Tony Spada ist Gründungsmitglied und hauptamtlicher Gitarrist der anscheinend ebenso rein instrumental ausgerichteten Prog Rock - Formation HOLDING PATTERN aus Amerika. Nun hat der Mann mit Hilfe seines HOLDING PATTERN - Kameraden Tony Castellano (Bass und Keyboard) und Rob Gottfried (Drums und Percussion) ein Solowerk eingespielt, das Artrockern mit Hang zur sehr hoch drehenden Gitarre eigentlich gefallen sollte. Zugegeben, meinen Geschmack trifft dieses Album nicht ganz, da hier ohrenscheinlich absolute Vollblutmusiker mit "Verstand" musizieren und zudem auf Gesang komplett verzichtet wird. Letzteres ist zwar verschmerzbar, aber das Trio klingt, als versuche es, möglichst viele Töne in einer riesigen Jam - Session unterzubringen, was die Angelegenheit für nicht - studierte Musiker reichlich wirr und anstrengend macht. Selbst Leute, die sonst auf Prog - Rock abfahren, dürften hier ein paar Warmlaufversuche benötigen. Aber wer etwa das letzte Mike Keneally - Album mochte, könnte hier angesprochen sein, da rein objektiv Musik auf allerhöchstem Niveau geboten wird. Allerdings braucht man eine gewisse Immunität gegenüber arg hohen, schrillen Klangspektren, denn Herr Spada übertrifft oftmals selbst die hochtourigen Frickelorgien eines Herrn Malmsteen ohne Probleme. Witzig ist, dass im zweiseitigen Booklet des Albums jeweils kurz auf die Entstehungsgeschichte und den Hintergrund der Songs eingegangen wird. Somit bleibt "The Human Element" für eine kleine Randgruppe der Rockfraktion durchaus empfehlenswert, aber Proggies, die es trotz aller Perfektion doch lieber in geordneteren Bahnen (mit außerdem viel geileren Songs) mögen, sollten besser zur aktuellen CHAIN - Platte greifen oder auf das neue FRAMESHIFT - Werk warten.
"Virtuell" ist laut Definition etwas, das nicht real ist, aber in der Möglichkeit existiert - und ein Wörtchen, das auf "Fraktal" immer mal wieder eingesampelt wird. Und ich wünsche mir ganz nicht-virtuell, dass diese Belästigung meiner Gehirnzellen wieder aufhört. Die Gitarre gaukelt einem erst gar nicht vor, es ginge hier um Songs, sofort folgt auf ein paar pseudo-harte Riffs verbreaktes Schlagzeug und was gewagtes am Bass - eine Schlaumeier-Band mit drei Mathematik-Begeisterten Musik-Alleskönnern ist bei der Arbeit und spielt improvisiertes Gegniedel an Sequenzer-Einsatz mit Jazz-Verschnitten. Muskelspiele unter Hochleistungsmusikern. Nein, nicht die Spielklasse, in der junge Metaller in der Regel irgendwelche Geschwindigkeitsrekorde brechen wollen, sondern die Art von Freestyle, bei der sich echte Jazzer an der Ehre gepackt fühlen würden, eher mellow in Stimmung und Geschwindigkeit. Schlimm! Als Hintergrund-Berieselung zu anstrengend. Als Metal-Album macht es nicht satt - keine "echten" Songstrukturen, kein Gesang, alles rein instrumental. Nicht einmal als Yoga für Wale kann man "Fraktal" gebrauchen, es sei denn, man will Epilepsie verursachen. Schnell wieder raus aus dem Player - diese CD wird ganz non-virtuell nicht mehr gespielt.
SCENES bereichern schon seit Mitte der 90er den süddeutschen Prog-Underground (man startet 1995 als 2-Mann-Projekt bevor man 1998 zu einer 6-köpfigen Band mutierte); 1998 sorgte man mit dem Demo "New Beginning" für Aufhorchen und bastelte seit 2002 an dem Debüt "Call Us At The Number You Provide!". Den zwischenzeitlichen Ausstieg von Sänger Nektarios Bamiatzis (ich sage nur "Deutschland sucht den Superstar") konnte man mehr als gut verkraften, wurde doch mit Neusänger Alex Koch (früher bei Powergod und Spiral Tower) eine Stimme ins Boot geholt welche allerhöchsten Ansprüchen genügt. SCENES orientieren sich auf "Call Us At The Number You Provide!” hörbar in Richtung Queensryche meets Prog der Marke Dream Theater, Symphony X oder Fates Warning. Dabei bleiben SCENES Konsequent im unteren bis mittleren Tempobereich und geben den Songs damit das Gefühl einer wohligen Schwere und verbreiten eine angenehm, melancholisch angehauchte Atmosphäre. Neben dem rhythmischen und überraschend eingängigen Opener "So (Father)" kristallisiert sich nach mehreren Durchläufen (die sollte man sich auf jeden Fall gönnen) die Live-Hymne "My Own Life" (mit ex-Sänger Nektarios) und "I Will Stay” als Anspieltipps heraus. Das über 10-minütige "Start Again" mit seinem Wechsel zwischen getragenen und powervollen Passagen gehört zur Sorte "intensiver Hörgenuss empfohlen". Die komplex und intelligent arrangierten Songs auf "Call Us At The Number You Provide!" halten locker Vergleiche mit der internationalen Konkurrenz Stand. Das Talk-Talk-Cover "Such A Shame" darf man allerdings durchaus mit zwiespältigen Gefühlen betrachten - die musikalische Metalisierung darf als gelungen betrachtete werden, gesanglich geistert im Kopf aber immer die unverwechselbare Originalstimme herum. SCENES sollten mit diesem Debüt mehr als genügend Aufmerksamkeit erregen um den nächste Schritt in eine erfolgreiche Zukunft zu gehen - ein wahrlich gelungenes Erstwerk.
EVERGREY verzücken ihre Fans mittlerweile fast im Jahrestakt mit hochklassigen Alben. Folgerichtig gibt es schon recht kurz nach der letzten Ausnahmescheibe "The Inner Circle" den nächsten Anschlag aufs Portmonee. "A Night To Remember” nennt sich das Teil und kommt als Livemitschnitt der letztjährigen Tour daher - standesgemäß als Doppel-CD mit Intro und 19 Tracks (aufgezeichnet in einem mit drei Balkonen versehenen, 160 Jahre altem Theater im heimischen Göteborg). Die auf dem Doppeldecker versammelten Werke stellen dabei eine überaus gelungene Zusammenfassung des bisherigen Schaffens der Kritikerlieblinge dar und sollten so für Neueinsteiger der perfekte Appetithappen sein; für Fans der Band wohl sowieso ein unverzichtbares Muss. Die Progressive Metallern aus Schweden um Meister Tom S. Englund (selbst gesanglich in Topform) zelebrieren auch Live ihre anspruchsvollen Kompositionen ohne ins frickeln zu fallen. Epischer Keyboardsound, bombastische Chöre und ein unter die Haut gehender Gesang symbiotisiert gekonnt mit harten Gitarrenriffs, ausgefeilten Solis und eindrucksvollem Schlagzeugspiel und Bassläufen. Da fallen einem ausschließlich die Besten des Genres ein - Dream Theater, Enchant, Pain Of Salvation oder Shadow Gallery sollten hier ruhig den Maßstab anlegen. EVERGREY setzen Live Maßstäbe wo andere Bands ihr Programm runterspielen. Perfekt arrangiert, aber ohne jeglichen Ansatz von Sterilität und voller Atmosphäre - welche bei EVERGREY nicht nur die Alben prägt, sondern hörbar auch Live transportiert wird - "A Night To Remember".
Hinweis für jene, welche sich neben dem Hörgenuss auch optisch verwöhnen lassen wollen: Das Konzert als Live-DVD im 5.1-Mix (plus Bonusmaterial) ist laut Label bereits in Vorbereitung.
