Nach dem zweiten Album folgt folgerichtig die zweite Live-DVD – wenn man das so haben will. Die Prog-Star-Truppe FLYING COLORS begab sich dafür ins schweizerische Basel und scheute dabei keinen Aufwand um sich ins rechte Licht zu rücken. Mit 24 Kameras war man am Start, der Aufwand für das Mastering wurde ähnlich dem eines Kinofilms durchgeführt. Beim 5.1. Klang kann man zwischen „best place“ und „Mischpult“ wählen. Ein „Front Row Mix“ gibt es auch noch. Soundmäßig ist das 1A – leider hält die Bildführung und deren Bearbeitung trotz allen Aufwandes da nicht ganz mit. Mir ist das Ganze etwas zu unruhig geraten, ein paar Effekte weniger hätten es wohl auch getan. Egal – entscheidend ist auf dem Platz, ähhh – auf der Bühne.
Und da zeigt „Second Flight Live At The Z7“ dass die FLYING COLORS mit ihrem anspruchsvollen, aber doch eingängig und nachvollziehbaren Prog-Rock es einfach können. Denn um zu beweisen das Gitarrist Steve Morse, Bassist Dave LaRue, Keyboarder Neal Morse sowie Schlagzeuger Mike Portnoy zu den jeweiligen Besten ihres Faches gehören, hätte man dieses Ton- und Bild-Dokument nicht zwingend benötigt. Aber zusammen mit ihrem Sänger Casey McPherson liefert „Second Flight Live At The Z7“ sichtbar live und mit Spielfreude einen Auftritt ab, der beweist, dass aus dem Projekt „Flying Colors“ durchaus eine Band wurde – und dass man neben der ja zu erwartenden technischen Finesse der Protagonisten auch Rock-Atmosphäre zu bieten hat. Das Songs wie die „Mitgehnummern“ „Bombs Away“ „Kayla“ und „Shoulda Coulda Woulda“ (allesamt gleich als Stimmungsmacher zum Start des Set platziert) funktionieren wusste man ja, auch das überragende „The Storm“ lässt gleich zu Beginn Gänsehautstimmung aufkommen, aber auch ruhigeres wie „The Fury Of My Love” hält hier live festgehalten was die Studiotakes versprechen. Und wenn man ohne Langeweile zu erzeugen drei Songs live über 12 Minuten spannend hält, dann gehört man eh‘ zu den Genregrößen. Wobei mich hier live vor allem das als Highlight gegen Ende des Sets platzierte „Cosmic Symphony“ mitreißt.
Das darüber hinaus auch noch die Aufmachung des Ganzen wertig ist (2-CD, Blu-Ray – hier gibt es auch noch die 4 Videos der Band, usw.) macht es nur noch endgültig rund und zu einem gelungen Vorweihnachtspräsent für die Fanschar.
Tracklist 3LP & 2CD
01. Overture 01:28
02 Open Up Your Eyes 12:16
03. Bombs Away 04:58
04. Kayla 05:20
05. Shoulda Coulda Woulda 05:18
06. The Fury Of My Love 05:34
07. A Place In Your World 06:06
08. Forever In A Daze 04:22
09. One Love Forever 07:21
10. Colder Months 03:49
11. Peaceful Harbor 06:43
12. The Storm 05:09
13. Cosmic Symphony 12:35
14. Mask Machine 07:03
15. Infinite Fire 12:47
16. Peaceful Harbor (Orchestral Version) 03:23 (Bonus track 3LP and digital only)
An THE ALAN PARSONS PROJECT schieden sich schon immer die Geister – seinem kommerziellen Erfolg zwischen 1976 bis Ende der 80er zum Trotz avancierte der Keyboard-dominierte Prog-Art-Rock mit Pop-Appeal nie zum Kritikerliebling (die ersten drei Alben mal abgesehen. Meinereiner kann sich seinen Signatursound aus der „goldenen Zeit“ gar nicht wegdenken.
So auch Longplayer Nummer 5 - „The Turn Of A Friendly Card”. Das 1980 erschienene Konzeptalbum über das Glücksspiel (Mastermind Woolfson wohnte damals in Monte Carlo) hatte ja mit „Games People Play“ einen Ohrwurm-Hit an Bord (den ersten Song den Eric Woolfsons selbst einsang), aber vor allem mit dem Überlangen, in 5 Parts gesplitteten Titeltrack eine ambitioniertes Highlight der ALAN PARSONS-Biografie zu bieten. Also nun die „35th Anniversary Edition“ dieses Werkes, dass vor allem auch mit ausgefeilten Arrangements und einem gelungenen Spagat zwischen rockigen Prog, Balladen und Mainstream darstellt. Es macht einfach Spaß und Sinn „The Turn Of A Friendly Card“ am Stück (und am besten unter dem Kopfhörer) zu genießen.
„The Turn Of A Friendly Card – 35th Anniversary Edition” kommt als Doppel-CD daher, mit neuem Cover und 20-seitigen Booklet (inclusive neuen Linernotes und Fotos). Neben dem deutlich hörbaren (sehr gut vom Meister Alan Parsons selbst unterstützt) remasterden Original Album (10 Tracks, 40 Minuten) gibt es reichlich seltenes (Home Recordings, Studiotakes) und zum Teil bisher unveröffentlichtes Material zu diesem Album – in Gänze 27 zusätzliche Titel. Sicher ein Muss für die eingefleischte ALAN PARSONS-Gemeinde.
CD 1
1. May Be A Price To Pay
2. Games People Play
3. Time
4. I Don’t Wanna Go Home
5. The Gold Bug – Instrumental
The Turn Of A Friendly Card
6. The Turn Of A Friendly Card (Part One)
7. Snake Eyes
8.The Ace Of Swords
9. Nothing Left To Lose
10. The Turn Of A Friendly Card (Part Two)
BONUS TRACKS
11. May Be A Price To Pay (Intro Demo)
12. Nothing Left To Lose (Basic Backing Track)
13. Nothing Left To Lose (Chris Rainbow Vocal Overdub Compilation)
14. Nothing Left To Lose (Early Studio Version with Eric’s Guide Vocal)
15. Time (Early Studio Attempt)
16. Games People Play (Rough Mix)
17. The Gold Bug (Demo)
CD 2
ERIC’S SONGWRITING DIARIES
Track 1 May Be A Price to Pay (Eric's Songwriting Diary)
Track 2 Games People Play (Eric's Songwriting Diary)
Track 3 Time (Eric's Songwriting Diary)
Track 4I Don’t Wanna Go Home (Eric's Songwriting Diary)
Track 5 The Turn of a Friendly Card (Eric's Songwriting Diary)
Track 6 Snake Eyes (Eric's Songwriting Diary)
Track 7 Nothing Left to Lose (Eric's Songwriting Diary)
Track 8TOFC /Snake Eyes/ I Don’t Wanna Go Home (Eric's Songwriting Diary)
EXTRA BONUS TRACKS
Track 9 May Be A Price to Pay (Early Version - Eric Guide Vocal & Unused Guitar Solo)
Track 10 Games People Play (Early version - Eric Guide Vocal)
Track 11 Time (Orchestra & Chris Rainbow Backing Vocals)
Track 12 The Gold Bug (Early Reference Version)
Track 13 The Turn of a Friendly Card Part 1 (Early Backing Track)
Track 14 Snake Eyes (Early Version - Eric Guide Vocal)
Track 15 The Ace of Swords (Early Version with Synth“Orchestration")
Track 16 The Ace Of Swords (Early Version with Piano on Melody)
Track 17 The Turn of a Friendly Card Part Two (Eric Guide Vocal and Extended Guitar Solo)
Track 18 Games People Play (Single Edit)
Track 19 The Turn of a Friendly Card (Single Edit)
Track 20 Snake Eyes (Single Edit)
The Turn Of A Friendly Card – 35th Anniversary Edition (Re-Release)
POSTCARDS FROM ARKHAM sind ein echter Geheimtip in Sachen Postrock, zumindest außerhalb ihrer tschechischen Heimat. Das könnte und müsste sich mit dem Release von "Æøn5" ändern, denn was der Haufen hier vom Leder zieht, ist international locker konkurrenzfähig. In acht Songs geht es thematisch um das Werk von H.P. Lovecraft - angesichts des Bandnamens keine Überraschung - und musikalisch breitgefächert-progressiv zu. Postrock trifft es als Genrebeschreibung nur bedingt, aber einer näheren Kategorisierung entziehen sich die Tschechen durch ihren wilden Mix an Einflüssen. So finden sich neben progressivem Rock und Postrock-Soundwänden ein präsentes, aber nicht dominierendes, Keyboard und viele Einflüsse aus dem Pop-Bereich. Richtig spannend wird "Æøn5" aber erst durch die verschachtelten Songstrukturen im Zusammenspiel mit den vielen Einflüssen und der zwischen Optimismus, Verträumtheit und Melancholie wechselnden Stimmung. Es gibt für den Hörer sehr viel zu entdecken, so dass viel Zeit in Arkham verbracht werden kann. Dabei erschlagen oder verwirren POSTCARDS FROM ARKHAM nicht mit zu abgedrehten Songs, sondern bleiben nachvollziehbar und spannend zugleich.
Besonderes Ohrenmerk sollte dem sehr variablem Gesang zukommen: der schafft es, in einer Vielzahl von Stimmungslagen und Betonungen immer im passenden Moment die passende Atmosphäre zu erzeugen und bringt "Æøn5" als Ganzes eine Stufe weiter. POSTCARDS FROM ARKHAM sind definitiv eine interessante Band, die ein sehr gelungenes Album geschrieben hat. Einziges Manko ist die für diese Art von Musik viel zu kurze Spielzeit - hier muss mindestens eine Stunde her!
Seit ihrem ersten Album haben sich die Briten TESSERACT immer weiter von ihren Ursprüngen entfernt. Bot das Debütalbum „One“ noch teilweise ziemlich wilden Prog-Metal, der jedoch auch immer wieder Platz für eingängige Hooks ließ, wurde ihre Musik über die Jahre immer melodischer und zugänglicher. Auf „Polaris“ wird diese Entwicklung fortgesetzt: „Metal“ wird hier klein geschrieben, wirklich heftige Parts sind kaum vorhanden, dafür gibt es vermehrten Einsatz von Keyboards, viele ruhige und poppige Passagen zu hören. Mit dieser Einebnung geht leider auch ein Qualitätsverlust im Songwriting einher. Obwohl immer wieder hoch melodisch, bleibt am Ende nicht viel von der Musik hängen, ganze Songs versinken in Belanglosigkeit.
Was dazu noch störend ist, ist die viel zu cleane Produktion. Der Gesang, durchgehend auch eine Spur zu dramatisch, steht stark im Vordergrund, auch die Drums sind weit vorne, klackern aber eher, als dass sie drücken, und den Gitarren wurde jeder Dreck abgeschnitten. Überhaupt spielen sich die Saiteninstrumente oft eher im Hintergrund ab, während die Keyboards immer wieder recht dominant sind. Bei einer Band wie ARCHIVE geht eine solche Soundästhetik in Ordnung, aber die schreiben bessere Songs und klingen trotz aller Perfektion weniger überproduziert.
Was man TESSERACT zu Gute halten muss, ist, dass es ihnen gelingt, über das gesamte Album eine intensive Atmosphäre aufzubauen. Einigen Passagen hätte es allerdings gut getan, wenn sie instrumental geblieben wären. Unterm Strich dürfte „Polaris“ wohl weniger Fans von MESHUGGAH, TOOL oder DREAM THEATER gefallen, könnte unter Umständen aber etwas für Anhänger von PORCUPINE TREE, KARNIVOOL oder ARCHIVE sein.
Manchmal hasse ich es Recht zu behalten. Im Falle des neuen Bandprojektes von Ex-QUEENSRYCHE-Sirene Geoff Tate OPERATION: MINDCRIME bedeutet das, dass deren erste Scheibe „The Key“ in etwa so klingt wie ich es befürchtet habe. Alles plätschert mehr oder weniger elegisch dahin und verleitet am ehesten zum Einschlafen als zu irgendetwas anderem. Offene Akkorde und viel Mid- und Downtempo bestimmen das Klangbild und auch Tate selber klingt in meinen Ohren über weite Strecken schrecklich gelangweilt. Vermute allerdings, dass das kein Fehler, sondern eine bewusste Entscheidung ist. Aber hier findet sich in der Tat alles was an QUEENSRYCHE seit „Hear In The Now Frontier“ problematisch war. Damit ich nicht ganz polemisch und gemein werde, versuche ich mal noch das Positive von „The Key“ herauszuarbeiten: „Re-Inventing The Future“ klingt tatsächlich etwas nach „Empire-Ära QUEENSRYCHE“, die Keyboardsounds im kurzen Instrumental „Discussions In A Smoke Filled Room“ haben was von AYREON und wenn Tate gegen Ende der Ballade „The Queue“ das Saxophon auspackt wird es wirklich mal richtig schön. Das alles ändert leider nichts an der Tatsache, dass „The Key“ über weite Strecken brutal an mir vorbeirauscht und mich emotional wenig bis gar nicht berührt. Wer mit Tates bisherigen Soloausflügen gut zurecht kam und der Meinung ist, dass „Operation: Mindcrime II“ besser als der erste Teil ist, der sei zum Reinhören ermutigt, allen anderen möchte ich eher zur neuen QUEENSRYCHE raten.
Von Neal Morse’ Ausstieg vor 13 Jahren haben sich SPOCK’S BEARD nie richtig erholen können. Die überragenden Fähigkeiten der übrigen Bandmitglieder sind geblieben, aber die großen kompositorischen Ideen fehlen seitdem, und auf den folgenden Veröffentlichungen ist ihre Musik zusehends verflacht. Der Ausstieg des an den Lead-Gesang nachgerückten Drummers Nick D'Virgilio 2011 hat dann auch gar nicht mehr so viel ausgemacht, trotzdem wurde mit dem 2013er Album „Brief Nocturnes And Dreamless Sleep“ wohl ein vorläufiger Tiefststand erreicht.
Mit „The Oblivion Particle“ haben SPOCK’S BEARD wieder einmal versucht, ein relevantes Album aufzunehmen. Tatsächlich geht es sogar ziemlich vielversprechend los: Der Opener „Tides Of Time“ ist klassische SPOCK’S BEARD. Weit gespielte Themen, verschwurbelte Rhythmen, schwer rockende Riffs – alles da. Nur der Gesang ist farbloser als früher, aber das kannte man ja schon vom Vorgängeralbum. Dann aber schlägt Einfallslosigkeit um sich. „Minion“, „Hell’s Not Enough“, „Get Out While You Can“, „Benett Built A Time Machine“ – alles zum Einschlafen langweilig, gekrönt durch fürchterliche Refrains. Fast immer brauchen die Stücke wahnsinnig lang, bis sie richtig losgehen, ohne dass Spannung aufgebaut würde, und fast immer werden dann im letzten Drittel vertrackte Instrumental-Parts eingebaut, um zu retten, was noch zu retten ist.
Doch tatsächlich gewinnt das Album in der zweiten Hälfte – als man es längst schon nicht mehr erwartet – an Intensität. Zwar zieht sich auch „A Better Way To Fly” erst einmal etwas hin, geht dann im Mittelteil aber ordentlich ab und wird stellenweise richtig wild, wobei die Keyboards psychedelische Akzente setzen. Super! Das zehneinhalb Minuten lange „To Be Free Again“ besticht dagegen durch seine ruhige, fließende und teils düstere Atmosphäre, verbunden mit einer gewissen Heavyness. Auch das abschließende „Disappear“ kann noch einmal begeistern: am Anfang wieder viel Ruhe, viel Atmosphäre, wobei stellenweise etwas PINK FLOYD mitschwingt, dann ein typischer wilder Instrumental-Ritt inklusive eines ebenso typischen A acapella-Intermezzos (SPOCK’S BEARD-Trademark-Sound, muss man schon sagen) und ein großes, breit ausgespieltes Finale.
Na also – geht doch! Offenbar sind SPOCK’S BEAR doch noch fähig, hervorragende Songs zu schreiben. Allerdings scheint es ihnen einfach nicht mehr zu gelingen, diese Qualität über ein gesamtes Album aufrechtzuerhalten, denn von den großen Werken der Neal Morse-Ära sind sie nach wie vor weit entfernt. Immerhin ist man am Schluss von „The Oblivion Particle“ aber wieder einigermaßen mit ihnen versöhnt.
