Mastermind Gary Chandler scheint mit seinen Kollegen von JADIS wohl immer so um die drei Jahre zu brauchen, um ein neuen Album für die Neo-Prog-Gemeinde fertig zu stellen. Das es bei Album Nummer sechs diesmal zwar nicht schneller, aber noch intensiver zuging liegt nach eigener Aussage daran, dass Mr. Chandler das Album mit Pro Tools Höchstselbst mixte und am heimischen Equipment veredelte. Aller bedenken zum Trotze ist "Photoplay" trotzdem kein seelenloses, technisch perfektes Werk geworden, sondern ein Wärme und Gefühl ausstrahlendes Prog-Album, in Tradition von Marillion, IQ (keine Wunder, deren Keyboarder Martin Orford und Bassist John Jowitt sind JADIS-Bandmitglieder), Pink Floyd, Asia, Kansas und natürlich Pendragon. Überwiegend im Midtempo angesiedelte, atmosphärische, in ihrer epischen Ausstrahlung typische JADIS-Songs prägen das Album ("Please Open Your Eyes", "Asleep in My Hands"). Dazu cool entspannendes wie "Standing Still" und etwas lautere Tracks, wie der Floyd’sche Opener "There’s A Light", "What Goes Around" und "Make Me Move". Das elegische instrumentale Titelstück "Photoplay" rundet das Ganze schlussendlich ab. Nur das Coverartwork ist, sorry, unter aller S… - was aber auf den Gesamteindruck keinerlei Einfluss hat. Denn JADIS haben mit "Photoplay" kein neues Überwerk à la ihrem Debüt "More Than Meets The Eye" geschaffen, aber ein wahrlich gutes Prog-Album vorgelegt, dass sich nahtlos an Platz Nummer zwei in die Discographie der britischen Band einfügt.
Mit "My River Flows" legt das New Yorker Septett (fünf Männer, zwei Frauen) sein mittlerweile viertes Album vor, das dem anspruchsvollen Proggie die volle Breitseite beschert. Stilistisch irgendwo zwischen den legendären SPOCK´S BEARD, ECHOLYN oder auch GLASSHAMMER angesiedelt, wird mit sehr viel Gefühl und ausladenden Arrangements vorgegangen, die aber nicht (oder nur selten) im oftmals genretypischen "Guckt mal, was wir alles drauf haben!" - Sumpf untergehen. Freunde von harten Riffs und ausgiebiger Doublebase sind hier natürlich erwartungsgemäß an der falschen Adresse, aber wer akustische Trips und auch gelegentliche psychedelische Einlagen schätzt, sollte sich Songs wie den tollen Titelsong, "Late Night Salvation", das hervorragende "Deception" oder das überragende, in sechs Teile aufgespaltene "Deafening Silence" anhören und in die verträumte, spielerisch erstklassige Welt von IZZ eintauchen. Leider nur kommen nicht alle Stücke so verführerisch daher wie die genannten Anspieltipps, sonst wäre hier locker der "Tipp" drin gewesen. Aber auch so sollten sich Progressive / Art Rocker diese Band und "My River Flows" auf ihrer "Kennenlern - Liste" notieren, falls nicht schon geschehen!
Ein bekannter (Schlager) Evergreen der 70’er von Otto W. leicht verfremdet lautete damals "Dänen lügen nicht" - hingegen die gleichen Landsmänner von MEW versuchen gleich zu Beginn ihres aktuellen Albums "And The Glass Handed Kites" mit dem rein instrumentalen "Circuitry Of The Wolf" und relativ stark betont fetten Gitarren sowie akzentuierten Drums den Hörer doch etwas auf’s Glatteis zu führen. Um dann aber sofort noch im Übergang die unüberhörbaren zwei, für die restlichen Minuten dominierenden Faktoren dieser CD (neben soliden Indiegitarren), in den Vordergrund zu schieben - die fast alles überlagernden Tasten/Keys sowie die hohe, kopflastige Falcetstimme von Jonas Bjerres. Die dürfte ganz sicher nicht jedermanns Geschmack sein und erinnert u.a. stark an die PET SHOP BOYS oder PREFAB SPROUT, auch die "very British" gepärgte Musik ist insgesamt doch deutlich mehr Pop als Rock. Aufgrund der breiten, ausufernden Synthieflächen mit stellenweise verwinkelten Arrangements kann man tatsächlich von Prog Pop sprechen aber Vorsicht für echte Progies dürften die oftmals reichlich seichten mit süßlicher Schwere daherkommenden Tracks, die aber gleichzeitig auch konsequent eine gewissen düster-melancholischen Grundstimmung beinhalten, einiges an Geduld abverlangen. So zum Nebenbeihören taugt "And The Glass Handed Kites" sowieso überhaupt nicht, hier ist neben Geduld auch viel Zeit von Nöten, um sich in die recht atmosphärischen Details hineinzuhören.
Nach den bisher nur in der Heimat veröffentlichten Vorgängeralben "A Triumph For Man" (1997), "Half The World Is Watching Me" (2000) und dem von Sony als New Talent Price angebotenen "Frengers" (2003) wollen MEW jetzt endlich auch in Deutschland den Durchbruch schaffen. Ich wage mal die Prophezeihung es wird auch diesmal (leider) nix werden. Und dies obwohl mit den beiden recht gegensätzlichen Singles "Apocalypso" & das etwas an schnellere NEW ORDER Tracks erinnernde "Special" durchaus gute Songs vorhanden sind, mit "The Zookeeper´s Boy" und seinen tollen kaskadenartigen Canons ist sogar ein richtiger Knaller für die Charts an Bord. Dieses leicht vertrackte (Konzept) Album, bei dem viele Songs nahtlos ineinander übergehen sowie vielen experimentell wirkenden Sounds, bietet zwar schöne Melodien oftmals sogar mit einem schönen 80er Jahre Touch aber es mangelt ein klein wenig an der stilistischen Abwechslung, länger hängen bleibenden Momenten außerdem übertreiben es die Jungs doch etwas mit dem Kitschfaktor. Trotz der typisch ausufernden in endlose Weiten schwelgenden Refrains die vielfach mit zig Stimmen aufgedonnert recht bombastisch klingen, macht sich insgesamt, bedingt durch ein relativ starres Strickmuster eine gewisse Eintönigkeit breit wobei der zerbrechliche Engelsgesang diesen Eindruck nicht gerade verbessert. Eine Ausnahme bildet hierbei der Gastauftritt von J. Masics (Dinosaur Jr.) bei "Why Are You Looking Grave?" der mit seinen etwas raueren Vocals gelungene Kontrastpunkte setzen kann.
MEW haben hier zweifellos ein ungewöhnliches und vor allem mutiges Album gemacht, nichts für Rockpuristen oder die Haudrauffraktion, wer aber mal Lust auf anspruchsvollen Pop (Rock) mit verträumter Tiefe hat, sollte dieser Formation vielleicht doch eine Chance geben, verdient hätten sie es allemal.
Schon seit ihrem letzten Output "Work Of Art" (2001) hatten die Progmetaller MIND’S EYE mit einer souveränen Leistung bei mir schon mehr als einen Stein im Brett und jetzt, leider erst 4 Jahre später, bestätigt sich dies erneut. Auf dem aktuellen "Walking On H2O" legt die Band noch mal einen Zahn zu. Und dies unter vermeintlich schlechteren Voraussetzungen, ereilte MIND’S EYE doch zwischenzeitlich dass gleiche Schicksal wie Weiland u.a. GENESIS, denn die Jungs waren für die Aufnahmen nur noch zu Dritt. Der langjährige Gitarrist Fredrik Grünberger ist ausgestiegen aber und jetzt kommt’s, dies hat die Band scheinbar eher noch mehr beflügelt, u.a. wurden die Gitarren einfach von Basser/Keyboarder Johan Niemann eingespielt, was zwar ein Substanzverlust bedeutet aber rein musikalisch erstaunlicherweise kaum ins Gewicht fällt. Mit einer fast schon arroganten Lässigkeit schaffen sie auf "Walking On H2O" den schmalen Spagat zwischen komplexen (aber nicht zu technisch ausufernden) Arrangements, griffigen fast manchmal popig-balladesken Melodiebögen (aber nie mit der "sofort-Tür-ins-Haus-fall" Catchy Attitüde) sowie knackigen Abgehnummern mit einem stets irgendwo durchschimmernden symphonischen Background und vielen fetten mehrstimmigen Chören. Als ein prägender Faktor erweisen sich auch die klasse Vocals von Andreas Novak (brachte in 2005 ein vielbeachtetes Solowerk "FOREVER ENDEAVOUR" auf den Markt), der hier eine überragende Leistung abgeliefert hat und mit seinem variablen Gesang locker zur absoluten Top Ten der derzeit besten Melodic Metal/Rock Frontmänner gehört.
Über die Produktion läßt sich ebenfalls nur positives sagen, die Schwerpunkte wurden ausgewogen verteilt, kein Instrument wird bevorteilt, der Mix stimmt, die vielen soundtrackartigen Passagen wirken hier nicht aufgesetzt und trotz mancher sehr epischer Instrumentalteile (dass 11 minütige "Poseidon Calls" gerät nie zum Selbstzweck) ,hat man nach über 65 Minuten sowie 13 Tracks nie dass Gefühl einer Sättigung oder gar "Erschlagung" durch die Musik, die Schweden haben sich eine gewisse Leichtigkeit bewahrt. Die konzeptionelle Handlung der musikalisch perfekt ineinander verwobenen Tracks erstreckt sich über viele einzelne Geschichten über u.a. die Menschliche Entwicklung, Wissenschaft, Religion, tödliche Viren, Umweltverschmutzung, Unsterblichkeit und so weiter kennt man schon aber die meisten Titel könnten auch ohne den inhaltlichen Kontext bestehen. Solche Hammertracks wie der potentielle Singlehit & Hookmonster "Equally Immortal" oder dass mit einem tollen Klassik Rock Touch versehene "Umbrella Under The Sun" wechseln sich ab mit treibenden Nummern wie "A Rabbit In The Hat". Als heimliches Highlight des Albums erweist aich ganz klar das orientalisch-opulent geprägte "Sahara In An Hourglass" mit seinen vielen interessanten Wendungen.
"Walking On H2O" ist abschließend nicht nur was für Progies (THRESHOLD Fans aber bitte hier genauer hinhören) sondern könnte aufgrund der relativ schnellen Zugänglichkeit auch alle anderen Rock/Metal Fans ansprechen. Klasse Album einer aufstrebenden Band, so macht "Über´s Wasser geh´n" einfach Spaß!.
"Second Chance" - bezeichnend für die beiden Hauptprotagonisten von CELSTIAL O’EUVRE. Hatten Joe Acaba und Jose Damien doch Anno 1975 bereits eine Band unter dem Namen DEMIAN am laufen und 40 Songs im Gepäck - aber kamen nie so richtig in die Gänge. 2004 kam es dann in NYC zu einer Reunion unter dem Banner CELSTIAL O’EUVRE, um das zum machen, was sie schon immer wollten: Neo-klassischen Prog-Rock. Und schon die ersten Töne des fett rockenden Openers "Zeitgeist" wissen zu begeistern. Zumindest jene, welche sich zwischen symphonisch angehauchten Prog (YES, ELP und ähnlichen 70er-Prog-Heroen) und bombastischen AOR/Hard Rock im Retro-Stil Marke Kansas und Journey wohlfühlen. Beim nachfolgenden, über 9-minütigen "Black Flower" wird zu Beginn dann erst mal gezeigt, was die Instrumentalfraktion drauf hat, bevor man wieder zu eingängigen Rockstrukturen zurückkehrt, ruhiger wird, um unvermittelt im Mittelteil wieder instrumentalen Ausflügen zu frönen. Das als Gänsehautballade angelegte "Courage" lässt dann Assoziationen zu Billy Joel aufkommen und mit dem 10-Minüter "To Be Alone" werden dann alle genannte Trademarks zu einem Gesamtkunstwerk vereint - ein episches Highlight zwischen Prog und AOR, Bombast und Piano, balladesken Gesang und Chöre - einfach klasse. Und auch nach hinten raus wird das Niveau gehalten - denn was "Second Chance" so gut hörbar macht sind die guten Songs - das Quartett vergisst nie, das es in erster Linie um Rockmusik geht. CELSTIAL O’EUVRE halten auf "Second Chance" gekonnt die Waage zwischen einem nie nervenden, zurückhaltenden und nachvollziehbaren Frickelanteil und vor allem viel Melodie, wobei im Mittelpunkt oft der Gesang von Joe Acaba steht, der manch namhafter US-Rockcombo vorstehen könnte, welche verzweifelt an die Erfolge früherer Jahre anzuknüpfen versucht. Sollte mit dem Teufel zugehen, wenn da nicht noch mehr drin ist. "Second Chance" ist für mich ganz klar ein Highlight des bisherigen Jahres.
Mit "Colour Journey" schießt der niederländische Gitarrist Marcel Coenen ein Soloalbum in die Umlaufbahn, nachdem er bereits unter Anderem für Musiker oder Bands wie Hubi Meisel oder SUN CAGED gearbeitet hat. Das Album ist auf der einen Seite zwar ein typisches "Gitarrenalbum", andererseits jedoch nicht allzu selbstverliebt und durchaus songorientiert ausgefallen. Für erhebliche Abwechselung sorgen neben höchst unterschiedlich ausgelegten Kompositionen diverse Gastmusiker wie Mike Anderson (CLOUDSCAPE), Paul Villarreal, Roel Van Helden, Rene Kroon (SUN CAGED), Dennis Schreurs (SEVERE TORTURE), Colleen Gray (PERSEPHONE´S DREAM) oder Maurice Brouwers (ENGINE OF PAIN), die sich wahlweise an Mikro, Bass, Drums oder Keyboards die Klinke in die Hand geben. Zugegeben: leichte Kost ist "Colour Journey" nicht unbedingt, denn neben viel Melodie wurde auch ein gehöriger Schuss Progressivität beigemischt, der nicht immer Eingängigkeit aufkommen lässt. Trotzdem kann man sich gelungene Stücke wie "Waiting", "Patron Saint", das fast schon deathmetallische (der abgesteckte Rahmen wird nicht nur einmal gesprengt…) "Traumatized To The Bone" oder das balladeske "That Moment" ohne Probleme anhören und dürfte von der stilistischen Vielfalt angetan / verwundert / erschlagen werden. Ein gutes Album für anspruchsvolle Metalheads!
VIOLENT SILENCE sind eine weitere schwedische Progformation, die sich ganz in der aus den 70er Jahren entstanden Tradition eines betont symphonisch angehauchten Retrosounds verstanden wissen wollen. Die doch sehr gewöhnungsbedürftige Musik dürfte aber selbst für eingefleischte Progies nicht so ohne weiteres zu empfehlen sein. Nach dem mir leider nicht bekannten Debütalbum von 2003, hat der Fünfer nach dreieinhalb Jahren mit "Kinetic" endlich einen Nachfolger zusammengebastelt. Sehr auffällig für mich, von Anfang die starke Dominanz der Rhythmusgruppe sowie der Keyboards im allgemeinen und siehe da hier gibt es tatsächlich gleich zwei Tastenmänner aber (leider) keinen Gitarristen. Dies mag zwar vom Ansatz her, gerade für eine Progband, ganz gut "klingen" geht aber mit zunehmender Dauer dieser Musik doch etwas daneben, da es u.a. einfach an Dynamik und gegenläufigen Klangspektren hapert. Obwohl ich mich wirklich auch zu den Keyboardfetischisten zähle, kommen auch nach mehreren Durchläufen, trotz mancher beeindruckend, virtuos vorgetragener Solos sowie diverser üppiger Klangkollagen, beim Anhören dieser CD nur selten wirkliche Begeisterungstürme auf und dies hat gleich mehrere Ursachen. Zum einen nerven die vielen elektronischen Spielereien, eindimensionalen und manchmal sogar recht billig (analog) wirkenden (Bontempi) Sounds mit zunehmender Dauer schon etwas arg aber auch die manchmal völlig aufgeblähten viel zu langen Tracks (bei "Quiet Stalker" hätte die Hälfte der 18 Minuten völlig gereicht!) können nur selten länger fesseln, sind zwischendurch schlichtweg langweilig, vor allem auch die etwas hilflos eingestreuten Intro’s ("Night Lights") oder sonstige Instrumentalfüller bieten nur wenig spannendes oder gar mitreißendes. Zum anderen sind wirklich schöne, hängen bleibende Melodien eher rar gesät (Ausnahmen sind z.B. der beste Song der CD "Torrential Rains") oder gehen oft in etwas spröde gehaltenen Retro-Jazz Arrangements unter, die Vocals sind dabei gar nicht mal so übel können aber nur sehr selten zum Spannungsaufbau beitragen, da sie oftmals zu gleichförmig vorgetragen werden. Der Sänger "eiert" ("Sky Burial") dabei besonders bei den vielen langsamen Passagen viel zu sehr rum, dass Zuhören tut manchmal richtig weh. Ebenfalls nur wenig erbaulich sind die diversen nöligen "Dudelläufe" rauf und runter, mit viel zu viel Frickelkeyboards, da nützen auch die schrägsten oder abgefahrensten Sounds, Effekte oder sonstigen Sperenzchen nicht mehr viel, diese dunklen Orfklänge gehen einem mit der Zeit ebenfalls ziemlich auf den Keks. VIOLENT SILENCE haben für sich betrachtet zweifelfrei ein sehr eigenständiges Klangbild kreiert aber auch zusammen mit einem meistens sehr brummelnd-rumpeligen Bass sowie bei den etwas zu seltenen etwas schnelleren Passagen mit einem fast davon stürmenden Galoppschlagzeug ("Kinetic"), bleibt letztlich nicht viel positives bei mir hängen. Progpuristen mögen mir diese Kritik etwas verzeihen und hier trotzdem ihr Seelenheil finden, für mich überzeugt Violent Silence leider nur in Ansätzen.
Der progressive Brite meldet sich zurück! Nachdem er nach seinem letzten Werk "A Matter Of Life & Death (The Journal Of Abel Mann)" erst kürzlich bei THE TANGENT auf deren neuestem Streich "A Place In The Queue" gastmusizierte, ist er nun mit "One Small Step…" wieder in eigener Sache unterwegs. Was man erwarten darf, dürfte klärchen sein: sehr ausladenden, eher ruhigen, progressiven Rock mit Anspruchsgarantie. Nix für die Harten im Garten, sondern mehr für die gefühlvollen Melodiefreunde unter Euch. Durchgehend akustisch gehalten und von weiteren sechs Musikern verfeinert, sind in den Stücken nicht nur Gitarren, Bass, Drums und Mr. Mannings Gesang zu hören, sondern außerdem Mandoline, Saxophon, Flöte, Fiedel oder Küchenspüle (ohne Scheiß!). Ob "Kitchen Sink" dabei der Begriff für ein spezielles (Musik -) Instrument ist, weiß ich leider nicht… spielt auch keine Rolle, denn hier klingt nichts stark konstruiert oder bewusst auf kompliziert getrimmt, und Songs wie die beiden hervorragenden Opener "In Swingtime" und "Nightvoices" (beide Gänsehaut pur!), "No Hiding Place" oder der in acht Parts unterteilte Titelsong dürften softeren Proggies ´runterlaufen wie Synthetiköl. Ein sehr feines Album, das Guy Manning erneut in Höchstform präsentiert und das zudem noch mit einem farbenfrohen, sehr ansehnlichen Booklet ausgestattet ist. Cool!
STRIDE sind eine eigentlich schon seit satten zwanzig(!) Jahren bestehende Band aus Texas, die getragen von den beiden Hauptprotagonisten bzw. Gründern Matt Kanzler (Schlagzeug) sowie Joel Gregoire (Gitarre) jetzt mit dem aktuellen "Imagine" aber erst ihr zweites reguläres Studioalbum am Start hat. Das 2001 erschienene aber ziemlich untergegangene Debüt "Music Machine" war noch eine reine Instrumentgeschichte u.a. auch deshalb da man lange nicht die passenden Mitstreiter aber vor allem keinen geeigneten Sänger finden konnte. Dies hat sich jetzt geändert mit Gary Belin hat man 2004 endlich den passenden Mann für’s Mikro bekommen, der Mann hat tatsächlich eine richtig geile Rockröhre, die er sehr variabel sowohl in bester 80’er Jahre Shoutermanier aber auch mit gefühlvoll akzentuierten Vibes einzusetzen vermag.
STRIDE versuchen sich auf "Imagine" an einer durchaus lohnenswerten, da relativ selten umgesetzten (genreübergreifenden) Idee - der Fünfer motzt seinen technisch versierten aber niemals zu detailverliebten Progmetal mit deutlich aus AOR Gefilden geprägten Harmonien sowie Arrangements mehr als nur gefällig auf. Scheinbar mühelos (auch wenn das die oftmals etwas engstirnige Proggemeinde vielleicht etwas anders sehen wird) gelingt dabei der schmale Grat zwischen anspruchsvollem Prog und eingängige, warmen Melodicpassagen. Die virtuosen Soli vor allem bei den wirklich sehr gelungen Instrumentaltracks wie dem leicht neoklassischen "Endeavor" oder "Ion Drive", verkommen zu keiner Sekunde nur zu schmückendem Beiwerk (auch wenn hierbei natürlich etwas mehr Frickfrackel zu hören ist) sondern entfalten genügend eigenen Charakter. Sänger Gary äußerst sich auf der Homepage typisch amigroßspurig mit dem Spruch "Believe the Hype!" nun ja dies ist sicher etwas übertrieben aber man muß auch hinter dem Stehen, was man an den Mann bringen will, um so besser wenn dann tatsächlich ein hochwertiges, musikalisch gelungenes Gesamtwerk wie dieses vorliegt. Die Jungs gehen einfach clever vor, nutzen ihre vielseitigen Potentiale voll aus und wildern gekonnt in den Randbereichen von pompösen Progressive Metal/Rock mit Bands wie ELEGY, SHADOW GALLERY oder SAVATAGE um dann aber immer mal wieder starke JOURNEY bzw. REO SPEEDWAGON mäßige Assoziationen zu wecken, einfach klasse gemacht! Am Songwriting gibt’s daher absolut nicht zu kritisieren, sonstige Schwächen ebenfalls Fehlanzeige, es geht recht abwechslungsreich zur Sache mit schönen Keyboardsounds, vielen spitzenmäßigen sowie mächtigen Choreinsätzen aber auch wuchtige Heavyriffs sowie straighte Classic Rock Passagen kommen nicht zu kurz. Die in manchen Reviews beklagte angeblich zu drucklose Produktion kann ich absolut nicht heraushören, der Sound auf meinem Belegexemplar ist absolut erstklassig und bietet genügend Dynamik. Knaller Songs wie dass schmissige "How Far", der opulente Bombastrocker "Role Model" oder auch die wohltuend kitschfreie Ballade "Time" mit tollen Kanonsätzen (gekonnt etwas bei TRIUMPH abgekupfert) sprechen eine Klasse für sich. STRIDE kommen hoffentlich auch mal über den großen Teich, damit wir ihre Livequalitäten begutachten können und dann wird man sehen, ob der eigene vorgelegte hohe Albumstandart auch der Realität stand hält. Ansonsten für alle nicht "nur" Schubladen Hörer zweifelsfrei zu empfehlen, die Jungs haben was auf dem Kasten.
Die schwedisch - britische Progrock - Formation THE TANGENT meldet sich mit "A Place In The Queue” zurück und dürfte erneut die Herzen der Progressive / Art Rocker… äh… tangieren, denn das Album bietet eine knapp 80 - minütige Achterbahnfahrt durch die unendlichen Weiten handgemachter Musik für Kopf und Seele. Gleich zwei über zwanzig Minuten lange Stücke ("In Earnest" und der brillante Titelsong) stehen jeweils am Anfang und am Ende des Albums, und dazwischen finden sich mit dem experimentellen Instrumental "DIY Surgery" und dem eingängigen Hit "The Sun In My Eyes" lediglich zwei kurze Songs. Aber egal, welchen Song man anspielt: in "A Place In The Queue" "mal eben" reinhören kann man sowieso nicht, denn dafür ist das Album viel zu ausladend und atmosphärisch und sollte daher am Stück genossen werden. Musikalisch gibt es natürlich die volle Breitseite, denn neben Jonas Reingold von den FLOWER KINGS (Bass) und Guy Manning (Akustikgitarre, Mandoline, Gesang) sind mit Andy Tillison (Orgel, Piano, Synthie, Gesang), Theo Travis (Saxophon) oder dem "Special Guest" Dan Watts (Gitarre) natürlich weitere erstklassige Leute vertreten, die allein schon durch die große Auswahl an Instrumenten ein beeindruckendes Klanggerüst zaubern. Die angepeilte Zielgruppe kann sich "A Place In The Queue" somit blind ins Regal stellen, aber Rocker und Metaller aller Art sollten sich im Klaren sein, dass hier ruhigen Tönen und komplexen Arrangements der Vorzug gegeben wird und das Album mit seiner langen Spielzeit nicht leicht zu verdauen ist. Im Ganzen ein sehr überzeugendes Werk!
Eine "Special Edition" ist auch erhältlich; ein Digipak mit erweitertem Booklet und einer Bonus - CD mit sechs Songs aus den Sessions des Albums, die am Ende aber nicht ins Konzept passten. Für Interessierte sehr empfehlenswert!