Zehn Jahre sind mittlerweile schon ins Land gezogen seit 1995 mit "The Final Experiment", die erste Rockoper des AYREON Projekts von Arjen Lucassen, seinen kommerziellen Anfang fand. Damals konnte zunächst keiner ahnen, welch großartige Erfolgsgeschichte sich heraus einmal entwickeln sollte. Die recht originelle Rahmenhandlung für dieses Konzeptalbum beginnt im 21. Jahrhundert. Die Welt ist wirtschaftlich und ökologisch zugleich ziemlich heruntergekommen - nur noch ein letztes Experiment kann die Erde retten. Hierfür wurde ein Computerprogramm "Time Telepathy" ausgetüftelt, um eine warnende Botschaft per virtueller Zeitmaschine in die Vergangenheit zu schicken. Diese Nachricht wird dann im 6.Jahrhundert von einem blinden Propheten namens AYREON "empfangen". Dieser lebt am Hofe Königs Artus u.a. zusammen mit dem bekannte Zauberer Merlin. Ayreon will natürlich allen von drohenden Katastrophe berichten und die Mitbürger davon überzeugen mit entsprechenden Verhaltensweisen quasi die Zukunft positiver zu gestalten. Doch keiner fühlt sich so recht angesprochen oder gar bedroht, denn das scheint ja so weit entfernt. Also wird der gute Ayreon stattdessen gepeinigt, verfolgt und flüchtet in die Natur. Dort erlebt er weiter düstere Visionen über die Vorgänge in der Zukunft und wird aus Sicherheitsgründen von den Mächtigen bzw. Merlin mit einem Bann belegt, um ruhig gestellt zu werden.
Zunächst mal interessierte sich keine Company (einige lustige Absagen finden sich im CD Inlay) für diese Story sowie die relativ komplex anmutende Musik des ex-VENGEANCE Gitarristen Lucassen. Daher musste der holländische Multiinstrumentalist mächtig Klinken putzen gehen, ehe sich dann doch ein Label fand, der unerwartet große Erfolg gab ihm letztlich natürlich recht. THE FINAL EXPERIMENT wurde ein Verkaufsschlager, diente auch als Vorbild für viele ähnlich gelagerten Projekte und bildete die künstlerische Ausgangsbasis für sämtliche weiteren Konzeptalben der AYREON oder auch STAR ONE Scheiben. Nun ist mit diesem oplunten Debütwerk (dass mittlerweile auch vergriffen war) endlich der komplette Backkatalog in aufwendigen Reissues sowie teilweise vollständigen Neueinspielungen wiederveröffentlicht. Auch bei dieser CD wollte Meister Lucassen ursprünglich alles noch mal neu einspielen bzw. überarbeiten aber die Mastertapes waren schlichtweg nicht mehr auffindbar und so musste er sich etwas anderes einfallen lassen. Gesagt getan - es war zunächst angedacht zwei Songs der CD im neuen Semi Akustischen Gewande aufzunehmen, letztlich fand der Perfektionist dann aber so gefallen an der Sache, dass gleich ein komplettes Bonusalbum mit neun Tracks entstand. Allein die neuen Songs wären schon Kaufgrund genug, denn das Ergebnis ist wirklich insbesondere für Fans von Folk(Rock), akustischer oder auch unplugged präsentierter Musik ein wahres Festmahl. Die Interpretationen erinnern stark an JETHRO TULL, MOSTLY AUTUMN oder auch an klein wenig an die BLACKMORES NIGHT Geschichten d.h. vielerlei Flöten, Streichinstrumente wie Celli, üppig Percussions und das alles in akustischen bzw. kammermusikartigen Arrangements in einem völlig bombastlosen Kontext. Auch hier hat sich Arjen wieder eine Schar von Gastinterpreten ans Mikro geholt, wenn auch (mit Absicht vielleicht) nicht mit ganz großen Namen, denn hier soll wohl die Musik für sich selbst sprechen. Dies tut sie zweifellos und so werden hiermit auch eindrucksvoll manche Kritikeraussagen widerlegt, dass AYREON Songs nicht ohne das aufgemotztes Äußere sowie üppigen Bombast bestehen könnten - das Gegenteil ist der Fall es funktioniert auch abgespeckt und so entwickelt sich ein ganz neues Hörerlebnis, einfach nur klasse!
Aber auch das "normale" Album mit diesem einzigartigen Mix aus PINK FLOYD Ambiente, aufpolierten Hardrock & Metalriffs, abwechslungsreichen Keyboardklängen, Folkelementen vermengt in ein symphonisch-bombastischen Klangbild sowie den vielen verschiedenen Stimmcharakteren kommt nach wie vor überzeugend rüber. Auch wenn manches noch nicht ganz so ausgereift oder packend inszeniert ist wie auf dem späteren Nachfolger sowie absoluten Meisterwerk "Into The Electric Castle". "The Final Experiment" erscheint als Special Edition in Jewel Casr & Schuber mit reich bebildertem 24-seitigen Booklet sowie neuen Liner Notes von Arjen Lucassen.
Obwohl der Name es durchaus hätte vermuten lassen können - UMPHREY’S McGEE machen absolut nicht in Sachen Folk sondern diese bereits 1997 in Chicago gegründete Formation, benannt nach einem Cousin ihres Gitarristen & Sängers Brendan Bayliss, sind richtige Jamrock Spezialisten. Dies muß ein potentieller Hörer unbedingt vorher wissen, fals er sich näher mit dem aktuellen Werk "Anchor Drops" beschäftigen möchte. Die Band selber sieht sich lieber als "Rockband, die gerne anspruchsvolle Musik macht und dabei oftmals improvisiert". Mit diesem Album wird zum erstenmal eine CD der Band in Europa veröffentlicht und die hier dargebotene Musik lässt sich grob in zwei (Mach) Arten von Songs einteilen. Zum einen die eher kopflastigen, stark jazzigen mit sehr großem Improvisationsvermögen sowie vertrackten Rhythmen betonte Seite aber es gibt auch noch die etwas relativ geradlinige (Rock) Songs sogar teilweise mit coolem Westcoastfealing. Die Vertreter der erstgenannten Richtung mit Tracks wie z.B. "JaJunk Pt. I & II" oder "In The Kittchen" sind daher nicht so ganz mein Ding, hier klingt die Band etwas zu steril, kompliziert und das Zuhören tut manchmal förmlich weh. Doch diese Geschichten sind zum Glück eher selten. Aber wenn Umphrey’s McGee dann wirklich etwas mehr auf den Punkt kommen und solche Songstrukturen schaffen wie es treffend im Beipackzettel steht "Steely Dan & John Coltrane kooperieren zu Ehren von Frank Zappa oder die Dixie Dregs bekämpfen PEARL JAM mit THE PLOICE" dann hat dieser interessante sechser auch für "Normalo" Progfans durchaus etwas zu bieten. Die Band hat neben herausagender Virtuosität noch ein gutes Gespür für schöne Melodien, so daß auch leicht schräge Gitarrenriffs in Verbindung mit Latineinflüssen sowie bluesrockigen Parts sich nicht gegenseitig ausschließen (müssen) sondern eine sehr gute Mischung ergeben. Besonders gelungen ist dies beim dem flüssigen Opener "Plunger" sowie dem hammermäßigen "The Pequed" (u.a. mit tollem Satzgesang & Chören in bester YES Manier) und eine ganz besondere Nummer wurde das leicht countymäßige Duett "Walletsworth", das mit viel Gefühl und guter weiblicher Stimme und ohne übertriebenen Pathos rüberkommt. Der Sänger ist wirklich klasse und hat schon etwas von STING in seinem Timbre. Wer also auf verschiedenste Stilarten egal ob südamerikanische, psychedelische oder viele jazzrockigen Elemente abfährt ohne dass aber der Rockeindruck zu kurz kommt dürfte hier richtig liegen. Zweifellos sind die absoluten Stärken von Umphrey’s McGee auf der Livebühne zu sehen, in den Staaten ist die Band nämlich bis zu 160 Tage im Jahr unterwegs. "Anchor Drops" kommt ohne diesen "staubigen" Soundeindruck wie bei manch anderen Kollegen daher, klingt recht frisch und wirkt nicht zu übertrieben verspielt. Wer sich als Jam-Rock Liebhaber bezeichnet dürfte hier wohl feuchte Augen kriegen.
Bei meiner Promo paßen leider die aufgedruckten Titel nicht ganz zu den tatsächlichen Songs auf der CD, das wird auf der Kaufversion hoffentlich übereinstimmen.
Eine Band die sich NEMO nennt, das könnte sofort falsche Assoziationen wecken, doch keine Angst hier ist nicht der x’ste NIGHTWISH oder WITHIN TEMPTATION Kloon unterwegs sondern eine hoffnungsvolle französische Progband, die mit "Prélude à La Ruine" ein äußerst gelungenes Stück Musik abgeliefert hat. Zugegeben an die etwas ungewöhnliche Sprache muß man sich erstmal gewöhnen, den Französisch gehörte bisher eher nicht gerade zu den gängigen Prog-Rock Klängen. Aber was da Benoît Gaignon (Bass), Guillaume Fontaine (Keys, Vocals), Jean Baptiste Itier (Drums) & Jean Pierre Louveton (Guitars) so von sich geben ist eine gelungene Melange aus traditionellem (Hard) Rock Prog der 70er (ohne auch nur im Ansatz altbacken zu klingen) mit leichten Neoproganleihen und stellenweise richtig betont heavy ausgerichteten Progressive Rock/Metal. Hier kommen nur als ein keines Beispiel sowohl fette & düstere Riffs als auch analog klingende Keyboards gleichermaßen zum Einsatz. Die Solos sind virtuos ohne aufgesetzt zu wirken, eine nicht übertriebene Rhythmusvielfalt und die Musik selber strahlen trotz mancher Retrodejavus eine gewisse Modernität aus, wobei allerdings ein paar mal weniger auf die etwas übertrieben piepsig-spacigen Keyboards zu setzen, auch nicht geschadet hätte. Die Franzosen können aber einfühlsam und so gibt es viele gelungene ruhigere, atmosphärisch sehr differenzierte Momente, da schimmert manchmal auch gekonnt ein Hauch von Chanson in dem ein oder anderen Song mit durch. Die Musik ist ansonsten sehr gut homogen abgestimmt, die Arrangements sind ideenreich und der Spannungsbogen steigt während der CD nach hinten stetig an. Es gibt auch noch genügend Ecken & Kanten mit einem abwechslungsreichen, warmen Soundgerüst ohne das zu viele Breaks oder ebenfalls vorkommende aber meist nur angedeutete Frickelanflüge das Zuhören unnötig erschweren. "Prélude à La Ruine" ist ein Konzeptalbum, dass sich inhaltlich um die beginnende moderne Industrialisierung Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts beschäftigt. Die Melodien sind zwar eindeutig im Vordergrund zu sehen, trotzdem verstehen es NEMO instrumentale Freiräume mit originellen symphonisch betonten Solos zu verfeinern, die manchmal sogar recht jazzig anmuten aber das hat alles Hand und fuß und langweilt so keine Sekunde lang. Alles in allem kann man dem Quartett hier ein sauber produziertes und recht abwechselungsreiches Album bescheinigen, besonders positiv ist hier außerdem der betont eigenständige Charakter der Musik herauszuheben, in der letzten Zeit habe ich sowas selten gehört. Daher dürften NEMO mit ihren ungewöhnlichen Klangbildern auf "Prélude à La Ruine" für etwas aufgeschlossenere Progfans sicherlich einige Höranreize bieten und an die Sprache gewöhnt man sich mit der Zeit dann auch noch.
Das vor über einem Jahr als Eigenproduktion veröffentlichte Album "Process" der hessischen Proggies wird hiermit erneut unter’s Volk gebracht, und zwar vom Label MDD. Im Grunde hat unser Goofy in seinem Review zur selbst vertriebenen Platte alles Wesentliche gesagt. COMPLEX 7 spielen, ihrem Bandnamen entsprechend, wenig leicht zugänglichen Progressive Metal, der trotz aller Technik über die weitesten Strecken nachvollziehbar bleibt. Trotzdem sollten Hörer mit "Easy Listening" - Ambitionen einen großen Bogen um "Process" machen. Der Sound tönt kraftvoll, aber auch etwas monoton und statisch, was sich besonders auf den eintönigen Gesang von Norbert Vornam auswirkt, der so oftmals nervig herüberkommt. Bei den Songs sticht vor Allem das tolle Duo in der Mitte heraus, nämlich die beiden Stücke "Nightbirds" und "Toadstool", die zeigen, dass eindeutig Potential in der Band steckt. Der Rest des Materials bewegt sich ebenfalls auf gutem Niveau, benötigt aber einige Durchläufe mehr. Neben den schon von Goofy genannten, vergleichbaren Bands fallen mir noch die Ruhrpottler FORCES@WORK ein, die in etwa ähnliche Töne anschlagen. Wer es also gerne mal komplizierter mag, darf hier ruhig einmal reinhören. Nicht schlecht!
Mein lieber Mann, selten hat mich zuletzt eine reine Underdogproduktion so stark beeindruckt wie "Shadow Realm" von TIMEMAGE nennt sich dieses Projekt aus Baden Württemberg. Ähnlich gelagert, zumindestens von der Machart her, wie solche bekanntere "künstliche" Bands wie z.B. AYREON oder ANIA, hat hier auch eine einzige Person alle Fäden komplett in der Hand. Bei TIMEMAGE ist dies Multiinstrumentalist, Songschreiber & Produzent Stefan Schenkel der zunächst im heimischen Wohnzimmer alle Titel komponiert und dann in den House Of Audio Studios (wo immer die auch sein mögen) in 11 Monaten harter Arbeit zusammengebastelt hat. Das Ergebnis "Shadow Realm" ist ein wahrlich sattes 60-minütiges monumentales Meisterwerk aus Versatzstücken aus Rock, Gothic, Folk, Death, Thrash & ganz viel Metal und dass alles noch verpackt in ein bombast-progressives Gesamtkonzept. Das Äußere der CD kann ebenfalls im überzeugen, es gibt ein aufwendiges 32 Seiten schwarz-weiß Hochglanzbooklet mit schönen Bildern sowie eine insgesamt gelungene Produktion. Mir persönlich sind dabei die vielen Totenköpfe oder Kreuze zwar etwas übertrieben aber egal, letztlich ist dies nicht so entscheidend, die Mucke zählt und die ist wirklich hochwertig. Daher jetzt zum Wesentlichen, der Musik und ihre Protagonisten. Stefan hat für dieses Projekt acht verschiedene Gastmusiker für Gitarren und die Vocals um sich geschart, wobei auch hier so manches Nachwuchstalent positiv heraussticht. So sind die Gitarrenleads sowie Soli von Thomas "Wicky" Gaddum absolut klasse und auch die Gesangsleistungen von Daniel "Otti" sowie der beiden Mädels insbesondere Anja Kütter können sich sehen lassen. Unter der Berücksichtigung einer reinen Amateurproduktion, dass kein Naturschlagzeug im Einsatz war (bis auf wenige Stellen ist das Programming hier besser als bei manchen Profis!) sowie abwechslungsreiche Keyboardsounds in allen Nuancen gibt’s auch von klanglicher Seite nichts zu mäkeln. Bei TIMEMAGE war es zunächst das vornehmliche Ziel unterschiedlichste Einflüsse der schon genannten Stile mit Facetten aus den Bereichen Jazz/Fusion, Alternative, Electro sowie auch Elementen aus Filmsoundtracks zu verarbeiten. Dies ist mit leichten Abstrichen absolut gelungen auch wenn sich der gute Stefan hierdurch stilistisch natürlich (bewusst) etwas zwischen alle Stühle gesetzt hat. Trotzt der wirklich außerordentlich originellen sowie genreübergreifenden Ideen hat er es geschafft ein stimmiges Gesamtwerk vorzulegen. Letztlich bedient "Shadow Realm" zwar vornehmlich die Metalschiene dürfte aber auch Freunde etwas härterer Gangarten erfreuen, denn es gibt hier viele kernigen Momente. Ein kleiner Kritikpunkt sind die mehr oder weniger (zu) regelmäßigen Wechsel bei der Songreihenfolge oder in den Tracks selbst zwischen cleanen melodischen Vocals und den aggressiveren Growlparts bzw. blackmetalartigen "Gesangs", die sind auf Dauer ein klein wenig eintönig bzw. vorhersehbar. Ansonsten kann man bei den durchgehend recht melodischen und oft sogar recht komplex-verschachtelten Kompositionen, wenn überhaupt nur wenig beanstanden. Auch wenn vielleicht so manche Chorarrangements etwas dünner bzw. unausgegoren geraten sind, man an einigen Übergängen bzw. Rhythmuswechseln eventuell hätte noch mehr feilen können und bei dem ein oder anderen Song auch etwas viel hineingepackt wurde, muß das abschließende Resüme einfach nur posititv ausfallen. Die CD ist wirklich überdurchschnittlich gut gelungen, für mich könnte Stefan als der "Schöpfer" von TIMEMAGE durchaus mal ein ganz Großer werden. Es wäre daher echt interessant, was er unter professionelleren Bedingungen aus sich herausholen könnte. Anhänger von AYREON, AFTER FOREVER oder AINA werden auch bei TIMEMAGE auf ihre Kosten kommen, hier gibt es bombastischen Metal mit vielen interssanten Facetten in opulent progressiver Ausrichtung. Als besondere Anspieltips eines Albums ohne jegliche Ausfälle sind Songs wie "Forgive Me", "Drowned In Blood" oder "Fly" zu erwähnen. Die ganze CD gibt es für einen absoluten Spottpreis von lediglich 5 € bei stefan@timemage.de zu erwerben - also lasst ihn bitte nicht allzu lange auf eure Bestellung warten.