Betrachtet man sich das Schaffen vieler Künstler aus den Bereichen Kunst, Literatur oder Musik, dann fällt auf, das viele Themen nie an Aktualität verlieren.
So auch das Album »Amused To Death« vom Meister der Konzeptalben Roger Waters. Der Multiinstrumentalist beschäftigt sich mit dem Thema Medienabhängigkeit.
Ein Phänomen, das 23 Jahre nach seiner ersten Veröffentlichung aktueller ist denn je. Scheinbar scheint jeder auf irgendwelche Displays zu starren, um die Realität zu verdrängen.
Auch nach so langer Zeit klingt die digital nachbearbeitete Fassung immer noch gut und druckvoll. Der Neuauflage liegt sogar noch eine Blue-Ray im 5.1 Surround Mix bei. Waters schafft es, den Hörer über 70 Minuten mit diesem Konzept Album zu fesseln. Ähnlich wie bei seinem Meisterwerk »The Wall« setzt er auf Samples und viele Geräusche, die dem Album einen cineastischen Touch geben. So ist in dem Song »Late Home Tonight (Part I)« vermutlich ein Rentierschlitten zu hören, der mit seinem Glockengebimmel von links nach rechts rauscht – ein wahrhaftiges Erlebnis unter Kopfhörern.
Weitere Akzente setzt Gitarrist Jeff Beck, der mit seinem unverkennbaren Spiel der Musik Waters eine weitere klangliche Dimension verleiht.
Einzelne Titel werden an dieser Stelle nicht weiter hervorgehoben, da das Album am besten als Ganzes am Stück genossen werden sollte.
Wenn es einem schwerfällt, ein Album adäquat in Worte zu fassen, man ebendas aber seit Jahren mit ziemlich konsequenter Regelmäßigkeit tut, dann besteht die Chance, dass auf diesem Album durchaus interessante Musik lauern könnte. Tut es auch. BETWEEN THE BURIED AND ME mit „Coma Ecliptic“, Ladies and Gentlemen.
Auf „Coma Ecliptic“ muss sich der geneigte Musikfan auf eine Prog-Achterbahn sondergleichen gefasst machen – es gibt schräg-verschobene, MASTODON-artigen Akkord- und Riff-Experimente, durchbrochen von spinnenfüßigen Melodic Parts und unbarmherzigen Growl-Einlagen, verspielte Gitarrenexperimente die sich einsam auf einem Stereokanal durch die Lautsprecher wühlen, gleichzeitig aber doch selber schon potentielle Mainriffs sein könnten. Es gibt fast schon atonale Keyboard-Einlagen die einen in ein psychedelisch-abgefahrenes Musikreich locken und ein wenig wie ein wild gewordener H.P. Lovecraft mit Gitarren klingen oder ruhige Prog-Rock-Stellen, welche ähnlich wie PORCUPINE TREE oder YES nach LP-Abend und gutem Whisky schreien – „Coma Ecliptic“ bietet all das. Und mehr.
Ja, meine Einleitung war nicht nur wild dahergelabert – das Album gibt sich derart Facettenreich, dass die Einschränkung auf einige Songs nahezu ein Ding der Unmöglichkeit ist. Sicher – wer die Platte bereits kennt und das hier liest wird sicher vielleicht den ein oder anderen Song meinen erkennen zu können – aber BETWEEN THE BURIED AND MEs neues Album lädt auch derart zum Wiederhören ein, dass man eigentlich ohnehin bei jedem Durchgang neue Sachen entdeckt, welche dann natürlich wieder eigene Wortakrobatik verlangen.
Aufgenommen wurde die Scheibe übrigens in den USA, gemastert in Schweden von Jens Bogren (u.a. OPETH, AMON AMARTH, DEVIN TOWNSEND).
Was lest ihr hier noch? Besorgt euch „Coma Ecliptic“. Jetzt.
Als Tour-Gitarrist von BIFFY CLYRO hat sich der Ex-OCEANSIZE-Frontmann Mike Vennart so etwas wie eine Auszeit genommen. Hier musste er weder Songideen produzieren noch singen, sondern einfach nur Gitarre spielen. Aber klar, ein derart kreativer Musiker muss irgendwann auch wieder eigene Stücke schreiben, und das Resultat liegt jetzt mit seinem ersten, „The Demon Joke“ betitelten, Solo-Album vor. Die Musik darauf ist der von OCEANSIZE nicht allzu unähnlich. Krumme und abgschnittene Takte an jeder Ecke sind hier der Standard, wirken aber völlig unangestrengt, dazu kommen tolle Melodien, sphärische Parts und ungewöhnliche Songstrukturen. Nur etwas weniger gitarrenlastig geht Vennart solo vor, setzt mehr Keyboards ein, holt den Gesang öfter in den Vordergrund und befindet sich stellenweise auch nah am Pop. Aber einige heftige Gitarren-Riffs gibt es glücklicherweise doch noch zu hören.
Schon zu Beginn des Albums wird deutlich, wie sehr Vennarts Musik von Kontrasten lebt. Mit „255“ gönnt er sich einen getragenen Einstieg, bevor fiese Störgeräusche einsetzen, die ins das treibende „Doubt“ übergehen, das mit wuchtigem Beat und ziemlich düster, aber trotzdem melodisch daherkommt und in einem harmonieverliebten Finale zum Reinlegen endet. Später folgt auf die hymnische Ballade „Don't Forget The Joker“ mit „Retaliate“ ein Song mit hartem Beat, übersteuertem Bass und durchgeknallten Synthie- und Gitarreneffekten. Zum hymnischen Chorus von „Operate“ hat sich Vennart offensichtlich von seinen zeitweisen Geldgebern BIFFY CLYRO inspirieren lassen, wohingegen das sphärische „Infatuate“ mit seinem treibenden Ohrwurm-Refrain auch gut von OCEANSIZE sein könnte.
In der zweiten Hälfte des Albums wird die Balladendichte höher – leider, denn hier wird es auch manchmal etwas seicht. Und überhaupt hätte ich mir insgesamt mehr Gitarrenausbrüche und weniger Keyboards gewünscht. Aber auch wenn einen nicht jeder Song auf „The Demon Joke“ umhaut, ist es allemal spannend, was Vennart hier so treibt. Und immerhin schwingt oft etwas OCEANSIZE-Flair mit, weshalb die Fans seiner Ex-Band auch ein bisschen auf ihre Kosten kommen.
ADRAMELCH standen zu jeder Phase ihres Daseins außerhalb gängiger Normen und schufen einen einzigartigen Klangkosmos. Selbiger wird noch lange nachhallen, auch wenn das vierte -treffend betitelte- Werk „Opus“ den Schwanengesang dieser außergewöhnlichen Combo bedeutet. ADRAMELCH hören auf. Und sie tun es so stilvoll wie möglich. Erst gab es einen persönlichen und bewegenden Abschied auf dem diesjährigen Keep It True und nun folgt das akustische „Farewell“.
„Opus“ ist wieder ein wunderschönes, elegisches Album zum Träumen und sich Treiben lassen geworden. Obwohl es das Ende von ADRAMELCH bedeutet, klingt es erstaunlich positiv und hoffnungsvoll. Ein Indiz dafür, dass uns die beteiligten Musiker in zumindest anderen Kontexten erhalten bleiben werden.
Mit Metal im herkömmlichen Sinne haben ADRAMELCH zwar schon lange nichts mehr am Hut, die Musik, die die Italiener kreieren ist aber so voller Emotionen und Leidenschaft, dass das eigentlich vollkommen schnurz ist, denn dies ist im besten Wortsinne verbindende Musik über alle Vorbehalte und Genregrenzen hinweg. Während Sänger Vittorio Ballerio auf früheren Alben mitunter sehr leidend klang, so klingt er nun positiv und geradezu befreit und kredenzt uns einige seiner besten und ergreifendsten Gesanglinien ever. Auch hier gilt, was ich schon weiter oben geschrieben habe: Einfach pure in Noten verpackte Schönheit.
Seine Mitmusiker unterlegen und ergänzen diese mit packenden Rhythmen und Melodien für die Ewigkeit. Ich spare mir an dieser Stelle einzelne Songs herauszuheben, denn dieses „Opus“ funktioniert am besten in seiner Gesamtheit.
Und so bleibt mir nur noch mich für vier legendäre Alben, tolle Liveshows und eine private Herzlichkeit, die wohl einzigartig im Musikbusiness ist, zu bedanken.