Natürlich machen die Hamburger SYLVAN auf ihrem aktuellen Werk "Presets" keine "schnöde" oder gar gediegene Popmusik, wie man es selbst auch etwas augenzwinkernd angekündigt hat oder in manchen Rezensionen völlig daneben geschrieben wurde. Es ist immer noch eindeutig Progrock, der allerdings diesmal in einer etwas anderen Grundausprägung daherkommt - die Pladde klingt nämlich viel lockerer und entspannter, trotz einer gewissen tragenden Melancholie, aber nicht zu trist oder gar depresiv. Einschmeichelnde Melodien gibt es zu hauf, aber nicht zu platt-billig. Manchmal schimmert ein 80'er Jahre New Wave Feeling durch die Songs hindurch und dann wieder eine unheimliche Weite in hymnischen Refrains. Der Vergleich mag inzwischen etwas abgedroschen sein, aber der Sound kann eine gewisse Nähe zu COLDPLAY (zumindestens zu deren letzten beiden überragenden Alben) nicht verleugnen, bloß hier wird noch mehr Tiefe und meistens ein deutlich detailreicherer Songaufbau geboten. Als Progpop könnte man "Presets" schon bezeichnen, denn es gibt kürzere Songs wie das balladeske "Signed Away" oder das mit Indieflair daherkommenden "For One Day" - sie müssten im Radio eigentlich rauf und runter laufen, wenn es für deutsche Bands eine Lobby im Einheitsbrei der meisten Chartsender geben würde - Qualität ist da leider selten entscheidend. Trotz dieser, sagen wir mal "kommerziellen" Sprenkel, sind auch noch genügend der insgesamt 12 Tracks jenseits der 7-minuten Grenze vertreten und hier kommen auch die eingefleischte Progfans auf ihre Kosten. Opulente Hämmer wie z.B. der epische Titelsong "Presets" oder auch "Former Life" - da wird typisches Slvlvanfutter serviert, das absolut packend mit viel Ausstrahlung sowie intensiven Spannungsbögen aufwarten kann. Begleitet durch die grundsoliden, punktgenauen Drums von Matthias Harder, einem stets knackigen Bass mit ordentlich Groove ("One Step Beyond") von Sebastian Harnack, dem feinfühlig sowie mitreißend zugleich klingenden Gitarrensound von Kay Söhl, den abwechslungsreichen Keyboards mit viel Piano von Volker Söhl sowie über allem quasi tronend das markante Timbre von Marco Glühmann, der unheimlich emotional die sehr frei interpretierbaren Texte intoniert und mich stimmlich hier sehr angenehm manchmal irgendwie an Midge Ure (ULTRAVOX) erinnert, haben SYLVAN ein stimmiges Gesamtkunstwerk abgeliefert. Mit dem Vorgängeralbum "Posthumous Silence” gelang den Jungs endlich der Durchbruch auf breiter (Kritiker-) und Fans Basis. Aber der Nachfolger, der eigentlich gar nicht der Nachfolger ist, weil "Presets” nämlich parallel zu PHS aufgenommen und produziert wurde, ist nur schwer mit seinem Vorgänger zu vergleichen, da die Grundintention absichtlich eine völlig andere war. Man wollte betont eingänglicher klingen (ähnlich wie dies MARILLION vielleicht zu Beginn der Hogart Ära gemacht haben), der Zuhörer vergisst trotz aller stilistischen Finessen und Andersartigkeiten nie, dass hier SYLVAN zu jeder Sekunde noch nach sich selbst klingen. Trotz aller klanglicher "Experimente" haben die Hamburger sich ihre Identität erhalten. Intelligente Progmusik, nicht zu konstruiert, mit großen Refrains, je nach Bedarf auch mal spartanisch arrangiert. Dann wieder diese unheimlich treibenden Rythmen, die auf schwebende Klangwelten treffen und von diesem alles verbindenden atmosphärischen Gesang mit wahren Gänsehautorgien und viel Pathos zusammengehalten werden - das ist ganz großes (Prog-) Kino. Klar, die Proghardliner werden hier nicht so recht glücklich, aber deren mir oftmals zu engstirniges Kategoriendenken sollte hier auch nicht bedient werden. Die Band hatte einfach Bock zwischendurch mal etwas anderes, entspannenderes zu machen oder zu zeigen - das hat mit Anbiederung an den Mainstream nicht das Geringste zu tun! Beide Seiten der CD ( in Anlehnung an alte Plattenzeiten wird nach "Side A" und "Side B" unterschieden) haben es in sich. Da darf man sich einfach auf die Musik einlassen, zurücklehnen und eintauchen ("On The Verge Of Tears") in die Welt von SYLVAN.
Die Jungs haben hier mit ihrem sechsten Studioalbum ihre derzeitige absolut herausragende Stellung als beste deutsche New Art Prog Rock Band sehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt. "Presets" macht süchtig und gehört für mich schon jetzt ganz klar zu den Alben des Jahres 2007.
Tatsächlich SAGA haben ihren Goldgräber von 1981 nochmal ausgepackt! Ein gutes Vierteljahrhundert später, anlässlich des für die Karriere (kommerziell) sicher bedeutendsten Albums "Worlds Apart" steht jetzt eine sogenannte "Revisited" Version (will sagen live), angereichert mit diversen weiteren Klassikern, in den Regalen um allen Fans dieses Konzert auch per Konserve zugänglich zu machen. Der hier auf CD gebannte Gig wurde Ende 2005 im schweizerischen Pratteln aufgenommen, enthält ein knapp zweistündiges Konzert inklusive der kompletten "Worlds Apart"-Scheibe plus zahlreiche Alltime Hits, Fan-Favoriten sowie eher selten gespielte Songperlen. Insbesondere da Sänger Michael Sadler (hier einmal mehr in absoluter Hochform) jüngst seinen Ausstieg zum Ende 2007 verkündet hat, wird man diese Songs, mit seinem charismatischen Timbre verdelt, in dieser Form bzw. Konstellation so schnell wohl nicht wieder zu hören bekommen. "Worlds Apart" war damals Album Numero vier der Kanadier und brachte SAGA auch aufgrund der beiden erfolgreichen Singlehits "Wind Him Up" sowie "On The Loose" den großen Durchbruch in den USA, vor allem aber auch in Europa (hier ganz speziell in Deutschland), wo die Band eigentlich bis heute immer noch einen größeren Beliebtheitsgrad besitzt als drüben in der eigentlichen Heimat. Man füllte in dieser Zeit problemlos die größten Hallen und Stadien. Ich kann mich noch gut erinnern, als mein Kumpel damals die kleine schwarze "Wind Him Up"-Single anschleppte, wir hörten begeistert den typischen Bombastsound von SAGA und auch das reguläre Vinylalbum steht bis heute noch in meinem Plattenschrank. Nach der großen Zeit in den 80’ern taten sich SAGA musikalisch in den 90’ern sehr schwer. Die zunehmend viel zu poppig-flach angelegten Werke ließen Michael Sadler und Co. in der Bedeutungslosigkeit versinken. 1999 erschien dann "Full Circle" und mit den Folgewerken fanden SAGA wieder zu ihrem typischen Melodic Artprogrock inklusive ihres betont keyboardlastigen Sounds, gepaart mit filigranen Gitarrenläufen zurück. Im Rahmen der 2004er "Network"-Tour verband die Band dann optimal neueres Material nach dem Comeback, mit den alten Songs von "Worlds Apart". Dabei wurden auch einige zuletzt eher selten gespielte Sachen wie "Ice Nice", das grandiose "The Pitchman" (aus "Heads Or Tales" Album und überraschend nicht "The Flyer) und natürlich Kracher wie "Humble Stance" (mein absoluter Favorit), "Don't Be Late" oder die SAGA-Hymne überhaupt "How Long" dargeboten. Ansonsten sind die beiden von Keyboarder Jim Gilmour gesungenen Stücke "No Regrets" und "Scratching The Surface", in einer tollen Akustikversion noch ganz besonders herauszuheben. Die Songmischung passt, einzig "Keep It Reel" hätte nicht sein müssen, da gab's einige bessere Tracks auf "Network". SAGA waren und sind eigentlich bis heute schon immer eine absolut geniale Liveband. Die für manchen Hörer etwas steril wirkenden Alben, sind ganz sicher nicht jedermanns Sache, aber auf der Bühne haben die Jungs noch Jeden überzeugt. Dieses Album transportiert dieses Feeling sehr autentisch, der Fünfer spielt mitreißend mit fulminanten Tasten- und Gitarrenduellen in Serie, der kompakte Sound ist selbstredend klasse und die Fans gehen ab wie Schmitts Katze, singen einfach alles lauthals mit und feiern die begeisternde Band so richtig ab, von Anfang bis Ende. Alle bisherigen Livealben von SAGA - "In Transit", "Detours" und "The Chapters Live" - vermögen nicht annährend dieses wohlige Livegefühl mit fesselnder Atmosphäre auf CD zu bannen oder diese einzigartige Stimmung irgendwie "nach" zu vermitteln. "Worlds Apart Revisited" schafft dies jedoch spielend und sorgt für garantierte Gänsehautmomente im heimischen Wohnzimmer. Das Album wird neben der normalen Doppel-CD, auch als Doppel-DVD sowie edel ausgestattetes CD/DVD-Version erhältlich sein, letzteres mit hochwertigen Schuber-Verpackung und einem 24-Seiten-Booklet. Man sieht sich dann spätestens auf der großen Abschiedstour von Michael Sadler zum 30-jährigen Jubiläum im Herbst.
Ich kann die Begeisterung, die unsere ehemalige Mitarbeiterin Cora für den Vorgänger dieses Albums übrig hatte, durchaus nachvollziehen, auch wenn mich "Mirror Of Creation 2-Genesis II" (einmal auf "Teil 2" hinzuweisen hätte genügt!) nicht ganz so sehr aus den Latschen haut wie der erste Teil die Dame des Hauses. Seit der Veröffentlichung des Vorgängers vor vier Jahren sind gleich drei Leute in der Band ersetzt worden, darunter auch Sänger Peter Webel, dessen Job nun Martin LeMar übernommen hat. TOMORROWS EVE orientieren sich anscheinend nicht nur in Sachen "Konzeptwerke mit Fortsetzung" an QUEENSRYCHE, sondern auch musikalisch kann man einige Parallelen ziehen. Die vertrackten, bisweilen leicht bombastischen und hymnischen Songs erinnern stark an das "Operation Mindcrime"-Gesamtwerk, wobei man qualitativ durchaus an dessen längst nicht so starken zweiten Teil anknüpfen kann. Auch gesanglich ist hier alles im grünen Bereich, denn Neuzugang Martin klingt in etwa wie eine rauere, "dreckigere" Variante von Geoff Tate und drückt den zwölf Kompositionen seinen eigenen Stempel auf. Nur leider halten nicht alle Stücke das hohe Level des erstklassigen Openers "Amnesia", des epischen "Not From This World" oder des melodischen Stampfers "Distant Murmurs", wobei "Mirror Of Creation 2-Genesis II" jedoch am Besten als Gesamtwerk und am Stück genossen funktioniert, was einige schwächere Kompositionen ein wenig auffängt. Insgesamt kann man die zwar wirklich gute, aber nicht überragende Scheibe allen Fans bekannter Prog-Größen wie DREAM THEATER, FATES WARNING und natürlich QUEENSRYCHE zumindest problemlos zum Antesten empfehlen. Herb enttäuscht dürfte aus dieser Zielgruppe niemand sein.
Wieviel Spielzeit sollte eine Metalscheibe haben? Es gibt die "Reign In Blood"-Fraktion, die 30 Minuten für angemessen hält, andere schwören auf 45 und wieder andere halten alles unter 60 für wertlos. ELLIPSIS nehmen sich auf ihrem vierten Album "Imperial Tzadik" mehr als eine Stunde für die elf Songs Zeit, das ist schonmal ordentlich Musik für die hart erkämpften Euronen. Und das Beste ist: das Geld ist gut angelegt, denn der Franzosenhaufen hat eine komplexe Scheibe eingespielt, die vom Hörer erschlossen werden will und ihn lange beschäftigen wird. Fans von NEVERMORE, OPETH und Konsorten kommen hier auf ihre Kosten und werden sich besonders am kraftvollen, klaren Gesang von Emmanuelson erfreuen können, der ganz klar im Mittelpunkt der Songs steht. Dazu gesellen sich mal knackig-schnelle Songs ("A Box In Ocean") und mal majestätische Hymnen ("The Witness Tree"), die "Imperial Tzadik" zu einer nie langweilig werden Platte werden lassen. Die durchweg gute Produktion tut ihr Übriges, um Freunden anspruchsvollen Metals den Silberling ans Herz legen zu können. Definitiv ein Geheimtipp, was da aus Frankreich zu uns gekommen ist.
