Review: Beautiful & Monstrous
SIEGES EVEN waren nicht erst seit dem letzten Referenzwerk „Paramount“ (2007) für viele Progfans „die“ beste Formation des Genres in heimischen Landen (eine Meinung die ich nicht so ganz teile) nur dann war überraschend Schluß und letztes Jahr wurde die Auflösung verkündet. Sänger Arno Menses und Gitarrist Markus Steffen konnten nicht mehr mit den Holzwarth-Brüdern oder vielmehr umgekehrt, den erstgenannten war vieles zu technisch-frickelig schlicht zu wenig gefühlvoll sowie songbetont und so trennt man sich lieber. SUBSIGNAL heißt jetzt diese neue „Prog Supergroup“, eigentlich schon vor zwei Jahren als reines Sideprojekt gegründet, änderte sich der Pilotcharakterjetzt durch das jähe Ende von Sieges Even von heute auf morgen für das Duo. Es mußten weitere Musiker für ein richtiges Bandgefüge gefunden werden, um das jetzt vorleigende Debüt „Beautiful & Monstrous“ einzuspielen.
Diese fanden sich recht schnell und so stiegen die beiden DREAMSCAPE Musiker Ralf Schwager (Bass) und David Bertok (Keyboards) sowie der Holländer Roel Van Helden (SUN CAGED) bereitwillig in dieses Progboot mit ein, das Ergebnis kann sich wahrlich mehr als hören lassen. Ich hatte mir eigentlich nicht soviel erwartet aber SUBSIGNAL lösen sich stilistisch, wenn auch nicht gleich auf den allersten Hub, von SIEGS EVEN los ohne aber grundsätzlich was ganz anderes zu machen. Vielleicht etwas weniger metallisch (was die ständige Präsenz angeht) dafür mehr Progressive Rock der sich unterschiedlichsten Ausprägungen wie etwa auch AOR und vor allem mit melancholisch-emotionellen Momenten versehen. Insbesondere der klasse Gesang von Mendel zeigt sich hier tatsächlich variabler, mit sehr viele auch mal gefühlvollen Zwischentönen ohne bar zu seicht rüberzukommen sind sehr gelungene Chorarrangements zu hören, das gab’s vorher eher etwas weniger.
Die teilweise etwas kühl-spröde Sperrigkeit von SIEGES EVEN ist hier fast völlig verschwunden außer vielleicht beim Bonustrack "Rain Is The Most Beautiful" hier gehen Subsignal in knapp sieben Minuten auch mal etwas leicht schräger-verschachtelt und auch weniger eingängig zu Werke, so dass die alten Fans hier noch am ehesten eine Art Einstieg oder Übergang finden könnten.
Mich erinnert die ganze Art der Musik vom Ansatz her doch sehr stark an die etwas softere RUSH Phase bis Mitte der 80’er Jahre als solche Knaller wie u.a. „Moving Pictures“, „Signals“ oder „Power Windows“ mit etwas stärkere Synthiebetonung entstanden. Bestes Beispiel hierfür ist der sehr gelungen Opener „Where Angels Fear To Treat“ mit diesem weiten Melodiebögen.
Arnos Vorlieben für AOR sind insgesamt sehr deutlich herauszuhören, dies wird den ein oder anderen Progie sicher nicht so gefallen, ich finde es klasse gemacht. Es tönt halt alles etwas mehr eingängiger jedoch ohne platten Popfaktor und klar kommerzieller als die Sachen von SE sind die Tracks von SUBSIGNAL natürlich auch. Trotzdem bieten die vielschichtigen Arrangements, mit den wunderbar ausladenden Melodien mit mal Prog Rock dann etwas heftigere Nuancen mit Metalriffs („The Trick Is Too Keep Breathing“) eine ganze Menge an Unterhaltungspotential auch für die etwas anspruchsvollere Klientel. Lediglich zu übertriebene instrumentell-technisch ausufernde Parts sucht man hier vergeblich. Immer wieder eingestreute gelungene luftige elegische Soli wie bei „Paradigm“ und eine ausgeprägterer sowie ebenfalls verspielterer Keyboardeinsatz betonen weiterhin die etwas andere Ausrichtung von SUBSIGNAL. Sehr gefühlvoll und nicht zu aufgesetzt kommt „I Go With The Wind“ daher und dann immer wieder diese wirklich sich ins Hirn windende Gesangslinien wie bei dem Hammersong "The Sea" oder die tollen Satzgesänge von "To Hope The Road Is Long" das ist schon Progspitzenklasse. Der epische Titelsong zeigt eine Band, die auch das große Progkino beherrscht mit vielen Breaks, unterschiedlichsten Stimmungsbildern von Düster mit schwermütiger Violine begleitend, schönen Wechsel wird ein üppig-weitläufiger Song mit vielen Ideen entwickelt, der den Hörer absolut fesselt.
Die CD wurde im Mai 2009 unter der Ägide von Kristian Kohlmannnslehner aufgenommen und biete einen Hammersound, sehr transparent und volumig zugleich. Nur das etwas einfältige Coverartwork ist dieser Musik absolut unwürdig, sorry Jungs diese komischen Quallen können nichts. Ansonsten ist „Beautiful & Monstrous“ wirklich herausragend geworden der Titel ist Programm und sagt wirklich alles über diese Musik aus – lasst euch einfach in diese Melodien reinfallen.
Neben dem aktuellen RIVERSIDE Werk (auch wenn die Vertreter der "reinen" Progllehre mich jetzt verdammen werden) ist dieser CD für mich die beste Progscheibe des Jahres 2009.
Beautiful & Monstrous
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
10
Länge:
63:29 ()
Label:
Vertrieb:
Review: The Singles 82 – 88
MARILLION werden gemeinhin als erste Band des sogenannten Neo-Prog angesehen. Gegründet 1979 als SILMARILLION (Tolkien Fans wissen bescheid) orientierte sich die Band zunächst an GENESIS und PETER GABRIEL um später dann mit ihren typischen Keyboard- und Schlagzeugspiel, zusammen mit der Stimme von Sänger Derek William Dick (besser bekannt als FISH) ihren eigenen, unverkennbaren Stil zwischen Artrock und Prog zu finden. Und auch wenn MARILLION noch heute qualitativ hochwertige Alben abliefern - der Status der Band beruht für viele auf den ersten Jahren mit FISH. Genau diese Zeit deckt vorliegende 3-CD-Boxset „The Singles“ 82 – 88“ ab und umfasst somit die Songs der ersten Maxi „Market Square Heroes“ (1982) (u.a. mit „Three Boats Down From The Candy“ und dem über 17-minütigen genialen „Grendel“) sowie die Singles zu den Studioalben „Script For A Jester's Tear” (1983), „Fugazi“ (1984), „Misplaced Childhood“ (1985) und „Clutching At Straws” (1987). Wie üblich gab es damals auf den einzelnen Singles unterschiedliche Versionen des Songs, Neuaufnahmen, Livematerial, Remixe, B-Sides und bis Dato Unveröffentlichtes, was hier in Gänze enthalten ist und so den geneigten Fan einen guten Überblick bietet. Die einzelnen Songs sind der nachstehenden Tracklist zu entnehmen – mit „Kayleigh“ und „Incommunicado“ sind die größten Hits enthalten, aber auch großartiges wie „Lavender“, „Garden Party“ oder „Assassing“ gibt es teilweise mehrfach. Das Boxset ist vor allem für Fans interessant – ob Neueinsteiger nicht mit einem der ersten vier Alben besser fahren ist wohl Ansichtsache. Viele eingefleischte Fans werden ja die eine oder andere MARILLION Single (respektive Maxi) in Vinyl im Schrank stehen haben – viel gar alle – aber Vinyl. Alleine die Coverartworks waren ja schon den Erwerb wert. Was der Box dabei leider etwas abgeht – im Booklet sind zwar alle Cover (thumbnail-mäßig) drin, aber bei solch einer Zusammenstellung hätten es ruhig noch zu ein paar Linernotes und Infos zu den damaligen Veröffentlichungen sein dürfen. Davon abgesehen ist die „The Singles 82 – 88“ Kompilation ein schöne Sache geworden.
Trackliste
CD1
1. Market Square Heroes
2. Three Boats Down From The Candy (1997 Digital Remaster)
3. Grendel
4. He Knows You Know (Edited 7'' Version)
5. Charting The Single
6. He Knows You Know (Edited 12'' Version)
7. Garden Party (Edited Version)
8. Margaret (Live) (Edit)
9. Garden Party
10. Charting The Single (Live At The Hammersmith Odeon 18/4/83)
11. Margaret (Live)
12. Punch And Judy (7'' Version)
CD2
1. Market Square Heroes (Re-recorded Version) (Edit)
2. Three Boats Down From The Candy (Re-recorded Version)
3. Market Square Heroes (Re-recorded Version)
4. Assassing (7'' Version)
5. Cinderella Search (7'' Version)
6. Assassing
7. Cinderella Search (12'' Version)
8. Kayleigh (Single Edit)
9. Lady Nina (Single Edit)
10. Kayleigh (Alternative Mix)
11. Kayleigh
12. Lady Nina
13. Lavender
14. Freaks
15. Lavender Blue
16. Heart Of Lothian
17. Chelsea Monday (Live In The Netherlands)
CD3
1. Heart Of Lothian (Extended Mix)
2. Incommunicado (Edit)
3. Going Under
4. Incommunicado
5. Incommunicado (Alternative Version)
6. Sugar Mice
7. Tux On
8. Sugar Mice (Radio Edit)
9. Sugar Mice (Extended Version)
10. Warm Wet Circles (7'' Remix)
11. White Russians (Live In Germany)
12. Incommunicado (Live In Germany)
13. Freaks (Live In Germany)
14. Kayleigh (Live In London)
15. Childhood's End? (Live In London)
16. White Feather (Live In London)
The Singles 82 – 88
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
45
Länge:
124:0 ()
Label:
Vertrieb:
Die Hamburger Progrocker SYLVAN haben sich mit ihren seit der Gründung 1998 sowohl inhaltlich als auch vor allem musikalisch stetig steigernden Alben zu Recht viele Fans im New Artrock bzw. Neo Progrock Genre erspielt. Die Band hat sich auch auf internationaler Ebene durchgesetzt und dabei auch die in diesem Zusammenhang oft genannten MARILLION (ob der Vergleich jetzt immer so 100-prozentig passt kann man sich streiten) längst überholt, da man für meinen Geschmack deutlich songorientierte unterwegs als die doch sehr experimentell und nur noch wenig packenden Urväter aus Großbritannien agiert.
Sei’s drum - die letzten beiden Werke, das konzeptionell-opulente „Posthumous Silence“ (2006), das songlich deutlich reduziertere aber punktuellere „Presets“ (2007) sowie die tolle Live-DVD „Posthumous Silence – The Show“ (2008) waren schon echte Meisterwerke und die lassen sich nicht einfach so in Serie beliebig wiederholen.
Das aktuelle Album „Force of Gravity“ zeigt dies ganz eindeutig, egal ob es so gewollt war oder nicht. SYLVAN mussten oder besser wollten eine Art Schnitt machen. Mit dem neuen Gitarristen Jan Petersen ist die Band doch deutlich rockiger, manchmal schon betont heavier geworden (und nicht nur mit leichten Spitzen wie früher) und sie lassen es auch musikalisch lockerer angehen. Ein gewisser Reifeprozess gepaart mit gesteigerter Spielfreude und dem WIllen vielleicht nicht alles bis zu letzten Note auszufeilen sowie die Arrangements auch mal luftiger und weniger komplex aufzubauen, lässt sich ebenfalls feststellen.
Doch keine Angst, trotz dieser vermeintlich stilistischen Weiterentwicklung mit einer nur ganz groben Mischung aus „Presets“ und „Posthumous Silence“ sind die typischen Trademarks und auch Songs nach wie vor noch enthalten.
So ist das opulente „Vapour Trail“ mit seinen 14 Minuten eine hochklassige Achterbahnfahrt durch den SYLVAN Kosmos geworden. Das Ding ist der Höhepunkt Art-Rock pur mit vielschichtigen Wendungen, ganz großes Gefühlskino mit rassigen Gitarren und einfühlsamen Melodien aber nicht zu pathetisch und getragen. Und jetzt kommen wir zu den eher weniger gelungen Songs: Die Eröffnung mit dem schwermütig langsamen Titelsong "Force Of Gravity" ist mehr als unglücklich, da hier die Vocals einfach zu stark im Vordergrund stehen, zu betont leidend (beinahe schon nervig) sind und der Song einfach so auf mich wirkt, als wäre es aus einem komplexen Gesamtstück der Mittelteil, nur der Anfang und Schluss fehlen irgendwo komplett. Auch "Turn Of The Tide" überzeugt mich nicht so recht, nach dem zarten Anfang folgen brachiale Riffs, dann wieder der Gesang mit etwas komischer zweiter Stimme, die Pianos klingen überbetont, kurzum: hier will man etwas zu viel zu Lasten des Songs, der rote Faden fehlt.
Das aufwühlende „Follow Me" (die erste Single) ist dann aber ein klasse Rocksong geworden mit nur leichter Progressivität, krachenden Drums und kommt sofort auf den Punkt und reißt den Zuhörer richtig mit. "King Porn" geht in eine ähnliche Richtung, das ist stellenweise bei den heftigen Momenten lupenreiner Progmetal, gesanglich richtig aggressiv mit vertrackter Rhythmik sowie vielen Tempowechseln und dann wieder diese gefühlsbetonten Parts dazwischen - echt klasse.
„Embedded“ ist dann so was wie Pop (Prog), aber zum Glück jetzt nicht so platt wie dies zuletzt COLDPLAY teilweise gemacht haben, mit typisch eingehendem Refrain, einfach 3:29 Minuten Musik, unterhaltsam und locker auf den Punkt gebracht. "Isle In Me" ist ebenfalls eine wunderbare Nummer mit wohlig warmen Pianoklängen sowie den genau richtig dosierten Vocals von Marcus Glühmann und den herrlich elegischen Gitarrensoli zum reinlegen. Beim getragenen "Midnight Sun" gibt es ein schönes Duett mit Sängerin Miriam Schell zu hören, sie klingt dabei wie eine junge KATE BUSH zu ihren besten Zeiten, da ist Gänsehaut pur angesagt. Das relativ einfache „Good Od Rubbish“ zeigt SYLVAN in einem völlig neuen Gewande - ein schnell rockender Track mit schöner Hook, da wird der Prog gar völlig in den Keller verbannt.
Insgesamt ist „Force Of Gravitiy“ diesmal „nur“ ein gutes Album geworden, da es erstmalig ein paar Songs gibt, die mich nicht so ganz überzeugt haben. Trotzdem kann man den Hamburgern ein sehr vielseitiges Album bescheinigen. Es ist ein Schritt nach Vorne ohne die Wurzeln aus den Augen zu verlieren. Insbesondere auch der große Mut sich aus bekannten Fahrwassern etwas weg zu bewegen ist absolut Anerkennenswert, verdient großen Respekt und ist ein großer Pluspunkt dieses Albums. Dass man dabei songtechnisch nicht immer absolut unfehlbar ist, macht die Band nur noch sympathischer.
Force Of Gravity
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
11
Länge:
69:33 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten