Vor knapp vier Jahren hatten die Niederländer von THE AURORA PROJECT ein von Kritikerseite durchaus vielbeachtetes Debütwerk „Unspoken Words“ am Start. Das Album ging damals leider komplett an uns vorbei, jetzt mit dem aktuellen "Shadow Border" haben sich diese zweifellos talentierten Proger erneut zu Wort gemeldet und die Scheibe enttäuscht wieder absolut nicht.
Es wird ambitioniert arrangierter, vielfach recht atmosphärischer Progrock geboten - so eine Art aufgemotzter Neo Prog. In der Ausprägung dann schon sehr metal-riffig geprägt, an den vereinzelt eingestreuten und sehr unterhaltsamen, manchmal typisch elegischen Solos sowie den spärischen Keys ist noch am ehesten eine Art Seelenverwandtschaft zu PINK FLOYD oder IQ festzustellen. Vom Ausdruck her sind auch THRESHOLD eine Hausadresse, wenn es auch hier etwas weniger bombastisch zu geht, es herrscht zwar in vielen Parts eine leicht melancholische Grundstimmung die aber nicht zu düster-depressiv daherkommt. Die klanglich variablen Keyboards haben ebenfalls eine große Bedeutung für die Fläche aber sind längst nicht so omnipräsent wie etwa bei den Kollegen von IQ oder ARENA. Sehr auffällig ist die, mir mitunter etwas zu stark, in den Vordergrund gestellte klare Stimme von Dennis Binnekade. Der Junge ist so eine Art Sänger-Geschichtenerzähler und beileibe nicht schlecht, er hat vom Timbre her schon was von ALIAS EYE Leadsänger Philip Griffith aber an seinem etwas geholzten Englisch sollte er unbedingt noch arbeiten. Bei den etwas heftigeren Momenten paßt die Stimme auch nicht so ganz optimal. Ab und an streut er auch so eine Art Sprechgesangfrequenzen ein, wie u.a. bei „Another Dream“ und dies klingt dann leider etwas arg schräg in etwa wie aus der ROCKY HORROR PICTURE SHOW entnommen, paßt so einfach nicht. Da hätte man liebe reine Fremdstimme nehmen sollen. Der Song mit seinen vielen Breaks und Stimmungswendungen ist aber insgesamt trotzdem gelungen.
Überhaupt die Songs sind sehr melodiebetont nicht zu platt, manchmal etwas zu theatralisch gestreut(hauptsächlich von der Stimme) aber die fette Rhythmusfraktion sorgt für viel Drive und verzichtet auf zu technisch geprägtes Gehabe. Zwischendurch haben sich bei so manchem Track (die grundsätzlich über fünf Minuten dauern) einige leichte Längen z.B. bei „The Confession“ eingeschlichen. Manches klingt dabei auch etwas ähnlich, da hätte durchaus etwas mehr Abwechslung, was die Art der Arrangements betrifft nicht geschadet. Gegen Schluss der Scheibe wird es dann doch noch mal so richtig hochklassig, denn dass atmosphärisch sehr dicht aufgebaute „Within The Realms“ mit klasse Gitarren läßt tatsächlich Vergleiche mit den genreführenden RIVERSIDE aufkommen, wenn auch THE AURORA PROJECT ansonsten nicht annährend an deren Ausnahmestellung kratzen können. Dafür fehlt es dann noch an der Tiefe und der etwas hüftsteife Gesang läßt wie gesagt noch Steigerungen wünschen. Diese Einschätzung kann auch der satte 16-Minüter und gleichzeitig Titelsong „Shadow Border“ nicht ganz relativieren. Aber hier zeigen diese Musiker zu was sie wirklich im Stande sind: hochwertige Instrumentalparts, schöne abgestimmte Breaks, mit schönen Verläufen, vielen Stimmungsbildern, gelungenes Riffing mit tollem energetischen Soloteil gegen Ende, spannungsgeladenen Melodiebögen (hat was von SYLVAN), theatralisch-inbrünstige Vocals mit viel Gefühl (nur böse klingen kann der Sänger halt leider nicht) aber der Song funktioniert als ausdrucksstarker Progressive Rock auch so.
Das Album bietet insgesamt solide Prog Kost, insbesondere einer klasse Gitarrenarbeit von Remco van den Berg, mit einigen äußerst positiven Andeutungen u.a. in Punkto Songwriting, sogar doch noch zu noch mehr Qualität im Stande zu sein, dies läßt für die Zukunft noch einiges erhoffen.
Shadow Border
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
7
Länge:
54:23 ()
Label:
Vertrieb:
Review: Black Clouds And Silver Linings
Jeder DREAM THEATER-Fan hat sicher seine eigene Album-Ranking-Liste. Einig dürfte man sich aber darüber sein, dass „Images And Words“ und „Scenes From A Memory“ die großen Meilensteine der New Yorker sind, und bis heute wartet man auf ein weiteres Album, dass sich hier einreiht. Schenkt man einigen Besprechungen, die bereits seit einiger Zeit auf den Seiten gewisser Online-Versender zu lesen sind, Glauben, könnte „Black Clouds & Silver Linings“ dieses Werk sein. Die vorab von Roadrunner gratis als mp3 veröffentlichte Single „A Rite Of Passage“ aber enttäuschte. Zwar wird hier ein ganz nettes Old School-Riff ordentlich runtergebraten, aber der Chorus ist unerträglich poppig, die Solo-Passagen sind nicht gerade überwältigend, und insgesamt vermisst man das gewohnt herausragende musikalische Handwerk der Jungs. Dazu versucht LaBrie mal wieder bemüht, böse zu singen, und wie fast immer gelingt ihm das mal wieder gar nicht, weshalb diverse Effekte über seine Stimme gelegt wurden. Man durfte also gespannt sein, was das Album jetzt tatsächlich zu bieten hat.
Es beginnt erst mal gewaltig. Der 16-Minüter „A Nightmare To Remember“ startet düster mit doomiger Gitarre, Chor-Sounds im Hintergrund und Double-Bass-Gewitter, um dann in ein fettes Metal-Riff überzugehen. Das kickt direkt ordentlich, und hier kriegt LaBrie sogar endlich mal die Kurve, was harten Gesang angeht. Dies wird gekrönt durch einen getragenen Chorus, dem es gerade noch gelingt, nicht zu kitschig zu klingen. Nach fünf Minuten wird’s dann aber erst mal ruhig, worauf alles wieder langsam aufgebaut wird, hin zu Solo-Parts von Petrucci und Rudess. Schließlich legt Portnoy noch einen wirklich bösen Sprech-Gesang oben drauf, und ganz zum Schluss darf er dann auch noch mal ordentlich die Double Bass klackern lassen. Für meinen Geschmack: Ein wenn auch nicht subtiler, aber fetter Opener. Das nachfolgende „Rites Of Passage“ wurde ja oben schon angesprochen. Hinzuzufügen sei noch, dass der Song im Gesamtzusammenhang des Albums besser rüberkommt als separat betrachtet. Irgendwie macht das gerade Rumgebrate hier mehr Spaß, und über den Chorus muss man halt hinweghören. „Wither“ dagegen fällt in jeder Hinsicht durch und stellt wohl den Tiefpunkt des Albums dar. Hier gibt es eine oberschnulzige Pop-Rock-Ballade zu hören, wie sie ja leider immer mal wieder auf DT-Alben auftauchen. Aber diese ist besonders schlimm. Live ein perfekter Zeitpunkt, um Bier holen zu gehen. Das folgende, knapp 13 Minuten lange „Shattered Fortress“ entschädigt aber dafür. Dies ist sicher der Song des Albums, auf den man am meisten gespannt sein konnte, enthält er doch die drei abschließenden Parts von Portnoys zwölfteiliger, auf „Six Degrees Of Inner Turbulence“ begonnenen, Suite, in der er sich mit seinem (überwundenen) Alkoholismus auseinandersetzt. Wieder gibt es einen metal-lastigen Anfang, hart und treibend, der einen komplexen Aufbau einleitet. In diesen wiederum sind Zitate aus den Songs eingebaut, die die anderen Teile der Suite bilden, als da wären „The Glass Prison“, „This Dying Soul“, „The Root Of All Evil“ und „Repentance“. Und das ist wirklich meisterhaft gemacht. Ganz großes Kino! Mit „The Best Of Times“ folgt dann leider ein weiteres schwaches Stück. Zugegeben: Mike Portnoy verarbeitet in diesem Stück den Tod seines Vaters, der während der Aufnahmen zu dem Album mit seinem Krebs gekämpft hat, und da ist etwas Sentimentalität natürlich völlig in Ordnung, und auch das kitschige Violinen-Thema am Anfang sei ihm verziehen. Trotzdem ist der Song einfach viel zu schön, besonders die Kitsch-Orchester-Sound-Themen ziehen einem echt die Schuhe aus. Viel passieren tut eigentlich auch nicht, das Stück plätschert die meiste Zeit über recht unspektakulär vor sich hin. Die letzten drei Minuten gibt’s dann immerhin noch ein schönes, getragenes Gitarren-Thema mit anschließenden Variationen zu hören, das ein bisschen was wettmacht. So, letzter Song, das 19-minütige „The Count Of Tuscany“. Hoffentlich noch ein Knaller! Und ja, fängt gut und eher klassisch progig an, geht dann doch wieder in Richtung Metal, was dann wiederum in einen schönen Chorus mündet. Nach knapp neun Minuten beginnt dann ein Instrumentalteil, und endlich kommen mal wieder die lange ersehnten Takt-Frickeleien zum Zug. Allerdings währt die Freude nur kurz, dann geht es dynamisch runter und in einen fließenden PINK FLOYD-mäßigen Part, der schließlich langsam – vielleicht ein wenig zu langsam – wieder gesteigert wird, bis hin zum Finale – das für meinen Geschmack dann noch etwas bombastischer hätte ausfallen können.
Nein, ein Album, das sich in die eingangs genannten Über-Werke einreihen kann, ist „Black Clouds & Silver Linings“ ganz sicher nicht. Und auch an „Systematic Chaos“ reicht es nicht heran. Das hat vielleicht auch ein paar Schwachpunkte, aber mit Songs wie der Granate „Constant Motion“, dem intensiven „Repentance“ und natürlich dem zweiteiligen „In The Presence Of Enemies“ mit seinem überirdischen Haupt-Thema rangiert es – zumindest in meiner persönlichen Hitliste – dicht hinter den beiden großen Werken. Trotzdem enttäuscht das neue Album nicht. Auf immerhin zwei Drittel der Scheibe wird immer noch überdurchschnittlich gutes und süchtig machendes Material geboten. Und überhaupt: Es ist einfach immer wieder ein Genuss, den Jungs zuzuhören.
Black Clouds And Silver Linings
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
6
Länge:
75:29 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten