Review:

Redneck Vikings From Hell

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ÆTHER REALM aus North Carolina machen Musik, die man wohl eher in Nordeuropa beheimaten würde. Melodic Metal, Doom Metal, Black Metal, Folk Metal. Von Allem ist ein bisschen was dabei und macht das neue Album extrem abwechslungsreich.

Für mich eines der stärksten Alben von letztem Release-Friday (VÖ 01.05.2020)!
Los geht es mit ein paar Redneck-Tönen, welche sofort Erinnerungen an "Cotton Eye Joe" bei mir auslösen, natürlich fein verpackt in einen Metal-Song: "Redneck Vikings From Hell", bang your heads! 
Mit "Goodbye" wird melodiös weiter gerockt, der Refrain erinnert mich sogar ein bisschen an ALICE COPPER.
Weiter geht es mit "Lean Into The Wind", bei dem kurz mit einem Keyboard-Intro ein langsamer Song angetäuscht wird nur um sofort danach eine etwas härtere Gangart einzuschlagen. 
Bei "Hunger" wird angenehmer Symphonic Metal geliefert, ohne dabei aber wirklich vom Gas zu gehen. Ruhiger wird es erst mit "Guardian", der ersten Powerballade des Albums. 
Mein Favorit des Albums ist "Slave To The Riff", ein böser Nu Metalcore-Song mit ordentlich Feuer und sogar spanischen Flamenco-Gitarren!
 
Die Produktion überzeugt mich soundtechnisch komplett, jedes Instrument hat seinen Platz im Mix und ist im Klang optimiert. Die verschiedenen Gesangsarten wechseln sich gekonnt ab, und auch die Wikinger-Refrains passen, ohne übermäßig kitschig zu wirken. 
Für mich ein wirklich starkes Gesamtpaket, welches ich erstmal auf Dauerrotation hören werde.
 
 

Redneck Vikings From Hell


Cover - Redneck Vikings From Hell Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 53:21 ()
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Bloodlines

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Bereits der 2015er Vorgänger, “Hystero Epileptic Possessed“, war ein schwer zu verdauender Brocken, der stilistisch irgendwo zwischen traditionellen Klängen, Doom- und kauzigem Epic Metal waberte und dabei zwischen allen Stühlen saß. Liebhaber unkonventioneller Klänge wurden hier bestens bedient, auch wenn das Songwriting noch Luft nach oben besaß. Und hier kommt jetzt „Bloodlines“ ins Spiel, das das bekannte Konzept fortführt, erneut einen schwer eindeutig zu kategorisierenden Stil offenbart, dessen Songs gegenüber denen des Debütalbums jedoch ein Stückweit abfallen. Mit „Devils In The Details“ steigt das holländische Quartett um Musiker von URFAUST, CIRITH GORGOR, HOODED PRIEST, etc. flott ein, Sänger Snake McRuffkin (alias IX von URFAUST) überzeugt einmal mehr mit seinem episch-schrägen Klargesang, und die heftigen Breitwand-Doom-Riffs sitzen ebenfalls wie angegossen. Allerdings werden diese sehr erlesenen Zutaten nicht durchgehend überzeugend zusammengekocht, denn von einem Stück wie „In Antique Vortex“ bleibt trotz cooler Tempowechsel inklusive Schrei-Einlagen nicht viel hängen, „Satan The Healer“ dümpelt mit seinem Galoppel-Beat vor sich hin, „The Medium In The Mask“ retten auch schwarzmetallische Eruptionen nicht vor der Belanglosigkeit, und auch die letzten beiden Songs, „Subtle Art Of Sleep Paralysis“ und „The Celestial Intelligencer“ (Highlight des Albums), reißen zu wenig mit, wirken konstruiert und bleiben auf halber Strecke hängen. „Bloodlines“ ist beileibe kein zum Schreien schlechtes Album, weiß erneut mit einer Bandbreite an Stilelementen zu gefallen und wirkt sogar durchdacht – nur eben leider nicht konsequent bis zum Ende. Schade, denn ein extravagantes Hammeralbum traue ich diesem Kollektiv problemlos zu.

