SUBSIGNAL liefern mit dem aktuellen Werk „Paraíso“ nicht nur ihr mit Abstand bestes Coverartwork ab, sondern es gelingt der Band mit einem wunderbar zelebrierten Wohlfühl-Prog bereits das dritte Hammeralbum in Serie.
Das Hirn auf dem Cover deutet die musikalische Umsetzung schon irgendwie an, aber ich kann Entwarnung geben, wer hier betont strategisch-kühle Breaks oder gar technisches Gefrickel erwartet, liegt völlig daneben. Hier setzt man viemehr auf Gefühl und packende Songs verbunden mit viel Tiefe ohne sich auf zu ausufernde Longtracks einzulassen. Den Tipp verdienen sich die sympathischen Süddeutschen erneut absolut gerechtfertigt, auch wenn sich gegenüber dem direkten Vorgänger "Touchstones" doch einiges verändert hat, vor allem die progmetallische Ausrichtung wurde hier ziemlich außen vor gelassen.
Die schmälert das Hörvergnügen aber in keinster Weise, "Paraiso" biete stilistisch eine Art Mischung aus "Beautiful & Monstrous" und "Touchstones" mit sehr elegischer Betonung. Bei der ungemein transparent und klaren Produktion lag diesmal das Hauptaugenmerk auf erstklassigen Melodien sowie den Gesangsarrangements mit perfekten Chorpassagen. Die Songs strahlen fast alle eine gewisse Leichtigkeit aus, die von der tollen Leadstimme von Arno Menses souverän getragen werden. Mein Eindruck ist der, als klängen SUBSIGNAL rein von den Vocals her, noch nie so stark nach YES, wie auf dieser Scheibe. Rein musikalisch geht es viel eher artrockig zu, manche werden ob der nochmals gesteigerten Eingängig sogar sagen geradezu poppig, da verschnörkelte Breaks oder technisches Parts nur sehr wohldosiert vorkommen. Auch die Instrumentenfraktion beweist erneut, dass sich eine Band neue erfinden kann ohne ihre Wurzeln und ihre Einzigartigkeit zu verlieren. Neudrummer Danilo Batdorf fügt sich hervorragend in das fesselnde Zusammenspiel mit seinen Kollegen ein, so als sei er schon immer dabei gewesen.
Nach einem eher simplen Intro bietet der Titeltrack "Paraiso" eher untypisch für diese Scheibe, prägnant härteres Riffing, besonders gelungen sind die harmonischen Breaks, die ein gewisses RUSH-Feeling aufweisen, sehr starke Melodie. Einer meiner Favoriten ist ganz klar "A new reliance" mit einem typischen SAGA-Riff beginnend mit viel Stakkato und wuchtigen Drums. Die Tempiwechsel mit mal schnellen Parts, dann wieder eingestreuten Reggaerhythmus sorgen für viel Abwechslung. Mit Streichern sowie akustischen Gitarren mit temperierter Pianobegleitung sorgt "A Heartbeat away" für ein wohliges Hörgefühl und setzt sich sofort im Gedächtnis fest. Überhaupt - die dichten Klangbilder fesseln den Zuhörer, man hat tagelang die Refrains im Kopf. Auch „A long Way since the Earth crashed" funktioniert so, die hymnische Hookline mit den mächtigen Backingschorussen harmonieren super mit den martialen Marschdrums. „A giant Leap of Faith“ läßt neben cleanen Gitarren auch wieder als Gegenpart härteren Riffs etwas Raum super kombiniert mit perligen Tasten und einem gewissen Bombastfaktor. Bei dem sehr mainstreamige-popigen „The Blueprint af a Winter" werden sich die Geister scheiden, mir gefällt dieses tolle etwas poetische Duett mit Marcela Bovio (STREAM OF PASSION) recht gut. Den Kontrastpunkt dagegen setzt dann wieder „The Colossus that bestrode the World" der düsterstes Song des Albums, eher heavy angereicherte Parts wechseln mit luftig-schwebenden Geangsharmonien a la YES, klasse. Das wunderbar elegisch-schwelgerische „Swimming Home“ mit einem gewissen MARILLION-Touch beschließt ein großartiges Album.
Wie gesagt, die Songs sind nur auf den ersten“Blick“ vermeintlich etwas ruhiger bzw. glatter, bestechen aber durch bestens abgestimmte ineinander übergehende Passagen. Es gibt dabei keinen einzigen schwachen unter neun Songs (ohne Intro) alle haben ihren ganz eigenen Charme, mit teilweise genialen Hooklines und stehen für intelligent gemachten Prog-Artrock mit einem unschlagbarem Langzeitanhörfaktor.
Paraíso
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
9
Länge:
53:5 ()
Label:
Vertrieb:
Review: Into The Maelstrom
BIGELF bzw. ihr Mastermind Damon Fox hatten es noch nie besonders eilig, Alben aufzunehmen. „Into The Maelstrom“ ist seit 1996 erst das sechste. Dass seit „Cheat The Gallows“ sechs Jahre vergangen sind, hat aber auch noch andere Gründe, vor allem den, dass Fox das BIGELF-Line-Up fast komplett neu aufbauen musste. Besonders der Drummer-Posten ist jetzt prominent besetzt: Hierfür ist nämlich Mike Portnoy eingesprungen, den Fox 2009 während der Progressive Nation-Tour kennengelernt hat. Inhaltlich geht es auf „Into The Maelstrom“ dann u. a. auch um die schwierige Zeit zwischen den Alben, um die Verarbeitung der Auflösung der Band, des Todes von Fox’ bestem Freund, dem ehemaligen BIGELF-Gitarristen A. H. M. Butler-Jones, und von Schmerzen und Ängsten. Aber es geht auch um die Zukunft und die selbstzerstörerischen Kräfte der Menschheit.
Passend dazu nennt sich der Opener „Incredible Time Machine“, und der befördert einen auch musikalisch in die Vergangenheit, nämlich in den englischen Prog der End-60er, klingt mit seinen surrenden, spacigen Sounds gleichzeitig aber auch ziemlich (retro)futuristisch. Eine perfekte Einleitung in die Welt von Damon Fox und sein neues Werk, das so verspielt wie vertrackt ist, stellenweise aber auch wieder sehr eingängig, bei dem an jeder Ecke alte Orgeln und Synthesizer flirren, genauso aber immer wieder sägende und doomige Gitarrenriffs und schwere Grooves das Kommando übernehmen. Und zwischendurch werden auch große Melodien und Harmonien aufgefahren, die mal an PINK FLOYD oder QUEEN erinnern, mal auch an David Bowie oder die BEATLES. Man höre sich nur das wunderbare „Mr. Harry McQuhae“ mit seinem großartigen, sich steigernden Aufbau und seinem Schlussthema zum Reinlegen an. Immer wieder wird aber auch gnadenlos nach vorne gerockt, wie in „Control Freak“ oder „Hypersleep“. Überhaupt gelingt es BIGELF oft, in fünf bis sechs Minuten alles abzuhandeln, wofür SPOCK'S BEARD doppelt so lange brauchen. Die Produktion klingt dabei angenehm warm und altmodisch, wie sich das für diesen Sound gehört.
Und Portnoy? Spielt natürlich toll – aber doch vor allem songdienlich. Das soll aber gar nicht negativ gemeint sein, denn wenn man ihn nur von DT kennt, mag man kaum glauben, dass es Portnoy ist, der hier so dreckig, tight und schwer groovend in die Felle prügelt. A pro pos: Ob es Zufall ist, dass Song 11 „Theater Of Dreams“ (sic) heißt? Angeblich hatte Fox die Songs schon geschrieben, als er sie Portnoy geschickt hat, aber vielleicht haben die beiden ja später noch an den Lyrics gefeilt. Bei Songzeilen hört wie „Contracts misleading / while friendships are bleeding“ ist das durchaus vorstellbar.
Was BIGELF mit „Into The Maelstrom“ vorlegen, ist wirklich ganz großes Kino. Sicher muss man diesem Retro-Sound und besonders alten Orgeln schon etwas abgewinnen können, sonst nervt die Musik wahrscheinlich kolossal. Wer sich darauf einlassen kann, wird hier aber ein Album vorfinden, das überbordet vor fantastischem Songwriting und tollen musikalischen Einfällen und tatsächlich einen wahren Sog entwickelt - und damit seinem Titel absolut gerecht wird.
Into The Maelstrom
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
12
Länge:
62:17 ()
Label:
Vertrieb:
Review: The Theory Of Everything
Mein Lieblingsholländer ist wieder da: Mit seiner aktuellen Scheibe „The Theory Of Everything“, diesmal wieder unter dem AYREON-Banner, untermauert der umtriebige Multi-Instrumentalist, Komponist, Sänger und Produzent Arjen Anthony Lucassen erneut seinen hervorragenden Ruf als Meister des Progressive Rock's. Wie fast immer garniert er seine typischen opulenten Klangbilder aus kraftvollen Metalriffs mit folkig-symphonischen Beiwerk.
