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The Year The Sun Died

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Nach dem bedauerlichen (vorläufigen?) Ableben von NEVERMORE war es nur konsequent, dass sich Sänger Warrel Dane und Bassist Jim Sheppard verstärkt ihrer zum damaligen Zeitpunkt gerade erst reformierten Zweitband SANCTUARY zuwenden, wobei man natürlich sagen muss, dass NEVERMORE ohne diese US-Metal-Institution niemals möglich gewesen wären. Somit schließt sich der Kreis aus Vergangenheit und Gegenwart mit "The Year The Sun Died", dem nach den beiden göttlichen "Refuge Denied" (1987) und "Into The Mirror Black" (1989) dritten Album der Truppe. Klangen bereits die beiden Frühwerke sehr unterschiedlich, so knüpft "The Year The Sun Died" an keines dieser beiden Alben wirklich an, sondern orientiert sich klanglich fast schon selbstverständlich an den NEVERMORE-Werken. Außer dem noch etwas progressiveren Songwriting hört man kaum heraus, dass es sich hier eigentlich um eine ganz andere Band handelt. Der Sound passt insgesamt, lediglich das Songwriting wirkt eine Spur zu konstruiert und nicht immer auf den Punkt gebracht, was stets ein Vorzug der Vorgänger-/Nachfolger-Formation war, die bekanntlich mit "The Politics Of Ecstasy", "Dead Heart In A Dead World" oder dem alles überragenden "This Godless Endeavor" gleich mehrere Meilensteine in der Schnittmenge aus Anspruch und Dampfhammer hervorbrachte. Hier vertretene Stücke wie der Opener "Arise And Purify", "Exitium (Anthem Of The Living)", "Frozen" (das Stück erinnert stark an den "Youtube"-Gag "Amazing Horse"... war wohl keine Absicht...), "The World Is Wired" oder "The Dying Age" versprühen auf der einen Seite den bekannten Charme, sind durchdacht und langlebig, aber reißen nicht vom Hocker und zünden auch nach mehreren Durchläufen kaum - abgesehen von der starken Halbballade "I Am Low" und dem abschließenden Titelsong, die auch auf einem der oben genannten NEVERMORE-Werke eine gute Figur gemacht hätten. Nichtsdestotrotz vergebe ich den "Tipp" am Ende für das sehr hohe Gesamtniveau von "The Year The Sun Died" und für die Tatsache, dass der Geist von NEVERMORE hier zumindest in Teilen weiterlebt, auch wenn dieses Mal leider kein Klassiker entstanden ist. Dennoch: weiter so, Jungs!

The Year The Sun Died


Cover - The Year The Sun Died Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 49:46 ()
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Sum Of The Parts

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Mit „Sum Of The Parts“ steht nunmehr eine offizielle und unter Mitwirkung des besten GENESIS Line-Ups autorisierte Bandbiografie als Bild-/Tondokument zur Verfügung. Was Peter Gabriel (vocals), Steve Hackett (guitars), Mike Rutherford (bass), Phil Collins (drums) und Tony Banks (keyboards) für die Prog- Rock- und Popwelt bedeuten, braucht man keinen Musikliebhaber mehr näher zu bringen. Und für die Fans der Band bringt GENESIS „Sum Of The Parts“ eher weniger Neues.
Aber für alle die nicht nur die überragenden Progwerke der 70er oder den Bombast Pop-Rock der 80er musikalisch konsumieren, sondern tiefer in den Band-Kosmos von GENESIS und den fünf herausragenden Künstlern eintauchen wollen, jene darf man die etwas über zwei Stunden Material ans Herz legen.
In vielen Einzel- und Gruppeninterviews mit fast allen früheren Bandmitgliedern und Wegbegleitern und mit Bildmaterial aus allen Epochen - von der Gründung in den 60ern, über das geniale Line-Up der ersten Erfolgsalben, den Abgang von Peter Gabriel und Steve Hackett, den Chartstürmern in den 80er und 90er sowie dem erfolgreichen Soloschaffen der Protagonisten – zeigt die BBC-Dokumentation den kontinuierlichen Entwicklungsweg von GENESIS. Aber auch, vor allem in den Interviews, werden die Spannungen innerhalb der Band, die zum Teil doch unterschiedlichen Auffassungen thematisiert. Gerade letzteres, die kritischen Töne, machen „Sum Of The Parts“ zu eine guten Dokumentation. Das hier der gute Phil Collins und Peter Gabriel mal wieder meist im Mittelpunkt stehen überrascht nicht, dass man die Phase mit Ray Wilson fast unter den Tisch kehrt muss aber kritisch bemerkt werden. Was aber an einer Empfehlung für die GENESIS-Gemeinde nicht ändert.
p.s.: Das Bonusmaterial umfasst dann circa nochmals 30 Minuten Interviews welche dem Schnitt der TV-Fassung zum Opfer fielen.

Sum Of The Parts


Cover - Sum Of The Parts Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: -
Länge: 124:0 ()
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What Kind Of Creature Am I?

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TOEHIDER sind in Sachen innovativer Prog-Rock das zur Zeit wohl heißeste was Down Under zu bieten hat. Sänger und Leader Michael Mills (war auch schon mal bei AYREON mit am Start) und Band klingen für mich wie ein Bastard aus SYSTEM OF THE DOWN und MUSE – respektive QUEEN. Wobei erstgenannter Act wohl vor allem Pate für den Gesang und die abgefahrenen Arrangements steht – MUSE und alte QUEEN bringen dann ihr Songwriting und ihren Bombast ein. Achja! Dazu gesellt sich noch Folk-Prog-Versatz, welcher durchaus mal an JETHRO TULL erinnert. Die Achterbahnfahrt durch die schräge Chose pendelt dann auch zwischen proggig-ruhig und Doublebass-hektisch – besonders gute zu hören am Ende mit dem über 12-minütigen „Meet The Sloth“ (Highlight) und dem 2 ½-Minüter „Geese Lycan“ (krummer, derber Rocker). Der hohe ungewöhnliche Gesang ist sicherlich Geschmackssache (Serj Tankian meets Freddy Mercury), die Frickeleien (besonders bei hitzigem Tempo) mit ihren unmelodischen Anwandlungen bedürfen Aufmerksamkeit. Ergo - Open-Mind-Rocker sollten „What Kind Of Creature Am I?” auf jeden Fall mal eine Chance geben.
p.s.: Das Artwork samt Booklet ist dann auch noch vom feinsten.

What Kind Of Creature Am I?


Cover - What Kind Of Creature Am I? Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 10
Länge: 52:1 ()
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Exlex Beats

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KING OF AGOGIK – das Baby des Schlagzeugers und Produzenten Hans-Jörg Schmitz, liefert 2 Jahre nach dem starken „From A To A“ neues Futter für die anspruchsvolle Instrumentalgemeinde. „Exlex Beat“ – was so viel bedeutet wie „gesetzlose Rhythmen“ – nennt sich das Werk und macht den anspruchsvollen Proggie mal wieder unheimlich Spaß. Schmitz läuft unter dem gesetzlosen Motto „gut geklaut ist halb gewonnen“ zur Höchstform auf: „… also sind auf der Platte 88 Parts, welche nicht meinem geistigen Eigentum entsprungen sind. Es beginnt mit KING CRIMSON und endet mit den BEATLES, dazwischen die weiteren, teilweise leicht zu identifizierenden Teile. Aber natürlich gibt es auch Elemente die kaum hörbar sind. Wer weniger wie fünf findet … muss ein Bassist sein … .“ Und los geht’s. Nach dem mellotron-verseuchten Opener „Bronto's Navel” kommt mit dem 12-minütigen „11th Sense“ die erste Achterbahnfahrt durch die Musikgeschichte, mit zahlreichen mehr oder minder plakativen Verweisen auf bekannte Bands und Songs – u.a. YES, VAN HALEN, ASIA, ELP, GENESIS höre ich heraus. Hier darf jeder Musik-Nerd gerne selber weiter stöbern, raten, genießen. Musikalisch bietet KING OF AGOGIK wieder ein unglaubliche Melange aus progressiven, fast schon orchestralen Rock mit Pop, Folk und unmöglichen Rhythmen und Arrangements, die nicht nur das Schlagzeug in den Mittelpunkt rückt. Highlight sicher das 23-minütige „Thin As A Skin“, welches JETHRO TULL mit „Thick As A Brick” in einer unglaublichen Art und Weise auferstehen läßt – Hammer. Und so gilt für „Exlex Beats“ das, was Hans-Jörg Schmitz sicher freuen wird. Der enddeckungsfreudige Proggie kommt an KING OF AGOGIK an sich nicht vorbei.

Exlex Beats


Cover - Exlex Beats Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 77:12 ()
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Vertrieb:
Review:

The Largest Fire Known To Man

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A LIQUID LANDSCAPE aus den Niederlanden haben die letzten Jahre im Vorprogramm von Bands wie KARNIVOOL, ANATHEMA, THRICE, THE PINEAPPLE THIEF oder auch CRIPPLED BLACK PHOENIX einiges an Erfahrung sammeln können. Ihr Debüt „Nightingale Express“ (2012) heimste auch entsprechend positives Genrelob ein. Mit „The Largest Fire Known To Man” – das Fazit vorneweg – kann man die damals geschürten Erwartungen nicht ganz erfüllen, obwohl die Scheibe alles andere als schlecht ist. Noch, oder immer noch hat man das Gefühl, das die Band aus ihren Ideen nicht alles herausholt. A LIQUID LANDSCAPE bleiben an sich konsequent ruhig, melancholisch, schön, eingängig – und manches Mal auch etwas zu eintönig. Mit zwei (guten) Gitarristen müsste da doch mehr gehen, nur schöne Solis sind für den nächsten Schritt einfach zu wenig. Ansonsten bieten Kompositionen wie „Open Wounds“, mit einem tollem Refrain der auch mal im Ohr bleibt, den Quasi-Titeltrack „The Largest Fire“ oder das Instrumentalstück „Hurled Into The Sun“ (kommen beide mit etwas mehr Pfeffer aus den Boxen) eine Mixtur aus Art-, Post- und Alternative-Rock den man (wie bereits erwähnt) gut hören kann, der aber (leider) auch sowas von gar nicht weh tut.

The Largest Fire Known To Man


Cover - The Largest Fire Known To Man Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 8
Länge: 46:12 ()
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Vertrieb:
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The Pekin Tapes

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PAVLOV‘S DOG sind Insidern der 70er-Prog-Rock-Szene durchaus ein Begriff und haben mit ihrem Debüt „Pampered Menial“ (1975) und dem zweiten Album „At The Sound Of The Bell“ (1976) für Prog-Fans hörenswertes geschaffen. Kennzeichnend für die Band war neben der damals nicht ungewöhnlichen Mischung aus anspruchsvoller Rockmusik mit Folk das Falsett-Organ von Sänger David Surkamp (führt mehr als einmal zur Annahme von weiblichen Vocals), sowie eine gewisse Legendenbildung. Letzteres bezog sich natürlich auf den Gesang (Helium), aber auch auf das schnelle Verschwinden der Band aus der Öffentlichkeit (1977) und den unwiderruflich verbrannten ersten Aufnahmen.

Diese sind nun in 2014 wieder aufgetaucht. Im Oktober 1973 wurden die sog. „The Pekin Tapes“ im Golden Voice Studio in Pekin/Illinois aufgenommen und sollten das Debüt der Band werden. Mit diesen Aufnahmen konnte man beim Major ABC Records einen hochdotierten Plattenvertrag ergattern, wurde aber nochmals ins Studio geschickt. Es entstand das Album „Pampered Menial“, eines der Alben des Prog-Rock welches einges von „The Pekin Tapes“, wenn auch in veränderter Form, enthielt. Das Golden Voice Studio brannte bald darauf nieder und mit Ihnen die Originalaufnahmen, die seitdem als verloren galten. Doch nach 41 Jahren tauchte eine Kopie davon in einem Nachlass auf, wurde aufwendig restauriert und um vier im März 1973 aufgenommen Demos erweitert (die allerdings immer noch nach Demos klingen).

Der Kern von „The Pekin Tapes“ enthält also noch den frischen, unverbrauchten Charme und Spielfreude der ersten Stunde. Die Urbesetzung von PAVLOV’S DOG hat hier Songs komponiert, arrangiert und aufgenommen ohne „Druck“ von Plattenfirma und Produzent – ungebremst sozusagen. Fünf dieser Songs schafften es dann meist unter anderen Titeln und zum Teil neu arrangiert auf das Debüt. Hier klingen diese durchweg roher, der Instrumental- und Folkanteil ist höher (und immer eingängig). Bei den neuen, „unbekannten“ Stücken singen zum Teil auch andere Bandmitglieder, das macht dies alte, neue Album sehr abwechslungsreich und interessant. An die Fans des Pawlowschen Hundes muss ich in diesem Zusammenhang keine Worte verlieren; für Freunde des 70er-Prog- und Folkrock sind „The Pekin Tapes“ aber eine lohnenswerte, authentische Sache – Falsettgesang hin, Falsettgesang her.

 

Tracks 1- 10 „The Pekin Tapes“

1. Subway Sue  5:52 

2. Natchez Trace  3:57 

3. Time  5:24 

4. Stomp water magic  3:50 

5. It's all for you  5:21 

6. Song dance  5:48 

7. Dreams  4:58 

8. Clipper ship  5:32 

9. Fast gun  3:35 

10. Preludin & fellacio in E minor  7:29 

 

Tracks 11- 14 „Demos 1973“

11. Brand new day   (demo)  3:33 

12. Natchez Trace   (demo)  4:06 

13. Fast gun   (demo)  3:41 

14. I wish it would rain   (demo)  5:05 

The Pekin Tapes


Cover - The Pekin Tapes Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 14
Länge: 68:22 ()
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Interview:

Mit BLIND GUARDIAN über Nerd-Kultur und ein neues Album

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Interview

Das neue Album klingt doch schon ziemlich anders als das, was ihr vor 10 Jahren gemacht habt – klingt aber nicht so anders wie das, was ihr vor 2, 3 Jahren gemacht habt. Was mich mal interessieren würde: Wie nehmt ihr das selber wahr? Ist das ein krasser Schritt gewesen – oder mehr ein fließender Übergang?

Marcus (M): Das ist für uns eine ganz normale Evolution. Natürlich klingen wir nicht mehr wie in den 80gern, wir klingen auch nicht mehr so wie in den 90gern – aber die 80er/90er sind auch schon ein paar Tage vorbei. Wir haben damals als klassische Speed Metal Band angefangen, haben uns aber über die Zeit konstant immer weiterentwickelt. Es kamen immer Einflüsse über die Jahre hinzu.

Es ist ja, wie du selber sagst, nicht so ein mega-Umbruch, sodass die neue Scheibe nun etwas komplett anderes gewesen wäre. Es ist für uns einfach der nächste logische Schritt. Wobei ich sagen muss, dass das (bis auf ein paar ewig-gestrige Fans die immer noch schreien: Macht doch mal wieder „Majesty“ oder sowas), dass unsere Fans diese Entwicklung eigentlich vollkommen nachvollziehen können und auch mitmachen. Also, ich hab jetzt keinen gehört der sagt „Ich war total überrascht wie das Album klingt, da hab ich ja mit was ganz anderem gerechnet“ – es ist für uns einfach die logische Entwicklung. Wichtig ist es für uns überhaupt, den nächsten Schritt zu machen, weil wir keinen Bock haben das selbe zwei mal zu machen, sondern diese Evolution ist essentieller Bestandteil für uns.

Habt ihr mal darüber nachgedacht, mit Christopher Lee was zu machen?

M: Öööh... wir könnten mit ihm einen Dracula-Film drehen, da hätte ich jetzt total Bock drauf! [lacht]

Frederik (F): Als YouTube-Produktion vielleicht?

M: Genau! Ähm, hab ich jetzt bewusst noch nicht drüber nachgedacht, ne.

F: Ne, also da hab ich nun auch noch nicht drüber nachgedacht. Aber generell ist es so, dass wir Kooperationen über immer recht aufgeschlossen sind, also wenn er etwas machen will... soll er sich melden! [lacht]

M: Also, wir sind ja auf Facebook... schauen wir mal ob da Potential wäre!

Ich kann’s leider jetzt nicht direkt weiterleiten – aber das war irgendwie mein erster Gedanke: Da [„Beyond The Red Mirror“, Anm. des Autors] könnte man Christopher Lee mit reinpacken.

M: Wie gesagt, war jetzt nicht auf unserer To-Do-Liste... aber sollte sich mal etwas ergeben, er kommt bei einer Show vorbei, was auch immer, man kommt ins Gespräch, was weiß ich was passiert...

Show ist eigentlich auch ein ganz gutes Stichwort: Ihr habt ja eine riesen Menge an Fans, teilweise so jung wie ich [22, Anm. von dem, der 22. ist] und sind damit jünger als die Zeit, die ihr Musik macht – kennen aber auch euer komplettes Portfolio. Ihr habt aber auch die alten Fans die euch schon ewig kennen. Wie baut ihr mittlerweile, mit solchen Erwartungshaltungen, Live-Shows?