Bloodlines


Cover - Bloodlines Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 6
Länge: 46:44 ()
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World In Chains

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Dieser Tage erscheint das zweite Studioalbum der hessischen Metalband BLIZZEN. Soundmäßig ist die Platte in den Tiefen der 80er NWOBM zu Hause, erinnert mich in seiner Rohheit ein wenig an die ersten Gehversuche von HELLOWEEN zu "Walls Of Jericho"-Zeiten.
Handwerklich möchte ich den Musikern ihre Fähigkeiten sicher nicht absprechen, aber am Gesang scheiden sich vermutlich die Geister, und meinen Geschmack trifft er nicht.
Auch mit dem Songwriting tu ich mich ein bisschen schwer. Sicher, die vom Label angepriesenen Old School-Elemente sind alle vorhanden, ich vermisse allerdings einen gewissen Wiedererkennungswert, ein paar gute Hooklines oder einen eigenständigen Sound.
 
Die Produktion, insbesondere der Mix, ist in Ordnung. Alles hat seinen Platz und seine Frequenz, es fehlt allerdings komplett etwas, das zurm Entstauben beigetragen hätte. So klingt es doch noch arg nach einem Demo. Da wäre bei der heutigen Technik auch mit kleinerem Budget sicher mehr drin gewesen. 
Es bleiben neun Songs, von denen für mich einzig der Titeltrack "World In Chains" etwas heraussticht, aber auch dieser wird es bei mir auf keine Playlist schaffen, da mir das alles zu uninspiriert ist. Man hat immer das Gefühl, als hätte man das irgendwie schon mal gehört. 
In den 80ern hätte dieses Album eventuell funktioniert, "Serial Killer" klingt wunderbar nach IRON MAIDEN, im Jahre 2020 bin ich mir jedoch nicht sicher, ob sich selbst Fans von Bands aus dieser Zeit von diesem Werk überzeugen lassen werden. 

World In Chains


Cover - World In Chains Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 34:6 ()
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Spectral Devastation

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Fangen wir ausnahmsweise mal direkt mit dem Fazit des Reviews an: Geil! Dieses übersichtliche Adjektiv bringt die Sache voll auf den Punkt.

Aber der Reihe nach: SÖLICITÖR sind eine Speed Metal-Band aus Seattle, die erst seit 2018 existiert, im Folgejahr eine ansprechende EP veröffentlichte und nun den ersten Longplayer nachschiebt. Dessen Cover ist sehr Old School gehalten wie auch das Outfit der fünf lustigen Musikanten selbst. Die Schwemme an ewig Rückwärtsgewandten nervt mich in den letzten Jahren ehrlich gesagt etwas, da im Gegensatz zu den Äußerlichkeiten die musikalische Qualität hin und wieder vernachlässigt wird. Ganz anders bei SÖLICITÖR, deren Kreuzung aus US- und Speed Metal der 80er von der Band kompetent in Szene gesetzt wird. Wer in den goldenen Zeiten solchen Bands wie ABATTOIR, CHASTAIN, SAVAGE GRACE, LIZZY BORDEN (frühe Phase) oder GRIFFIN gehuldigt hat, wird hier sein Glück finden. Doppelläufige Gitarrenleads werden meist mit hurtigem Schlagzeugspiel unterlegt, und darüber thront die absolut coole Stimme von Frontfrau Amy Lee Carlson. Ihr Organ geht als Kreuzung aus Leather Leone (CHASTAIN), Nicole Lee (ZNÖWHITE) und Mike Smith (SAVAGE GRACE) durch und begeistert endlos. So müssen Vocals im Speed Metal klingen! Auch der Rest der Bande macht seine Sache sehr gut, und man kann an der einen oder anderen Nuance feststellen, dass die Burschen an den Instrumenten nicht ausschließlich in der Vergangenheit leben. Hier mal ein kurzer Blastbeat-Einsatz, dort mal ein grooviges Riff im Mittelteil oder ein tolles akustisches Intro, das auch Jeff Waters glücklich machen dürfte ("Night Vision"). Die acht Songs bewegen sich durchgehend auf hohem Energielevel, selbst wenn mal das Tempo gedrosselt wird ("The Red Queen"). Höhepunkte sind aber eindeutig speedige Granaten wie "Blood Revelations" oder "Spectres Of War".

Aber genug gelabert, jetzt werden die Boxen bis zum Anschlag aufgerissen und mit erhobener Faust "Leathür In The Streets" gebrüllt! Geil!

Spectral Devastation


Cover - Spectral Devastation Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 8
Länge: 39:51 ()
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Vertrieb:
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Oak, Ash & Thorn

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Ein bekanntes deutsches Metal-Magazin hat im Jahr 2018 seinen Lesern die scharf diskutierte Frage gestellt: „Gibt es ein Leben nach Iron Maiden“? Die Antwort ist schwierig zu beantworten, da es nach einer Auflösung der Eisernen Jungfrauen natürlich kein wirkliches und erfülltes Leben mehr geben kann und somit ausgeschlossen ist. Nun aber tritt eine Band mit dem Namen DARK FOREST dieser logischen und von einem Großteil der Metal-Hörerschaft akzeptierten Gesetzmäßigkeit mit aller Macht in den Hintern!

Das Gründungsjahr der Engländer beläuft sich auf das Jahr 2002. Das selbstbetitelte Debütalbum stand nach sieben Jahren Findungsphase 2009 in den Regalen, und es folgten darauf drei weitere Alben mit den Titeln „Dawn Of Infinity“ (2011), „The Awakening“ (2014) und „Beyond The Veil“ (2016), welche alle recht positive Pressekritiken ernten konnten.

Und dann begegnet ausgerechnet mir in 2020 das aktuelle Album „Oak, Ash & Thorn“ und bringt den kleinen Redakteur komplett durcheinander. Ich gebe zu, beim ersten Probehören war mein Urteil relativ schnell klar: Ein komplett durchschnittliches, melodisches Metal-Album mit einem eher harmlosen Sänger, dem man ohne Probleme eintausend Euro leihen kann und diese am nächsten Tag ohne Aufforderung mit Zins und Zinseszinsen zurückbekommt. Eben ein gut zu hörendes Album von einer netten und freundlichen Band, aber leider eine Veröffentlichung, die man in Windeseile wieder zu den Akten stellen kann, und die als Staubfänger dienen wird.

Tja, und dann kam der zweite, der dritte, der vierte… der x-te Durchlauf. Ok, meine Gleichgültigkeit entschwand immer mehr, und eine gewisse nagende Euphorie machte sich breit. Die Stimme wurde immer besser und kraftvoller und die geliehenen eintausend Euro waren in den Taschen der Band verschwunden. Von wegen nette Band! DARK FOREST hatten mich gebrochen, besiegt und werden mich für immer in ihrem Bann halten. Der Kampf englische Band gegen deutschen Review-Schreiber geht eindeutig an die Insel. Und mit Freude gestehe ich meine anfängliche Unwissenheit und Verwirrung ein und gelobe hiermit Besserung.

In Stimmung für die folgenden 50 Minuten wird man durch ein beruhigend-schönes Intro gebracht. Wasserrauschen, fröhliches Vogelgezwitscher und stimmungsvolles Feuer bereiten uns auf die folgenden Großtaten vor.

Und diese Großtaten bestehen aus der herausragenden Stimme von Sänger Josh Winnard, welcher besonders in höheren Stimmlagen scheinbar einem Bruce Dickinson einen besonders schönen guten Tag wünschen will. Wahnsinn, wie variabel und sicher hier in allen Tonlagen agiert wird. Ein Ohrenschmaus, wie man ihn von einem Sänger lange nicht gehört hat.

Wie es sich für eine traditionelle und besonders englische Heavy Metal-Band gehört, kommen dominante Twin-Gitarren des Öfteren und immer an den richtigen Stellen zum Tragen. Die Gitarrenarbeit ist sowieso auf der gesamten Scheibe auf einem sehr hohen Niveau angesiedelt. Feinste Metal-Melodien gehen nahtlos in teilweise folkige Parts über um im Gesamtbild daraus eigenständige Hymnen für die Ewigkeit zu schaffen. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist der Titelsong, welcher in das gleiche Kaliber wie MAIDENs  „The Clansman“ stößt. Und dies ist beileibe nicht der einzige Song, der keinen Vergleich mit Steve Harris & Co scheuen muss. Gerne werden auch rockige Parts auflockernd in die virtuosen Instrumentalpassagen aufgenommen und peppen einzelne Abschnitte erfolgreich und anspruchsvoll auf.

