Review: Ayreon vs. Avantasia Elected (EP)
Aus dem angeblichen großen „Ärger“ eine Tugend gemacht, eine weitere geschickte Ausnutzung des absolut künstlich aufgebauschten Presserummels bei der Albumveröffentlichung oder einfach nur klever die Gunst der Stunde nutzen und schnell noch etwas mehr Aufmerksamkeit erheischen? Ich denke mal von allem wohl ein bisschen und ganz viel von letzterem.
Von was hier eigentlich die Rede ist: Der gute Arjen LUCASSEN alias AYREON hat, geschäftstüchtig wie er nun mal ist, jetzt mit seinem vermeintlichen „Konkurrenten“ TOBIAS SAMMET (EDGUY) über den er sich zuletzt so geärgert hatte, einen Song gemeinsam aufgenommen. Dabei hat man sich passenderweise den Kulthit "Elected" (1973) von ALICE COOPER ausgesucht. Und genau dieser Sänger war ja der Ausgangspunkt im vermeintlichen „Streit“ der beiden Allroundkomponisten. Zuletzt am 25. Januar 2008 erschienen nämlich gleichzeitig das neue AYREON Werk „01011001“ und „The Scarecrow“ von AVANTASIA. Rein oberflächlich bzw. formal kann man beide CD’s gerade noch so als sogenannte Rockopern bezeichnen, aber meiner bescheidenen Meinung nach liegen musikalisch Welten zwischen beiden Scheiben. Das Sammet-Teil ist doch wesentlich „oberflächlicher“ und vor allem mainstreamlastiger als die wesentlich vielschichtigere AYREON Platte. Egal, dies werden manche Fans sicher wieder ganz anders sehen - bei beiden Seiten waren jedenfalls Heerscharen von Gastsängern im Einsatz und Meister Lucassen war angeblich richtig sauer auf Tobias Sammet, da er sich einen seiner Favoriten ALICE COOPER gekrallt hatte und der 2 Meter Holländer vom Horrorkultfreak zuvor eine Absage erhalten hatte.
Genug des Vorlaufes, jetzt geht man offensiv an die Sache heran. Unter der Titulierung Ayreon vs. Avantasia wird mit sehr viel Ironie der Titel präsentiert. Auch zeigt ein super gemachtes Coverartwork, dass diese EP als eine Art Tageszeitung „Universal Ayreonaut" zeigt, die vom „Krieg" der beiden Masterminds berichtet. Man nimmt sich dabei textlich gegenseitig auf die Schippe, alles mit einem breiten Augenzwinkern, so dass nicht nur das Datum 1. April zu sagen scheint: "Bitte nicht alles so für bare Münze hinnehmen, was sich die Promotionsabteilung da schickes ausgedacht hat".
Die neue "Elected" Version ist gut gemacht, nicht überragend - alle Instrumente hat Arjen selbst eingespielt. Der Song wurde typisch richtig fett aufgemotzt, kommt nicht zu metallisch, mit schönen bombastischen Keyboardparts aber trotzdem wesentlich rockiger und nicht so staubig wie das schwachbrüstige Original daher, das doch eher Musicalcharakter ausstrahlt. Die beiden Herren liefern sich abwechselnd Strophe für Strophe, des außerdem leicht umgetexteten Klassikers, ein packendes Gesangsduell und bei der Hookline intoniert man dann gemeinsam volle Kanne. Einzig der Schlagzeugsound ist mir etwas zu schnoddrig mittels PC gemacht, da war wohl keine Zeit mehr für. Auf der EP sind noch weitere Versionen von bereits bekannten AYREON-Songs enthalten. „Ride The Comet", einer der besten Tracks der aktuellen „01011001“ Scheibe ist dabei unverändert geblieben. Ganz im Gegensatz zu „E=MC2", welches in akustische Form nur mit Gitarre daherkommt und genauso dezent aufgenommen wurde wie „Day Six: Childhood" (vom bärenstarken letzten Werk „Human Equation") hier nur mit Pianobegleitung und Bass. Bei beiden Tracks brilliert Marjen Welman (ex-THE GATHERING) mit gefühlvollen Vocals. Die unplugged Versionen sind sehr gut gemacht, aber ich hätte mir außerdem noch einen eigenen Song mit Tobi zusätzlich gewünscht, dann wäre diese Veröffentlichung noch etwas glaubhafter und es bliebe nicht ein leichtes „G’schmäckle“ in Punkto weiterer Fangruppenerschließung für Lucassen.
Es bleibt somit jedem selbst offen zu entscheiden, ob er diese zwar coole, aber inhaltlich etwas dünne EP käuflich erwerben muss - ganz sicher dürfte diese leider viel zu kurze Gimmick CD wahrscheinlich eher etwas für die AYREON als für SAMMET Fan-Fraktion sein.
Ayreon vs. Avantasia Elected (EP)
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
4
Länge:
13:49 ()
Label:
Vertrieb:
Review: Live! - The Unexpected Concert
CENTRAL PARK sind eigentlich, rein vom "Alter" her gesehen, richtige Prog-Urgesteine (gegründet bereits 1983) und hätten bis heute gefühlte 20 Scheiben abliefern können. Wenn sich diese vier Herren nicht 1989 ohne ein einziges offiziell erschienenes Album aufgelöst hätten. Nach schlappen 17 Jahren Pause haben die Münchner dann 2006 quasi im Nachhinein ihr Debüt-Album "Unexpected" mit den damals nicht veröffentlichten Songs sowie einer Bonus Live-DVD mit diversen alten und neuen Aufnahmen herausgebracht.
Dieses opulente Debüt ging damals leider völlig an mir vorbei. Und da habe ich scheinbar wirklich was verpasst, denn die hier vorliegende neue DVD "The Unexpected Concert DVD " ist teilweise hervorragend gelungen und zeigt, was diese Band musikalisch, trotz oder gerade aufgrund der hohen Erfahrungswerte noch so alles drauf hat. CENTRAL PARK spielen hier, trotz ständig irgendwie auftauchender Sound-Dejavus mit bekannten Kapellen aus den glorreichen 70/80 er Jahren, ihren trotzdem irgendwie ganz eigenen Mix aus Neo, Bombast sowie straighten Prog Rock. Trotz der vielen längeren Parts bzw. opulenterer Stücke geht es dabei (fast) nie zu kopflastig zu und es artet auch nie zu selbstschwelgerischem Gefrickel aus. Formationen wie ELP, GENESIS, YES, ASIA, PINK FLOYD oder KING CRIMSON haben hier erfreulicherweise ihre spürbaren Einflüsse hinterlassen.
Diese DVD wurde während eines Gigs im Rahmen der ersten Münchner Prog Nacht im Januar 2007 mitgeschnitten. Bis auf zwei Stücke sowie das Schlagzeugsolo ist hier die vorher erwähnte Comeback Studio-Scheibe enthalten und außerdem ist mit dem starken "Another Million” auch ein komplett neuer Track dabei. Auf dieser DVD gibt es nur das Konzert zu sehen, ohne großen Schnickschnack drumherum, keine langweiligen Bildergalerien und auch keine Interviews. Die wohltuend wenig hektischen Schnittfolgen und übersichtlichen Einstellungen sind relativ unspektakulär (genauso wie die Lightshow), passen aber bestens zum Sound, der wiederum, trotz natürlich reichlich Retroambiente, recht frisch und ruckvoll aus den Boxen kommt. Die einzelnen Musiker bewegen sich kaum bei ihrer Performance, der Basser mit wirklich coolem Groove versteckt sich bühnentechnisch fast immer hinter der Gitarre, der Keyboarder ist meist vertieft in sein Spiel und auch Gitarrist Hans Ochs ist kein Bewegungswunder aber spielt wirklich geile Solis. Einzig der umtriebige und ständig irgendwie grinsende Drummer Artur Silver hält mit viel Action auch das Rock'n'Roll Feeling etwas am Leben. Der Sänger Heiko Möckel wirkt ebenfalls etwas nervös bzw. hüftsteif, eine große Ausstrahlung besitzt er leider nicht. Und der große Frontmann wird er wohl auch nicht mehr werden, aber sein Gesang ist aber meist sehr solide. Insgesamt merkt man der Band schon etwas an, dass sie live lange nicht mehr gespielt hat. Für manche Songs und als Ausgleich für die eben erwähnten leichten Minuspunkte in Punkto "Selbstdarstellung" hat man sich aber noch einen optischen auf jeden Fall absolut gelungenen Augenschmaus ab dem fesselnden 20-minütigen Longtrack "Don' t Look Back" mit auf die Bühne geholt: Die junge Sängerin Cory Godess. Diese Lady kann stimmlich ihr überragendes Äußeres leider nicht ganz halten, insbesondere die die hohen Sopranparts im Stile derzeit angesagter Gothicfrontfräuleins bei manchen Parts gehen gar nicht, da fehlt es deutlich an Volumen. Ansonsten sind die Duette mit der männlichen Stimme gut gelungen (wenn auch der häufige Augenkontakt der beiden im "Dirty Dancing" Kitschstil etwas zu übertrieben wirkt oder haben dies was miteinander?! (Sorry für die Abschweifung aber das musste sein). Zurück zum Thema: Wenn sie sich auf normalen Terrain ohne diese gekünstelten Schlenker bewegt ist der Gesang dann wieder voll in Ordnung, und auch die balladesken Töne sowie etwas pathetischen Momente verschmelzen zusammen mit der Instrumentalfraktion zu einem stimmigen Ganzen. Die Musik hat mich restlos überzeugt, selbst den ein oder anderen Schlenker in die "mainstreamigere" Richtung - bei "Desert Angels" oder "She's In The Case klingt es u.a. etwas nach TOTO zu "Isolations"-Tagen - kann man da verzeihen, es macht die Schose sogar noch etwas abwechslungsreicher.
Wer keine großen Licht- sowie klangtechnischen Sperenzchen erwartet sondern auf ein authentisches Livekonzertfeeling steht, der liegt hier goldrichtig. Regisseur Wolfgang Kerinnis (Gitarrist von DREAMSCAPE) hat diese Atmosphäre mit den vorhanden beschränkten Mitteln bestens mitgefilmt und zusammengestellt. Diese anspruchsvolle Musik wird mit viel Herz präsentiert und das ist es doch, was letztlich auch zählt. Jetzt bin ich aber wirklich auf das nächst Studiowerk von CENTRAL PARK gespannt.
Live! - The Unexpected Concert
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
9
Länge:
67:24 ()
Label:
Vertrieb:
Wirklich leicht - schon mal rein was eine konstante musikalische Präsenz anging - hatten es die bayrischen Vorzeige-Progemetaller von DREAMSCAPE in ihrer bisherigen Karriere (gegründet 1986) nie so richtig. Dies lag aber vornehmlich an den ständigen Wechseln der Männer hinter dem Mikro. Im Ausland waren bisher die „Erfolge“ bzw. der Bekanntheitsgrad fast schon positiver zu Bewerten als in der Heimat... ja, ja die Geschichte mit dem Prophet.
Einfach hat man es sich auch mit der hier mit "Revoiced" (übrigens mit einem grottenschlechten 08/15-PC Artwork versehen) nicht gemacht. Leicht in Verwirrung kann man da als Fan und Kritiker schon geraten, denn dieses Album ist 2005 schon mal erschienen, ging damals aber wohl ziemlich unter. Auf dem jetzigen Re-Release wurde vom neuen Bandlabel Silverwolf als einzige Abweichung zum ersten Versuch, der Videoclip "When Shadows Are Gone" sowie mit "Breathing Spaces" ein ganz neuer Track dazu gepackt. Der Hintergrund für die damalige Veröffentlichung war, dass die beiden ersten Werke "Trance-Like State" sowie "Very" mit anderen Sängern wie u.a. HUBI MEISEL aufgenommen wurden, daher entschied man sich 2005 die besten Songs daraus nochmal mit dem aktuellen Line-up sowie dem damals „neuen“ Mann am Mikro Roland Stoll aufzunehmen. Nur, inzwischen ist auch Stoll nicht mehr dabei, er wurde durch Mischa Mang ersetzt, der den erwähnten neuen Song beisteuert.
Für diejenigen DREAMSCAPE Fans, die schon alle vier Alben besitzen dürfte daher die Kaufentscheidung eher gegen Null laufen. Alle anderen Quasi-Neueinsteiger die auf den Sound des NEW YORKER Traumtheaters (zu deren Anfangstagen) abfahren, dürften auch mit der deutschen Antwort darauf will sagen diesem Werk als Querschnitt bzw. Appetithappen schon etwas anfangen können. Satte siebzig Minuten feinster Progmetal, sehr melodisch, mit soundtrackartigen Passagen, guten Instrumentals - zwar stilistisch relativ wenig innovativ, aber die Qualität stimmt. Vielleicht wäre eine Art „Best Of Re-Revoiced“ mit dem ganz neuen Sänger noch etwas besser gewesen, aber was soll’s.
An den musikalischen sowie kompositorischen Fähigkeiten gibt es keine großen Beanstandungen, die Melodie steht eindeutig im Vordergrund. Natürlich sind hier die üblichen Instrumenteschlachten mit vielen Soli, Breaks, Rhythmus- sowie Tempiwechsel zu bekommen ohne jedoch allzu technisch-kühl zu wirken. Das Video „When Shadows Are Gone“ (von „Very“) stammt vom Gig in Atlanta auf dem Progpower Festival 2004 und wurde mit Sequenzen aus dem Proberaum zusammengeschnittten - net schlecht. Der neue Song mit neuem Fronter ist etwas düsterer bzw. riffbetonter ausgefallen und lässt eine eher metallastigere Zukunft erahnen. Ob der Mann mit einem eher raueren, etwas variableren Shouterorgan ausgestattet, jedoch „besser“ zur Band passt, kann ich (noch) nicht sagen, da muss man schon noch mehr hören, aber klasse ist er auf jeden Fall. Das neue Werk ist derzeit gerade in der Mache. Wer auf Bands wie VANDEN PLAS, POWERTY's NO CRINE oder auch SYMPHONY X abfährt, dürfte auch hier einen reich gedeckten Tisch vorfinden. Die zwölf Tracks, im leicht schwelgerischen Prog Metal Style gehalten, bietet einiges an guter Musik. Insbesondere „She’s Flying“, „Unvoiced“ (mit klasse atmosphärischen Parts und tollen Gitarren) oder auch „Fearing The Daylight“ zeigen die Band auf einem international soliden Niveau.
Ob es jetzt aber einen Re-Release dafür gebraucht hätte - eine Maxi oder EP wäre sicher auch gegangen. Egal, letztlich bleibt nur zu hoffen, dass mit dm neuen Sänger endlich mal ein konstantes Bandgefüge bei DREAMSCAPE entsteht.
Revoiced
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
13
Länge:
70:45 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten