimme auf ganzer Linie. Ihre Stimme geht in den genial komponierten Songs voll und ganz auf. Neben der Frontfrau zeigen auch die restlichen Bandmittglieder ihre Stimmen und bereichern mit Screams und Growls die wirre Klangwelt, die sie mit ihren Instrumenten erschaffen.
Mein Fazit: OCEANS OF SLUMBER ist definitiv nicht für zwischendurch. Wer aber Lust hat, sich mit einer Platte länger zu beschäftigen, immer wieder neues zu entdecken und irgendwas zwischen Jazz und Black Metal gut findet, der wird sich lange an dieser Platte erfreuen.
Ich brauche jetzt erstmal etwas, um meine Thrash geschädigten Trommelfelle wieder in normale Schwingungen zu versetzen...
DANTE sind definitiv mehr Metal als Rock – da hätte es die Querverweise zu DREAM THEATER und SAVATAGE gar nicht gebraucht – der fast 11-minütigen Openers „Rearrangement Of The Gods“ zeigt so auch schon die Facetten der Augsburger Band auf: atmosphärischer Einstieg, und dann – schön über die Spielzeit abwechslungsreich und sich immer nachvollziehbar aufbauend dargeboten – instrumentale Finessen, umfängliche Gitarren- und Key-Soli, ein komplex durcharrangierter Song und ein Sänger (Alexander Göhs) der vor allem in den lauteren Passagen etwas an den guten Zak (von eben jenen SAVATGAE) erinnert (was vor allem beim starken, treibenden „Let Me Down“ noch stärker zum Tragen kommt). Aber von sanft bis hart das einfach gut macht. Die DREAM THEATER-Fraktion dürfte sich vor allem bei Songs wie „Until The Last Light Breaks In“ wohlfühlen – in dem 10-minüter geben sich die anspruchsvollen Frickeleien die Klinke in die Hand. Vor dem abschließend überragenden „Finally“ (ein sehr persönlicher Song über den Verlust und Tod von Gründungsmitglied Markus Berger, Januar 2013) mit ungewöhnlichen Keyboards und hymnischen Ausgang sorgt die kurze melancholische Ballade „Sad Today“ für Abkühlung und Runterfahren. Mit ihrem vierten Album „When We Were Beautiful” haben Dante ein für die Genre-Freaks zu beachtendes Album geschaffen dass, wie schon oben angedeutet, dem epischen Prog-Metal zuzuordnen ist, auch wenn ruhigere Parts und emotionale Stärke wichtiger Bestandteil des Songwriting darstellen.
Die Tatsache, dass sich Gitarrengott Victor Smolski letztes Jahr von RAGE trennte hat mich nicht gerade glücklich gestimmt – so war (oder bin?) ich immer großer Fan von dem Trio gewesen und halte gerade Victor Smolski für einen der stärksten Metal-Gitarristen der Gegenwart. Allerdings ist es nun wie es ist – und umso mehr freue ich mich, dass er mit ALMANAC ein ausgesprochen spannendes Nachfolge-Projekt hat.
Das Ganze lässt sich vermutlich wie folgt zusammenfassen: Man nehme die Idee, dass was andere mit einem Musiker machen mit dreien - nur anstatt mit drei Gitarren wie bei IRON MAIDEN mit den Sänger*innen - und bedient sich musikalisch fröhlich bei irgendwas zwischen RAGE und LMO. Voila.
Das daraus resultierende Musikstück ist eine gut 50-minütige Progressive-/Symphonic-Oper, welche durch ihre verschiedenen Vocals eine bemerkenswerte Facette an Sounds zaubert. Gerade die Mitwirkung von Jeanette Marchewka (ex-LMO; Vocals) und dem Orquestra Barcelona Filharmonia sorgen dafür, dass das Album die epochale Seite die wir schon von LMO kennen stark in den Mittelpunkt rückt und wir bereits im Opener „Tsar“ Jeanette über die kranke Solo-Spur von Smolski singen hören.
Im Gegensatz zu LMO sind aber die Heavy-Elemente wesentlich präsenter. „Hands Are Tied“s galoppierendes Intro oder einige Riffs aus „Nevermore“ erinnerte mich ein wenig an John Schaffers (ICED EARTH) Sechszentel-Schleudern, werden dabei aber gleichzeitig wieder von symphonisch-epochalen Elementen oder einfach einigen ruhigen Passagen unterbrochen („Reign Of Madness“) – wirklich zur Ruhe kommt aber eigentlich keiner der 9 Songs. Diese instrumentale Facettenreichheit wird durch die doch sehr unterschiedlichen Stimmen an den Vocals noch komplexer, sodass das Album beim ersten oder zweiten Durchgang fast etwas anstrengend sein kann.
Allerdings muss euch dabei bewusst sein, dass trotz dem großen Pulk an Musikern Smolski weiterhin eine extreme Dominanz im Sound der Band hat. Das gefällt mir persönlich unterm Strich dann doch ziemlich gut, da ich seinen mächtigen ENGL-Sound in Kombination mit dem klassisch-komplexen Spiel hier hervorragend aufgehoben finde – das ändert jedoch nichts daran, dass man definitiv Smolskis Stil mögen muss im gefallen an ALMANAC zu finden.
Fazit: Eine gelungene Fortführung für Victor Smolski in einem spannenden, progressiven Projekt welches wohl noch viel Potential für weitere Alben bietet – allerdings eine Gratwanderung zwischen zu viel Soloeskapaden an der Gitarre und zu viel Rock-Oper halten muss.
Als cinematischen Prog Rock sehen FREQUENCY DRIFT aus Bayreuth ihre ausufernden Soundlandschaften. Und das zu recht. Wie schon bei den Vorgängerwerken spielt sich hier vieles im Kopf des Zuhörers ab. Und darauf muss man sich auch einlassen wollen, sonst braucht man das Album mit dem Titel „Last“ erst gar nicht aus dem Regal ziehen. Denn die Oberfranken vertonen die Story eines Menschen welcher alte Fotografien und die darüber transportierte Gefühlwelt sammelt und durch dies Obsession in einen – über die Songs dargestellten – Strudel aus Melancholie und Traurigkeit verfällt. Das ist nicht immer leichte Kost, das passt nicht immer zur eigenen Stimmungslage – aber das läßt viel Raum für Entdeckungen. Die 8 vor allem von ruhigeren Parts getragenen Kompositionen legen immer Wert auf Melodie und Nachvollziehbarkeit, lassen aber auch rockigen Gitarren, epischen Klangwelten und niveauvollen Instrumentalpassagen ausreichend Raum. Wer dem mal Lauschen möchte, sollte sich den Song „Last Photo“ mal zu Gemüte führen – durchaus eine Visitenkarte von FREQUENCY DRIFT. Neben den klassischen Instrumenten kommen auch Theremin (ein elektronisches, berührungsloses Instrument – siehe Wikipedia), Mellotron und Harfe vor – was dem Klangbild einiges an Farbtupfer hinzufügt. Und natürlich der überragende, variable Gesang von Melanie Mau der meist elfenhaft, aber auch mal dunkler die Song intoniert und prägt - sowie zusätzlich atmosphärischen Tiefgang schafft. Erinnert mich entfernt an das was Anneke van Giersbergen für THE GATHERING in ihren letzten Alben ablieferte. Nicht die schlechteste Referenz; denn auch „Last“ ist ein weiteres starkes Prog-Album von FREQUENCY DRIFT das die Band nach vorne bringen sollte.
STEVEN WILSON hat erst 2015 mit „Hand.Cannot.Erase“ wohl eines der spannendsten Prog-Rock Alben der jüngeren Vergangenheit veröffentlicht. Das Konzeptalbum, inspiriert durch die gruselig-düstere Geschichte einer Frau in London, welche (scheinbar ohne vermisst zu werden) bei laufendem Fernseher 2 Jahre tot in ihrem Apartment lag war bereits absolut das, was man einen würdigen Nachfolger zum ebenso großartigen „The Raven That Refused To Sing“ von 2013 nennen musste.
„4 ½“ ist stellt gewissermaßen nun eine Brücke zwischen „Hand.Cannot.Erase“ und einem kommenden 6. Studio-Album dar und beinhaltet Songs aus den vorherigen beiden Alben, welche es nicht auf erwähnte Vorgänger schafften. Dazu kommt eine neue Version eines PORCUPINE TREE Songs („Don’t hate me“).
Aber wer nun bereits mit dem Lesen aufhören will muss sich nun zur Ausbildung sofort PORCUPINE TREEs „Recordings“ (2001) anhören – quasi gleiches Prinzip, tolle Platte.
Jedenfalls: Inhaltlich bietet „4 ½“ wenig Überraschendes. Wilson weiß mit seinem mitunter bedrückenden, mitunter aber auch durchaus lebendigen Prog-Rock zu unterhalten. Opener „My Book Of Regrets“ gönnt sich knappe 10 Minuten in verschiedenen, meist recht lebendigen Stimmungen, mal mit einem proggigen-Bass-Part, mal mit etwas mehr Vocals, mal mit etwas mehr Geklimper am Tasteninstrument. „Years Of The Plague“ (instrumental), „Happiness III“ und „Sunday Rain Sets In“ (Instrumental) drehen etwas an der Serotonin-Schraube, treiben das Album aber etwas melancholischer voran als der Opener. „Vermillioncore“ schraubt sich dann wirklich quer durch einen proggigen Drogenkoffer und ist für mich das definitive Highlight der Platte.
Fazit: Kein Standalone-Album in dem Sinne, nicht en pair mit „Recordings“, aber definitiv lohnenswert.
Wenn sich Musiker vom Schlage eines "Lef" Lorenzo Esposito Fornasari (BERSERK!, OBAKE) Colin Edwin (PORCUPINE TREE) oder Pat Mastelotto (KING CRIMSON) in einem Projekt zusammenfinden, sind die Erwartungen automatisch hoch. Bei O.R.K. leben die Herren keine unerwarteten musikalischen Ideen aus, sondern bleiben der progressiven Musik treu, die sie kennen und können - und trotzdem ist "Inflamed Rides" kein lahmer Abklatsch ihrer Hauptbands. Glücklicherweise sprudeln die Ideen nur so aus den Herren heraus, was sich in überraschenden Riffs im Opener "Jellyfish", jazzigen Einflüssen in "Dream Of Black Dust" und harten Tönen ("Breakdown") manifestiert. "Inflamed Rides" entpuppt sich nach dem erstem gefälligen Höreindruck als wahre Wundertüte progressiven Rocks. Natürlich finden sich Facetten von KING CRIMSON und PORCUPINE TREE, diese werden durch die vielen verwursteten Ideen schnell in den Hintergrund gedrängt. Das dunkle "Funfair" oder das fast schon tanzbare "No Need" seien hier als Beispiele genannt. Insgesamt ein sehr interessantes Album voller Facetten progressiven Rocks, die in dieser Form nicht zu erwarten waren. O.R.K. zeigen, dass ein Projekt mehr sein kann als nur das Kohle machen mit den Namen der Beteiligten. "Inflamed Rides" ist ein spannendes Progressive Rock-Album geworden, das Fans aller genannten Bands gefallen wird. Erwartungen erfüllt!
DREAM THEATER geben dem geneigten Musikfan mit "The Astonishing" viel Arbeit: mehr als zwei Stunden Material, verteilt auf zwei CDs. Genauer gesagt handelt sich um eine Pogressive Rock-Oper, komplett mit Chor und Orchester - und natürlich einer in sich geschlossenen Storyline. Wie jedes DREAM THEATER-Werk zwingt "The Astonishing" den Hörer zum konzentrierten Hören, da sonst viele Facetten und Spannungsbögen verloren gehen. Ein fast schon preußischer Ansatz an Musik. Musikhören als Arbeit. Ganz so schlimm ist es dann nicht, denn natürlich wissen die 34 Stücke zu unterhalten und sind keine akustische Qual. Dazu trägt die glaskare, sehr differenzierte Produktion einen großen Teil bei, ebenso das auf den Punkt kommende Songwriting - was anderes wäre von dieser Band nicht zu erwarten.
So weit, so gut. DREAM THEATER präsentieren sich auf "The Astonishing" in der erwartet guten Form, die sie immer an den Tag legen. So richtig zünden will das Werk dann aber nicht, denn zu selten wagen sich die New Yorker aus ihrer Komfortzone hinaus. Manches mal wird es arg poppig ("Hymn Of A Thousand Voices"), was die Nerven sehr strapaziert. Natürlich sind die Songs mit viel Pathos ausgestattet und handwerklich auf extrem hohem Niveau, aber es fehlt an vielen Stellen der Überraschungsmoment, das Spritzige, das Unerwartete. DREAM THEATER funktionieren wie ein Uhrwerk. Allerdings will bei einem Uhrwerk auch niemand Überraschungen erleben, von daher ist "The Astonishing" eher an Altfans der Band als an Neueinsteiger in den DREAM THEATER-Sound gerichtet. James LaBrie setzt vielen Songs mit seiner Stimme den Stempel auf, gleichzeitig wird viel zu oft deutlich, wie eindimensional - auf hohem Niveau! - er vorgeht. Damit ist er ein Beispiel für Rest der Band und das Songwriting. Extrem hohes Niveau, routiniert geschrieben und gespielt, aber leider etwas fad.
"The Astonishing" ist eine zwiespältige Platte, denn bei aller Berechenbarkeit machen epische Bombastnummern wie "When Your Time Has Come", "Act Of Faythe" oder "Chosen" Spaß und zeigen Stromgitarrenmusik mit Universitätsabschluss in Reinkultur. DREAM THEATER haben viele Überraschungen in die Songs eingebaut, seien es Folk-Instrumente oder ungewöhnliche (Tango?)-Rhythmen, aber das wirkt alles mehr mit dem Kopf als dem Herz geschrieben. "Lord Nafaryus" sei hier als Beispiel genannt.
Am Ende bleibt ein sehr zwiespältiger Eindruck zurück, auch nach vielen Umdrehungen der CDs im Player. DREAM THEATER sind begnadete Musiker, keine Frage, die sich auch von der Orchester-Chor-Oper-Kombination nicht beeindrucken lassen. Gleichzeitig wirkt das alles kopflastig und routiniert im negativ besetzten Sinne.
Mehr noch als bei anderen DREAM THEATER-Werken - egal ob Konzeptalbum oder reguläre Platte - gilt hier: Zeit nehmen und selber anhören. Ganz sicher ist "The Astonishing" eine Platte, die Liebe oder Langeweile hervorruft, dazwischen gibt es nichts.
Progressive Metal gibt es von TOOTHGRINDER auf die Ohren: Nach der Bandgründung 2010 und einigen EP’s bringen die Vier aus New Jersey „Nocturnal Masquerade“ nun endlich ihr erstes Album heraus. TOOTHGRINDER kombinieren mörderisch brutale Hardcore-Trips mit ausgesprochen melodischen Passagen, satten Grooves und atmosphärischen Spielereien. Abwechslung wird hier also großgeschrieben.
Wie ein Weckruf bricht der Opener „The House (That Fear Built)“ auf den Hörer herein, schmettert alles nieder und punktet dann mit äußerst eingängigem Clean-Refrain. Gitarren und Schlagzeug erweisen sich als ausgesprochen variabel. TOOTHGRINDER halten trotz progressivem Aufbau alles beisammen, steigern sich in ihren Songs kontinuierlich bis zum (meist scheppernden) Höhepunkt und vermeiden Längen. So kommen ruhigere Stücke wie „I Lie In Rain“ oder „Diamonds For God“ einfach nur unheimlich atmosphärisch daher und beweisen aufs Neue wie gut der Mix aus Shouts und Clean-Vocals hier harmoniert. Der Titelsong präsentiert sich wie auch der Opener ziemlich düster. „Lace Anchor“ und „Despondency Dejection“ kommen mit einem fast exotischen Aufbau daher, „Walz Of Madmen“ beendet das Werk als progressives Feuerwerk. Langeweile kommt hier wirklich nie auf, die zwölf relativ kurzen Songs beschränken sich stets auf das Wesentliche, glänzen aber dennoch durch viele Details. Wer auf Progressive mit Hardcore und Post Rock steht, sollte hier mal genau hinhören.