Eigentlich war die Story von und um AYREON musikalisch nach „The Human Equation“ (2004) und „01011001“ (2008) schon fertig erzählt. Aber Mastermind Lucassen wollte doch nochmal etwas Neues dazu machen und so einfach eine komplett andere Story entworfen, die weniger kryptisch, eher in einer nächstmöglichen Gegenwart angesiedelt ist.
Nach seinem überzeugenden Solowerk „Lost In The New Real“ (2012) bietet dieses opulente Doppelalbum „The Theory Of Everything“ erneut viel packende Musik für's Geld.
Verzichtet wird diesmal auf die sonst üblichen 30 Gaststimmen (das war beim Vorgänger wohl doch etwas zu viel). Arjen hat außerdem bewußt „nur“ vier (Haupt)Songs aufgenommen, die jeweils um die 20 Minuten lang sind und in vier Hauptparts mit 42 (Stichpunkt „Per Anhalter durch die Galaxis“ .. Fans wissen bescheid) teilweise recht kurze Sektionen aufgeteilt sind. Er wollte bewußt in Anlehnung an seine großen musikalischen Vorbilder aus den 70ern eher längere Songs schaffen ohne zu starke Betonung einzelner Tracks oder Refrains.
Ein ganzheitliches Kunstwerk von Story und Musik sollte dadurch entstehen und dies ist ihm ohne Frage perfekt gelungen – sein typischer sich stets spannungsgeladen steigernder Mix aus atmosphärischen aber auch progrockenden Parts, verbindet er mit einem unglaublichen Gefühl für Melodien. Lucassens Handschrift ist omnipräsent der typische AYREON-Sound zieht den Hörer sofort in seinen Bann und läßt ihn erst nach 90 fesselnden Minuten wieder zurück in die Gegenwart.
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Wunderschöne Piano-Klänge, fette Synthesizer, Hammond Orgeln, Akustikgitarren, spacige Parts, fette Riffs, pumpende Drums, viele luftig-folkige Sprengsel und vielleicht einen tick weniger symphonisch - so präsentiert sich AYREON in Höchstform. Bei den Sängern kommen diesmal auch etwas weniger bekannte Talente den Vorzug, die aber allesamt genauso wie die bekannteren Namen eine super Performance abgeliefert haben.
Inhaltlich geht es ganz grob um eine Art Wunderkind (Tommy Karevik von KAMELOT), der aber eine gewisse Konzentrationsschwäche aufweist. Sein Vater (Michael Mills von TOEHIDER), ist ein Wissenschaftler, der die Fähigkeiten seines Sohne nicht sofort erkennt, eher auf seinen Job fixiert ist aber dem aus dem Sohn ein echter Rivale erwächst. Die eher besorgte Mutter (Cristina Scabbia von LACUNA COIL) unterstützt ihren Sohn genauso wie der Lehrer Janne "JB" Christoffersson (GRAND MAGUS). Die Rolle des Widersachers wurde mit M. Hietala (NIGHTWISH, TAROT) genauso perfekt besetzt wie die Rolle des Psychiaters mit einem meiner Lieblingssänger J. Wetton (ASIA). Auf der Instrumentenseite sind Kracher wie Jordan Rudess (Keys; DREAM THEATER), Steve Hackett (Git.; GENESIS), Troy Donockle (NIGHTWISH) oder auch Keith Emerson (Keys; EMERSON, LAKE & PALMER) mir dabei.
Aus diesem Ganzen einzelne Parts herauszustellen ist mehr als schwierig. Die „Phase I: Singularity“ ist ganz grob eher folkig geprägt mit vielen verschiedene Stimmungen. „The Teacher's Discovery“ mit einem etwas orientalischem Touch ragt etwas heraus, die beiden Stimmen von Tomy, JB und Marco agieren klasse. „Phase II: Symmetry“ startet mit John Wetton und seiner Diagnose, hier zeigt der ASIA-Fronter dass er mehr kann als einfach nur nette Melodien singen. Auch der erneut fulminante Schlagwerker Ed Warby (u.a. GOREFEST) sorgt auf dem ganzen Werk für hammermäßige Power und Rhymthmusintensität. Auch die vielen Gesangsdynamiken und Wechselspiele der Stimmen lassen mitunter eine gewisse Musicalatmosphäre (ähnlich wie bei AVANTASIA) aufkommen. in der „Phase III: Entanglement“ herrscht eine mitunter eher etwas düsterer Stimmung vor, die Songs sind etwas härter, powermetallischer geprägt. Es gibt auserdem schöne elegische weibliche Songparts. In der letzten „Phase IV: Unification“ folgt dann ein bombastisches Finale mit typisch symphonischen Streicheranteil inklusive inhaltlichem Happy End.