F: Das ist eigentlich relativ einfach: Man versucht irgendwie, allen Alben gerecht zu werden. Man versucht pro Abend mindestens einen Song pro Album drauf zu haben. Das ist manchmal bei den alten Alben etwas schwerer, aber so ab der „Twilight“...

M: Ab der „Twist In The Myth“ geht’s! [lacht]

F: Ne, also man versucht so diesem Schnitt an Fans gerecht zu werden. Natürlich möchte man auch alle Alben irgendwie repräsentieren. Dadurch ergibt sich auch die Schwierigkeit, dass mit jedem Album das neu rauskommt immer mehr Songs auf der Warteliste stehen. Deswegen haben wir auch einen ganzen Pool an Songs aus dem wir dann jeden Abend eine individuelle Setlist zusammenstellen. Man bereitet dann so 40, 50 Songs vor, die sind dann permanent abrufbar. Und dann sucht man sich da etwas Passendes zusammen.

M: Das ist genau das, was ich sagen wollte: Wir haben nun einen Pool von 40 Songs vorbereitet  (die wir logischerweise nicht jeden Tag spielen, sonst wären die Songs doch ziemlich lang), aber du kannst halt jeden Tag aus dem Vollen schöpfen. Was wir auch gerne machen ist jeden Tag die Setlist zu variieren. Zum einen kommen viele Fans zu mehreren Shows, das heißt sie haben dann eine sehr hohe Chance nicht zwei mal die gleiche Show zu sehen. Und für uns ist das auch wichtig: Wenn du jeden Tag die gleichen 18 Stücke spielst wird es irgendwann eine tödlich langweilige Routine. Und das kann ja nicht das Ziel sein. Von daher haben wir halt unsere große Grabbelkiste wo wir jeden Tag reingreifen können und bauen dann halt spontan eine Setlist zusammen. Es bleibt also spannend für jeden: Für uns und die Fans.

Das ist doch super. Aber wie macht ihr das bei dem neuen Album: Es wirkt, meiner Meinung nach, doch am stärksten wenn man es am Stück irgendwie hört. Ihr habt ja doch schon einen, ich sag mal, ziemlichen Flow darin der vielleicht sonst nicht so extrem ist. Man konnte doch sonst einfacher Songs rauspicken, war zu mindestens mein Eindruck. Seht ihr das auch so – oder meint ihr, dass man immer noch jeden Song live auf die Bühne hauen kann?

M: Ob wir die alle live umsetzen können wird man sehen. Wir haben noch nicht angefangen, diese Songs für Live zu proben, das ist das nächste was wir auf der Liste stehen haben. Ich glaube aber schon, dass da ein großer Teil der Songs relativ gut umsetzbar sein wird. Es wird, wie immer bei uns, eine Interpretation der Studioversion sein. Für die alten Aufnahmen ballern wir halt alles drauf was der Song unserer Meinung nach braucht. Und wenn dann... 40 Gitarren drauf sind, dann ist das halt so. Auf der Bühne stehen dann aber nur André und ich da.

Das heißt: Man muss abspecken, man muss umarrangieren. Man muss rausfinden: Bei dem Part ist jetzt die Linie wichtig, da spielen wir ein Solo, da ist dann wieder die Lead-Gitarre wichtig. Oder wir spielen beide Akustik, was auch immer – du musst halt jedes mal bevor wir auf Tour gehen schauen: Was braucht der Song, wie kriegen wir den umgesetzt? Aber normalerweise funktionniert das gut. Als Beispiel: Ich kann mich daran erinnern, als wir damals „And Then There Was Silence“ gemacht haben kam sofort unisono die Aussage: Den könnt ihr nie live spielen! Hm... ist eigentlich von der Umsetzung her eine der einfachsten Nummern. Ist jetzt nicht wirklich das Problem. Deswegen bin ich auch sehr optimistisch, dass wir die neuen Sachen relativ stressfrei umsetzen können.

F: Ich hab das nun eher so verstanden, dass du meintest, ob man den Song aus dem Gefüge, der Anordnung reißen kann...

Na ja, sowohl als auch!

M: Achso!

F: Nein, also, es stimmt ja alles was der Marcus gesagt hat. Abgesehen davon, dass wir schon mindestens 3 Songs in einer Vorab-Probe angetestet haben.

M: Es war aber keine richtige Tour-Probe.

F: Nein, es war keine Tour-Probe, aber es war immerhin schon mal ein Anfang. Und da hat sich abgezeichnet, dass es wunderbar funktioniert, wir werden auf jeden Fall 2, 3 Sachen spielen können. Für mich, während der Entstehungsphase des Albums war es schon so, dass es individuelle Songs waren. Aber mir geht es auch ähnlich: Mittlerweile empfindet man es als Einheit, so wie das früher so als Fan bei „Nightfall“ gegangen ist. Da funktioniert es mittlerweile natürlich auch, dass man da Songs von live rausnehmen kann, aber die ist natürlich durch diese textlichen Verbindungen auch immer so gewesen, dass man das Gefühl hatte, man müsste sie von Track 1 an spielen. Da habe ich mich immer schwer getan den Random-Button zu drücken. Was ich aber auch immer gerne bei CDs gemacht habe, wenn sie mir so nach 1000x hören irgendwie langweilig wurden kam immer irgendwann „Random“. Aber das habe ich bei der „Nigthfall“ irgendwie nie gemacht.

Und das würde mir jetzt vielleicht bei der jetzt auch so gehen, dass ich da einfach nicht sage: Die will ich nun durcheinandergewürfelt hören. Aber, wie gesagt, die Stücke sind ja schon eigenständig geschrieben und schon eigenständig genug, dass sie nun nicht gegenseitig zu sehr Bezug aufeinander nehmen, also es ist ja nicht so, dass nun am Ende irgendwie wieder ein Thema vom Anfang an aufgegriffen wurde. Insofern sind das individuelle Stücke, die halt irgendwie zusammengewachsen sind im Laufe der Produktion.

Wie lief eigentlich generell der ganze Aufnahme- und Produktionsprozess ab? Ihr habt ja doch schon ziemlich krasse Geschütze aufgefahren mit den Chören die ihr genutzt habt, mit der Mehrstimmigkeit – ich hab’s glaube ich „symphonisch“ und „monumental“ genannt. Es ist ja doch schon sehr breit im Sound. Was gab’s da für Schwierigkeiten?

M: Schwierigkeiten gab’s insofern, als dass wir bereits wieder (wie schon bei der letzten Platte) mit dem Prager Symphonieorchester zusammengearbeitet haben. Und an einer bestimmten Stelle der Produktion standen halt Orchesteraufnahmen an – und die Prager waren nicht verfügbar. Die waren halt auf Tour oder irgendwas, weiß ich nicht... und dann mussten wir uns halt nach Alternativen umsehen. Daraus sind dann im Endeffekt mehrere Orchester involviert geworden. Was so von Anfang an nicht geplant war! Die Metal-Bandaufnahmen sind eigentlich Standard-Prozedere. Wir haben unser eigenes Studio, wir nehmen alles bei uns auf. Was wir mittlerweile machen (womit wir auch schon beim letzten mal angefangen haben): Wir schreiben nicht mehr alle 10 Stücke fertig und nehmen sie dann am Stück auf, sondern wir machen 2, 3 Nummern und wenn die fertig sind werden sie eingespielt. Das heißt, du hast eine Pause zwischen Songwriting und Aufnahmen wo du dich praktisch auf das Abarbeiten konzentrierst. Und danach kannst du dann frisch ins Songwriting gehen, nimmst wieder ein paar Nummern auf und so hin und her halt. Erfrischende Arbeitsweise!

F: Da wir ja relativ lange Songwriting-Phasen haben verbessert... na ja, nicht verbessert, das ist jetzt ja wertungsfrei... verändert auf jeden Fall den Zeitgeist den man während der Songwriting-Phasen einfach hat. Es ist ja schon etwas anderes, ob nun ein Jahr dazwischen ist oder nicht. Und wenn du jetzt alles erst mal runterschreibst hast du mehrfach den Zeitgeist von ein paar Monaten, also auch mehr Unterschiede in den Facetten.

Und bezüglich der Chöre: Es ist vielleicht ganz interessant... während wir dann mit den Chören aufgenommen haben kam es dann zu ein paar Passagen wo die dann Englisch singen sollten. Da hat man dann natürlich gehört, dass das keine Englischsprachigen sind! Also musste man auch wieder da neu nachlegen und dann wieder Englischsprachige Chöre nehmen. [lacht] Daher ist es jetzt auch der Fall, bei „Holy Grail“ ist es jetzt glaube ich, wo dann einfach drei verschiedene Chöre übereinander, natürlich auch so zum „Andicken“, natürlich auch drin geblieben sind. Da man die schon mal aufgenommen hat will man das natürlich auch nutzen.

M: Es ist so, wenn du eine gewisse Größe mit Chören erreichen willst bist du gezwungen wirklich sehr, sehr viele Sänger zu nehmen. Du kannst natürlich den klassischen Trick nehmen: Du nimmst eine handvoll Sänger und doppelst sie immer wieder. Aber irgendwann klingt es nicht mehr größer, es bleiben die selben paar Stimmen und es löschen sich immer nur Phasen gegenseitig aus – du erzielst nicht diese Größe die wir halt haben wollen. Daher sind es im Endeffekt drei Chöre geworden.

Wie sieht das eigentlich aus mit dem berühmten Orchesterprojekt – das ist ja schon seit, nun, schon länger...

M: 1997, oder so?

...was gibt’s da Neues?

M: Wir sind dran! [lacht]

F: Also, da werden konstant eigentlich Aufnahmen nebenher gemacht. Gerade wenn man mit einem Orchester arbeitet ist es ja immer sehr schlau so etwas zu verbinden, wenn man schon ein Orchester am Start hat und den Producer und alles möglich da hat. Dann nimmt man halt auch gleich Sachen für das Orchesterprojekt mit auf.

M: Das meiste ist mittlerweile aufgenommen. Hansi muss noch Sachen singen, was in Tourpausen passieren soll. Wir sind noch immer relativ guter Dinge, dass das Ding nächstes Jahr eventuell rauskommen kann. Nach fast 20 Jahren!

F: „Sind guter Dinge, dass es eventuell...“ man merkt diese vorsichtige Ausdrucksweise! [lacht]

M: Ich mag Deadlines nicht, vor allem nicht von uns angekündigte. Weil die lassen wir meistens platzen!

F: Gut Ding will Weile haben!

M: Genau!

Wie würdet ihr das ganze Ding denn so allgemein umschrieben bezeichnen: Ist das wir LMO von RAGE oder etwas völlig anderes?

M: Das ist BLIND GUARDIAN in klassischer Musik. Also, du hast die typischen Elemente, die typischen Melodiebögen von BLIND GUARDIAN, eben was man von uns kennt. Du hast bloß die Metalband nicht. Also du hast wirklich ein klassisches Orchester, welches klassische BLIND GUARDIAN Musik spielt. Also, es ist nicht vergleichbar mit irgendwas was ich kenne.

F: Also ich finde am ehesten, dass es so in Richtung Filmmusik oder so etwas geht. Also so monumentale Filmmusik-Geschichten, wo die Stimmungen dann auch dementsprechend wechseln, wie es bei Filmmusik halt einfach ist. Plus Gesang natürlich. Mit Hintergründen und eigener Thematik.

Thematik ist auch noch so ein schönes Stichwort: Ihr weiß nicht, ob ihr etwas dazu sagen könnt oder wollt, denn ich habe noch ein paar Fragen zur Entstehungsgeschichte der Story. In der Special Edition ist ja dieses Tagebuch. Das hat ja schon einen sehr interessanten, persönlichen Ton. Wie habt ihr da als Band – oder wie hat Hansi da -  einen Einfluss drauf genommen? Wie ist diese Story entstanden?

M: Also Texte entstehen bei uns eigentlich immer durch Hansi. Wo wir ihm auch nicht reinreden. Das war eigentlich seit Anfang an so. Hansi singt das Zeug ja nunmal, dementsprechend schreibt er es auch. Den einzigen Einfluss den wir darauf, also auf die konkreten Texte, manchmal nehmen ist: Der Text entsteht bei uns grundsätzlich erst dann, wenn das Stück fertig ist.  Komplett. Also während der Kompositionsphase singt Hansi irgendetwas, das muss nicht mal gezwungenermaßen Sinn ergeben, die Hauptsache um die es geht ist halt die Melodielinie und teilweise der Rhythmus seines Textes den er verwendet.

F: Und Silben!

M: Ja! Und das ist ja eben das Ding: Manchmal hat er in seinen „Arbeitstexten“ irgendwelche Phrasen drin die einfach so geil klingen zu diesem part, sodass wir sagen: Das ist geil, lass das drin, bau mal einen Text darum rum. Das ist dann unsere Einflussnahme. Aber ansonsten haben wir ihm nie in Texte reingeredet.

F: Und jetzt bei dem Album gab es tatsächlich eine kleine Mini-Ausnahme: Weil ich auch einen Dummy-Text gemach habe, weil ich einfach hören wollte in welche Richtung das gehen könnte... das wurde natürlich alles nochmal entsprechend überarbeitet und so... aber trotzdem sind von diesem Dummy-Text Stellen in die finalen Lyrcis gekommen. Sogar der Titel ist geblieben: Ich habe mir so gedacht, Holy Grail-Thematik und so... und dann hat das in Hansis Konzeptüberlegungen, die er mit uns noch gar nicht geteilt hat, hat das zufällig gerade genau reingepasst, sodass er gesagt hat: Dieser „Holy Grail“ passt so gut in diese Story, die er sich gerade zusammengebastelt hat, dass er dann tatsächlich geblieben ist. Mit Titel und mit einzelnen Fragmenten aus dem Ding! [lacht] Das fand ich natürlich dann super, dass wir zeitgleich dann die Thematiken bedacht hatten. Also, insofern gab’s da dann einmal einen kleinen Schubser von Außen der dann tatsächlich seinen Weg dann auch rein gefunden hat.

Das ist aber Premiere, oder?

F: Das ist Premiere, ja!

Ich hab noch mal eine ganz allgemeine Frage die ich eigentlich schon seit Ewigkeiten mal stellen wollte...

M: Dann wäre jetzt die ideale Gelegenheit! [lacht]

Na ja, wir beiden haben ja schon mal ein Interview gehabt! Aber, passt auf, die Frage ist eigentlich ganz simpel: Wenn ich sage – oder schreibe – „BLIND GUARDIAN sind Nerds“: Ist das für euch ein Kompliment? Oder ist das einfach wo ihr sagt, dass ist euer Stil  - wie SABATON das zum Beispiel machen?

M: Nerds, hm.. [lacht]

F: Hätte ich jetzt noch nie so... also... Nerd im Sinne von „Fachleute“...

Ne, mehr so in Richtung: Fantasy und alles was damit zu tun hat. Das eher positiv konnotierte Nerd!

F: Also es ist schon so, dass wir uns mit der Thematik beschäftigen und das... na ja, „lebt“ ist jetzt hart gesagt...

M: Ne, also ich reite nicht mit meinem Schwert Richtung Sonnenuntergang jeden Abend, aber es ist halt so: Wir stehen auf Fantasy, wir haben’s seit unserer Jugend (also auch schon lange vor BLIND GUARIAN) haben wir Fantasy-Bücher gelesen und mochten halt die Stories. Das ist etwas, was in uns drinsteckt. Ich sehe es halt auch nicht so, dass ich jetzt nur Fantasy lese, ich lese allesmögliche. Für mich entscheidend ist: Ist die Story geil? Dann ist mit das Genre relativ egal. Es ist bei Musik genau das selbe. Ich unterscheide zwischen Liedern die ich mag und Lieder die ich nicht mag. Ob das dann Metal, Hard Rock, Pop, wasauchimmer ist ist mir scheißegal. Von daher sehe ich mich nicht wirklich in der Position des Nerds – ich bin jetzt aber auch nicht beleidigt wenn man mich so nennt, ich kann da relativ entspannt mit umgehen.

F: Es kommt glaube ich einfach auf die Definition des Nerds an. Ob man jetzt sagt, das ist jemand der seine Einstellung oder seine Lebenauffassung damit in die Welt trägt – oder man sagt, man interessiert sich einfach für Fantasy-Thematik in Filmen, in Spielen, in Büchern, in wasauchimmer.  Und das ist etwas was wir alle einfach gemeinsam haben, das gefällt uns einfach, das spricht uns einfach an. Ob man dadurch jetzt ein Nerd wird... ich finde, Nerds sind eigentlich immer die, die dann fachsimpeln. Und das passiert uns relativ selten, dass wir dann da hocken...

M: André und ich hatten letztens ein Interview mit der PCGames...

F: [lacht]

M: ...über Computerspiele unter anderem. André und ich sind ja die die-hard Computerspieler in der Band. Und da gab es schon so ein paar Stündchen Nerd-Talk mit den Redakteuren die da waren. „Weißt du noch, damals die Grafik? Ja, da haben wir auch getuned...“ Das war dann der Abend wo man uns definitiv als Nerds bezeichnen kann.

F: Aber da wart ihr Computernerds, da geht es ja um die Konfiguration von Gaming-PCs und so...

M: Ja, da waren wir definitiv die Nerds. Aber so...

Sacred? [Anm.: BLIND GUARDIAN haben für das Action-RPG „Sacred II“ und das 2010er Album „At The Edge Of Time“ mit dem Song „Sacred Worlds“ einen Song zu einem PC-Spiel aufgenommen, inkl. Ingame-Auftritt]

F: Das ist sehr cool! Also da bin ich auch... wenn das Nerd-sein ist, dann bin ich da sehr stolz drauf, dass wir es geschafft haben in einem Videospiel zu personifiziert zu werden! Als Video-Spiele-Nerd fühle ich mich da auch selber, auf jeden Fall!

M: Nerd! [lacht]

Also, ich bleib mal bei dem Begriff und schrieb dann eine Zeile dazu!

M: Kannst du machen! [lacht] Ja, sie waren beide einverstanden!

Okay! Habt ihr noch so ganz klassisch abschließende Worte die ihr in die Welt tragen möchtet?

M: Jo, Tschüß ist meistens so mein Abschluss. [lacht]

F: Also, wir freuen uns natürlich auf alle, die das Album ähnlich wertschätzen wie wir das tun, die Freude haben es durchzuhören und die Geschichte so zu erleben. Wir hoffen das entsprechend so verstanden wird wie wir es gemeint haben.

M: Wir freuen uns auf die Tour und hoffen, dass viele Leute kommen und Spaß mit uns haben.

Alles klar, hervorragend. Vielen Dank!

Beide: Bitteschön!

Nachdem ich noch eine offene Frage die Art und Weise der Story betreffend (siehe oben) an Hansi, Sänger und Texte-Schreiber der Band hatte, konnte ich ihn glücklicherweise später noch kurz für 2 Minuten an die Seite ziehen.

Du hast in mehren Interviews mal gesagt, dass die Texte relativ losgelöst sind von Persönlichem...

Hansi: Jaein. Man kann das so nicht sehen. Die Story steht in der Regel im Vordergrund. Es sind natürlich schon individuelle Erfahrungen, teilweise auch Betrachtungen zu bestimmten Themen. Wenn wir jetzt auf der „Immaginations / Beyond The Red Mirror“-Thematik sind, da geht es ja teilweise um Menschen die die Fähigkeit des Träumens verloren haben. Und das ist ein riesen Verlust finde ich! Wenn man einfach so ganz gerade durch’s leben geht und überhaupt nicht mehr fabulieren kann. Das sind schon so Sachen die darauf zurück gehen, dass es Menschen gibt die ich kennen gelernt habe bei denen das eventuell so gewesen ist. Es gibt natürlich immer diesen persönlichen Faktor, beidem Emotionen meinerseits natürlich eingefügt werden, auf die ein oder andere Weise. Von daher kann man es nicht ganz loslösen. Aber im Vordergrund sollte meines Erachtens immer eine Geschichte stehen.



Review:

Restoration

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Die britischen HAKEN werden spätestens seit Erscheinen ihres dritten Albums „The Mountain“ 2013 zu Recht als neue Prog-Sensation abgefeiert. Trotz traditioneller Versatzstücke klingt ihre Musik so frisch wie bei derzeit wohl keiner anderen Progressive-Band, und dazu sind hier absolute Ausnahmemusiker am Werke, denen es jedoch an keiner Stelle nur darum geht, ihr Können zu präsentieren, sondern sich immer in den Dienst des jeweiligen Songs stellen. Für die EP „Restoration“ hat die Band drei Songs ihres Demos „Enter The 5th Dimension“ von 2008 überarbeitet. Das ergibt insofern Sinn, als sich HAKEN seitdem musikalisch deutlich weiterentwickelt haben und außerdem drei der jetzigen Bandmitglieder damals noch nicht mit dabei waren.

Vielleicht ist man aufgrund von „The Mountain“ verwöhnt, aber die ersten beiden Songs, „Darkest Light“ und „Earthlings“, bieten „nur“ toll gemachten und hervorragend gespielten Progressive Rock mit leichter Metal-Kante im typischen HAKEN-Sound, lassen aber wirklich Außergewöhnliches und auch den leichten Wahnsinn, der sich auf „The Mountain“ immer wieder Bahn bricht, größtenteils vermissen. Den echten Hammer haben sich HAKEN aber für den Schluss aufgespart, in Form des epischen, knapp 20-minütigen „Crystallised“. Schon nach etwa drei Minuten erfolgt der erste pompöse Höhepunkt, darauf folgen Metal-infizierte Gitarrenriffs, mehrstimmige Kopfstimmengesänge, sphärische Parts, lyrische Themen, rhythmische Kapriolen und der ein oder andere kranke Zwischenpart, alles mit einer Leichtigkeit gespielt und gesungen, die ihresgleichen sucht.

Auch diese HAKEN-Platte verlangt ein bisschen Aufgeschlossenheit. Indem hier wieder klassische und moderne Elemente zusammengebracht werden, könnten Prog-Fans, die vor allem auf eine der beiden Herangehensweisen stehen, durchaus abgeschreckt werden. Es lohnt sich aber, dranzubleiben, denn erst mit der Zeit erschließt sich die wahre Genialität dieser Band. Und hört euch „The Mountain“ an!

Restoration


Cover - Restoration Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 3
Länge: 34:2 ()
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Review:

Beyond The Red Mirror

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“Imaginations From The Other Side” erschien 1995 als Konzeptalbum - “Beyond The Red Mirror” folgt 2015 dieser Story - nur das aus “Utopia” nun “Discordia” geworden ist.

Die schiere inhaltliche Existenz dieses Albums ist einer der Gründe, warum ich seit Jahren auch ganz privat großer BLIND GUARDIAN Fan bin – die Band bietet nicht nur seit Jahren starken, in den letzten Jahren insbesondere sehr progressiven Metal - sondern liefert auch gleich immer die Story darum mit. Egal ob eine Silmarillion –Vertonung, Referenzen zu unzähligen Büchern oder eben eigene Geschichten, ein neues BLIND GUARDIAN Album hört man am besten mit dem Artbook dazu. Und genau das habe ich (höchst erwartungsvoll) getan. Die „Part I-IX“-Angaben beziehen sich übrigens auf die Einordnung in die Geschichte gemäß CD-Back.

Das Album beginnt epochal: Mit „The Ninth Wave“ (Part I: The Cleansing Of The Promised Land) wird ein 9:30 Minuten langer Epos geboten welcher sich hervorragend mit dem zweiten Titel des ersten Teils, der Single-Auskopplung „Twilight Of The Gods“, einreiht. Die Band hat übrigens mit drei verschiedenen Orchestern und Chören gearbeitet – und das hört man. Part II (The Awakening, „Prophecies“ und „At The Edge Of Time“) zeigt genau das mit „At The Edge Of Time“ noch einmal überdeutlich: Fast 7 Minuten lang wird die Geschichte in bester Symphonic-Manier breit ausgebreitet. Fehlt eigentlich nur noch Christopher Lee.

Ganz von seinen Metal-Wurzen weg sind die GUARDIANs aber ganz sicher auch nicht: „Ashes Of Eternity“ (Part III: Disturbance In The Here And Now) zeigt eindrucksvoll, dass auch böse Schlagzeuglinien und aggressive Vocals (wenn auch nicht ohne Chor) direkt auf dem Beat  genauso in diesem Album stecken wie ruhigere Nummern („Distant Memories“ aus IV: The Mirror Speaks) oder die fast-Ballade „Miracle Machine“ (Part VII: The Fallen And The Chosen One). Übrigens gefolgt vom fast 10-minütigen „Grand Parade“ (Part VIII: Beyond The Red Mirror).

Fazit: Ich sage es nicht als BLIND GUARDIAN Fan, sondern als allgemeiner Fan von nerdigem Kram und guter Musik: „Beyond The Red Mirror“ ist ein verdammt starkes Album.

Es macht (mir) unglaublich Spaß sich in den Sessel zu setzen, die CD oder LP einzulegen, der Musik zu lauschen und das Artbook zu lesen – oder wahlweise zu Brechern wie „Twilight of the Gods“ das (wenn vorhandene) Haupthaar zu schütteln. Die Band tritt klar in ihre eigenen Fußstapfen: Hansi Kürsch hat keine langen Haare mehr, die Band spielt keinen Speed-Metal mehr, die Songs sind lang und komplex; BLIND GUARDIAN führen storymäßig das vor, was sie 1995 angefangen haben – und musikalisch das, was spätestens seit „At The Edge Of Time“ vor allem progressiv, epochal und symphonisch ist. Und genau steht der Band 2015 musikalisch wie inhaltlich allerdings ausgesprochen gut. Dementsprechend kann ich nicht nur das Album sondern auch in der Tat die etwas dekadente Special Edt. mit Artbook empfehlen -  Geschichte und Texte inkl. künstlerisch sehr ansprechender Artworks machen aus einem einfach guten Album ein richtiges Konzeptalbum.

Dem Profi wird aufgefallen sein, dass ich über die Story nicht wirklich ein Wort verloren habe. Das wäre an dieser Stelle euer Job.

Release: 30.01.2015

Beyond The Red Mirror


Cover - Beyond The Red Mirror Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 12
Länge: 70:48 ()
Label:
Vertrieb:
Review:

Three Sides Live

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Mit „Three Sides Live“ veröffentlichen Eagle Vision dieser Tage ein altes Vhs-Tape der ehemaligen Prog-Rocker. Die Aufnahmen stammen aus dem Jahre 1981 und konzentrieren sich vor allem auf die beiden Alben „Abacab“ und „Duke“. Spiegeln also eine Phase wieder, in der die Band sich vom progressiven Rock langsam löste und immer weiter Richtung Mainstream Pop eilte. Die neue Ausrichtung ist auf Songs wie „Man On The Corner“ oder „Me & Sarah Jane“ zu hören. Die Gitarre wandert stark in den Hintergrund und das Keyboard dominiert.

Eines der Highlights ist für die alten Fans das Medley bestehend aus den zwei „The Lamp Lies Down Broadway“ Titeln „In The Cage“ und „Slipperman“ sowie „The Cinema Show“ von dem Klassiker „Selling England By The Pound“. Mit „Who Dunnit“ hat sich auch ein Totalausfall auf das Live-Dokument geschlichen.

Unterbrochen werden viele Stücke durch Interview-Sequenzen und interessante Einblicke ins Tour-leben. So sieht man zum Beispiel, wie Instrumente wieder repariert werden oder der Tour-Tross samt Kind und Kegel zur nächsten Stadt reist. Als Bonus befinden sich die unterbrochen Stücke als Audio onlys auf dem Silberling.

Die DVD ist vor allem Genesis-Fans ans Herz gelegt, die alle Phasen der Band gut finden. Peter Gabriel Supporter könnten das Märchenhafte und verträumte Element vermissen. Liebhaber der Popphase stören sich vielleicht an den progressiven Titel.

 

Three Sides Live


Cover - Three Sides Live Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 12
Länge: 83:0 ()
Label:
Vertrieb:

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