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Liquid

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Es ist schon fast 10 Jahre her, dass Kalle Wallner (RPWL-Gitarrist) mit seinem ersten BLIND EGO Solostreich „Mirror“ für durchweg positive Resonanzen sorgte. Das 2 Jahre später folgende „Numb“ war ebenfalls eine gute Scheibe – wenn auch nicht ganz so zwingend. Nun also – nach langer Solo-Pause und hörbar gut gereift der dritte Streich „Liquid“. Gewohnt eingängig und melodisch (was sonst erwartet man von einem RPWL-Recken) geht es bei den neun, meist längeren Werke zugange, der als durchscheinende moderne Touch setzt BLIND EGO gekonnt und gut von RPWL ab. Dabei setzt Wallner natürlich mit seiner Gitarre viele Akzente – harte Riffs und virtuose Soli sind ein Genuss. Dazu läßt er die Songs von 3 gestandenen Sängern veredeln: Arno Menses von SUBSIGNAL, Erik Ez Blomkvist von SEVEN THORNS und  Aaron Brooks (SIMEON SOUL CHARGER). Ansonsten setzt Wallner mit BLIND EGO auf abwechslungsreiches Songwriting; da kommen einen auch schon mal FATES WARNING oder PETER GABRIEL in den Sinn. Als mein Highlight habe ich dabei das über 8-minütige „Never Escape The Storm“ ausgemacht – einen epischen Song der alles zeigt, was Kalle Wallner mit BLIND EGO so drauf hat. Aber auch der von ruhigen Start und Ende eingerahmte Ohrwurm „Blackened“ und das instrumentale „Quiet Anger“ (samt geilen Bass-Part) bringen BLIND EGO auf den Punkt. Und das man „Liquid“ ohne Zutun in einem Hör durch genießen kann spricht wohl auch für sich. Fans progressiver Mucke zwischen Hard Rock und Prog-Metal sollten „Liquid“ auf jeden Fall mal antesten.

Liquid


Cover - Liquid Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 62:48 ()
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Sorceress

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OPETH haben mit "Heritage" und "Pale Communion" deutlich gemacht, dass sie sich vom Metal verabschiedet und dem Progressive Rock zugewandt haben. Mit dem ersten Versuch gelang das ob der schwachen Songs nur bedingt, aber der zweite Versuch in Form von "Pale Communion" war rundum gelungen. Jetzt also "Sorceress", mit welchem OPETH unter Beweis stellen müssen, dass sie sich in den letzten Jahren als Progressive-Songschreiber gefestigt haben. Klar ist schon beim ersten Durchlauf, dass es - die von vielen Fans ersehnte - Rückkehr zum Metal nicht gibt. Keine Growls, kein "Blackwater Park" Nummer 2, kein Stromgitarrenmassaker. Stattdessen progressive Songs, vorgetragen mit ruhiger Stimme ("A Fleeting Glance"), im Wechsel mit knackigen Rocksongs ("Chrysalis"). Und das Schöne: beides funktioniert. OPETH haben sich zu beim Songwriting spürbar verbessert, wodurch die Songs für sich gesehen gut funktionieren. Zwar ist "Sorceress" kein homogenes Album; der Fokus liegt stärker auf den einzelnen Songs. Dabei müssen "Persephone", "Sorceress 2", "The Seventh Sojourn" und "Persephone (Slight Return)" als Ausnahmen gesehen werden, sind sie doch eher Interludes oder Verstärkungen vorgangenener Themen. Als Verbindung zwischen den Songs, als Kitt für ein homogenes Album verfehlen sie allerdings ihren Zweck. Immerhin kommen so Songs wie das mit Metalkante beim Drumming ausgestattete "Era" besser zur Wirkung, genau wie das wunderschöne und progressive "Strange Brew", bei welchem insbesondere die Gesangsleistung - und das Zurücknehmen des Gesangs im richtigen Moment - in Verbindung mit dem Bombast des Progressive Rocks die Highlights sind. Der Titelsong des Albums ist unfassbar eingängig, "Will O The Wisp" ein Lehrstück in Sachen harmonischer Musik und mit folkigem Einschlag, und "A Fleeting Glance" als langsam wachsendes Duell zwischen Gitarre, Gesang und Piano.