Generell landen DARK FOREST aber immer wieder an dem Punkt, wo sie ankommen wollen: Das Generieren von epischen, hymnenhaften und modernen (irgendwie ein Widerspruch in sich) NWOBHM-Titeln. Beendet wird das Album mit dem Instrumentalstück  „Heart Of The Rose“, welches dieses Kunstwerk des Heavy Metals glanzvoll abschließt.

Inspirieren ließ sich die Band von den Kurzgeschichten des englischen Autors Rudyard Kipling, der im Jahr 1906 die historisch-fantastischen Erzählungen im Buch „Puck Of Pook’s Hilll“ schuf, aber eher bekannt als Erschaffer des Dschungelbuchs ist. Das Plattencover fügt sich sehr gut in die Fantasy-Welt von DARK FOREST ein, holt einen von Anfang an ab und entführt den Hörer in eine Welt von Abenteuern und wilden, unbekannten Landschaften.

Fazit: Für mich war die komplette 180-Grad-Drehung meiner eigenen Meinung über „Oak, Ash & Thorn“ eine riesen Überraschung. Selten hat es so lange gebraucht, bis mich ein Album dermaßen gepackt hat und scheinbar so schnell nicht mehr loslassen wird. Eine Überraschung, die ich mit Freude genossen habe. Für mich bringen DARK FOREST den melodischen NWOBHM auf eine ganz neue Stufe und klopfen tatsächlich ganz laut bei unseren Freunden von IRON MAIDEN an. Ich hoffe, MAIDEN und auch alle Fans der härteren Gangart sperren die Türen weit auf und bereiten DARK FOREST einen Logenplatz auf den ganz großen Bühnen dieser Welt!

 

Oak, Ash & Thorn


Cover - Oak, Ash & Thorn Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 52:44 ()
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Terrifiant

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Endlich mal ein Bandname und ein Albumtitel, die mein Review von diesem Debüt auf einen Punkt und einen klaren Nenner bringen. Mein Gesamtbild wird perfekt zusammenfasst: Erschreckend!

Erfreuen wird dies Freunde von Superlativen. Endlich hat man mal wieder eine Band gefunden, welche mit obigen nur so um sich wirft. Der Gesang von Vocalist Lord Terrifiant ist natürlich der absolute Kult, da er voll in die Fresse geht und die hysterischen, spitzen und kastratenartigen Auswürfe selbstkreischend nur die absolute Elite der Old School-Metal-Fans verstehen kann. Alle anderen haben keine Ahnung vom Underground und sollen halt BLIND GUARDIAN und Konsorten hören und zum Nachtisch eine Portion DRAGONFORCE abfeiern.

Auch den Sound von TERRIFIANT kann natürlich nur eine elitäre Minderheit verstehen. Kein Druck, kein Bass und schrille Gitarrenhöhen bangen sich hier pfeilschnell durch die unterforderten Boxen. Dieser Mix ist natürlich wieder mal absolut kultverdächtig. Für mich ist diese Aufnahme eher vertonter Vandalismus, aber kaschiert wunderbar einige Unzulänglichkeiten im spielerischen Bereich (von gesangstechnischen Ausrutschern wollen wir hier gar nicht mehr reden). Von einem Kommerzgedanken kann man hier in jedem Fall zu gar keiner Zeit sprechen.

Die gesamte Platte klingt, beginnend beim instrumentalen Intro, gewollt naiv und altbacken und am 80er-Jahre-Speed Metal-Reißbrett entwickelt, nur um eine ahnungslose Kleinstmasse an völlig verbohrten Metalheads anzulocken. Originell wollen TERRIFIANT dann auch noch sein, indem sie eine Hammond Orgel im Song Iron Mountain benutzen. Großartig, wollte die Band hier eventuell noch ein paar 70er- Fans von ihrer Genialität überzeugen? Mission gescheitert! Ein paar gelungene Gitarrensoli (spielen können sie also doch) können aber trotzdem nichts mehr retten und versanden im Geschwindigkeitsrausch.

Eventuell werden TERRIFIANT für ihre Machenschaften den einen oder anderen Schulterklopfer bekommen. Eine Urkunde für den Erhalt des wahren Heavy Metals im 21. Jahrhundert gibt es wahrscheinlich noch obendrauf.

Um eine Sache klarzustellen: Ich nehme der Band komplett ab, hinter ihrem Sound zu stehen und sich einer ewig gestrigen Szene zugehörig zu fühlen. Das ist ja auch völlig in Ordnung und zeigt eine grenzenlose Leidenschaft. Was für mich nicht in Ordnung geht, ist, dass diese auf alt getrimmten Möchtegern-Old School-Bands von Labels und Magazinen als der absolute Geheimtipp angepriesen werden, und hiermit tatsächlich ein elitäres Gruppengehabe gefördert wird.

Es ist eben nicht alles Kult, was 100 Einheiten verkauft und dann live vor zehn Hanseln spielt, von denen drei die Band dann auch wirklich gut finden, und diese dann von einem unvergesslichen Erlebnis sprechen. Nein, das ist nicht Kult, das zeigt auf, das eine Band eher nochmal im Proberaum nachfeilen sollte, und die Lösung nicht das Aufspringen auf den 08/15-Zug ist. Das Problem ist, TERRIFIANT wollen genau so sein. Das spricht für eine gewisse Ehrlichkeit und fast freche Kaltschnäuzigkeit der Band.

Also eine klare Kaufempfehlung für diejenigen unter Euch, die jedes Fachgespräch mit den Worten: „Wie? Du kennst nicht…..? Das ist absoluter Kult…! Ein Geheimtipp für Eingeweihte...“ beginnen und dabei beifallsherrschend in die erstaunte Runde schauen.

Zack, und schon wieder unbeliebt gemacht!

So, und nun gebe ich mir eine alte HELLOWEEN und genieße echten Old School.

 

Terrifiant


Cover - Terrifiant Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 8
Länge: 36:35 ()
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Review:

Human. :II: Nature.

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Fünf Jahre ist es her, dass NIGHTWISH ihr letztes Studioalbum herausgebracht haben – entsprechend hoch sind die Erwartungen an das neue Machwerk, schließlich hat man mit Tuomas Holopainen und Marco Hietala zwei hervorragende Songwriter und mit Floor Jansen zudem eine begnadete Sängerin am Start. Man wartet also mit Spannung, was einem da kredenzt wird, zumal die Band beschloss, zu klotzen statt zu kleckern und gleich ein Doppelalbum herauszubringen, bestehend aus einem „regulären“ NIGHTWISH-Album und einem durch einige Sprachpassagen ergänzten Instrumentalepos. Obwohl das Werk mit dem eher sperrigen Titel „Human. :II: Nature.“ laut Musikerangaben explizit kein Konzeptalbum ist, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ein Konzept sehr wohl zu Grunde lag, denn das vorherrschende Thema ist klar die Entwicklung von Mensch und Natur sowie deren Wechselwirkung.

Der Opener „Music“ hat den Anspruch, die Entwicklung der Musik von ihren Anfängen in der Urgeschichte an einzufangen – kein kleines Unterfangen, weswegen es auch nicht verwundert, dass die Laufzeit um die 7 Minuten beträgt. Verwunderlicher ist dagegen schon eher, dass in diesen 7 Minuten so vergleichsweise wenig passiert: die ersten 6o Sekunden wähnt man sich ausschließlich einer Klangkulisse ausgesetzt, die vermutlich der einer steinzeitlichen Tropfsteinhöhle entsprechen soll und die, vorsichtig ausgedrückt, eher durch Ereignislosigkeit besticht. Bis Floor Jansen anfängt, zu singen, dauert es geschlagene 3 Minuten und bis zum Refrain (sofern man denn zu diesem späten Zeitpunkt noch von einem solchen sprechen kann, denn eigentlich fehlt dem Lied jegliche klassische Songstruktur) muss man sich bis anderthalb Minuten vor Schluss gedulden. Nun gut, Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Das darauffolgende „Noise“ tritt von vorherein deutlich mehr aufs Gaspedal, schwächelt aber etwas in Punkto Eingängigkeit, womit wir auch schon bei einem der Hauptprobleme des Albums angekommen wären: es fehlt an eingängigen Melodien.

In „Shoemaker“ widmet sich die Band dem Geologen Eugene Shoemaker. „Harvest“, dem Troy Donockley offensichtlich seinen musikalischen Stempel aufdrückte und konsequenterweise auch seinen Stimme leiht, ist ein netter Folksong, hat aber mit dem klassischen NIGHTWISH-Sound ähnlich viel zu tun wie Loreena McKennitt mit Heavy Metal. Auffällig ist, dass ausgerechnet die vom üblichen Sound deutlich in Richtung Folk abweichenden Songs noch die gefälligsten Melodien aufweisen: neben „Harvest“ ist „How´s The Heart“ der einzige Track, den man tatsächlich nach einmaligem Hören einigermaßen im Ohr hat, was beim Großteil des Materials selbst nach mehrfachen Durchläufen nicht so recht gelingen will.  „Procession“ zeichnet sich durch eine erneut gefährlich an Ereignislosigkeit grenzende Ruhe aus, „Tribal“ hingehen ist eine weitestgehend melodiefreie, dafür aber zugegebenermaßen ausgesprochen schwermetallische Quälerei, auch wenn der sonst auf „Human. :II: Nature.“ unterrepräsentierte Marco Hietala hier tatsächlich auch mal Gesangsparts beisteuern darf.

Das treffend betitelte „Endlessness“ schleppt sich äußert programmatisch über gefühlt endlose 7 Minuten dahin, ohne den Zuhörer mit einer richtigen Hook dafür zu entlohnen, weswegen das Ganze leider irgendwann dann trotz der Abwechslung durch Marco Hietala am Mikrofon ziemlich an den Nerven zerrt – Geduld ist eine Tugend, die man zum Hören von „Human. :II: Nature.“ eindeutig mitbringen sollte. Hatten NIGHTWISH sonst ein Händchen für Melodien, die trotz aller musikalischen Opulenz und Schwere leichtfüßig über den Arrangements schwebten und sich oftmals gnadenlos im Ohr festkrallten, so hapert es in diesem Punkt auf dem neuen Werk leider an vielen Stellen gewaltig: die Melodien lahmen, sie holpern, stolpern und schleppen sich oftmals nur mit Mühe über die volle epische Länge, was auch deshalb schade ist, weil es Floor Jansens großartigem Gesangstalent in keiner Weise gerecht wird. An vielen Stellen geht ihre Stimme geradezu unter und ist weit davon entfernt, als verbindender Melodiebogen über den Arrangements zu liegen – ein Umstand, der umso befremdlicher erscheint, als Tuomas Holopainen offiziell zu Protokoll gab, es handele sich bei „Human. :II: Nature.“  um ein Album, bei dem der Gesang im Vordergrund stehe. Sicher, Troy Donockley als weiteren Sänger an Bord zu holen stellt eine Erweiterung des bisherigen Repertoires dar, aber warum darf Floor Jansen nicht zeigen, wozu sie sich schon bei unzähligen Konzerten und auf „Endless Forms Most Beautiful“ als fähig erwiesen hat? Und warum kommt Marco Hietalas Gesang als Kontrapunkt nur so überaus spärlich zum Einsatz? Fragen über Fragen begleiten das Anhören von „Human. :II: Nature.“, und  nur die wenigsten davon stehen im Zusammenhang mit dem fraglos intendierten, aus der Thematik resultierenden Denkanstoß.

CD Nummer 2 beherbergt nicht etwa Instrumentalversionen des ersten Silberlings, sondern ein stark an einen Soundtrack erinnerndes Instrumentalepos, bei dem schon Titel wie „Vista“, „Moors“ und „Aurorae“ verraten, dass auch hier der Fokus auf die Natur erhalten bleibt. Gelegentliche Spoken Word-Passagen verdeutlichen das gesetzte Ziel vor weitestgehend sehr ruhig gehaltener Klangkulisse. Man kann sich darüber streiten, ob diese Tracks wirklich unter dem Namen NIGHTWISH veröffentlicht werden mussten oder ob Tuomas Holopainen sie nicht besser unter eigenem Namen separat an den Mann gebracht hätte, denn mit der Musik der Band hat die Suite, sieht man einmal von ihrem Urheber ab, nicht viel zu tun. Entsprechend handelt es sich hier mehr um schmückendes Beiwerk bzw. Selbstverwirklichung des Songwriters denn um ein tatsächliche NIGHTWISH-Veröffentlichung, Name hin oder her.

FAZIT: NIGHTWISH haben ein ums andere Mal bewiesen, dass sie nicht umsonst seit Jahren auf dem Symphonic Metal-Thron sitzen und „Human. :II: Nature.“ ist zweifellos ein ambitioniertes Projekt, doch es erinnert in seiner praktischen Umsetzung ein wenig an die Geschichte von Ikarus: auch der strebte nach Großem und das zunächst mit Erfolg, bevor er, durch diesen Erfolg übermütig geworden, zu viel verlangte, das Schicksal herausforderte und scheiterte. Man kann „Human. :II: Nature“ als ein Projekt ansehen, dass sich über Grenzen hinwegsetzt, Songstrukturen auflösen und Hörgewohnheiten erweitern will, um Großes zu schaffen, man kann aber auch einfach sagen: den Songs fehlt der rote Faden, sie sind überfrachtet, wollen zu viel und erreichen zu wenig. Schönheit liegt bekanntlich im Auge bzw. Ohr des Betrachters. Vielleicht war die Band zu satt geworden und wollte neue Wege gehen oder Tuomas Holopainen strebte, inspiriert vom Fokus auf die Natur und ihre Zeiträume, nach etwas Höherem, Allumfassenderem. Doch was in erdgeschichtlichen Zeiträumen funktioniert, lässt sich selbst von begnadeten Musikern nicht zwangsläufig auf die Musik übertragen und in wenige Minuten bannen, und zumindest innerhalb der durchschnittlichen Hörgewohnheiten funktioniert „Human. :II: Nature.“ über weite Strecken --leider!—nicht.

Human. :II: Nature.


Cover - Human. :II: Nature. Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9+8
Länge: 81:0 ()
Label:
Vertrieb:
Review:

Alps On Fire

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Jetzt wird’s rustikal. Schlanke 35 Jahre nach dem ersten und einzigen Album „Metallic Alps“ sind WALLOP aus Offenbach mit „Alps On Fire“ wieder da. Was die Combo mit dem Gebirge am Hut hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Vielleicht ist es die Sehnsucht, denn der Bieberer Berg lädt selten zum rasanten Skifahren ein. A propos „rasant“: WALLOP spielen absolut ursprünglichen Heavy Metal deutscher Prägung und lassen den Fuß dabei recht konsequent auf dem Gaspedal. Das reißt mit und gestaltet die ganze Veranstaltung als kurzweiliges Vergnügen. Auch die direkte und rohe Produktion passt sehr gut zum Material der Hessen.

Wer sich einen Ast über Comebacks von GRAVESTONE oder STRANGER freut, der darf auch bei WALLOP frohlocken. Abzüge gibt es allerdings in der B-Note, denn „Alps On Fire“ klingt nicht nur alt, es ist es zum größten Teil auch. Die meisten Songs waren auch schon auf dem Debüt von 1985 bzw. den dazugehörigen Demos zu hören. Einzig „Fun For The Nun“, „Wall Of Sound“ und das RAVEN-Cover „Crash, Bang, Wallop” (mit John Gallagher am Gesang) sind bis dato ungehört, passen aber perfekt zum restlichen Material. Und wenn man nun doch noch die Ex-Band von Drummer Stefan Arnold ins Spiel bringen mag: So straight und ballastbefreit wie WALLOP klangen GRAVE DIGGER höchsten auf dem Debüt „Heavy Metal Breakdown“.

„Alps On Fire“ ist 50 Minuten Heavy Metal pur, der seine volle Durchschlagskraft sicherlich live entfalten wird, aber auch beim Autofahren für das eine oder andere Ticket wegen zu viel Bleifuß sorgen wird. Welcome back! 

 

Alps On Fire


Cover - Alps On Fire Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 13
Länge: 50:15 ()
Label:
Vertrieb:
Review:

Age of Steel

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CLOVEN HOOF, ein Name, dessen Klang immer noch nachwirkt, auch wenn dieser vermeintliche Status aus einer Zeit herrührt (Debüt 1984), die lange vergangen ist und nur eine kurze Episode bildete. Doch nicht zuletzt dem KEEP IT TRUE sei Dank erfahren die alten Recken immer mal wieder neue Wertschätzung und werden erweckt wie alte Geister, um erneut in den Wohnstuben und Konzerthallen ihr Unwesen zu treiben. So geschehen mit den einstigen Helden der NWoBHM CLOVEN HOOF.

Heuer kommt mit "Age Of Steel" Album Numero 7 in die Läden, und einziges Originalmitglied, jedoch auch prägender Songwriter, ist Lee Payne am Bass. Mit NWoBHM haben die fünf Briten nicht mehr allzu viel am Hut. Metal pur mit leichter Tendenz zum Thrash ist mein Eindruck, zumindest bei dem mit Doppelbass angetriebenen forschen Opener "Bathory". Wer bei der Gesangslinie des hymnischen Nachfolgers "Alderley Edge" nicht an Bruce Dickinson, sprich IRON MAIDEN denkt, hat sich beim Internetsurfen auf unsere Seite verirrt. Stark ist die Detailarbeit der Album-Performance, atmosphärische Zwischenspiele bereichern die Songs, ob Chöre, düster eingebaute Spoken Word-Passagen oder eine begleitende weibliche Gesangstimme. Die dynamische Gitarrenarbeit, zwischen treibendem Groove und leidenschaftlicher Melodie, des Duos Chris Cross und Ash Baker ist überragend und zum Zunge schnalzen. Sänger George Call intoniert kraftvoll und leicht angepisst; gleichwohl mengt er im richtigen Moment belebende Melodien in den brodelnd heißen Sud und führt selbstbewusst durch die 10 Nummern umfassende Vorstellung. "Age of Steel" ist Heavy Metal, klassisch, true, aber mit einer zeitgemäßen und hingebungsvollen Produktion ausgestattet. Die Songs besitzen allesamt eine Güte, die sich mit den Größen des Genres messen lassen kann, mehr noch, hier sogar teilweise Maßstäbe ("Victim Of The Furies") setzt. Ein Album, das 2020 zur Pflichtlektüre eines jeden Metal Fans gehören sollte: großartig, brilliant, einfach wunderbar!

 

 

Age of Steel


Cover - Age of Steel Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 10
Länge: 51:15 ()
Label:
Vertrieb:
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Infidel

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Die 2014er Single „Natural Born Killers“ der schwedischen Truppe hat mich seinerzeit nicht unbedingt vom Hocker gehauen, aber seitdem ist bei dem Quintett ja auch Einiges passiert. Nach „Firestorm“ (ebenfalls 2014) und „Desecrator“ (2015) erscheint dieser Tage mit „Infidel“ das Drittwerk, das man als sehr gelungen bezeichnen darf, vorausgesetzt, man steht auf diese Art von „jungem“, schwedischem traditionellen Metal der Marke AIR RAID, STEELWING, SCREAMER oder ENFORCER. Zwar erfinden auch AMBUSH das Genre nicht gerade neu und kennen ihre Plattensammlung von JUDAS PRIEST über IRON MAIDEN und RIOT bis hin zu alten HELLOWEEN in- und auswendig, aber wenn dabei erfrischende, immer melodische (und von Oscar Jacobsson hervorragend gesungene), hauptsächlich flotte, gerne mal stampfende und mit gelegentlichen Gang-Shouts garnierte Nummern wie der Opener und Titelsong, „Leave Them To Die“, „Hellbiter“, „The Demon Within“ (mein persönliches Highlight), „Iron Helm Of War“ oder „Heart Of Stone“ herauskommen, verzeiht man den Jungs auch gerne mal einen gewissen Glamrock-Faktor, für den dieser kleine lokale Zweig der Szene aber auch nicht gerade unbekannt ist. „Infidel“ ist ein durchgehend sehr starkes Album, dem am Ende nur die eine oder andere große Überhymne fehlt um richtig zu zünden – und einen „Tipp“ zu bekommen.

 

Infidel


Cover - Infidel Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 10
Länge: 42:59 ()
Label:
Vertrieb:

Seiten

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