Wie der Bandname THOUGHT CHAMBER schon nahe legt bietet "Angular Perceptions" alles andere als leicht verdauliches. Nämlich progressiven Metal mit hohem Instrumentalanteil und vielschichtige, oft vertrackten Kompositionen. Initiator des Projekts ist Gitarrist Michael Harris (Komponist der meisten Songs, auch Keyboard und Gesang steuert der Multiinstrumentalist bei und ansonsten ist er in massig Projekten aktiv), welcher sich prominente gesangliche Unterstützung in Form des Enchant-Fronters Ted Leonard ins Boot geholt hat. Dieser prägt zwar dann den Sound von THOUGHT CHAMBER sobald der Gesang einsetzt (drei Tracks sind rein instrumentaler Natur), ansonsten sind die Ähnlichkeiten mit Enchant eher marginal. Michael Harris hat es mit seiner Band THOUGHT CHAMBER (er veröffentliche in 2001 bereits ein Album mit dem Titel "Sketches From The Thought Chamber") auf Anhieb geschafft überzeugend harten progressiven Metal (respektive Rock) mit Pfiff und Schmackes abzuliefern, aber ohne Assoziationen zum Power Metal oder zu starker Dream Theater Schlagseite, sondern einfach mit technischer Raffinesse und ordentlich Groove versehen. Um sich mal einen Überblick zu verschaffen empfiehlt der Gourmet den ultrastarken Opener "Sacred Treasure" (gekonntes Wechselspiel zwischen komplexen Arrangements und melodiös eingängigen Passagen), "Transmigration Of Souls” mit einem Ted Leonard in Bestform und das etwas ungewöhnliche, mit Marschrhythmus (!) versehene "A Mind Beyond” (gefühlvoller Prog vom Feinsten mit einigen Einfällen) als Anspieltipp. Und auch wenn auf "Angular Perceptions" manches nicht immer gleich nachvollziehbar scheint und man schon etwas Zeit investieren muss um zur Erkenntnis zu gelangen, das Teil ist für Frickel-Fetischischten, aber nicht nur ausschließlich für jene, eine runde Sache.
Sie sind wieder da - DICE, die einzigen mir bekannten Cosmic Proger aus den Neuen Bundesländern. Pünktlich flatterte mir wieder dass alljährliche Album auf den heimischen CD "Teller", ein erneut recht gut gelungenes Album. Die Musik orientiert sich dabei wie erwartet natürlich nicht nur von der Thematik her sondern auch stilistisch am soliden Vorgänger "Within vs. Without - Next Part 1". Folgerichtig konnte auch namentlich nur die Bezeichnung "Within vs. Without - Next Part" lauten. Trotz des, für die meisten Bands sicherlich kurzfristig nur schwer zu verkraftenden, Ausstiegs eines Bandmitglieds (hier machte sich der bisherige Gitarrist Peter Viertel vom Acker - er konnte glücklicherweise durch den Gast-Gitarristen Yugenji ersetzt werden), hinterlies dieser Wechsel keine (größeren) hörbaren Veränderungen oder gar eine grundsätzliche musikalische Neuausrichtung. Die Band agiert nach wie vor tief im progressiven Fahrwasser von solchen Kultformationen wie CAMEL, ELOY (was die atmosphärischen Keyboardteppiche) oder natürlich PINK FLOYD (hierfür steht insbesondere die wunderbar gestaltete elegische Gitarrenarbeit) sowie die insgesamt sehr betont atmosphärisch gehaltene Grundstimmung. Mit der fast schon DICE-Spezifischen Bezeichnung Cosmic Prog kommt die stilistische Grundeinordnung schon ziemlich genau hin, denn mit ihren weit ausladenden Tracks entführen DICE den Hörer locker und leicht in die unendlichen Weiten der Prog Rock Stratosphäre. Es geht dabei aber nicht zu typisch spacig zu, da hier auf zu nervtötende und flirrende Piepskeys verzichtet wurde, dies Band versteht es trotz aller (positiver) Bedächtigkeit ordentlich zu grooven und mit melancholisch verträumten Klangwelten den Zuhörer in eine andere Welt zu entführen. Hier herrscht kein blinder Aktionismus DICE wollen einfach "nur" gut und harmonisch klingen. An die Stimme von Bandleader Christian Nóvé mit seinem etwas eckigen Gesang hat man sich mittlerweile auch gewöhnt, wobei mir diesmal die Instrumentalpassagen noch ausgedehnter als sonst vorkommen. Insbesondere Songs wie zehnminütigen Schlußtracks sind feine Progperlen und machen "Without vs. Within - Next Part" erneut zu einem lohnenswerten Album für alle an die 70'er Jahre angelehnten Progies im Aallgemeinen sowie Fans von neueren Formationen wie RWPL oder BLIND EGO im Speziellen.
Es steht wieder einmal ein neues Werk von KINGCROW zu Besprechung an - "Timetropia" nennt es sich diesmal und, wie könnte es auch anderst bei den glühenden QUEENSNRYCHE Verehren sein, erneut hat man sich ein passendes Konzeptwerk ausgedacht. Diesmal geht es um Dirk, der nach einem schweren Autounfall ins Koma fällt, nach 5 Jahren erst wieder erwacht und dann nicht mehr so recht zwischen Illusion und Realität zu unterscheiden vermag. Nun ja, ähnliche Geschichten gab es zwar schon mehrfach (u.a. beim letzen genialen AYREON-Album) aber diese sympathischen Italiener verpacken ihre Story mit wirklich überzeugender Musik und bewegen sich auf "Timetropia" deutlich weg vom etwas kühl-spröden 80er Jahre Progmetal hin zu deutlich "wärmen" fast schon eher Hardrock betonen Songs. Trotzdem, dass der im Text der Story vorkommende Autounfall auf dem Highway 2112 (eine Art Hommage an die Proggötter von RUSH) spielt sind KINGCROW stilistisch um Längen vom Sound der Kanadier entfern. Ist ja auch nicht schlimm, denn das Ergebnis auf diesem Album kann sich wirklich hören lassen, vor allem hat die Band einen absolut eigenen Charakter gefunden, klingt variantenreich ohne zu viele komplizierte Arrangements mit einzubauen und hat hier ganz klar dass bisher beste Werk ihres Bestehens abgeliefert. Dies haben wohl Lucretia Records ähnlich gesehen und den Jungs den längst verdienten Deal beschert. Ein schickes Digipack sorgt auch optisch für Zuspruch, die Produktion ist ebenfalls gut gemacht, vor allem der knackige Schlagzeugsound gefällt mir besonders. Sänger Mauro besitzt ein recht charismatisches Organ, überzeugt bei den gelungen Melodiebögen und auch die gelungenen und mehrfach eingestzten Chorarrangements passen. Es gibt insgesamt zwar recht viele instrumentelle Teile, trotzdem finden KINGCROW einen überzeugenden Mix aus progressiv-verschachtelten Tracks mit markanten Riffs wie bei "Turn Of Events In A Drawer'" um dann etwas überraschend etwas völlig anderes aus dem Hut zu zaubern, denn dass fast schon fröhliche "Merry-Go-Round (Chemical Ecstasy)" mit diesen Chören, Handclaps sowie Pianostakkatos klingt genretechnisch wie eine Kreuzung aus NWOBHM meets AOR. Und dann wieder solche klasse fett und treibend daherkommende Instrumentalkracher wie "Fading Out Part I" oder such "Fractured", die trotz vieler Rhythmen und Breaks stets griffig und eingängig bleiben. Dass etwas langsam versponnend beginnende "Home" mit seiner unerwartenden Wende ins sleazige ist auch so ein Beispiel der Komponierkunst der Italiener.
Auf "Timetropia" zeigen sich KINGCROW insgesamt als Band gereift, technisch stark ohne es am nötigen Gefühl für gute Melodien fehlen zu lassen, die Musik versprüht eine positive Atmosphäre - der Nachweis für höhere internationale Weihen ist bei dieser Qualität locker geschafft.
Mein Review Nummer 600 für MI, da sollte schon etwas Besonderes besprochen werden und die Scheibe "The Dark Third" ist ganz zweifellos ein solch würdiges Hammeralbum. Für mich haben die sechs Briten von PURE REASON REVOLUTION ganz klar schon jetzt einen vorderen Platz in den Jahresbestenlisten 2007 sicher. Die Formation ist von ihrer musikalischen Bandbreite erfreulicherweise deutlich in anderen Fahrwassern wie derzeit angesagte "einfach" Kapellen im Stile der ARTIC MONKEY’S oder KAISERCHIEFS unterwegs, trotzdem sind gewisse Parallelem in Punkto eingängigeren Melodien nicht ganz von der Hand zu weisen. Andererseits agiert man wiederum nicht so in massiven Härtegraden wie z.B. die Landsmänner der Prog-Metalformation THRESHOLD. Trotzdem verstehen es PURE REASON REVOLUTION zwischen all ihren hymnischen Chorussen und Wechselgesängen ein ordentliches Pfund einzupflegen, deutliche Anleihen an LED ZEPPELIN lassen sich nicht verbergen. Das lange Intro "Aeropause" steht zwar mehr oder weniger als recht (gut gemachte) ganz offensichtliche Blaupause eines typischen PINK FLOYD Klangmusters, aber im Verlauf der weiteren 65 Minuten entledigt sich die Band völlig jegwelcher fremden Federn und entwickelt ein ungeheuer intensives Klangerlebnis. Schon der ungewöhnliche Bandname, dieser ist teilweise vom Philosoph Emanuel Kant beeinflusst ("Kritik der reinen Vernunft") zeugt von einer sehr differenziert denkenden Band und der Albumtitel steht letztlich für das eine Drittel des Lebens, welches der Mensch nur mit Schlafen verbringt. "The Dark Third" beschäftigt sich als eine Art Konzeptalbum mit sämtlichen Phänomenen rund um Schlaf und Traum. Die Musik mit ihren weitläufig, progressiven Gefilden trägt diese Texte mit zahlreichen Sprengseln aus Post/Art/Spacerock, elektronischen Samples und ganz viel psychedelischen Elementen. Und dann immer wieder diese transzendenten Melodien und Hooks - einfach zum reinlegen, irgendwelche Begrenzungen sind bei PRR nicht auszumachen.
"Unsere Maxime lautet, dass es für Songs keine Regeln gibt. Sie können jede beliebige Länge und jede Instrumentierung annehmen. Meine Gedanken und Gefühle äußern sich klar und intensiv, wenn ich sie frei und ungezwungen mit Musik verbinde", erklärt der Gitarrist Jon Courtney.
Die vermeintlich zarte Stimme von Sängerin Chloe Alper entführt den Hörer immer wieder in die ausufernden Klangwelten einer Band, auch die anderen männlichen Vocals sind eher relativ unspektakulär, aber die Zusammensetzung als Ganzes macht hier den eigentlichen Reiz aus. PRR geraten dabei traumhaft sicher nie in die Gefahr ins Belanglose abzudriften, insbesondere die Mischung aus Indierockgitarren und heftigeren Rockriffs ist einfach klasse gemacht. Auch Dank der galaktisch guten Produktion von Paul Northfield (Gentle Giant, Rush, Marilyn Manson, Suicidal Tendencies und Porcupine Tree) besticht "The Dark Third" durch eine sehr intensive und vor allem dynamische Ausstrahlung mit viel Laut/Leise-Wechselspielen. Aber auch kuriose Breaks mit Ambient Trip Hop Sounds wie bei "Voices In Winter/In The Realms Of The Divine" finden hier ihre Berücksichtigung. Als zentraler Track des Albums steht das knapp zwölfminütige Epic-Masterpiece "The Bright Ambassadors Of Morning" welches beginnend mit sphärisch wummernden Keys a la Jean Michel JARRE sich mit einem chill-out Zwischenteil hin zu einem unheimlich intensiv-atmosphärischen Monsterrocktrack mit fetten Riffs verwandelt. Die wunderbaren Gesangsharmonien mit den üppig bombastischen Chorarrangements erinnern dabei teilweise an das geniale Lucassen Projekt STAR ONE. Ein atmosphärisch absolut spitzenmäßiges Album ohne Schwächen, das nie langweilig wird.
"The Dark Third" ist jetzt über InsideOut Music in einer von den bereits vorliegende US- und UK-Ausgaben abweichenden Version - mit modifiziertem Artwork und Booklet sowie einer fünf Tracks umfassenden Bonus-CD (die mir hier leider nicht vorlag) erschienen. Zwei dieser Stücke sind bislang unveröffentlicht, einer ("In Aurelia" stammt von der EP "Cautionary Tales For The Brave", zwei weitere ("The Exact Colour" und "The Twyncyn/"Trembling Willows") von der UK-Version des Albums.
REDEMPTION haben mit ihrem letzen Streich, dem 2005 erschienenen Album "The Fullness Of Time" gehörig Staub aufgewirbelt und damit Freunden zeitintensiven Hörgenusses ausreichend verwöhnt. Und wer diese Scheibe sein eigen nennt, wird wohl auch an REDEMPTION Output Nummer drei "The Origins Of Ruin" nicht vorbeikommen. Schön frickelnd eröffnet die Scheibe mit "The Suffocating Silence", bevor ein harter Metalriff, Ray Alders einzigartiger Gesang und einschmeichelnde Keyboards eine hypnotische Wirkung, ähnlich alter Dream Theater Stücke, entfachen. Schon beim ersten Songs leben REDEMPTION ihre Vorliebe für komplexe Songs hörbar aus. Nicolas Van Dyk, seines Zeichens alleiniger Songschreiber, Gitarrist und Keyboarder und der zweite Gitarrist, Bernie Versailles (Agent Steel, Engine) erzeugen dabei fette Riffgewitter und interessante Soli. Mit "Bleed Me Dry" kommt dann ein etwas ruhigerer und entspannterer wirkender Song daher - vielleicht aber auch schon einen Tick zu unspektakulär. "The Death Of Faith And Reason” ist dann zwar ein anderes Kaliber - hier geht es von Anfang an heftig mit Bass und Schlagzeug zur Sache - allerdings rauscht der Song irgendwie auch recht schnell vorbei. Der erste von zwei Überlangen Songs, das über neunminütige "Memory" macht dann richtig Spaß. Ein mit einleitenden Keyboard gezielt gesteuerter, äußerst melodischer Spannungsaufbau lässt Vorfreude aufkommen. Der eher bedächtige Track lebt von Keyboard und klaren Gitarrensoli und lässt nur in der zweiten Hälfte mal kurzfristig die Zügel Richtung Härte los - Highlight. Das kurze Titelstück "The Origins Of Ruin” kömmt danach als pianogetragene Ballade daher (echt schönes Zwischenspiel), bevor "Man Of Glass" dann wieder in die vollen geht, aber ähnlich wie "Bleed Me Dry" etwas mühsam rüberkommt. Bei "Blind My Eyes" läuft das ganz anders. Der klasse arrangierte Track bleibt umgehend im Ohr hängen, schreit nach der Repeat-Taste und zeugt von detailverliebter Kompositionskunst. Das nachfolgende "Used To Be" überzeugt dann durch eine gelungene Mischung aus harten, rhythmischen Passagen, verspielten Soli und was schon - Ray Alders tiefgründigem Gesang. Das zweite lange Epos, das dramaturgisch geschickt aufgebaute "Fall On You" bildet dann mit viel Melodie einen würdigen Abschluss eines gutklassigen Albums. Neben den musikalisch unbestreitbaren Fähigkeiten der Protagonisten ist es auch vor allem der Gesang von Fates Warning Fronter Ray Alder, der den REDEMPTION Songs dann meist noch die Krone aufsetzt. Ähnlich wie bei seiner Stammcombo versteht es der Sangesmeister den Kompositionen auf "The Origins Of Ruin" eine melancholisch, dramatische Note zu geben und den Hörer tief eintauchend zu fesseln. Seine eingängigen Refrains stehen dabei gekonnt im Kontrast zu instrumental oft sperrigen, bis hin zu viel Doublebass harten, aber auch sehr anspruchsvollen Passagen. "The Origins Of Ruin" ist also nicht einfach zu konsumieren, hat aber dafür eine hohe Halbwertszeit zu bieten und ist damit für den geneigten Fan empfehlenswertes Futter im Dunstkreis von Fates Warning, Dream Theater, Symphony X und Co.
Auf der Original CD scheint es dann noch zwei Cover Songs zu geben; "Precious Things" (von Tori Amos) und "Love To Love" (im Original von UFO).
Das letzte (und das neben der NDW-Eintagsfliege DÖF) auch einzige mir so bekannte erfolgreiche deutsch-österreichische Projekt war dass legendäre WM-Spiel von 1982, als manch sich in einem sensationellen Spiel auf ein 0.0 einigte und so die Algerier rauskegelte. Jetzt haben sich erneut 5 Deutsche und Österreicher zusammengetan und die Formation FUOCO gegründet. Und glaubt mir die Jungs sind wirklich abgefahren auf "A Traveluge" wird ein ungemein intensives Stück Musik geboten, dass mit den stilistischen Oberbegriffen Indie, Psychedelic, Alternative-Noise, Space, Prog Rock nur recht unzureichend beschrieben ist. Auch klar - für die meisten unserer MI-Leser dürfte dieser Kulturschock schon etwas gewöhnungsbedürftig sein aber die zunächst nur formal recht zahm, verspielten und typisch hypnotisch verworrenen (Sound) Tracks entwickeln mit zunehmender Albumlänge immer wieder recht heftige Zwischentöne, die selbst für ansonsten eher als Normalo Rockfans einzustufende Kundschaft interessant und fesselnd sein könnten. Da wird auch eine mit diesen schräg anmutenden Riffs daherkommende Nummer wie "Space" gegen Ende zu einem virtuos aufbrausenden werk, um denn fast schon chill-out mäßig mit floydigen Geklimper auszuklingen. Die 70er als musikalische Grundbasis sind hier natürlich Pate mit solchen Hammerbands wie The DOORS, HAWKIND oder KING CRIMSON und dann immer wieder durchzogen mit diesen wilden psychedelischen Versatzstücken ("Spoonrider"). Als aktuelleren Bezug fallen mit auch noch THE MARS VOLTA oder THE AMBER LIGHT ein, die eine ähnliche Vielfältigkeit an den Tag legen. Ich hatte zunächst schon etwas damit zu kämpfen, dass vieles trotz mehrfachen Hörens gerade am Anfang etwas sehr wirr klang, da wußte man nicht so recht wo diese Reise überhaupt hin sollte. Aber is ja auch klar wer Bläser wie selbstverständlich mit Flöten und akzentuiertem Bassspiel sowie auch bei Bedarf mit spanischem Flamencogeklapper vermengt und die Gitarren dazu wahlweise mit SANTANA Vibes vermischt, der muß einfach einen an de Klatsche haben oder ist schlicht genial. Ich tendiere aufgrund der Klasse der Arrangements sowie der packenden Umsetzung eindeutig zu letzterem. Denn dieses vermeintliche Chaos, ja manchmal fast lautmalerische Soundtrackgebrabbel funktioniert tatsächlich aber wirklich nur als kompakte Einheit. Die vielen Nebenschauplätze, mit ständig wechselnden Tempi, Breaks und dann wieder gefühlvollen Parts und flugs wird mal wieder angezogen ("You can’t comfort the City") dass haut einfach gut rein. Dass Ganze wirkt weiterhin oftmals etwas improvisiert kommt aber ohne diesen bei anderen Bands dieses Genres überstrapazierten Dudel-und Nervfaktor aus. Es ist zwar manchmal etwas schräg aber dann doch nicht zu freaky, die Songs sind nicht zu abgehoben aber natürlich weit jenseits von allem derzeit angesagten oder gar sich in irgendwelche Konventionen bewegend und dass ist wunderbar so. Die Jungs leben ansonsten natürlich nicht auf einem Fleck, daher wird nur unmittelbar vor den Gigs intensiv geprobt, vielleicht klingt auch deshalb die Platte so frisch. Die Songs schreibt hauptsächlich Frontmann Flo Baum, der kann sowohl den verständigen Indiepsaceflüsterer als auch den exzentrischen Divensänger geben, der Mann hat Format. Letztlich bleibt die Frage, wie man solche abgedreht aber sehr emotionelle Musik ohne Drogen komponieren oder erschaffen dann doch wieder nebensächlich - hört’s euch einfach mal an, ist sicher nicht gleich der Bringer aber "A Travelogue" sollte man sich einfach mal gönnen, eintauchen lohnt sich, denn nie waren Hippies cooler.