OPETH machen - mehr als bisher - die Songs, auf die sie Lust haben. Sie scheinen sich von allen Erwartungen und Nörgeleien ihrer Fans befreit zu haben, wodurch "Sorceress" positiv und fröhlich klingt. Åkerfeldts Stimme ist noch einmal facettenreicher geworden und wird von ihm selbstbewusster selbst in den ruhigen, zerbrechlichen Parts eingesetzt. Dazu gesellt sich eine leichte Metalkante in vielen Songs, mit der OPETH den Bogen zur eigenen Vergangenheit schlagen, auch wenn im aktuellen Line-Up nicht mehr viele "Blackwater Park"- oder "Orchid"-Beteiligte zu finden sind.

"Sorceress" ist ein vielschichtiges Album geworden, in welchem sich OPETH kreativ austoben. Die Songs überzeugen im Grunde alle, mögen sie auch sehr unterschiedlich sein - und doch immer die OPETH-Handschrift erkennen lassen - und von einigen eher unnötigen Interludes eingerahmt werden. Im Grunde geben die Schweden ihre Interpretation des Wortes progressiv wieder: sie entwicklen sich weiter, sie verändern sich, sie verfeinern ihren Stil. Davor und vor dem Ergebnis kann jeder Musikfan nur den Hut ziehen. 

 

Sorceress


Cover - Sorceress Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 56:36 ()
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F.E.A.R. (Fuck Everyone And Run)

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Mensch MARILLION, die Progveteranen von der Insel haben es tatsächlich geschafft und nochmal ein wirklich starkes Album raus gehauen. Das Teil nennt sich „F E A R“ und steht für „Fuck Everyone And Run“. O.k. bei dem plakativen Titel ist beinahe zwangsläufig ein eher zeitkritisches Album zu erwarten und tatsächlich MARILLION liefern hier mit ihrem 18'ten Album fast eines der besten Werke in der Post-Fish Ära ab. Bisher war dies nach meiner bescheidenen Meinung „Bave“ aber FEAR bietet ähnlich hochwertigen Progrock mit ganz viel Atmosphäre, songlicher Tiefe und tollen Melodien.
Es ist ja mittlerweile schon das Studiowerk Nummero 12 mit Sänger Steve Hogarth und der drückt nicht nur mit seinen emotionellen Vocals sondern auch mit den hier besonders politischen Texten seinen Stempel auf. Er schafft hier den schmalen Spagat zwischen zerbrechlich und für seine Verhältnisse wütend, krafvollen Parts hervorragend, dies war nicht immer so. Sehr schwache Scheiben wie etwa „Marillion.com“ oder „Radiotion“ litten neben dünnem Songwriting auch an zu viel Gesäuselparts des Frontmannes.      
Doch hier auf Fear keine Spur davon, Hogarth will die Scheibe gar als Protestalbum verstehen, es werde hier die heutzutage weitverbreitete Mentalität, die Menschen auszunutzen, zu verarschen und sich anschließend aus dem Staub zu machen angeprangert. Fehlende gesellschaftliche Normen bzw. deren Einhaltung und fragwürdiger Gesinnungen. Geld regiert die Welt, was kümmert da noch  Moral oder Ethik. Dies will man insbesondere auch die Politik zu.
Doch genug der Sozialkritik selbst diejenigen, die tatsächlich immer noch der FISH-Ära hinterher trauern könnten hier sowohl in textlicher als auch musikalischer Hinsicht ihren Frieden mit der Band machen. Das Album gliedert sich grob in Hauptsongs mit diversen Unterparts, die auch ineinander übergehen. Bereits das Opening Paket Eldorado ist vielleicht am gewöhnungsbedürftig bietet aber tolle Passagen mit einer gewissen Traurigkeit („Demolished Lives“) aber auch rockig, markante Momente („Fear“) mit fesselnder Rhythmik.       
Diese Scheibe bietet viele gelungene melancholische Momente ist aber nicht ganz so dunkel & düster wie „Brave“ geraten, auch wenn das Ende inhaltlich eher negativ geraten ist, denn da übernehmen die Bösen bzw. „The New Kings“ quasi die Herrschaft.
MARILLION besinnen sich insgesamt wieder eher auf die melodischen Momente, lassen das verschroben-experimentelle früherer Phasen außen vor  und lassen wieder verstärkt die elegischen Gitarren von Steve Rothery („The Jumble Of Days“) sprechen, perfekt kombiniert mit breit angelegten Keyboardsounds von Mark Kelly. Das alles klingt sehr gut abgestimmt und Hogarth vergißt, neben seinen typisch hohen Gesangsteilen auch nicht die etwas mehr abgehenden Rockpassagen mit einzubinden. Selten klang er dabei so abwechslungsreich.
Der Schluß mit dem über 20 minütigen Epos „The New Kings“ verbindet dann perfekt die typischen Trademarks der Band, bombastischer Sound mit vielen kleinen Details und einer packenden roten Linie. Da kommen dem geneigten Hörer Reminiszenzen an vergangene Zeiten in den Sinn aber ohne dass es zu altbacken wirkt. Man erfindet sich mit „F.E.A.R.“ wiedereinmal gekonnt neu, auch deshalb weil hier einfach die Balance stimmt d.h. weniger aufgesetzter musikalischer Anspruch und weniger Drama bei Hogarth.
Die eingefleischten Fans werden sowieso blind zu greifen, alle anderen die Marillion vielleicht schon etwas länger nicht mehr auf der Liste stehen hatten, sollten „F.E.A.R.“ wieder eine Chance geben. Dieses Album gehört sicherlich zu den stärksten Werken, die man in der langen Banddiskographie finden kann.
Das eher bescheidene Coverartwork drückt, trotz viel Gold, diese Qualität leider nicht so ganz aus aber dies war schon bei vielen Alben zuvor recht ähnlich. Aber hier zählt ja nicht die Verpackung sondern der Inhalt und der überzeugt mit vielfältigem Progkino der Spitzenklasse.    

F.E.A.R. (Fuck Everyone And Run)


Cover - F.E.A.R. (Fuck Everyone And Run) Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 5
Länge: 68:16 ()
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Dawn Of Eternity

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Bereits seit Mitte der 90er sind CRYSTAL PALACE aktiv. Seit dieser Zeit haben sie sich dem geschmackvollen und dezent elegischen Prog Rock verschrieben. Auch wenn es das eine oder andere härtere Riff zu hören gibt, so bleibt der metallene Anteil durchaus im Rahmen des Überschaubaren. Was allerdings weder Fehler noch Kritik bedeutet. Im Gegenteil, die mitunter traurigen und mystisch anmutenden Soundscapes entfalten ihre Wirkung nicht durch stählerne Härte, sondern durch wunderbare „schwebende“ Melodien, die so richtig unter dem Kopfhörer zur Geltung kommen. Einerseits erinnern CRYSTAL PALACE an eine modern aufgepimpte Version klassischen 80er Brit Progs (IQ, PALLAS, MARILLION), andererseits lassen gerade die Leadgitarren auch Vergleiche mit AYREON zu. All das sei aber nur dazu genannt, um eine ungefähre Ahnung zu bekommen, in welche Richtung CRYSTAL PALACE tendieren. Denn man verfügt über eine extrem eigenständige Note. Zu den genannten Einflüssen flirtet man nämlich auch mal mit PINK FLOYD („Daylight After The Rain“) oder sogar U2 („The Day That Doesn’t End“). Die verschiedenen Einflüsse werden mit gehörig viel Individuellem zu einer homogenen Masse verwoben, die es trotzdem schafft über Albumdistanz viele unterschiedliche Stimmungen und Gefühle zu transportieren. CRYSTAL PALACE ist mit „Dawn Of Eternity“ ein beeindruckendes Stück Kopfkino gelungen. Proggies hingehört! 

Dawn Of Eternity


Cover - Dawn Of Eternity Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 60:9 ()
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Original Album Collection: Discovering (Ltd. 5CD Edition)

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Ich mag Box-Sets: man kann sich für relativ kleines Geld umfassend mit einer Band vertraut machen; am liebsten, wenn so wie im Falle von PAIN OF SALVATION, die Alben chronologisch und ohne Lücken (wie z.B. bei RAINBOW) eingetütet sind. Wie üblich bei diesen Sets (auch bei anderen Labels), gibt es die fünf Silberlinge nur in einfachen Papphüllen und ohne Texte und Info-Material.

Das Frühwerk der Schweden PAIN OF SALVATION ist ein gehaltvolles und qualitativ hochwertiges Prog-Leckerli, das jeder Jünger des Genres, zumindest in den relevanten Teilen, im Plattenschrank stehen haben sollte. Die fünf Alben zeichnen den Weg nach vom relativ harten, aber immer anspruchsvollen, hin zu einem weicheren und mit mehr akustischen Momenten, sich partiell dem Hard Rock annähernden Prog Metal. PAIN OF SALVATION hat sich bis heute eine gewisse Sperrigkeit bewahrt. Die warme und melodiöse Stimme von Mastermind Daniel Gildenlöw, einzig verbliebenes Original-Mitglied, ist die unveränderte feste Instanz der sich immer unterscheidenden Alben. "One Hour By The Concrete Lake", "The Perfect Element, Part 1" und nicht zuletzt "Remedy Lane" sind die herausragenden Platten dieser Box. Das akustische Live-Album "12:5" kann nicht ganz so begeistern.

Wie üblich bei diesem Genre brauchen die Alben Ruhe und Zeit, um ihren ganzen Inhalt zu offenbaren. Doch wenn man das befolgt, wird man mit wohligen Schauern und manchem erhebenden Moment entlohnt.

Original Album Collection: Discovering (Ltd. 5CD Edition)


Cover - Original Album Collection: Discovering (Ltd. 5CD Edition) Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 65
Länge: 290:0 ()
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Everchild

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Wer bei DARK SUNS Stillstand oder ein Arbeiten an Details erwartet, wird - und wurde schon immer - eines Besseren belehrt. Die Band hat mit "Orange" ein gelungenes Retro-Rock-Werk veröffentlicht, bietet aber auf "Everchild" viel mehr als "Orange Pt.2". Es dominiert weiterhin der progressive, an den 70er und 80er angelehnte - und die ewigen Vergleiche mit PORCUPINE TREE und OPETH müssen wieder gebracht werden - Rock, aber DARK SUNS verweigern sich einer einer zu einfachen Kategorierung. Die Songs sind durch den Einsatz von Piano, Trompete und der interessanten Melodiearbeit sehr komplex und im ersten Moment wenig greifbar. Sie klingen zerbrechlich, fast schon sanft, und sind eher leise als laut. Es gibt selten eine laut/leise-Dynamik, was "Everchild" zu einem ruhigen - homogen ruhigen - Album macht. Da geht stellenweise die Spannung flöten, das Problem vieler homogen aufgebauter Platten. Auf der Habenseite können DARK SUNS ein durchgehend hohes Niveau und im Grunde wunderschöne Progsongs für sich verbuchen. Alle Klagen, alle Kritik, alle Meckerei an "Everchild" darf nie die Güteklasse der Songs vergessen. Die sind vielleicht mit kleinen Schönheitsfehlern behaftet, aber bieten immer noch mehr als 80 Minuten feinen, verträumt-sanften Progressive Rock mit Vintage-Vibe ("Monsters"). Akzente setzt war-mal-Drummer-ist-jetzt-Sänger Niko mit seiner starken, variablen Stimme ebenso wie die leise-effektiv arbeitende Rhythmusfraktion. Immer wieder scheint auch die interessante Instrumentierung der auf mittlerweile acht Leute gewachsenen Band durch, gerade in den Jaz-angehauchten Passagen ("Torn Wings"). Alles in allem ist "Everchild" ein organisch gewachsenes, fesselnd-komplexes Progressive Rockalbum. Hier und da wäre vielleicht ein Ausbruch aus dem Songwritingkorsett spannend gewesen, ohne dass die Homogenität zerstört worden wäre. "Everchild" ist auch so feines Futter für Freunde komplexer Musik.

Everchild


Cover - Everchild Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 81:30 ()
Label:
Vertrieb:
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Theories of Flight

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FATES WARNING ist die Progressive Metal Band mit der beeindruckendsten Hitstory, und auch dadurch begründet sich ihr erhabener Status. Hinzu kommt, dass sie mit Ray Alder auch den berührendsten und ausdruckstärksten Sänger des Genres ihr eigen nennen. Somit ist eigentlich Kritik an der "heiligen Kuh" des Prog-Metals nicht so mein Ding. Ich habe das Glück, dass dieser Kelch an mir vorüber geht, denn "Theories of Flight" bietet im Gegensatz zum etwas unnahbaren Vorgänger nicht den geringsten Anlass dazu.

Erbarmungslos hart, aber mit der punktgenau richtigen Dosis an Nähe und nachvollziehbarem Grip präsentiert sich das neue Werk. "Seven Stars" schlägt wie ein aufgeregtes Herz tief im Brustkorb, Jim Matheos Gitarre zaubert dazu eine tragisch schöne Melodie, und Ray Alder "beschwert" die Nummer mit seiner unnachahmlich trauergefärbten Stimme. Dieses besondere Zusammenwirken ist beispiellos, es ist die Essenz der neuzeitigen FATES WARNING und 2016 stimmig und funktional wie lange nicht. "The Light And Shade Of Things" hat was von einem langsam aufziehenden Gewitter, das zur Mitte hin losbricht und stürmt, um dann gegen Ende von der wärmenden Gitarre gleich einer Sonne aufgelöst und letztendlich verjagt zu werden. Erwähnung muss noch das starke Schlagzeugspiel von Bobby Jarzombek finden, das gerade dieser Nummer ein hohes Maß an Intensität gibt.

FATES WARNING haben bei diesem Album alles richtig gemacht. "Theories of Flight" ist eine Machtdemonstration, die Band zeigt eindrucksvoll, fast schon liebevoll detailliert, wer hier der Chef im Prog-Ring ist. Ich wusste das schon, aber jetzt muss das auch der letzte Zweifler endgültig kapiert haben

 

 

Theories of Flight


Cover - Theories of Flight Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 8
Länge: 52:21 ()
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Falling Satellites

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Hinter der englischen Prog-Band FROST* verbirgt sich so etwas wie eine Mini-Supergroup. Bandkopf und Keyboarder Jem Godfrey hat früher Pop-Songs für Stars wie ATOMIC KITTEN geschrieben, Gitarrist John Mitchell spielt sonst bei LONELY ROBOT und IT BITES, Bassist Nathan King ist der Bruder des LEVEL 42-Bassisten Mark King und Drummer Craig Blundell spielt in der Band von Steven Wilson. Ganze acht Jahre hat sich die Gruppe für ihr drittes Album Zeit gelassen – wahrscheinlich hatten die Beteiligten zwischenzeitlich einfach zu viel zu tun.

„Falling Satellites“ klingt, wie aktueller Progressive Rock klingen sollte, nämlich gleichermaßen klassisch wie modern. Vertrackte Passagen werden mit großen Melodien kombiniert, und immer wieder wird man durch unvorhergesehe Wendungen überrascht. Außerdem werden auch immer wieder ungewöhnliche Sounds und kleine elektronische Spielereien eingebaut. Dabei entsteht eine Musik, die wie eine Mischung aus alten SPOCK'S BEARD und aktuellen HAKEN, kombiniert mit einem Schuss Elektronik, klingt. FROST* werden dabei nie zu ausufernd: Die Songlängen bewegen sich unter acht Minuten, wobei die sechs letzten Stücke zusammen eine Suite namens „Sunlight“ bilden. Aber niemand verzettelt sich hier in sinnlosen Solo-Passagen, sondern man kommt immer relativ schnell zum Punkt.

Besonders intensiv wird es in der zweiten Hälfte, eben der bereits angesprochenen Suite. Die Bandbreite reicht hier vom recht poppigen und eingängigen „Heartstrings“ (Man höre sich diesen Wahnsinns-Chorus an!) über das spacig-chillige „Closer To The Sun“ und das wilde, sich immer wieder steigernde „The Raging Against The Dying Of The Light Blues“, das schon in sich selbst einen Mini-Epos darstellt und selbst vor Drum ´n´ Bass-Beats nicht haltmacht, bis zur abschließenden Klavierballade „Last Day“. Fantastisch, was FROST* immer wieder an musikalischen Ideen auspacken und wie sie dabei trotzdem immer songdienlich bleiben.

„Falling Satellites“ ist eine wahre Wundertüte von einem Album, an dem man sich sehr wahrscheinlich lange nicht satt gehört haben wird, und das schon jetzt ein Anwärter auf das Prog-Album des Jahres sein dürfte.

 

Falling Satellites


Cover - Falling Satellites Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 55:54 ()
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Vertrieb:
Review:

Dawn Of Eternity

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Mit „Dawn Of Eternity“ veröffentlichen die Berliner Proggies von CRYSTAL PALACE bereits ihr achtes Album, welches der eingefleischten Gemeinde und den Fans von anspruchsvollem Sound im Verbund von Neo-Prog, Artrock und melodischen Metal mal wieder ausgezeichnet munden dürfte. Von RIVERSIDE, MARILLION und PINK FLOYD bis DREAM THEATER und PORCUPINE TREE reichen die Einflüsse des Quartetts. Dabei heben CRYSTAL PALACE den melodisch-eingängigen und nachvollziehbaren Ansatz ihrer Kompositionen hervor – und lassen den Hörer unterm Kopfhörer auch genügend Raum in den ausufernden instrumentalen Passagen ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen. Die großen Überraschungen werden dabei zwar nicht präsentiert, aber spürbar wechselnde atmosphärische Veränderungen und der Wechsel zwischen fast poppigen Arrangements (COLDPLAY und U2 höre ich da durch) sorgen für ausreichend Abwechslung und lassen die 60 Minuten Spielzeit wie im Flug vergehen. Am besten führt man sich die in der Albummitte platzierten Highlights „Any Colour You Need” (über 8-minütige Zusammenfassung des Könnens der Band), das bedächtig-melancholische „Daylight After The Rain“ und das nur anfangs etwas sperrig wirkende „Fields Of Conciousness” mal in aller Ruhe zu Gemüte um CRYSTAL PALACE als Neueinsteiger eine Chance zu geben. Ergo - „Dawn Of Eternity“ ist für die Genre-affine Kundschaft ein Album, wie man es von CRYSTAL PALACE in positiver Hinsicht auch erwarten durfte.

Dawn Of Eternity


Cover - Dawn Of Eternity Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 60:18 ()
Label:
Vertrieb:
Interview:

Gojira

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Interview

Was bedeutet Musik im Allgemeinen oder Metal im Speziellen für dich? Und wie drückt sich das in eurer Musik aus?

Wir haben die Band vor 20 Jahren gegründet. Ich verändere mich stetig und weiß, dass wenn ich heute Schlagzeug spiele, es eben nicht mehr um das Shirt, das man trägt oder die Länge der Haare geht. Es geht um etwas anderes. Darum, am Leben zu sein, um die Kraft der Musik. Um die Rhythmen, die Emotionen hinter den Riffs, hinter den Drums. Es ist ein wenig abstrakt, aber ich fühle mich nicht wie ein Metalhead, weil ich mein Schlagzeug sehr laut spiele, sondern weil ich mich dabei frei fühle und Grenzenlos.

 

Euer neues Album ‚Magma‘ wird bald veröffentlicht. Kannst du das Album in einem Satz zusammenfassen?

Ich würde sagen, es ist direkt auf den Punkt gebracht, vulkanisch und emotional.

 

Was meinst du mit ‚vulkanisch‘?

Wir haben das Album ja ‚Magma‘ genannt und es gibt viele verschiedene Bedeutungen des Titels, aber um etwas genauer zu werden: ich erinnere mich mit meinem Bruder gejammt zu haben und wir haben diesen Riff zusammen gespielt. Ich schloss meine Augen, war in mein Schlagzeugspiel vertieft und das Gefühl, dass ich von diesem Riff bekommen habe war so cool dass ich ich meine Augen wieder geöffnet und meinem Bruder gesagt habe: „Das wird ein guter Song, ich hab ein gutes Gefühl bei dem Riff. Wir sollten einen Song um diesen Riff herum machen.“ Das war der erste Riff des Songs ‚Magma‘. Dann haben wir diesen Übungsraum wo wir den Ideen Arbeitstitel geben. Und ich erinnere mich wie ich dieser Idee direkt dem Namen ‚Magma‘ gab, weil es klang nach Magma, nach einem Vulkan. Ich konnte das Magma sehen, als der Riff gespielt wurde. So blieb der Arbeitstitel stehen und am Ende nannten wir das Album dann auch so.

Hinzukommt, dass wir in den letzten vier Jahren so viele verschiedene Erfahrungen gemacht haben: wir wurden Väter, verloren unsere Mutter, wir sind viel getourt und haben die Welt bereist. So viele verschiedene Gefühle – Trauer, Freude. Gute Momente, schlechte Momente. All das haben wir verarbeitet, während wir das Album geschrieben haben. Also ist Magma das perfekte Symbol für unseren Geisteszustand und das Gefühl, das wir in diesem Moment hatten.

Wie seid ihr diesmal an das Songwriting herangegangen? Habt ihr etwas anders gemacht als zuvor?

Ja, so einiges. Einer der wichtigsten Unterschiede ist wohl, dass wir das Album nicht in Frankreich geschrieben haben, sondern in New York und auf der Straße. Ich würde sagen, dass so etwas Neues und Frisches reinkam und die Routine gebrochen wurde. Es war schön, einfach mal woanders Songs zu schreiben.

Wir haben außerdem beschlossen, die Grenzen zu verschieben. Denn du musst wissen, wenn du ein Musiker bist und ein Album schreibst, dann begleitet es dich für die nächsten zwei oder drei Jahre. Wir fanden es sehr wichtig, dass die Stimmung des Albums auch zu unseren Erfahrungen und unserem Alter passt – wir sind schließlich keine 20 mehr. Also geht es auch darum, was wir die nächsten Jahre spielen wollen, womit wir leben wollen. Ehrlich gesagt ist es auch leicht für uns dunkle Musik zu schreiben, denn wir lieben dunkle Musik. Aber wir wollten dieses Mal noch etwas anderes rein bringen – wir selbst sind ja auch nicht nur düster. Insofern ist Magma ausbalancierter, erwachsener.

Außerdem haben wir jedem Detail des Albums sehr viel Aufmerksamkeit gewidmet. Der Dynamik z.B., den Variationen, der Geschwindigkeit, den Texten. Jedes Detail der Musik hat einen Sinn bzw. einen Zweck. Und um ehrlich zu sein: auf den vorherigen Alben haben wir so nicht gearbeitet. Es war spontaner. Wenn man z.B. einen Riff über zwei Minuten spielen wollte hat man das gemacht. Auch wenn es vielleicht etwas zu lang war. Dieses Mal haben wir über eine Woche nur darüber geredet, wie lang man einen Riff spielen soll.

 

Hat es dann auch wesentlich länger gedauert, ‚Magma‘ aufzunehmen?

Nicht die Aufnahme, aber das Schreiben der Songs. Auch wenn es stimmt, dass wir uns mehr Zeit genommen haben, den Gesang aufzunehmen. Das war eine der Herausforderungen dieses Albums. Die Instrumente aufzunehmen ist immer fast der gleiche Prozess: du hast einen Song und versuchst ihn bestmöglich zu performen. Aber mit dem Gesang fügt man die Seele, die Stimmung und Poesie des Albums hinzu. Verglichen mit dem letzten Album hat Joe auch viel Zeit damit verbracht, den Gesang wieder und wieder aufzunehmen, wenn er nicht perfekt war. Außerdem hat er den klaren Gesang mit hinein gebracht, was für ihn recht neu war. Und in der Tat war es eine große Herausforderung für ihn. Er hat auch alles allein gemacht – ohne fremde Hilfe.

 

Würdest du der Aussage zustimmen, dass das Schreiben der Texte der komplizierteste Teil des Songwritings ist?

Nein. Manche Texte entstehen ganz plötzlich. Joe schreibt ja die Lyrics allein, das sind allein seine Texte. Und eines Nachts z.B. – er mag es sehr, in der Nacht zu schreiben – war er sehr inspiriert. Als ich ihn am nächsten Tag traf, hatte er den Song fertig geschrieben. In nur einer Nacht. Andererseits kann der ganze Prozess des Schreibens auch schon mal einen Monat dauern. Also kann es beides sein. Manchmal geht es leicht von der Hand und manchmal ist es sehr schwierig.

 

Gibt es ein Konzept hinter den Songs auf ‚Magma‘?

Es ist kein Konzeptalbum und in sich sehr spontan. Es ist eigentlich ein einfacher Prozess: wir nehmen die Elemente die in uns drin sind veräußerlichen diese vermittels unserer Kunst. Also hat es kein wirkliches Konzept. Aber dieses Magma-Bild betont die Bewegung, das vor und zurück, das Innere und das Äußere – alles vereint. Es ist wie ein Sturm in uns drin. Wahr ist aber, dass wir in bestimmter Weise im Inneren brannten – wegen der Dynamiken unserer Beziehungen und Verhältnisse.

 

Also hattet ihr auch keinen konkreten Plan oder eine eindeutige Richtung, in die ihr mit ‚Magma‘ gehen wolltet?

Nein, den hatten wir nicht.

 

Ihr habt euch einfach hingesetzt und losgelegt.

Genau. Wir hatten so ein Gefühl. Denn wenn du ein Album veröffentlichst, das ist sehr interessant, hörst du es dir an und sagst dir: „nächstes Mal machen wir oder mache ich es so und so.“ Als wir ‚L‘enfant Sauvage‘ veröffentlicht haben dachte ich mir dann auch: “Dieser Part ist zu lang. Und diesen brauchen wir nicht. Also geh’ nächstes Mal sicher, dass es perfekt wird.“ Und zum ersten Mal bin ich sehr zufrieden mit dem neuen Album. Aber es ist immer noch sehr spontan. Du gibst in dem entsprechenden Moment einfach dein Bestes. Auch wenn man natürlich aus der Vergangenheit lernt und wir uns reifer fühlen in Bezug auf das Songwriting.

 

Was würdest du sagen ist der musikalisch wichtigste Unterschied zwischen ‚Magma‘ und euren früheren Veröffentlichungen?

Wahrscheinlich wird ‚Magma‘ die Extreme-Metal-Fans überraschen, da es weniger Death-Metal-Elemente enthält. Man kann hören, dass wir viel verschiedene Musik aus verschiedenen Genres hören. Der Song ‚Magma‘ z.B. kommt von irgendwo anders her – ich weiß nicht wo genau. Wir haben so viele verschiedene Einflüsse. Aufgewachsen sind wir mit Mike Oldfield, The Beatles und Led Zeppelin. Insofern ist das neue Album auch nah an unseren Wurzeln, aber es passt besser zu unserem heutigen Charakter.

 

Alles klar, das wäre es soweit von mir. Ich danke dir vielmals. Gibt es noch etwas, dass hinzufügen möchtest?

Vielen Dank für das Interview.



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