Es war schon bei den letzten Alben wirklich zu einer, zugegebener Maßen recht angenehmen Aufgabe geworden, CD’s der Space Proger von DICE zu besprechen. Auch dieses Mal trog diese Aussicht mit dem Päckchen der neuen Scheibe "Time In Eleven Pictures" aus dem heimischen Briefkasten nicht. Mittlerweile können die Jungs um ihren Bandleader & Multininstrumentalisten Christian Nóvé inklusive des aktuellen Albums tatsächlich schon auf beachtliche 11 DICE-CD’s (plus 1 DVD) zurückblicken. Bedenkt man die lange Zeit, der seit 1974 mit Unterbrechungen sowie nach dem erfolgreichen Comeback von 1997 wieder neu aktivierten Formation, ist dies durchaus bemerkenswert. Diesmal hat mich sogar mal das klasse gemachte Coverartwork mit den deutlichen aber überzeugenden Dali Anleihen voll überzeugt. Fans von PINK FLOYD und deren raumgreifenden Gitarrenklanggebilden sowie ausladenden Keyboardteppichen mit variantenreichen Sounds sind hier jedenfalls goldrichtig. DICE zeigen sich nach der erfolgreichen Integration des Ausnahmekönners Peter Viertel an der Gitarre bei dem vorletzten Album noch einen Tick kompakter und als spielerische Einheit unheimlich in der Tiefe gereift. Sicher der etwas ungewöhnliche (Sprech-) Gesang Nóvés, erinnert mitunter etwas an DIRE STRAITS Mastermind MARK KNOPFLER, dürfte daher für den ein oder anderen aufgeschlossenen Neueinsteiger eventuell etwas Eingewöhnungszeit erfordern aber nach einigen Durchläufen erschließt sich dem Hörer dann ganz sicher der ausladende Klangkosmos von DICE. Die teilweise etwas avantgardistisch anmutenden Tracks bzw. Instrumentals bestechen gewohnt mit gelungenen Melodien und soliden mal mehr oder weniger verspielt-verschachtelter Arrangements mit vereinzelten leichten Neo-Prog Einschüben, die aber meilenweit von allzu (ein) gängiger oder gar konventioneller Songstrukturen entfernt sind. Man bewegt sich hier ganz klar in der Tradition von solch klassischen 70er Jahre Bands wie u.a. HAWKIND wobei aber DICE durch eine doch eher Blues Rocks betontere Ausrichtung (im Gegensatz zu formal ähnlich gelagerten Projekten wie AYREON bzw. STAR ONE) mittlerweile ihren ganz eigenen Stil gefunden haben. Die ostdeutschen Progrocker haben auf "Eleven Pictures" ihren Cosmic Prog noch weiter verfeinert und egal ob so gelungene Tracks wie das monumentale "The Gates Of Heaven" oder zur besseren Abwechslung etwas mehr auf den Punkt gebrachte Rocknummern u.a. "Time Game" - diese Jungs wissen wie sie ihre sphärischen Songs zum (Wohl) Klingen bringen und haben mit "Time In Eleven Pictures" erneut eine reife Leistung abgeliefert. Alle Genreliebhaber sollten hier auf jeden Fall mal reingehört haben.