Lucassen geht mit diesem neuen Album und seinem Aufbau stilistisch etwas zurück in „Into The Electric Castle“-Zeiten aber mit modernerem Sound. Die Songs wirken weniger gewollt bzw. konstruiert als die beiden Vorgänger – letztlich zählt rein dass Ergebnis und hier bleiben keine Wünsche offen, es gibt über 90 Minuten keinerlei Langeweile. Alle AYREONAUTS werden erneut begeistert sein.
"The Theory Of Everything" erscheint als „normale“ Doppel-CD, als Special Edition im Digi-Book mit einer Making-Of-DVD sowie als besondere Edition, die neben den beiden CD‘s und der DVD noch zwei CD‘s mit der instrumentalen Version und ein erweitertes Booklet beinhaltet.
The Theory Of Everything
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
42
Länge:
89:18 ()
Label:
Vertrieb:
TRANSATLANTIC markieren meiner Meinung nach einen eigenen Zweig des Progressive Rock - ruhig, lang, komplex ohne sich die Finger zu brechen und auf eine eigene, charmante Art sehr atmosphärisch, kurzum Musik für die Stereoanlage und den dazu passenden Ledersessel - wobei auch die letzte Tour der Jungs ja durchaus Funken geschlagen hat.
Ich selber hab die Truppe mal zufällig beim CD-Shopping kennen gelernt und dabei völlig ignoriert, dass das Lineup natürlich mehr als prominent ist und die Truppe als "Supergroup" vermarktet wird: Neal Morse (ehemals SPOCK'S BEARD) an Vocals, Keyboard, Gitarre, Pete Trewavas (MARILLION) am Tiefsaiter, Roine Stolt (FLOWER KINGS) an der Gitarre und Mikro, und - wer mal ein Review von mir las weiß, das der nächste Name besondere Freude auslöst - Mike Portnoy, ehemaliger DREAM THEATER Trommler. Genug Namen runtergeballert, was kann die neue Scheibe Namens "Kaleidoscope" denn überhaupt?
Erst mal: Sie kann das, was ich erwarte: Es gibt zwei Songs die knapp ("Into The Blue") und über ("Kaleidoscope") die 30 Minuten Grenze gehen und ohne Langeweile diese Minuten auch füllen. Generell komme ich (auch ob des Lineups) nicht umher, mehr als eine Parallele zu SPOCK'S BEARD zu ziehen; durch die Gastgesänge von Pete Trewavas und auch Mike Portnoy in ruhiger Form wird das allerdings an einigen Stellen aufgelockert und von einigen zusammengebastelten Instrumentals und Balladen-Elementen unterbrochen.
Im Endeffekt kann ich nur etwas tun, was für ein Review vielleicht nicht geeignet, für dieses Album aber einfach nur fair (und im Umkehrschlus sonst unfair) ist: Besorgt euch möglichst die Vinyl, legt sie in Ruhe auf den Plattenspieler, sperrt Frau, Mann, Kinder, Mitbewohner oder Haustiere aus und nehmt euch Zeit, "Kaleidoscope" in Ruhe zu genießen. Die Variationen die die einzelnen Songs haben, die kleinen Feinheiten wie leise eingestreute Bass-Vibes, entspannte Gesangsparts, Soli oder enthusiastische Höhepunkte - die sollte man nicht auf einzelne Songs mit Minutenangabe reduzieren ("Bei Minute 23 von "Kaleidoscope" geht der Progressive-Part einmal richtig instrumental steil und weckt Erinnerungen an THE LIQUID TENSION EXPERIMENT...!" - nicht falsch, lediglich nicht hilfreich bis irreführend), sondern im Gesamtbild genießen und auf sich wirken lassen.
Generell liegt es mir daher auch eher fern, Parallelen oder Unterschiede zu entweder einzelnen Songs oder Bands zu ziehen oder Vergleiche zu den Vorgänger-Alben anzustellen. Daher: Mir gefällt TRANSATLANTICs neues Werk sehr. Es deckt Erwartungen, es schürt aber keine; es begeistert durch Details, es ärgert vielleicht den ein oder anderen Hörer in anderen Details - wirkt aber harmonisch und wie zu erwarten war auf höchstem Niveau komponiert. Daher: Empfehlung. Ende.
Kaleidoscope
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
5
Länge:
75:49 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten