HARPYIE sind mittlerweile auch schon etliche Jährchen im Geschäft, auch wenn es ihnen bisher noch nicht gelungen ist, die ganz große Bühne für sich zu beanspruchen. Damit soll nun Schluss sein. Mit dem neuen Album „Voodoo" hat man den Mittelalteranteil des Bandsounds noch mal ein wenig heruntergeschraubt und präsentiert sich stattdessen eine Prise metallischer und druckvoller, wie schon der Titeltrack und Opener klar macht, bei dem zudem Benji Webbe von SKINDRED mit am Start ist. Auch „Ikonoklast" und „Atreju" („Die Unendliche Geschichte“ lässt grüßen) lassen die Gitarren ordentlich krachen und gehen gut nach vorne, „Exit Game" legt in Punkto Härte nochmal ein Schippchen drauf. Bei „Fischer, Fischer" fühlt man sich ein wenig mehr an die Mittelalterwurzeln erinnert, inhaltlich wird hier die Ausbeutung und Verschmutzung der Meere thematisiert. „Omen" dagegen liefert in Zusammenarbeit mit Kalle Koschinsky eher befremdlich anmutende Partyklänge und kommt recht platt daher – das kann man (mit entsprechender Promillezahl) vermutlich mögen, man kann es aber auch einfach sein lassen. HARPYIE sind deutlich besser, wenn sie rockig nach vorne gehen, ohne dabei auf eventuelle Partytauglichkeit zu schielen
Insgesamt ist der Sound druckvoll und rund, das Ganze klingt energiegeladen und mal rockig, mal metallischer, wobei beim Gesang mitunter noch Luft nach oben zu vermelden ist. Davon abgesehen aber haben HARPYIE mit "Voodoo" ein ordentliches Album abgeliefert, dessen Härtegrad über weite Strecken ungefähr dem der alten SALTATIO MORTIS zu "Wer Wind Sät"-Zeiten entsprechen dürfte, mit gelegentlichen Ausreißern nach oben.
Mit „Friend Of A Phantom“ veröffentlichen VOLA ihr nunmehr viertes Album und sitzen damit weiterhin gekonnt zwischen allen Stühlen. Die Dänen bedienen mit ihrem Sound progressive Metaller ebenso wie Fans von Alternative Rock und Djent. Aber VOLA liefern dabei kein Stückwerk ab – bei den Jungs klingt das Ganze wie aus einem Guss. Natürlich nimmt dabei der Opener „Cannibal“ eine gesonderte Stellung ein. Der mit Sänger Anders Fridén von IN FLAMES aufgenommene Song bietet rohe, emotionale Kost und sticht durchaus heraus (deftige Growls vs. gekonnter Instrumentalisierung). Denn im weiteren Verlauf liegt der Fokus weniger auf härte, eher auf eindringliche Songs mit variablen Strukturen. „Glass Mannequin“ kommt als ruhige Pianoballade, die etwas unauffällige Metal-Single „Paper Wolf“ ist ein unterschwelliger Ohrwurm, „Break My Lying Tongue“ zeigt am deutlichsten die elektronische Seite der Band und hat was von Techno. Und auch wenn gegen Ende „Hollow Kid“ nochmals Härte und Kälte des Anfangssongs aufnimmt; VOLA fühlen sich mit cleanen Vocals und melancholischer Grundausrichtung mittlerweile fast am wohlsten. Und so liefern VOLA auch 2024 ein abwechslungsreiches Album ab, auf das man sich als Owner eines offenen Musikgeschmackes einlassen darf.
Die gute Beth bleibt sich treu. Hatte sie schon 2019 bei „War In My Mind“ den Fuß vom Gaspedal genommen, so kommt nun beim neuen Album „You Still Got Me“ noch ein Stück Pop-Appeal zur bereits gediegenen Grundausrichtung dazu. Was bei vielen anderen Künstlern zu einem Aufschrei führen würde, kann man aber BETH HART kaum übelnehmen. Denn rausgekommen ist, auch dank ihrer gewaltigen und intensiven Stimme, ein tolles Blues-Rock-Pop-Album das unter die Haut geht und neben dem Mainstream auch eingefleischte Fans bedienen dürfte.
Den Anfang machen mit „Savior With A Razor“ und „Suga N My Bowl“ zwei Co-Produktionen. Wobei BETH HART beim Opener zusammen mit SLASH gut nach vorne rockt – und der Gitarrist dabei gekonnt der Stimme den Vorzug lässt. Danach darf Labelkollege ERIC GALES ran – bei der Mixtur aus Funk und Blues gibt hier aber dann die Gitarre die Richtung vor. Beides Highlights der „lauteren Art“. Die andere Seite BETH HART‘s welche hier groß aufspielt ist jene der ruhigen Töne. „Drunk On Valentine” als Blues meets Jazz, „Little Heartbreak Girl” und „You Still Got Me” als Balladen mit schönen Pianoparts, sowie das eindringliche und düster-traurige „Don't Call The Police” kommen mit emotionaler Tiefe. Letzterer Song ist inspiriert von der weltweit empört zur Kenntnis genommenen Ermordung des Afroamerikaners George Floyd durch einen Polizisten im Mai 2020. Hier darf man sich unter dem Kopfhörer tief fallen lassen. Um das Portfolie zu vervollständigen hat sie dann mit „Wanna Be Big Bad Johnny Cash“ noch einen Country-Rocker am Start, welcher einfach nur Spaß macht. Das alles hat klasse, und so gilt was Anfangs gesagt: „You Still Got Me“ ist ein tolles Album.
Als 2003 „Of The Son And Father” erschien war nicht nur die Fachwelt ob des latent an Großmeister DIO erinnernden Songmaterials begeistert und 20 Jahre und 9 weitere Alben ist klar, dass ASTRAL DOORS keine Eintagsfliege sind. Album Nummer 10 hält das gewohnte Niveau spielend. Egal ob flott, wie im krachenden Opener „Temple Of Lies“ oder stampfen und an beste ZED YAGO Zeiten gemahnend wie im Folgenden „Iron Dome“. Das ist einfach zeitlos gut gemachter Heavy Metal. Die majestätischen Vocals von Nils Patrick Johansson setzen dem ganzen natürlich die Krone auf aber auch die wilden und dennoch melodischen Soli der Gitarristen Gesar und Nordlund lassen aufhorchen.
Man hat seit dem Debüt zwar nicht die grundlegende Marschrichtung geändert, sich aber dennoch von einem zu offensichtlichen DIO-Tribut hin zu einem Act mit einem eigenen Profil entwickelt. ASTRAL DOORS klingen mittlerweile eben wie ASTRAL DOORS und das allein ist schon ein Qualitätsmerkmal. Dazu kommt eine wuchtige, aber aufgeräumte Produktion, welche jeden Protagonisten gut in Szene setzt. Ein bisschen unkt das Info damit, dass es die letzte Scheibe sein könnte, was ziemlich schade wäre, denn ASTRAL DOORS würden definitiv eine Lücke hinterlassen. Allerdings schenke ich diesem gestreuten Gerücht keinen rechten Glauben und ich bin mir sicher, dass „Then End Of It All“ eben genau das nicht ist.
Nicht mal ein Jahr ist es her, seit ich DOG EAT DOG's letztes Album "FREE RADICALS" ge-reviewed habe, nun steht schon die nächste Veröffentlichung an. Aber: es handelt sich hierbei um den Re-Release des 2006er-Longplayers "WALK WITH ME". Laut Presseinfo gab es damals "interne Probleme bei Nuclear Blast und unerwartete rechtliche Komplikationen, die dazu führten, dass das Album nach kurzer Zeit wieder vom Markt genommen werden musste." Jetzt ist es wieder als Digipack und erstmals auch digital verfügbar.
Da ich persönlich DOG EAT DOG aufgrund anderweitiger Musikgeschmack-Entwicklung mehrere Jahrzehnte (ich fühl mich jetzt irgendwie alt) nicht gehört habe, ist mir dieses Album unbekannt und ich kann keine Vergleiche zum ursprünglichen Release machen, oder alles, was sonst noch veröffentlicht wurde. Ich gehe allerdings davon aus, das hier nix remastert wurde o. ä. Musikalisch gibt's eine bunte aber passende Mischung aus Crossover, Skate Punk, Hardcore Punk und auch wieder einen Reggae-lastigen Song. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich mich innerhalb kurzer Zeit an "FREE RADICALS" etwas satt gehört habe und ich würde inzwischen evtl. sogar meine letztjährige Bewertung um einen halben Punkt nach unten korrigieren. "WALK WITH ME" allerdings finde ich eine runde Sache und es hört sich nicht so "gezwungen cool" an. Außerdem sind zwei schöne Features dabei und zwar MARTHA JANDOVA von DIE HAPPY bei "UNDIVIDED" und DR. RING DING bei "ESB". Textlich geht es hauptsächlich um Party und mal abzuschalten, Frauen (hierzu gleich mehr) und etwas ernster gegen Kapitalismus.
Der Opener "SHOWTIME" lässt das Feier- und Mitsing-Herz gleich höher schlagen und es gibt einen Bläser-Satz serviert. Das gibt Songs das gewisse Etwas, finde ich aber etwas schwierig, wenn bei den Konzerten dann darauf verzichtet wird. Das gute alte Saxophon, das ein Markenzeichen von DOG EAT DOG ist, hört man erst beim Titeltrack "WALK WITH ME" (dafür dann 100% Nostalgie-Faktor bei dieser geilen Nummer). Dazwischen ein weiterer Party-Song mit "HELL YEAH!" und das etwas langsamere "UNDIVIDED", das aufgrund des zweistimmigen Frauengesangs im Refrain definitiv für Abwechslung sorgt und positiv heraus sticht. Danach kommt dann "M.I.L.F.", das, nun ja, 18 Jahre später textlich ein mittelgroßer Fail ist. Finde ich nicht sonderlich witzig oder clever und ich frage mich, ob die Band im fortgeschrittenen Alter soetwas nochmal schreiben und veröffentlichen würde. Bei einem Re-Release sich selbst zu zensieren ist aber auch blöd und deswegen passt das schon, dass das Lied mit drauf ist - vielleicht als Beleg für eine "etwas andere Zeit".
"SUMMERTIME" ist ein Song, der mich irgendwie an die Zeit des ersten "AMERICAN PIE"-Films erinnert. Textlich seicht mit einer großen Brise Pop-Punk und wieder mit Bläser-Satz, weiße Anfang-20er grillen im Sommer... Aber nicht zu sehr entspannen, denn mit "Cannonball" gibt's danach eine feine Hardcore-Punk- Nummer auf die Ohren. Zum Abschluss wird noch die Steel-Guitar ausgepackt, mit zusätzlichem tiefen Gesang (ich konnte leider nicht nachlesen, wer hier noch so cool singt) zu den Raps eine tolle Mischung. Apropos, anscheinend hat sich in den Chorgesängen noch DAVE GAPPA, der inzwischen ausgeschiedene Rapper von H-BLOCKX, versteckt.
Um es kurz zu machen: der Re-Release macht einfach Spaß, wenn man es einer Band verzeiht, sich nicht groß weiterzuentwickeln und zu viel Neues auszuprobieren (ein Amazon-User hat deswegen nur zwei Sterne vergeben). Meiner Meinung nach ist mit "WALK WITH ME" einfach eine gut gelaunte, klassische Crossover-Platte rausgekommen, die sich keinesfalls alt oder überholt anhört. Ich vergebe 4,5 von 5 Dickies-Hosen.
Es ist beileibe nichts Außergewöhnliches, wenn eine Band so nah an ihren Vorbildern agiert, daß man sie beinahe verwechseln könnte. Zu den erfolgreichsten zählen sicherlich AIRBOURNE und GRETA VAN FLEET.
PATRIARCHS IN BLACK ist eben solch eine Combo, die BLACK SABBATH huldigt. PIB war eigentlich ein Projekt, das zwei Musiker 2021 ins Leben gerufen hatten, nämlich Gitarrist und Songschreiber Dan Lorenzo (HADES-Gründungsmitglied, VESSEL OF LIGHT, CASSIUS KING) und Johnny Kelly, der unter anderem schon bei DANZIG und TYPE 0 NEGATIVE hinterm Schlagzeug saß. Für Bass und Gesang konnte man den ein oder anderen namhaften Gast gewinnen.
Mit “Visioning“ erscheint nun der dritte Aufguß dieses Kollektivs. Musikalisch hat sich gleichwohl seit dem Debüt nicht viel getan. Die Songstrukturen sind recht simpel, genauso wie das Gitarrenspiel, das teilweise so eindimensional daher kommt, daß mir der augenzwinkernde Titel eines (fulminanten) STATUS QUO Werkes in den Sinn kommt: “In Search Of The Fourth Cord“. Was unter anderem das Durchhören dieses Werkes erschwert ist die gesanglich Darbietung der einzelnen Nummern. Es wurden, wie bei den vorherigen Outputs, abermals renommierte Shouter eingeladen, wie z.B. Karl Agell (COC), Kyle Thomas (EXHORDER), Mark Sunshine (Unida), die zwar alle in ihren Stammbands prima funktionieren mögen, hier im Gegensatz dazu meist deplaziert wirken.
“What Do They Know?“ hat zunächst einen düsteren Einstig wird aber durch den Gesang von Mark Sunshine eher zu eine recht trockenen Stoner-Rock-Nummer. “Before I Go“ im Anschluß könnte zunächst auf einem SOUNDGARDEN Album zu finden sein, der Gesang von Karl Agell fällt dabei verglichen mit einem Übersänger wie Chris Cornell (R.I.P.) indes deutlich ab. “Whiskey On My Mind“ (Vocals: Frankie Diaz) geht dann plötzlich in eine vollkommen andere Richtung und könnte aus dem Repertoire der Rauschebärte von ZZ TOP stammen. “Welcome To Hell“ und “A Few Good Men“ führen uns mit Kelly Abe am Mikro zurück in die 90er zum Crossover.
Man könnte sagen, hier gibt es von “jedem Dorf einen Hund“, was per se noch nichts schlechtes wäre, aber die ganze CD wirkt auf mich, wie ein heilloses Durcheinander von stilistischen Einflüssen, die im einzelnen unvollständig ausgearbeitet sind und zu nichts Gemeinsames führen. Insgesamt scheint das alles sehr bemüht und erinnert mehr an eine Persiflage ala TENACIOUS D, denn einem ernst gemeinten Album.
Der Sound auf “Visioning“ ist etwas besser als auf den beiden Vorgängern, bei denen mir nur METALLICA's “Sanct Anger“ einfällt, das schlechter war. Dennoch wähnt man sich hier und da im Proberaum oder beim Lauschen einer Demoaufnahme.
Auf der Pressemitteilung stand oben unter Genre: Doom Metal. Bedauerlicherweise gibt’s nicht viel Doom auf dieser Scheibe (herunter gestimmte Gitarren und mehrfaches Wiederholen der gleiche drei Akkorde sind noch lange kein Doom), und wenn dann nur ansatzweise und in homöopathischen Dosen. So gesehen muss man das Vorhaben, auf den Spuren von BLACK SABBATH zu wandeln, als gescheitert ansehen. Hätte man so etwas zu meiner Schulzeit bewerten müssen, hätte es sicher geheißen: „Thema verfehlt – Note 6“.
Eine Review wieder mal mit einem Hinweis auf den Veröffentlichungs-Overkill des guten Joe zu beginnen hat ja fast schon sowas wie Tradition. Denn es ist ja nun wirklich so, das BONAMASSA neben seinen regulären Studioalben die Fans ständig mit Mitschnitten seiner Live-Aktivitäten beglückt. Wahr ist aber auch: die Qualität der Alben ist mindestens genauso gut wie die Anzahl. Dies trifft dann auch auf das neue Werk zu. „Live At The Hollywood Bowl With Orchestra” liefert eine gelungene Mischung aus seltenen Stücken und bekannten BONAMASSA-Tracks; diesmal halt veredelt mit einem 40-Mann-Orchester im Back und in gewohnt exzellenter Ton- und Bildqualität.
Das im August 2023 in der legendären Hollywood Bowl stattgefundene Konzert wurde von dem kanadische Komponisten David Campbell, Trevor Rabin (YES) und Jeff Bova (MEAT LOAF) vorbereitet; Kevin Shirley war mal wieder als Produzent dabei. Mit der Overtüre „When One Door Opens“ geht es orchestral und leicht bombastisch los. Blues und Orchester sollten ja zum Sound von BONAMASSA passen – sind Bläser und ähnliches ja eh‘ gewohnte Stilmittel. Mit dem nachfolgenden, rockenden „Curtain Call“ bewegen wir uns dann in jenem Umfeld, das mir bei BONAMASSA immer noch am besten gefällt. Ähnlich gut kommen bei mir das ruhige, melancholische „The Last Matador Of Bayonne“ und die flotte Übernummer „The Ballad Of John Henry“ an. Ergo: Auch auf „Live At The Hollywood Bowl With Orchestra” dreht sich alles um JOE BONAMASSA und seine genialen, gefühlvollen Soli – und das, obwohl er wie gewohnt ausreichend Raum für seine Begleitband und das Orchester lässt. Das Album ist dabei schon gezielt massentauglich, die Blu-ray würde ich bevorzugen, weil es auch optisch ein Erlebnis ist Joe spielen zu sehen. Wie immer weis hier die Zielgruppe, was sie kriegt, und kann damit beruhigt entscheiden, ob das Package den Erwerb lohnt.
Das nach „IV“ (mit vorangestelltem „BCC“) „V“ folgt ist wenig überraschend. Dass BLACK COUNTRY COMMUNION auf Grund der erfolgreichen Solokarriere ihres Gitarristen Joe Bonamassa satte sieben Jahre für ein weiteres Album brauchen würde ebenso wenig. Dass man aber abermals so stark daherkommt, war so nicht unbedingt abzusehen; ist das Verhältnis zwischen dem Blues-Gitarristen Bonamassa und Sänger Glenn Hughes (bis 2023 noch bei THE DEAD DASIES) ja nicht immer frei von Spannungen gewesen. Andererseits taugen Spannungen ja durchaus dazu den kreativen Output zu fördern. Und so geschehen bei „V“.
Unter den zehn Kompositionen finden sich keinerlei Langweiler oder schwächelnde Stücke. Der Opener „Enlighten“ haut prächtig aus den Speakern und klingt, als hätte der gute Jason im Nachlass seines Vaters (Jason Bonham, LED ZEPPELIN) verwertbares gefunden. Das folgende „Stay Free“ fügt dann den Zutaten des Opener noch Keyboards (wie immer kongenial Derek Sherinian) und Funk-Vibes dazu – und mausert sich so zu einem veritablen Hit. Auf dem Niveau geht’s es dann munter weiter – die emotionale, bluesige Powerballade „Restless“ und das Hard-Rock Stück „Love And Faith“ führe ich hier mal an. Bei diesem Track ist dann auch mal Joe Bonamassa im Duett mit Glenn Hughes zu hören. Letzterer hat sich ja bei THE DEAD DASIES auch ausgeklinkt, um mit BLACK COUNTRY COMMUNION durchzustarten. Das macht er hier gesanglich unverkennbar und mit Bravour.
Was ich bei allem Überschwang aber nicht verhehlen darf: bei mir persönlich war das letzte Werk doch schneller im Ohr. Aber welches Album im Langzeittest die Nase vorn hat ist noch nicht raus.
P.O.D. liefern mit „Veritas“ eine gute, respektable Scheibe ab; die beiden Singles „Drop“ mit LAMB OF GOD Brülleimer Randy Blythe und „Afraid To Die“ mit JINJER Frontröhre Tatiana Shmayluk konnten in der Vorneweg-Veröffentlichung überzeugen. Der Opener „Drop“ bietet dann auch das, was man sich von dem US-NU-Metal-Urgestein erwartet: knallige Riffs, wütender Gesang und ordentlich Groove. „Afraid To Die“ ist der Antagonismus dazu: beschaulicher groovend, dunkel, aber mit einem ins Hinterhirn gehenden Refrain. Neben typischer, wenig bis gar nicht Revolutionären aber soliden P.O.D.-Kost weis vor allem der Schluss des Album ins Ohr zu gehen. Das zwischen Ballade und Rock-Hymne sich einpendelnde „Lies We Tell Ourselves“ hat Hitpotential und das wieder härtere „We Are One (Our Struggle)“ verlangen an sich nach mehr. P.O.D. haben auf „Veritas“ nie den Anspruch neue Horizonte zu erschließen oder gar die moderne zu erobern. Das Feeling bleibt in den Anfangsjahren des NU-Metal hängen, ihr Crossover ist durchaus zahm, aber er liefert immer wieder wohlige Schauer des Erinnerns. Wer das sucht, der liegt hier genau richtig.
Seit 15 Jahren musizieren die DRUNKEN SWALLOWS in Sachen Punk Rock der gefälligen Art – ein paar Schwalben machen also keinen Sommer, aber immerhin beständiges Wetter. Sozusagen. Dass die Nordlichter mit GbR-Sitz in Timmendorf aus Oldenburg/Holstein vor den Toren Fehmarns stammen, verwirrt und lässt eher auf Surfer- oder Lounge-Musik für die Menschen bei Gosch oder Santiano für die Segler schließen. Aber die 13 Titel auf „Im Namen des Wahnsinns“ bewegen sich gekonnt in der Tradition von Hosen, Kärbholz, Feine Sahne Fischfilet und all den anderen Deutsch-Rock-Punks. Die Schleswig-Holsteiner beziehen sich zwar im gelungenen Song „Chaostage“ auf die norddeutsche Punk-Ursuppe, wirken aber irgendwie zu geputzt für Dosenbier, Einkaufswagen-Surfen, Fußgängerzone-Asselalarm, Dead Kennedys und Black Flag sowie die stinkinge Enge im JUZ Korn. Die sehr clean produzierte CD mit dem noch sauberen Gesang von Gitarrist Frank Hoffmann bringt alles, was sie soll und will: eingängige Riffs, klebrige Mitsing-Parts, melodische Songs inklusive Halbballaden, okaye Texte mit Gesellschaftskritik über alle möglichen Missstände, jugendliche Wut und Träume, aber auch über Party-Porno und Sauf-Sansibar. Es gibt nicht viel zu kritisieren an diesem sehr professionellen Album und die Zielgruppe wird förmlich ausrasten vor Glück, wird sich die Klamotten vom Leib reißen und nackig ums Reihenhaus laufen. Nur schockieren wird dieses Album niemanden mehr, dieser „Punk“ ist Mainstream – und das ist auch gut so. Aber es fehlt eben die nötige Portion Dreck. Das ist so wie mit den Kindern von Hubschraubereltern, die ihre Lütten nicht mehr in Sandkiste spielen lassen, weil das zu schmutzig ist. Es fehlt also die Eskalation, obwohl die Band diese in „Küstenjungs“ beschwört.