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Blood

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Heute in der Rubrik „Was macht eigentlich…?“: Kevin Moore. Seit seinem Ausstieg bei DREAM THEATER hat man ja nicht mehr viel von ihm gehört. Das heißt aber nicht, dass er nicht untätig war. Immerhin hat er diverse Soloalben aufgenommen – u. a. als CHROMA KEY auch einige Synthie-Pop-Alben – und außerdem auf einigen FATES WARNING-Alben gespielt. Offenbar hat er sich dort mit Mastermind Jim Matheos gut verstanden, denn O.S.I. ist ein Projekt der beiden, und mit „Blood“ haben sie schon ihr drittes Album veröffentlicht. Mit dabei ist hier außerdem PORCUPINE TREE-Schlagzeuger Gavin Harrison, und als Gaststar tritt OPETHs Mikael Akerfeldt auf, der beim Song „Stockholm“ nicht nur singt, sondern ihn auch mitkomponiert hat. Ja, man kennt sich halt in der Prog-Szene. So sind auf früheren O.S.I.-Alben u. a. auch Mike Portnoy und Steven Wilson zu hören. Wer aufgrund dessen aber mit klassischem Prog-Rock rechnet, dürfte wohl enttäuscht werden. Vielmehr handelt es sich bei der Musik von O.S.I. um eine Mischung aus Rock- und Metal-Riffs und elektronischen Klangteppichen. Dominieren etwa beim treibenden Opener „The Escape Artist“ harte Gitarren, kommt das nachfolgende „Terminal“ synthetisch, ruhig und fließend daher. Bei „We Come Undone“ wiederum wird ein schwerer Groove mit elektronischen Elementen und sägenden Gitarren kombiniert, und man fühlt sich an Songs von den letzten ARCHIVE-Alben erinnert. Stellenweise geht es auch fast schon experimentell zu, wie bei „Microburst Alert“, wo über einem gestückelten elektronischen Beat Sprach-Samples liegen, bis ein hartes Gitarren-Riff einsetzt. Den Höhepunkt des Albums stellt aber „Stockholm“ dar. Bis auf ein Stakkato-artiges Riff gegen Ende geht es hier sehr ruhig und ziemlich psychedelisch, fast schon meditativ, zu, und deutlich klingen die alten PINK FLOYD durch. Akerfeldt verhilft dem Song durch seinen Gesang noch einmal in eine höhere Sphäre. Dieses Album ist sicherlich nicht jedermanns Sache, wer sich aber darauf einlässt, findet hier intensive und atmosphärische Musik vor, die einen vom Beginn an fasziniert und sich einem dann immer mehr erschließt.

Blood


Cover - Blood Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 47:41 ()
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Avoid The Light

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LONG DISTANCE CALLING legen mit “Avoid The Light” ihr Zweitwerk vor, dessen Titel angesichts des Wetters schwermütig macht, aber zum ebensolchen Einschlag der Songs passt. Die sind weiterhin rein instrumental, mit Ausnahme von „The Nearing Grave“, bei dem Jonas Renske (KATATONIA) am Mikro zu hören ist und für das Album-Highlight sorgt, so atmosphärisch dicht und bedrückend der Song ausgefallen ist. Zudem ist er auch vom Songwriting her der stimmigste des ganzen Albums – vielleicht sollten sich LONG DISTANCE CALLING mal an einem Nebenprojekt versuchen, das in die Richtung geht? Die fünf anderen Songs kommen ohne Gesang aus, lassen den aber auch zu keiner Sekunde vermissen – dafür sorgt die exzellente Gitarrenarbeit, die schon beim Opener „Apparitions“ Akzente setzt. Das überlange Stück ist ein echter Knaller und legt die Messlatte für die folgenden Songs hoch an. „Black Paper Plans“ folgt als zweiter Song und ist rockiger ausgefallen, kann aber das Level nicht ganz halten, erst „359“ kommt da dank schwermütig-dichter Atmosphäre wieder mit. „I Know You, Stanley Milgram!“ baut sich langsam auf, knackt den Hörer aber schlussendlich mit heftigem Rock, während das abschließende „Sundown Highway“ wie die logische Fortsetzung des Renske-Song (minus Gesang halt) wirkt und ein gelungener Abschluss einer guten Scheibe ist. LONG DISTANCE CALLING verstehen es, auch ohne Gesang einen Spannungsbogen aufzubauen, der den Hörer einen Mikroknaben gar nicht für nötig erachten lässt. Wer auf Instrumental-Sachen steht, sollte hier mal reinhören, genauso wie Freunde der diversen Postirgendwas-Sachen.

Avoid The Light


Cover - Avoid The Light Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 6
Länge: 54:56 ()
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Everything Is Fire

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Nichts gegen hochtechnische Mucke aus dem Extrembereich, schon gar nicht, wenn die Bands etwa DEATH, ATHEIST, MESHUGGAH, NECROPHAGIST oder INTO ETERNITY heißen! Aber was ULCERATE hier auf ihrem inzwischen dritten Album präsentieren, geht dermaßen an die nervliche Substanz, dass man „Everything Is Fire“ kaum am Stück hören kann. Es mag ja sein, dass die Band in Musikerkreisen und am Wer-schafft-mehr-Töne-pro-Sekunde-Stammtisch hoch verehrt wird, aber der Normalhörer tut sich schwer, in diesem Klangsalat irgendeinen nachvollziehbaren Song zu erkennen. Aneinandergereihte Passagen ohne roten Faden, mal Blastbeat, dann wieder akustische oder balladeske Parts und mittendrin das derbe Gegrunze von Bassist Paul Kelland… alles gut gespielt und sicher hochschultauglich, aber kaum ein Fan härterer Klänge wird es schaffen, diesem Album mehr als drei Songs nacheinander zu gönnen, da die wirre Klangwand nicht nur überfordert, sondern einem schlichtweg – und ganz deutsch formuliert – auf die Nüsse geht. Wer auf vertonte Ungereimtheiten ohne erkennbares Songwriting der Marke BLOWJOB FOR A COWBOY und Co. oder schräges Mathcore-Zeux steht, könnte hier vielleicht fündig werden, der Rest definitiv nicht.

Everything Is Fire


Cover - Everything Is Fire Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 8
Länge: 50:42 ()
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Frozen In The Moment-Live In Atlanta

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Nun haben also auch die Prog-Allstars REDEMPTION ein audiovisuelles Package am Start. Ob so etwas nach nur drei Alben und einer Konzertspielzeit von gerade mal einer Stunde Not tut, muss jeder Fan selbst entscheiden, aber enttäuscht wird man von „Frozen In The Moment“, das am 5. Oktober 2007 in Atlanta mitgeschnitten wurde, nicht. Da die Band zu den besten ihrer Zunft zählt und mit Ray Alder einen der besten Genre-Sänger überhaupt auffährt, ist das Konzert in musikalischer Hinsicht ein Leckerbissen, das neben der DVD auch auf einer separaten Audio-CD konserviert wurde, die jedoch deckungsgleich mit der Video-Scheibe ist. Rein optisch und akustisch hat man hier nichts anbrennen lassen: das Bild ist gestochen scharf, der Ton glasklar, und auch in Sachen Kameraführung hat man Professionalität walten lassen. Lediglich die bei derartigen Veröffentlichungen oft bemängelte Live-Authentizität will sich auch hier nicht richtig einstellen, da die Atmosphäre sehr steril und leblos wirkt. Aber ok, REDEMPTION sind keine großen Entertainer, sondern in erster Linie auf die Musik fixiert, die vermutlich im Studio auch nicht groß nachbearbeitet werden musste. Deutliche Kritik geht jedoch in Richtung des Bonusmaterials, denn dort findet sich nichts außer einer überflüssigen Bild- und Videokollage, einem Video des Songs „Bleed Me Dry“ und einer Übersicht über die Stationen der Tour. Zwar hat man die DVD damit voll bekommen, aber sehenswerte Boni sehen definitiv anders aus! „Frozen In The Moment“ ist für Fans dieser starken Band sicher eine gute Sache, aber angesichts der mageren Spielzeit, der noch magereren Bonüsse und des gewohnt hohen Preises kommt für die Angelegenheit trotz des DVD/CD-Packages leider keine allgemeine Kaufempfehlung in Frage.

Frozen In The Moment-Live In Atlanta


Cover - Frozen In The Moment-Live In Atlanta Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 65:0 ()
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Confesss

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THE SIN COMMITTEE versuchen auf ihrer ersten EP Progressive und moderne Einflüsse in Einklang zu bringen. Das klingt beim ersten Mal auch ganz gelungen, aber mit jedem Durchlauf wird klar, dass die Musiker Schwächen im Songwriting haben und dadurch jeder Song recht ähnlich klingt. Da fehlt das Überraschende, was beim Progressive so wichtig ist. Zudem ist Sänger Joris sehr limitiert und bewegt sich beinahe durchgehend in der selben (klar gesungenen) Tonlage, was verkraftbar wäre, wenn die Gitarren dann die Akzente setzen würden. Diese Chance verspielen die Sechssaiter, indem sie sich ähnlich limitiert wie der Sänger geben und in den fünf Songs im Grunde immer das gleiche Muster bieten. So scheitern THE SIN COMMITTEE an den eigenen Ansprüchen und müssen sich mit der nächsten Veröffentlichung deutlich steigern, um für Progfans interessant zu werden.

Confesss


Cover - Confesss Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 5
Länge: 22:21 ()
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Castles In The Sand

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So ganz will sich mir die angebliche Superlative hinter “Castles In The Sand“ nicht erschließen. Gitarrist und Keyboarder Geert Fieuw soll elf Jahre (!) für das Schreiben des Albums benötigt haben, dann insgesamt weitere dreizehn Monate um die Scheibe mit neun Musikern einzutrümmern. Und dieses Breittreten der eigenen Fähigkeit, mit viel Aufriss ein mäßiges Album zu kreieren, wird sofort von der internationalen Pressekollegenschaft freudestrahlend angenommen. Nur Höchstwertungen hat das Album laut Selbstdarstellung der Band von diversen Magazinen eingefahren, was ich mir beim besten Willen nicht erklären kann! Auf den Spuren von DREAM THEATER, FATES WARNING oder meinetwegen auch PRAYING MANTIS oder JOURNEY haben die Belgier ein zwar ganz hörenswertes, aber am Ende wenig essentielles Album eingespielt, bei dem man kontinuierlich das Gefühl hat, alles schon einmal irgendwo deutlich ausgetüftelter gehört zu haben. Stücke wie „The Enemy Within“ (netter Ohrwurm) oder der Titelsong sind daher nur für Proggies und auch AOR-Jünger interessant, die jede Veröffentlichung ihres Genres im Schrank stehen haben müssen – oder eben wahlweise auf die bandeigene oder von völlig unobjektiven Sympathisanten der Band in die Welt gesetzte Propaganda hereinfallen. Ich frage mich nur, wie lang die Band für ein richtig starkes Album benötigt…

Castles In The Sand


Cover - Castles In The Sand Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 12
Länge: 53:40 ()
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A Can Of Worms

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Eine Best-Of Scheibe von einer nahezu unbekannten Band, die wohl nur den ganz harten Progfans überhaupt ein Begriff sein dürfte: die Rede ist von PARALLEL OR 90 DEGRES. Man kann sich schon drüber streiten, aber die Jungs von Prog Rock Records haben für nötig empfunden diesen Release „A Can Of Worms“ auf den Weg zu bringen. In anbetracht der Tatsache, dass die sechs in wechselnden Besetzungen aufgenommenen Studioalben (2002 erschien „More Exotic Ways To Die“) nicht mehr offiziell erhältlich und zum Teil nur noch zu üppigen Sammlerpreisen zu bekommen sind, bietet diese Doppel-CD mit zweimal fast 80 Minuten Spielzeit zumindest viel Musik für’s Geld. Ob es auch inhaltlich so dolle ist, da habe ich eher so meine Zweifel.

