Vielleicht muss man so krank gewesen sein, um so entspannt und gelöst zu klingen wie WALTER TROUT. Ohne Zweifel hat sein gesundheitliches Comeback den 69jährigen auch karrieretechnisch aufgeladen und beflügelt. Der ganz alltägliche Wahnsinn geht weiter, aber der Fokus ist ein anderer, ein milderer. "Ordinary Madness", so heißt des Amerikaners neues Werk. Und der Titelsong erzählt von Ängsten und Zweifeln, in musikalischer Abgeklärtheit und dem Wissen eines alten Mannes. Ein Bluessong, der entschleunigend, relaxed und doch inhaltsschwer und melancholisch ist. Kontrastreicher sowohl vom Titel als auch vom Sound könnte die folgende Nummer "Wanna Dance" kaum sein: fröhlich, beschwingt und fast trotzig gegen alle Wolken und dunkle Gedanken antanzend. Ein Song, der wie Brandbeschleuniger auf einen Funken guter Laune wirken kann - großartig! "All Out Of Tears" ist eine epische Trauerballade, welche die Spannweite von GARY MOOREs "Still Got the Blues" in sich trägt und durchaus auch dessen "Flughöhe" erreicht. Das athletische "Final Curtain Call" könnte auch von LENNY KRAVITZ sein, und "The Sun is going Down" ist ein psychedelischer Sonnenuntergang, den man am besten in einer liegenden Hörposition genießen kann.
WALTER TROUT legt mit "Ordinary Madness" ein Album vor, das die Messlatte für alle Blues-Alben in diesem Jahr definiert: abwechslungsreich, inspiriert, auf der einen Seite melancholisch, empfindsam und auf der anderen hoffnungsvoll, markig und beschwingt.
LION, PRIDE OF LIONS, THREE LIONS, WHITE LION, LIONVILLE - alles mehr oder weniger Hard Rock-Bands mit der Großkatze im Bandnamen. Und tatsächlich gibt es gar eine exakt gleichnamige Hardcore-Band aus den USA, wobei LIONHEART (UK) bereits 1984 ihr Debüt veröffentlichten und keinen geringeren als den ex-Maiden Gitarristen Dennis Stratton in ihren Reihen hatten bzw. haben.
Heuer kredenzt uns dieses Löwenherz ihr viertes Album, das zweite nach ihrem Comeback ("Second Nature", 2017). Das Quintett ist großartig besetzt; neben dem bereits erwähnten Dennis Stratton sind die Gründungsmitglieder Steve Mann (Keyboarder, Gitarrist, ex-Liar, MSG), der auch produzierte, Bassist Rocky Newton (ex-Wildfire, ex-McAuley Schenker Group) sowie seit 2017 Drumer Clive Edwards (ex-UFO) und Sänger Lee Small (ex-SHY, PHENOMENA) mit an Bord.
LIONHEART ist, wie seine Besetzung vermuten lässt, dem Hard Rock zugetan, wobei es hier eine besonders geschmeidige Form davon ist. "Thine Is The Kingdom" klingt nach PHENOMENA oder nach bombastischen TEN. Die Stimme von Lee Small ist kraftvoll, sehr melodiös und erinnert zuweilen an GLENN HUGHES, allerdings ohne dessen Schrei- Attacken. AOR der feinen, mit Chören unterlegten Art begleitet weiter durch das Programm. Das Songwriting ist klasse, die Songs sprühen positive Vibes aus und die einfühlsam anmutende Ausgewogenheit von Keyboard und Gitarren ist stimmig. Dass hier ein ehemaliger Heavy Metal-Gitarrist am Werk ist, vermutet niemand. Das melancholische, getragene "Behind The Wall" hat mit seiner ganzen Dramatik nahezu Musical-Charakter, während das rockige "Widows" tief in den 80ern steckt und einfach Spaß macht.
LIONHEART überraschen mit diesem gehaltvollen Werk und motivieren mich, mir bei Gelegenheit den Backkatalog zu Gemüte zu führen. "The Reality Of Miracles" ist ein erfrischendes, zwischen gefühlvollem Pathos und vergnüglicher Lebensfreude schwingendes Hard Rock-Album, das sich mit den oben aufgeführten "Namensverwandten" und deren besten Werken messen lassen kann.
Was für eine geile Platte!
Hier trifft Härte auf Melodie, in gewohnt gekonnter Weise. Abwechslungsreiches Songwriting und eine Top-Produktion.
Mat Sinner bringt die Essenz des 13. Albums mal eben auf den Punkt:
„Das Harte ist härter, das Epische epischer, das Schnelle schneller, das Düstere düsterer.“
Schon mit dem Opener "I Am Alive" zeigen PRIMAL FEAR, dass sie noch richtig Bock haben. Fetteste Gitarren und ein Monsterrefrain!
Etwas grooviger geht es mit "Along Came The Devil" weiter. Erinnert in positiver Art an JUDAS PRIEST und Mr. Scheepers zeigt hier, wie facettenreich und in was für einer Range er performen kann.
"Halo" ist stilistisch im Bereich HELLOWEEN angesiedelt. Geschwindigkeit gepaart mit Melodie und einem epischen Chorus.
Etwas ruhiger wird es mit "Hear Me Calling". Keine richtige Ballade, aber schöner Refrain und deutlich zurückgenommene Strophe.
Energiegeladen und aggressiver geht es mit "The Lost And Forgotten" weiter. Dazu will man sich definitiv bewegen, und ich freue mich schon darauf, den Song live zu hören.
"My Name Is Fear" ist vielleicht der härteste Song der Scheibe, in dem Michael Ehré schon sehr ordentlich auf sein Schlagzeug eindrischt.
Die obligatorische Ballade ist "I Will Be Gone".
Mein Lienlingstrack ist "Afterlife". Schön akzentuierte Gitarren, super Drums und für mich auch vom Arrangement her am Stärksten.
"Infinity" ist der letzte und wohl melancholischste Song des Albums, gefällt mir aber auch extrem gut und bildet einen tollen elfminütigen Abschluss dieses MEGA-ALBUMS!!!
Nicht umsonst ist es in Deutschland auf Platz 7 eingestiegen.
Ich habe es mir gleich mal in im Dunkeln leuchtenden Vinyl gegönnt.
Zuschlagen! Damit könnt Ihr nichts falsch machen.
Und mal wieder eine dieser Deathcore-Bands, sollte man meinen. Teilweise richtig, aber auch teilweise falsch. Die Australier bedienen sich zwar aller geläufigen Stilelementen dieser Musikrichtung, und doch ist hier etwas anders. Erst musste sich die Band scheinbar sammeln, da bei vier Alben und drei unterschiedlichen Sängern die interne Mischung wohl nicht gestimmt hat. Mit dem neuen Sänger Tyler Miller haben AVERSIONS CROWN in jedem Fall einen guten Fang gemacht. Die Vocals kommen gut gebrüllt durch die Boxen, verlieren aber nie den roten Faden und bleiben zum großen Teil verständlich. Die Texte beinhalten sowohl Science Fiction als auch gesellschaftskritische Themen.
Und jetzt kommt der große Unterschied zu Bands wie A JOB FOR A COWBOY und Konsorten. Die Band bewegt sich musikalisch auf einem unheimlich hohen Niveau. Was die Gitarristen Chris Cougan und Mick Jeffery hier runterspielen, das ist teilweise nicht von dieser Welt. Hier lohnt sich ein intensives Hinhören in jedem Fall. Feinste Leads treffen auf gigantische Riffsalven, welche immer für ein paar Töne mehr gut sind. Ich frage mich tatsächlich, wie die das live hinbekommen wollen. Klar, für ein paar primitive Breakdowns ist man sich auch an der Gitarrenfront nicht zu schade, aber sofort wird wieder in hochkomplizierte Riffvarianten umgestiegen, die teilweise echt nicht von dieser Welt sind. Apropops. Was ist eigentlich mit Drummer Jayden Mason los? Der Begriff Double-Bass muss hier neu definiert werden. Die Geschwindigkeit, welche diese in den einzelnen Songs erreicht, kann eigentlich kein Musiker erreichen. Zu stoppen ist Mason bei seinen Blasts eh nicht. Selbst wenn die Gitarristen ein langsameres Riff wagen, tobt der Drummer munter weiter und lässt die Kessel krachen. Ich hoffe, hier wurde im Studio nicht zu viel getrickst, aber wenn der Mann das wirklich so auch auf der Bühne spielt, dann hat er von mir die allerhöchste Hochachtung.
Wie man sieht, ist auf der musikalischen Seite alles im grünen Bereich. Bei den Kompositionen steht natürlich der Deathcore im Vordergrund, aber man wird des Öfteren überrascht. Hier und da kann man eine kleine Liebschaft zu den Deathern von NILE entdecken, die besonders bei Leadgitarren und doomigen Riffs klar zum Vorschein kommt. Kleine Effekte und Keyboard-Spielereien bereichern den Sound ungemein und lockern das wilde Treiben hier und da gekonnt auf. Alles also im grünen Bereich? Fast. Leider ist das Songwriting zu kurz gekommen. Die Songs sind eigentlich nur anhand der angesprochenen NILE-Parts zu unterscheiden. Den Rest der Songs hat man irgendwie überall schon mal gehört. Zu gleichförmig ist das Gebretter und zu durchschaubar die Songkonstruktion. Teilweise scheint es, als hätte man wahllos Riffs aneinandergereiht, ohne an den ganzen Song zu denken. Klar, die Riffs sind alle wirklich gut und technisch über jeden Zweifel erhaben, aber die Zusammensetzung jedes einzelnen Stücks sollte die Hauptaufgabe für das nächste Album sein und nicht wieder eine neue Sängersuche.
Als Fazit würde ich „Hell Will Come For Us All“ technisch die Höchstnote geben und songtechnisch eine noch gute Leistung bescheinigen. Fasst man dies zusammen, erhält der Hörer ein gutklassiges Deathcore-Album, in das auch Death Metal-Fans reinhören dürfen, da die Stilrichtungen teilweise schon verschwimmen.
Ein Live-Album von DESTRUCTION, laut Bandkopf Schmier die „spontanste Idee, die wir je realisiert haben“, macht das Sinn? Jawohl, das macht tatsächlich in der heutigen Zeit mehr als Sinn. Viele Punkte sprechen dafür. Die Corona-Krise (gähn!) wird Liveshows von DESTRUCTION in Zukunft mächtig erschweren, die Aufnahmen vom Party.San-Open Air waren einfach zu gut, um nicht verwendet zu werden, und außerdem liegt das letzte Live-Lebenszeichen von Schmier und seinen Mitstreitern mit „Curse Of The Antichrist“ elf Jahre zurück. Im Übrigen hat sich der Sound von DESTRUCTION mit der Verpflichtung eines zweiten Gitarristen vor zwei Jahren maßgeblich auf den Druck der Band ausgewirkt. Gitarrensoli schwirren jetzt nicht mehr einsam in der Luft umher, sondern werden druckvoll untermauert. Für Soundlücken ist bei DESTRUCTION in der jetzigen Konstellation einfach kein Platz mehr.
Obwohl „Born To Thrash“ eine spontane Bestandsaufnahme ist, zeigt sich der Sound immens druckvoll und satt. Wenn man aber einige von Schmiers Aussagen für bare Münze nimmt, ist er kein großer Freund von Studionachbearbeitung, und somit gehen wir davon aus, dass die Band einfach einen verdammt guten Tag hatte, und die Finger und die Stimmbänder immer an der richtigen Stelle ihren Job erledigten. Zusammengefasst sind also am Sound und Zusammenspiel nichts zu meckern, und da auch das Publikum und Schmier sich gegenseitig die Bälle zuspielen, kommt ein ehrliches und überzeugendes Live-Feeling auf, welches nach Bier, Kutten und Schweiß riecht. So muss das sein!
Kommen wir zu der Besonderheit von „Born To Thrash“. Die digitale Variante des Albums wird über zwei Monate vor der Digipak- und Vinyl-Version veröffentlicht. Kommt selten vor, aber macht hier auch Sinn, da DESTRUCTION sich für die physischen Veröffentlichungen (Stichtag: 17. Juli 2020) etwas Besonderes ausgedacht haben. Zu Vinyl und CD wird eine herausnehmbare Weltkarte mitgeliefert, auf der Fans ihr erstes DESTRUCTION-Konzert markieren konnten. Eine feine und interessante Aktion, und ich bin tatsächlich auf das Endresultat gespannt. Dies macht die Wartezeit erträglich und spannend zugleich und gibt den Presswerken noch ein wenig Zeit zum Druck der Scheiben.
Über die Songauswahl müssen wir nicht viel reden. Hier reiht sich Klassiker an Klassiker. Ob „Mad Butcher“, „Thrash Till Death“, „Total Desaster“… Hier bleibt kein Auge trocken und kein Nacken geschont. Leider befinden sich unter den zehn Songs nur zwei Stücke aus dem Album „Born To Perish“, welches auf dem Party.San eigentlich vorgestellt werden sollte. Ok, wenn man zu viele Klassiker in der Hinterhand hat und diese vom Publikum auch gefordert werden, dann muss eine Band eben Kompromisse eingehen. Dafür kommt der Titeltrack der vorzustellenden Scheibe „Born To Perish“ gleich doppelt brutal rüber, und man merkt, dass jeder der Musiker stolz den neuen Song der Masse vor den Latz haut.
Insgesamt wird dem Fan in den fast 54 Minuten alles geboten, was man von einem DESTRUCTION-Konzert erwarten kann. Geniales Zusammenspiel, feinster Sound und ein gut aufgelegtes Publikum. Wegen mir hätte die Live-Dröhnung noch wesentlich länger dauern können, aber an der Spielzeit der Party.San-Macher können wir jetzt auch nichts mehr drehen.
Wer es nicht mehr abwarten kann, besorgt sich den Download oder wartet eben auf die kommenden Veröffentlichungen. Für jeden Thrash-Fan ein ziemliches „Must-Have“ und für DESTRUCTION-Neulinge eine Scheibe, die den Einstieg in die Welt des Butchers einfach und kompromisslos gestalten wird. Eine feine und runde Sache.
Adrian Vandenberg war Anfang der 80er mit seiner nach ihm benannten Band aktiv, aber so richtig in den Fokus der Öffentlichkeit kam der niederländische Gitarrist durch seine Liaison mit David Coverdales WHITESNAKE. Auch wenn er dort insgesamt 10 Jahre beschäftigt war, hören wir sein Spiel, abgesehen von zwei/drei Livescheiben, nur auf einem Studioalbum ("Restless Heart"). Zumindest seine Klasse als Songwriter (+ "Slip of the Tongue") durfte er bei zwei Alben unter Beweis stellen. Heuer kredenzt uns der blonde Hüne die Reinkarnation seiner VANDENBERG-Band, und die interessanteste Personalie bei dieser Neuaktivierung ist Sänger Ronnie Romero, der chilenische Tausendsassa, der längst zum Sanges-Söldner mutiert ist (RAINBOW, CORELEONI, MICHAEL SCHENKER FEST, THE FERRYMEN u.a.) und so sein Talent zwar finanziell vergoldet, sich dadurch aber künstlerisch eher beliebig macht. Hier ist aber Besserung in Sicht, ist er doch zu seiner Stammformation LORDS OF BLACK zurückgekehrt und hat sein Engagement bei CORELEONI beendet, wenn auch, so wurde es zumindest kommuniziert, nicht ganz freiwillig.
Kommen wir zum Album dieser vielversprechenden Zusammenarbeit. VANDENBERGs "2020" verortet sich im Classic Rock und orientiert sich wenig überraschend an Bands wie WHITESNAKE und RAINBOW. Es ist spürbar, dass hier viel Inspiration, Leidenschaft und Motivation in dem Longplayer stecken. Adrian Vandenberg will , so könnte man meinen, jedem nochmal zeigen, was er im Stande ist abzuliefern, wurde er doch zumindest bei WHITESNAKE seiner großen Chance durch Verletzung oder eben den Zeitgeist ausgebremst. Der dynamische Opener "Shadows Of The Night" erinnert dann auch an DEEP PURPLEs "Burn" und das darauffolgende, groovende "Freight Train" an WHITESNAKE. "Let it Rain" kredenzt uns eine Melodie, die mehr eigenes Profil zeigt und sich mit seiner zarten Melancholie durchaus zum Hit mausern könnte. Großartige Nummer! Das persönlich anmutende "Shitstorm" vermittelt Kämpfergeist und punktet einmal mehr mit einer kraftvollen und mitreißenden Performance von Ronnie Romero. Gegen Ende liefert uns das Quartett eine Neueinspielung des kleinen VANDENBERG-Hits "Burning Heart 2020", eine atmosphärische Nummer, die zwischen GREAT WHITE und RAINBOW zu Turners Zeiten plaziert werden kann.
"2020" ist ein Hard Rock-Album ohne songwriterische und handwerkliche Makel. Es geht in seiner Ausrichtung auf Nummer sicher und wagt keinerlei Experimente oder bietet gar Innovationen an. Aber wer hätte die schon erwartet bei zwei so geprägten Protagonisten? Wer auf Classic Rock der alten Schule steht, der kommt 2020 an diesem Werk nicht vorbei.
“Ich glaube, das menschliche Bewusstsein ist ein tragischer Fehltritt der Evolution, wir sind uns unserer selbst zu sehr bewusst geworden.” – mit einer von mehreren Spoken-Word-Passagen aus der großartigen ersten Staffel der amerikansichen Krimiserie “True Detective” schließen die Nürnberger ihr viertes und neuestes Werk “Venenare”, das bis zu diesem Zeitpunkt ein schwer zu greifendes, forderndes Feuerwerk abgebrannt hat. Stilistisch eindeutig der dritten Black-Metal-Generation zuzuordnen, bedienen sie sich zwar nicht direkt heraushörbar, doch in Atmosphäre und Songwriting indirekt stets präsent, bei Vätern im Geiste wie NAGELFAR, LUNAR AURORA oder PAYSAGE D´HIVER und sind damit in guter Gesellschaft zwischen anderen wegweisenden Bands aus heimischen Gefilden wie ASCENSION, DYSANGELIUM oder CHAOS INVOCATION. Einzelne Songs hervorzuheben, macht hier wenig Sinn, da “Venenare” seine Tiefe und seinen Sog bevorzugt am Stück genossen entfaltet, gipfelnd im monumentalen, über zehnminütigen “Darvaza Breeds”. Falls es doch eines “Hits” als Anspieltipp bedarf, so kommt diesem das mit bombastischen Chören gespickte “Stellar Sparks” noch am Nächsten. KRATER setzen auch im siebzehnten Jahr ihres Bestehens auf großes Schwarzmetall-Theater mit ausladenden Melodien und nur, wenn überhaupt, sehr wenigen Genre-Klischees. Oder anders gesagt: wer ranzige Demo-Schrammeleien aus der ewigen DARKTHRONE-Möchtegern-Klamottenkiste sucht, wird hier nicht glücklich – Black-Metaller, denen Inhalt wichtiger ist als Fassade, hingegen definitiv. “Venenare” erfordert Einarbeitung… die aber nach einigen Hördurchläufen zu nur einem Ergebnis führt: herausragendes Werk!
Für mich gehört der ex-Maiden-Sänger PAUL DI'ANNO zu den Protagonisten, die mir den Metal mit das erste Mal ins Ohr gelegt haben. Sicher auch deswegen, aber nicht nur, ist IRON MAIDEN mit Paul Di'Anno meine klar favorisierte Variante der Eisernen Jungfrauen. Gerne gebe ich zu, dass Bruce Dickinson der technisch bessere Sänger, stabilere Charakter ist und der Erfolg sowie Status von IRON MAIDEN fest mit eben seinem Namen zu verknüpfen ist. Aber Di'Anno hatte den Dreck der Straße, den Zorn, das Aufbegehren und nicht zuletzt die Verletzlichkeit einer neuen Generation in seiner Stimme. "Remember Tomorrow" trägt so viel Fragilität und Empfindsamkeit in sich, die ich Bruce Dickinson einfach nicht abkaufen kann. Tragisch dabei ist, dass eben oft die weicheren und labileren Menschen am Erfolg und dem damit verbundenen Druck scheitern. So ist Bruce Dickinson Multimillionär und Freizeitpilot, und Paul Di'Anno ist gesundheitlich und karrieretechnisch, sagen wir mal angeschlagen.
Das uns vorliegende Livedokument rührt noch aus einer Zeit als Paul Di'Anno sowohl körperlich als auch stimmlich fit und bei Laune war. Der bei "Hell Over Waltrop - Live in Germany" eingetütete Gig war lange nicht vorzeigbar und wird jetzt neu bearbeitet und "ansehnlich" unters Volk gebracht. Aufgezeichnet wurde er im Sommmer 2006 auf einem eher regional geprägten Stadtfest. Paul Di'Anno und seine deutsche Begleitband "PHANTOMS OF THE OPERA" mischten das bunt besetzte Billing auf und waren das Highlight des damaligen "Festivals". Der Sound der CD klingt direkt, unbearbeitet, ist ohne Overdubs und hat wie schon das Artwork andeutet einen Bootleg-Charakter. Paul Di'Anno sowie seine spielfreudige und sauber musizierende Band servieren dem lebhaft aufgelegten und hörbar mitgehenden Publikum sowohl Klassiker aus der IRON MAIDEN-Frühphase als auch aus der Solokarriere von Di'Anno. Die Dynamik, Energie und unverfälschte Wucht der Performance sind mitreißend, und es ist eine große Freude, den "gefallenen Helden" des Metals so energisch und ausgelassen zu hören.
Ich drücke die Daumen, dass Paul seine gesundheitlichen Probleme in den Griff bekommt, wir bald wieder von ihm hören und er zeitig zurück auf die Bühne findet.
Da ist einmal Christian Carlsson, Gitarrist und Leadsänger, u.a. bekannt von den Wüstensöhnen THE QUILL, und 50% Namensgeber Bassist Jerry Prütz (ex-W.E.T.), um die sich die Band CIRKUS PRÜTZ vormiert hat. "White Jazz - Black Magic" ist der zweite Longplayer der Schweden und wird, so ist meine gewagte These, nicht viel an ihrem Status ändern. Die Musik, die uns das Quartett, hier in 10 tief im Sumpf des Mississippie steckenden Songs, kredenzt, ist auf keinen Fall schlecht, nur allzu bekannt und teilweise viel zu nahe am Original ZZ TOP. Richtig ist aber auch, wer auf Südstaaten-Rock, kernigen Blues und dem bärtigen Trio aus Texas steht, macht hier eben auch nichts falsch. Das melancholische und zuweilen an GARY MOORE mahnende "Blues For Fallen Brother" sticht durch gefühlvolles Gitarren-Spiel und ein Quäntchen mehr eigenem Profil etwas hervor.
OHRENFEINDT schaffen es wie keine andere Band, den Flair und die Attitude der frühen AC/DC in deutscher Sprache glaubhaft zu verkörpern. Knapp ein Jahr ist der Label-Wechsel der Hamburger Vollgasrocker zu Metalville her. Und das "neue" Label nutzt nun die Gunst der Stunde und bringt drei ältere Scheiben des Trios aus St. Pauli erneut auf den Markt.
"Rock'n'Roll Sexgott", ist das zweite Album und wenn man so will, der Durchbruch für die Band. Der Titelsong wurde damals in rockafinen Radiosendern rauf und runter gespielt - und das vollkommen zu Recht. Keine Nummer davor oder danach hat einen so "feinen" und abgestimmten Text wie dieser Track, und kein Artwork verkörpert das passender als eben dieses.
"Schmutzige Liebe" ist eigentlich das Debüt, wurde aber bereits 2006 (nach "Rock'n'Roll Sexgott") neu aufgelegt und durch Neuaufnahmen der Songs "Es wird Tag auf St. Pauli“, "Fluchtwagenfahrer“ und "Parasit“ aufgewertet. Diese Version gibt es heuer zusätzlich mit 3 Bonus-Tracks (2x unplugged und "Es wird Tag auf St. Pauli“ in einer skurrilen "Fischmarkt-Mischung", alle von 2003).
Letztes Werk in dem Trio ist "Mit Vollgas & Blaulicht", Original erschienen 2007. Das Album wurde von den Original-Bändern neu gemastered. Die CD-Version enthält die zudem lange gesuchte "Fernweh"-EP als Bonus. Alle drei Re-Releases gibt es auch in Vinylversionen.
Rock'n'Roll Sexgott, Schmutzige Liebe, Mit Vollgas... Re-Release