PARALLEL OR 90 DEGRES sind eine Progressive Rock Band, die 1996 aus dem Musikerkollektiv GOLD FRANKINCENSE AND DISKRIVE hervorging. Die beiden Protagonisten Andy Tillison und Sam Baine, bis dahin Mitglieder von Gold Frankincense and Diskdrive, arbeiteten zunächst mit wechselnden Musikern zusammen. Mit dem Ausstieg von Gitarrist Guy Manning 1996 wurde PARALLEL OR 90 DEGRES offiziell gegründet. Im selben Jahr wurden das Debüt „The Corner Of My Room“ aufgenommen, welches man Anfangs ausschließlich via Internet vertrieb. Aber auch mit den folgenden Werken war die Band kommerziell relativ erfolglos. Nicht von ungefähr entwickelte sich deshalb THE TANGENT, eine neue Formation, die eher retromäßig orientiert ist und sich aber sowohl musikalisch als auch was die Plattenverkäufe anging, wesentlich besser entwickelte und den Flop mit PARALLEL OR 90 DEGRES schnell vergessen lies.

Für alle THE TANGENT Fans bietet "A Can Of Worms" nun vielleicht schon eine interessante Chance den Vorgänger doch noch kennen zu lernen. Auf dem Doppler sind die vermeintlich besten Tracks sowie einige unveröffentlichte Raritäten enthalten u.a gibt es einen lässig-coolen "Blues For Lear" mit dem späteren THE TANGENT Mitbegründer sowie THE FLOWER KINGS Chef Roine Stolt an der Gitarre sowie den Lead Vocals und einige komplett unveröffentlichte Tracks.
PARALLEL OR 90 DEGRES sind stilistisch etwas vielschichtiger als THE TANGENT aber nicht komplett grundlegend anders.

Man findet viele Anleihen an Retroprog, Neoprog, Blues, Psychedelic und sogar etwas Triphop - nur unbedingt packend ist dies meist nach meinen Empfingen nicht. Nur wenn mal das Tempo angezogen wird und es etwas weniger verschroben zugeht wie bei „The Single“, dann kann die Mucke schon überzeugen. Ein großer Vokalist ist Tillison ansonsten eher auch nicht und sein recht glatter bzw. gleichförmiger Gesang sorgt auch nicht gerade für viele Ausrufezeichen. Ausnahme: das aufwühlende „Modern“, da wird es mal etwas heftiger und richtig aggressiv. Auf der zweiten Disc überzeugen mich neben dem überlangen aber sehr speziellen „Aftercycle Sequence“ noch am ehesten „Four Egos On the War“, ansonsten gleitet mir die Musik bei den langsamen Parts zu sehr in wässrige Dudelei ab.
Für alle Sammler, die die Erstauflage unbedingt haben müssen, Retro Rock Fetischisten mit viel Geduld und THE TANGENT Fans dürften mit „A Can Of Worms“ vielleicht schon etwas anfangen können, alle anderen könne sich diese Scheibe schenken.

Unlängst gab die Band übrigens bekannt, dass man wieder aktiv sei und erstmals am 9. Oktober 2009 dem Summer End Festival in Lydney (UK) auftreten werde. Zudem sei auch ein weiteres Studioalbum in Planung, na denn.

A Can Of Worms


Cover - A Can Of Worms Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 15
Länge: 160:31 ()
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Vision

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Ich kann mich noch ziemlich genau an ein Hammeralbum von MARTIGAN "Man Of The Moment" aus 2002 erinnern – das Ding war einfach klasse und bot alles was (Neo) Progrockfans sich so (meistens) wünschten. Und dies hat sich auch mit dem aktuellen Werk „Vision“ keinen Millimeter geändert, denn die Kölner stehen für lupenreinen, klassischen Neo-Progrock, eine Art Querschnitt der alten MARILLION, PENDRAGON und natürlich einen guten Schuss IQ. Letztere wegen der teilweise recht dominanten Keyboards sowie des wunderbar virtuos-perligen Gitarrenspiels. Für die Texte und den prägnanten Gesangseindruck sorgt nach wie vor Leadsänger Kai Marckwordt, der den gleichwertigen Widerpart zur bestens abgestimmten Instrumentenfraktion bildet. Der neue Silberling beinhaltet acht Tracks, davon zwei ultralange Epen über der Zehn- und zwei andere jenseits der Zwanzig-Minuten-Grenze.

Die Songs, angefangen mit dem 23:12 Minuten Teil "Boatman's Vision" verzaubern durch breitflächige Klanglandschaften und üppige Melodiebögen die den Zuhörer mit auf eine elegische Reise nehmen. Beinahe wie selbstverständlich, ohne dabei etwa zu angestrengt zu klingen, werden großzügige Soloparts miteingebaut wobei insbesondere Gitarre (Björn Bisch) und variantenreiche Keyboards mit viel Hang zum symphonischen (Oliver Rebhan) glänzen können. Hier wird vielfach auf melodramatische Effekte gezielt, eine Erzählstimme ist beim Opener genauso eingebaut, wie Geräuschkollagen, sphärische positive Parts wechseln sich ab mit hymnischen Teilen um dann wieder in mollige Bilder abzutauchen. Bei dem opulenten-pompösen „Touch In Time“ mal mit etwas riffigeren Gitarren (die ruhig etwas mehr nach vorne gemischt sein könnten) ausgestattet, singt, lebt und leidet sich Fronter und Geschichtenerzähler Kai Marckwordt nicht nur hier in bester FISH bzw. PETER GABRIEL-Manier mehr oder weniger theatralisch durch seine Texte. Auch wenn er vielleicht nicht so ganz das große Volumen abdecken kann, er hat eine tolle Präsenz und klingt authentisch. Ebenfalls sehr überzeugend: das relativ kraftvolle sowie schwungvolle „Much More“, hier singt Kai mal sogar richtig aggressiv (könnte er ruhig noch öfter tun).

Aber auch für die leichtere Muße fühlen sich MARTIGAN durchaus zuständig, dies wird bei „Craze This Town“ deutlich, aber dann sorgt diese wunderbar elegische Gitarrenparts für die Rückkehr zum ansonsten recht simplen Track.

Der eigene hohe Anspruch der Band ein abwechslungsreiches Album zu machen, das Eingängigkeit und Komplexität mit einer ungewöhnlichen Selbstverständlichkeit verbindet ist größtenteils ohne Abstriche geglückt. Weiterhin hoch anrechen muss ich den Herren auch, dass auf das bei vielen Bands übliche Gefrickel komplett verzichtet wurde.

Der selbst produzierte Sound überzeugt ebenfalls, an machen Stellen groovt es sogar mal so richtig lässig wie bei dem leicht orientalisch angehauchten „Red & Green“. Von der oftmals insbesondere britischen Neo-Prog Vertretern vorgeworfenen Kühle ist bei MARTIGAN nie etwas zu spüren, im Gegenteil hier wird Wert auf atmosphärische Intensität gelegt, die nicht nur das Hirn sondern auch das Herz überzeugt.

Trotzdem bestehen auch zu den technischen Fähigkeiten natürlich keine offenen Fragen, die Arrangements sitzen perfekt, die Melodien fließen zielgenau, Breaks und Pausen werden gefühlssicher eingestreut, so dass die vermeintliche Komplexität nie im Vordergrund steht sondern trotz aller Längen in ein entspanntes Zuhören mündet. Die Band punktet somit in allen Bereichen, es gibt genügend Ideen zu entdecken und so ist der für viele Progfans so wichtige Langzeiteffekt hier auf "Vision" absolut gegeben. MARTIGAN haben ihre Visionen nach langer Pause erneut vortrefflich umgesetzt, wenn auch die großen Innovationen aus bleiben, denn dies hat man alles schon mal so ähnlich gehört. Ein toll gemachtes Artwork sorgt noch für das I-Tüpfelchen einer starken Veröffentlichung, von einer Band die zum Vorgänger deutlich gereifter klingt und die mit diesem Output für alle Neo-Progfreaks eine absolute Kaufempfehlung darstellt.

Vision


Cover - Vision Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 79:18 ()
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The Human Condition

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SAGA ohne die charismatische Stimme von Michael Sadler, eigentlich kaum vorstellbar aber dennoch ist dies jetzt endgültig Realität geworden. Nach dem letzten Gig Ende 2007 in München starteten die Kanadier sofort durch um in einer weltweite Suche nach einem neuen Mann am Mikro einen Nachfolger zu finden. Der war auch relativ schnell gefunden und sogar fast vor der eigenen Haustüre, denn Rob Moratti (ex-FINAL FRONTIER) kommt ebenfalls aus Toronto. Als ich dies bereits vor längerem erfahren hatte, war ich ehrlich gesagt nochmal eine ganze Ecke skeptischer als ohnehin schon, denn die beiden Alben mit seiner Band waren so eine Art mittelmäßiger JOURNEY Aufguss und sein Gesang war zwar nicht schlecht aber nix besonderes. Jetzt habe ich „The Human Condition“ mit seinem klasse Artwork und den neun Tracks bereits zig mal durchgehört und muss sagen: Alle Befürchtungen wurden absolut Lügen gestraft. SAGA klingen zu 100 Prozent immer noch nach SAGA was die instrumentelle Ausrichtung betrifft, ja man geht inhaltlich sogar nochmal eine Ecke stärker in die Richtung früherer Tage zurück - will sagen es geht wieder verstärkt progressiver zu, nicht nur mal ein Song sondern über das ganze Album hinweg wird fast durchgehend richtig gerockt. Das ganze klingt absolut frisch, mit großer Spielfreude vorgetragen und alles wie immer im bombastischen Soundkleid verpackt, wobei die neue Stimme wie eine Art Jungbrunnen gewirkt zu haben scheint. Die Band klingt äußerst homogen, voller Tatendrang und diese neue Klangfarbe im Gesang verleiht dem Ganzen wieder neue Spannungsfelder. Den ein oder anderen AOR Einschlag oder die klasse mehrstimmigen Einsätze („Now Is Now“) bei den Refrains als neue Variante sind sehr gelungen und mitreißend gemacht. Wären da nur nicht der etwas bescheidene Anfang mit dem fast siebenminütigen Titelsong, der als Intro auf die Hälfte der Zeit getrimmt vielleicht noch gepasst hätte. Aber so kommt dies mit diesen schon zig mal von SAGA so gehörten nervigen Frickelparts und Läufen einfach nur nervig rüber und auch Moratti darf nur einsilbig die Titelzeile einträllern. Ein Song der Marke "überflüssig" wie schon auf dem Vorgänger mit "Corkentellis". Auch der Schluss des Albums reißt mich dann nicht vom Hocker: „Step Inside“ ist relativ simpel, etwas dünn und leicht trällerich. Das hat den Herren auch knapp den Tipp gekostet, denn der Rest dazwischen ist wirklich klasse geworden. Das hammermäßige, und eingängigste Stück der CD, „Avalon“, ist eine Art AOR Progrock mit leichtem AYREON Einschlag, „Crown Of Thorns“ der Song mit dem meisten Heavy-Appeal, „You Look Good To me“ versprüht eine Art 70er Jahre Feeling mit fettem Anfangsriff und einem gewissen YES Schlagseite, das hat was. Ud auch das wunderbar gefühlvolle “Hands Of Time” ist gelungen. Insbesondere bei Krachern wie dem energetischen “Let It go” oder „A Number And A Name“ (komischerweiser scheint hier mal ganz leicht die Stimme Sadlers durchzuschimmern) kommen die ganz alten Zeiten wieder durch. Die typischen SAGA Erkennungsmerkmale mit viel Stakkato-Gitarren, sehr variantenreichen Keyboards und den gelungenen Duellen gegeneinander sowie einer markanten Rhythmusfraktion im Rücken sorgen für eine tollen Sound. SAGA haben sich erfolgreich neu erfunden, klingen erstaunlich abwechslungsreich, ja beinahe befreit irgendwie und auch die neue Stimme, wenn auch nicht so charismatisch, hat mich absolut überzeugt.

Jetzt interessiert wohl nicht nur mich, wie der gute Rob die Klassiker live rüberbringt.

The Human Condition


Cover - The Human Condition Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 47:3 ()
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Molecular Heinosity

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Zehn Jahre ist Solo-Keyboarder DEREK SHERINHAM schon nicht mehr bei DREAM THEATER, dabei kam es mir eigentlich noch gar nicht so lange vor. In seinen fünf Jahren beim Flaggschiff des Progressive Metal war er zumindest bei einem bis heute der besten Alben der New Yorker maßgeblich beteiligt: „Metropolis Pt. 2: Scenes From A Memory“. Nicht nur alleine deshalb sondern auch aufgrund seines ungemein melodisch-virtuosen Tastenspiels, das er auf zahlreichen gelungenen Solowerken seit 1999 zunächst unter PLANET X dann mit eigener Firmierung bestens unter Beweis gestellt hat, ist er bis heute sicher einer der fähigsten und kreativsten Tastenbearbeiter der Szene.

Er hat sich so einen sehr guten Ruf erworben, aber ob er sich mit dieser sechsten Scheibe Namens „Molecular Heinosity“ wirklich einen Gefallen getan hat, wage ich eher zu bezweifeln, denn die dargebotenen Inhalte sind alles andere als packend, unterhaltend oder gar irgendwie zeitlos. Obwohl die Vorraussetzungen eigentlich besser fast nicht hätten sein können - Sherinian holt sich nämlich eine ganze Reihe fähiger Musiker wie u.a. Brian Tichy (FOREIGNER, PRIDE & GLORY), Zakk Wylde (Gitarre - BLACK LABEL SOCIETY, OZZY OSBOURNE), Virgil Donati (Drums - u.a. STEVE VAI, STEVE WALSH, PLANET X) oder Tony Franklin (Bass- BLUE MURDER, JIMMY PAGE) ins Boot und wollte ein betont nach Prog Metal klingende Scheibe abliefern. Dies ist rein oberflächlich zwar auch gelungen, für eine reine Instrumentalscheibe eines Keyboarders habe ich noch nie einen sich selbst so zurücknehmenden Protagonisten erlebt. Sherinian fährt, so lässt sein ehemaliges Umfeld verlauten, total auf Gitarristen und deren kraftvolles Spiel ab und dies wolle er mit seinen Songs sowie aufwendigen Arrangements auf „Molecular Heinosity“ einfach ausleben.

Dies ist leider, wenn überhaupt, nur in Ansätzen gelungen. Das Cover mit den netten Totenköpfen dürfte die Metaller sicher ansprechen, der Albumtitel klingt eher pseudo-ffekthascherisch um wahrscheinlich die Gitarristenseele anzusprechen. Die Musik ist größtenteils ziemlich belanglos, es fehlt wie bei so vielen reinen Instrumentalarien an Inhalten, Struktur sowie irgendwelche Wiedererkennungsmomenten. Bestes Negativbeispiel sind die ersten drei Tracks, die so eine Art opulente Trilogie (mit einem nichtssagenden Zwischenteil „Ascension“) darstellen sollen aber bei der man aber über knappe 16 Minuten nie Anfang und Ende oder sonst was erkennt. Es wird munter drauf los gefiedelt, georgelt, zigfache Breaks und nerviges Gitarrengenöle (gegen Ende gibt es zwar auch gelungene düster-dunkle Riffe bei „Primal Eleven“) aber insgesamt wird hier genau das geboten, was man eigentlich als Nichtmusiker nicht hören möchte – grausig!

Die beteiligten Musiker sind sicher absolute Könner an ihren Gerätschaften aber die ganze Schose kommt derart seelenlos daher, da helfen auch ein paar wenige sphärische getaktet Parts nicht weiter, die kämpfen verzweifelt um ein wenig Atmosphäre („The Lone Spaniard“) auf dieser Scheibe. Vergebens. Es wird zwar durchaus fett abgerockt, mit den obligatorischen Läufen rauf und runter, relativ ähnlich klingend ergibt das ein wenig stimmiges Album. Als einziger Lichtblick bleibt da der einzige Song mit Gesang „So Far Gone“ ganz zum Schluss, dargeboten von Wylde und hier wieder im typischen Ozzy Osbourne Style, klasse so gut hat der Madman seit Jahren nicht mehr geklungen.

Diesen „Heino“ kann man sich ansonsten absolut verkneifen, Virtuosität ist ebenfalls nicht alles und ersetzt keine guten Songs - für alle Nichtinstrumentalfetischisten ist „Molecular Heinosity“ daher eine höchst überflüssige Scheibe und (leider) kein Vergleich zum guten Vorgänger „Blood Of The Snake“ (2006).

Molecular Heinosity


Cover - Molecular Heinosity Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 39:39 ()
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