Sechs lange Jahre hat es gedauert, aber nun zeigt der Meister der elektronischen Gitarren allen selbsternannten Gitarrenhelden, wo der Hammer bzw. die Ibanez hängt. Ich, als Hobby-Gitarrist, hänge meine Gitarre zwar nach dem Konsum von „Inviolate“ nicht an den Nagel, aber das liegt nur an dem Umstand, dass ich mich mit meinen Unzulänglichkeiten abgefunden habe.
Fangen wir einfach mal beim Kracher „Knappsack“ an. Kracher deswegen, da das Stück mit nur einer Hand eingespielt worden ist. STEVE VAI wurde an der Schulter operiert, aber meinte, dass man natürlich auch mit der linken Hand und der Legato-Technik ein brauchbares Stück zusammenzimmern könnte. Tja, Mission erfüllt und bei mir bleibt nur ungläubiges Kopfschütteln.
Songs wie „Zeus In Chains“ und „Apollo In Color“ treiben den Hörer mit fantastischen Gitarrenmelodien an den Rand des Wahnsinns – dies ist auch ein Grund, warum ich STEVE VAI anderen Gitarrenhelden vorziehe. Der Meister kann zwar schnell, aber muss dies noch lange nicht beweisen. Ein langer Ton, der exakt gespielt wird, hat die gleiche Aussagekraft wie tausend Noten und ist in der Spielweise auch extrem anspruchsvoll. „Theeth Of The Hydra“ sorgt für einen Brückenschlag zum Coverartwork. Eine Kreatur aus drei Gitarrenhälsen schmückt das Cover von „Inviolate“ und irgendwie klingt der Song auch nach dem Kampf zwischen der Hydra und dem musikalischen Können von STEVE VAI. Ein wenig beschaulicher wirkt der Song „Little Pretty“, der mir fast eine Ecke zu sehr vom Blues beeinflusst ist, aber das ist natürlich den ZAPPA-Einflüssen zu verdanken, die STEVE VAI niemals verleugnen kann und soll. „Avalancha“ ist ein wenig ungewöhnlich, da der Song ein wenig hektisch durch die Boxen kommt. Natürlich spielerisch wieder oberste Güteklasse, aber Vai kommt irgendwie nicht auf den Punkt und ein roter Faden ist nicht zu entdecken. Natürlich Meilenweit entfernt von einem Totalausfall, aber „Avalancha“ bietet nicht das gleiche Niveau wie die sieben weiteren Songs. Die weiteren Songs sind alle gutklassig und bieten Instrumentalmusik im Bereich Blues bis hin zu klassischen Hardrock-Strukturen. Alles natürlich mit der besonderen Note des Saitenhexers.
Fazit – „Inviolate“ kommt für mich nicht an den Vorgänger „Modern Primitive“ heran und natürlich nicht an „Sex & Religion“, aber mit STEVE VAI ist in jedem Fall noch immer zu rechnen. Mir sind die Songs nicht zielgerichtet genug und manchmal will der Meister ein wenig zu viel. Mir fehlt ein wenig die klare Linie, aber wer bin ich schon, dies beurteilen zu können? STEVE VAI muss niemand etwas beweisen und wenn er die Songs von „Inviolate“ für gut befindet, dann steht mir wirklich nicht der Sinn danach, ihm das streitig zu machen. Es gibt Menschen, deren Schaffen nicht von einem kleinen Schreiberling beurteilt werden sollte. Fragt mich trotzdem jemand: Ja, die Scheibe ist völlig in Ordnung!
"Live, New, Borrowed, Blue" heißt die neue Compilation der schwedischen Rockkapelle THE QUILL. Die Band hat die Pandemie genutzt und ein paar alte Schätze zusammengestellt. Darunter sind unveröffentlichte Tracks der Sessions zum letzten Album, zwei Livemitschnitte des Sweden Rock Festivals 2019 und Coversongs. Bereits bei der Veröffentlichung von „Earthrise“ berichtete die Band, das es sich als eine schwierige Aufgabe erwies, zu entscheiden, was auf das Album kommen sollte und was nicht.
Anfang der 90er gründet sich THE QUILL in Mönsterås, Schweden. Das selbstbetitelte Debut "The Quill" erscheint 1995 und "Live, New, Borrowed, Blue" ist der Nachfolger des letzten Studioalbums “Earthrise” von 2021. „Silver Haze“ von 1999 und „Voodoo Caravan“ (2002) sind wichtige Meilensteine der bewegten Bandhistorie. THE QUILL machen seit rund 30 Jahren ihr Ding, unabhängig davon, was in der Welt gerade passiert.
Sänger Magnus Ekwall (AYREON), Drummer Jolle Atlagic (HANOI ROCKS, FIREBIRD), Gitarrist Christian Carlsson (CIRKUS PRÜTZ) und Bassist Roger Nilsson (SPIRITUAL BEGGARS, FIREBIRD, ARCH ENEMY) spielen mit THE QUILL coolen absolut zeitlosen 70er Rock mit einer Prise Bluesrock und Desert/ Stoner Rock. Music for Stoners? Keine Sorge die Mucke lässt sich auch ohne bewusstseinserweiternde Substanzen gut hören. Der Hype der Stoner-Szene zu Beginn der 2000er ist lange vorbei, THE QUILL konnten aber eh nie den ganz großen Erfolg einheimsen. Stilistische Parallelen sind zu Bands wie den SPIRITUAL BEGGARS, SOUNDGARDEN, MONSTER MAGNET und auch LED ZEPPELIN und BLACK SABBATH zu ziehen.
Den Opener „Keep On Moving“ kennt man in einer anderen Version bereits; er wird auf dieser Compilation in einer 1.30 Minuten längeren Version rausgehauen. „Keep On Moving“ ist ein Adrenalin-geschwängertes Stück, mit energiegeladenem Riffing. Magnus Ekwalls markanter Stimmklang ähnelt der unvergessenen Stimme von Chris Cornell (SOUNDGARDEN, AUDIOSLAVE u.a.). Mit „S.O.S. (Too Bad)” folgt eine trocken groovende Hard Rocknummer und das schwer doomende „Children Of The Sun”, welches es nicht aufs vergangene Studioalbum geschafft hatte. Das reitende IRON MAIDEN Cover „Where Eagles Dare“ wurde bereits als Vorabsingle veröffentlicht und stammt ursprünglich von dem 2003er Maiden-Tribute-Album "Slave To The Power". Bei „Keep It Together” und dem hymnenhaften „Hole In My Head“ kann sich der Hörer davon überzeugen, dass THE QUILL ihr Material auch Live performen können, welches allen voran für Sänger Ekwall gilt. Der NOVEMBER-Song „Mount Everest” stammt vom Cover-Sampler “Power From The North - Sweden Rocks The World” (2000). “Burning Tree” ist eine Wüsten-Bluesnummer und “Frozen Over” ein Cover der amerikanischen Progressive Rock-Truppe CAPTAIN BEYONDS.
"Live, New, Borrowed, Blue" erscheint am 28.01.2022 via Metalville. Zusammenfassend haben wir es hier mit einer guten Zusammenstellung zu tun, einige Songs auf der Scheibe wurden allerdings schon einmal anderweitig veröffentlicht. Das Material besitzt gute Riffs mit einem fettem Gitarrensound, ordentlichen Grooves und hämmernde Basslinien. Die Basspräsenz ist hinter den Gitarren-Swells gut zu vernehmen und es ergibt sich ein feiner bluesiger Rock-/ Metalsound.
Schon wieder neues Material von HARPYIE? Ja, die Herren sind fleißig! Erst im vergangenen Jahr erschien mit „Minnewar“ ein Coveralbum, dass sich einmal munter durch das Mittelalter-Genre wilderte und sich vor zahlreichen Kollegen verneigte. Jetzt erscheint mit „Blutbann“ das nächste „normale“ Studioalbum.
Der Name ist Programm, denn die Blutthematik zieht sich (Achtung, Kalauer!) wie ein roter Faden durch die gesamte Platte, mal im übertragenen, mal im wörtlichen Sinne. Schon der Titel des mit einer Mischung aus düsteren Elektroklängen, fetten Gitarren und Sprechgesang beginnenden Openers bezeichnet eine ausgesprochen blutige Hinrichtungsmethode der Wikinger, auch wenn er hier im übertragenen Sinne für die Aufopferungsbereitschaft des lyrischen Ichs für seine Liebste verwendet wird. Trotzdem ist die allgemeine Marschrichtung damit klar. „Liebe Auf den Ersten Biss“ spielt im melancholischen Gewand mit der Vampirthematik, kommt aber gesanglich im Refrain leider etwas dünn daher. „Die Geister, Die Ich Rief“ klingt heavy und metallisch aus den Boxen. Das eindeutige Highlight aber des Albums ist „Nachtfalter“, das mit gleich zwei Überraschungen aufwartet. Nicht nur, dass HARPYIE hier niemand Geringeren als ASP für einen Gastauftritt verpflichten konnten, auch die musikalische Ausrichtung überrascht: „Nachtfalter“ hat mit Mittelalter eigentlich überhaupt nichts mehr zu tun, sondern ist eine feine Gothic-Hymne, deren Intro, Arrangement und Songstruktur ausgeprägte Erinnerungen an klassischen Finnenrock der Marke HIM wachrufen. Die Kombination aus melodiösem Keyboard und vorwärtstreibender Gitarre hat Ohrwurmgarantie und auch die Stimmen von HARPYIEs Aello und ASP harmonieren hier hervorragend. Der Mittelalter-Rocker „Verräterisches Herz“ verneigt sich thematisch vor Edgar Allan Poes gleichnamiger Kurzgeschichte, das abschließende „Ich Glaub Dir Nicht“ präsentiert sich etwas ruhiger und lässt die Platte balladesk ausklingen. Insgesamt präsentiert sich das Album druckvoll und düster, mal wuchtiger, mal etwas ruhiger. Der Sprechgesang hat zugenommen (ob einem das nun gefällt oder nicht, ist zwangsläufig Geschmackssache) und in den cleanen Gesangsparts wäre manchmal etwas mehr Volumen wünschenswert, aber alles in allem liefern HARPYIE mit „Blutbann“ ein rundes Werk ab.
Acht Jahre lang mussten die Fans von HYPOCRISY auf den neuen Output „Worship“ warten, aber das Warten hat sich für Freunde leichtverdaulicher Death Metal Klänge gelohnt. Tägtgren und seine Mitstreiter haben nichts verlernt und arbeiten nach dem bewährten Baukastensystem. Und genau hier liegt bei HYPOCRISY eine besondere Stärke bzw. Schwäche – die Songs klingen alle geplant und konstruiert. Epische Hymen wie „Children Of The Grey“ oder „We`re The Walking Dead“ sind nach dem bewährten Muster von „Roswell 47“ aufgebaut und überraschen nicht wirklich. Kann man als Manko ansehen, aber wer sich an einem (eigenen) Übersong wie „Roswell 47“ orientiert, der kann ja eigentlich auch wenig falsch machen. Somit hat man schon bei zwei Songs die volle Punktzahl gesammelt, wenn man wegen der offensichtlichen Selbstkopie keine Punkte in der B-Note abzieht. Besonders bei „We`re The Walking Dead“ bemerkt der aufmerksame Hörer, dass Tägtgren das ordnungsgemäße Growlen wiederentdeckt hat – steht ihm gut zu Gesicht!
Aber auch in schnellen Gefilden fühlen sich HYPOCRISY im Jahr 2021 hörbar wohl. Der Opener „Worship“ macht keine Gefangenen und somit regiert die Knüppelfraktion. Sauber gespielt, aber definitiv nicht so mitreißend wie die epischen Midtempo-Stampfer. Im rasanten Death Metal gibt es einfach zu viele Bands, die Uptempo besser und eingängiger beherrschen als HYPOCRISY. Zum Glück besinnen sich HYPOCRISY und liefern Songs wie „Bug In The Net“ oder „Greedly Bastards“ ab, die eher getragener serviert werden und somit einen gewissen Ohrwurmcharakter aufweisen können.
Sieht man von den Uptempo-Nummern ab, ist „Worship“ eine durchaus runde Geschichte geworden. Die Band geht kein Risiko ein und setzt auf die bewährten Standards. So schreibt man zwar keine Bandgeschichte, aber reiht sich mit „Worship“ in die Top 5 der bisherigen Veröffentlichungen ein. Bleibt nur zu sagen, dass ich mir von dem nächsten Album ein wenig mehr Kreativität erhoffe, aber bis es soweit ist, kann ich mit den vorliegenden Hymnen ziemlich gut leben und ignoriere die schnellere Marschrichtung. Wer auf Schulnoten besteht – „Worship“ bekommt eine solide Zwei mit einem ganz langen Minus.
MASSACRE wird wohl für immer mit ihrem Debüt „From Beyond“, welches im Jahr 1991 die Death-Metal-Szene in Aufruhr versetzte, eng verbunden sein. Nach diesem fulminanten Einstand war eigentlich der Weg frei, um die Karriereleiter stetig weiter bergauf zu klettern, aber durch laufende Besetzungswechsel und stilistische Neuausrichtungen stand sich die Band selber im Weg, was sogar zu einer Auflösung der Band führen sollte.
Was will man also im Jahr 2021 von MASSACRE erwarten? Richtig, es wird die 90er Death-Metal-Keule wieder ausgepackt und Nostalgiker können in Erinnerungen schwelgen. Growler Kam Lee und Bassist Mike Borders, welche zu den MASSACRE-Urgesteinen gehören, lassen aktuelle Trends weit hinter sich und versuchen mit „Resurgence“ einen Neuanfang und somit ist das Album eigentlich der logische Nachfolger von „From Beyond“.
Natürlich wird auch visuell die Besinnung auf alte Zeiten dargestellt und man verwendet wieder das bewährte MASSACRE-Logo, welches von einem klassischen Death Metal Artwork bestens in Szene gesetzt wird. Durch die Veröffentlichung über Nuclear Blast Records wird auch die Sichtbarkeit des Outputs enorm gefördert werden und somit stehen die Zeichen auf Sturm!
Songtechnisch erwartet den Hörer schnörkelloser Florida-Death, der niemals zu technisch gespielt wird. Besonders durch die gut verständlichen Growls von Kam Lee entwickelt der Sound einen enormen Druck und so mancher Refrain besitzt eine gewisse Gassenhauermentalität. Gitarrentechnisch setzt WOMBBATHs Gitarrist Jonny Peterson einige Akzente, die das kraftvolle Riffing gekonnt unterstützen. Auch einige schwedische Einflüsse haben es auf „Resurgence“ geschafft. Dies wird wohl an Rogga Johansson liegen, der sich mittlerweile scheinbar zum Ziel gesetzt hat, seine Duftmarke auf so vielen Death Metal Alben zu hinterlassen, wie möglich. Weiter möchte ich diese Diskussion hier nicht führen…
Grundsätzlich machen Songs wie „Fate Of The Elder Gods“ oder „Book Of The Dead“ wirklich Spaß. Nein, die Band versucht bestimmt nicht den Death Metal neu zu erfinden, aber der 90er Todesblei wird effektiv in die heutige Zeit transportiert und muss sich vor aktuellen Outputs bestimmt nicht verstecken. Freunde von BENEDICTION, (alten) SIX FEED UNDER und OBSCENITY sollten nicht nur ein Ohr riskieren.
Gastbeiträge von ex MORGOTH Sänger Marc Grewe und BENEDICTION´s Dave Ingram runden das positive Bild ab und bringen nochmals eine gehörige Portion Abwechslung. Zusammengefasst wird hier nicht Death Metal Geschichte geschrieben, aber es wird ein logischer Weg verfolgt, der MASSACRE bestimmt ein gutes Stück nach vorne bringen wird. Ziemlich feines Teil!
Nun ist er erschienen, der dritte Teil ihre Album-Trilogie und der Nachfolger von „Moonlover“ (2015) und „Starmourner“ (2017) kommt mit weniger Postrock-Elementen aus. Die Scheibe ist düsterer, kompakter und deftiger. Was bestehen bleibt, ist ein emotionsgeladener Batzen an DSBM, kaskadischem Black, Post Metal und Death Metal und eine Fülle an Verzweiflungsschreien, Samples und flennenden Frauenklängen. Schroffheit und neoklassische Momente wechseln sich ab oder gehen ineinander über. GHOST BATH verändern immer wieder die Atmosphäre der Songs, variieren im Tempo, mitunter wirkt das wild und chaotisch. Als Gastmusiker wirken CJ McMahon (THY ART IS MURDER) und Graf (PSYCHONAUT 4) mit. Das Artwork ist, wie bereits bei den letzten Alben, gut gestaltet. Als die Band 2012 gegründet wurde, verlautete man, dass sie exotischer Weise aus dem chinesischen Chongqing stammt. Bald wurde jedoch klar, dass die fünfköpfige Truppe tatsächlich aus North Dakota im Amerika kommt. Ein Schelm, der da an eine Marketing-Kampagne glaubt.
GHOST BATH starten „Self Loather“ mit der Vorabsingle „Convince Me to Bleed“ und haben schnelle Riffs und heulenden Gesang im Gepäck. Schon bald übernehmen melodische Gitarrenparts die Regie. Wenn ich die Zutaten und den Musikstil betrachte, dann würde ich davon ausgehen, dass mir die Mucke zusagt. Aber spätestens bei „Hide from the Sun” merke ich, dass ich nicht so recht glücklich werde: das choruntermalte Frauenweinen nervt und die Gitarre klingt dünn und wie verstimmt, insbesondere bei den Soli. Die Melodieführung ist unaufgeräumt und die Melodien bleiben nicht im Kopf. „Shrines of Bone” ist eine aggressive verfrickelte Nummer. „Sanguine Mask“ stellt eine Steigerung dar, die facettenreiche Gesangsperformance umfasst gute Tieftöner-Growls und hysterische Schreie. „I hope death finds me well” ist ein schwermütiges Klavierstück. Zum Ende der Platte wird’s flotter und in „Unbearable“ und „Flickering Wicks of Black“ wird vermehrt die Black Metal-Keule geschwungen. Ghost Bath ließen Xander Moser produzieren und Jack Shirley (DEAFHEAVEN und OATHBREAKER) hat gemixt und gemastert.
Der Name ist Programm, auf „Self Loather“ regiert psychopathologischer Selbsthass. Eine emotionale Formierung wirrer Song-Strukturen. Kann man haben, muss man aber nicht.
Bei einem Bandnamen wie THE GEORGIA THUNDERBOLTS denkt mein Jahrgang ganz zwangsläufig an THE GEORGIA SATELLITES. Letztere hatten Ende der 80er-Jahre durchaus respektable Alben mit dreckig-bluesigen Hard-Rock am Start, welche auch deutliche Southern-Einflüsse erkennen ließen. Und genau da fangen THE GEORGIA THUNDERBOLTS an. Die Band aus dem amerikanischen Süden bietet eine fette Mischung aus Boogie-Rock und bluesigen Southern – Fans von LYNYRD SKYNYRD über BLACKBERRY SMOKE bis hin zu BLACK LABEL SOCIETY dürfen da mal dran schnuppern - wobei die Jungs eine gewisse Affinität zum guten, alten Country-Sound positiv mitverarbeiten.
Der Opener „Take It Slow“ fungiert dann auch als „Blaupause“ für den Sound des Quintetts aus Rome – viel Groove, Mundharmonika, eingängige Melodien und gute genretypische Gesangslinien. Ähnlich auch die tolle Single „Be Good To Yourself“. Als weiterer Hinhörer sind mir der Power-Mid-Tempo-Track „So You Wanna Change The World“, das ALLMAN BROTHERS-Cover „Midnight Rider” (hier in einer räudigen Rockversion), das Southern-Highlight „Half Glass Woman“ und der eindringlich vorgetragene, mit starken Riffs versehene Titelsong „Can I Get A Witness“ aufgefallen. Mit dem abschließenden, überlangen „Set Me Free“ gelingt sogar ein epischer, gitarrenlastiger Track in bester MOLLY HATCHET-Manier. Das Debüt der GEORGIA THUNDERBOLTS dürfte also bei der einschlägigen Zielgruppe gut aufgenommen werden.
Als Zugabe zum Vorgänger-Album „Utgard“ hauen ENSLAVED eine lohnenswerte EP raus. Mit ENSLAVED kann man nix falsch machen! Die ausgereifte Band liefert immer punktgenau ab, und beweist jede Veröffentlichung aufs Neue ein erstklassiges Songwriting. Melodie und Härte: eine kompositorische Streitmacht mit technisch nuancierter norwegischer Qualitätsarbeit seit den frühen 90ern. Die Band entwickelt sich stetig weiter, expandiert und wandert erfolgreich in progressiven Gefilden. So auch auf der EP „Caravans to the Outer Worlds“, auf der sich vier Songs befinden.
Direkt der erste Song und Titeltrack bietet viel: Black Metal mit Raserei und düsterer Atmosphäre, psychedelischen und progressiven Klängen, Hammondorgel, einem schmucken Gitarrensolo von Arve "Ice Dale" Isdal, Grutle Kjellsons raspelnden Screams und dem klaren Gesang von Håkon Vinjes. Nach einem rockigen Instrumental-Intermezzo mit eindringlichem Basslauf, folgt das akustisch-melodische „Ruun II – The Epitaph“ mit ausschließlich clearem Gesang. „Ruun“ hieß auch das sehr starke (aber weitaus härtere) Enslaved-Album von 2006. „Ruun II“ ist eine schöne Psychodelic-Progressive-Rock-Nummer mit tranceartiger Stimmung. Es türmen sich Soundwände auf. Fließend geht es in den instrumentellen Abschlusstrack „Intermezzo II - The Navigator“ über, der in verträumten Keyboardsounds endet.
Wie der Titel bereits ankündigt, nehmen ENSLAVED den Hörer mit auf eine spannende klanglich halluzinierende Reise. Leider ist die EP zu schnell zu Ende, der Appetit auf Nachschub ist definitiv geweckt.
„Imperial Congregation“ ist das zehnte Album der Norweger, die mal wieder bösen Todesstahl schmieden: Old-School Death Metal, der stilistisch ein bisschen Tampa/ Florida und ein bisschen Göteburg intus hat.
BLOOD RED THRONE haben dieses Jahr einen Vertrag bei Nuclear Blast unterschrieben und versüßen uns den Herbst mit präzisen Nackenschlägen. Yngve "Bolt" Christiansens Stimme ist ein beträchtlicher Kastanienmännchen zermalmender Tieftöner. Die Gitarrenarbeit ist zum Teil verspielt und melodisch. Gitarren- und Schlagzeugspiel sind dabei sehr präzise; insgesamt kommt die Platte etwas klinisch daher. BLOOD RED THRONE zeigen auf ihrem neuen Silberling vor allem hochtechnisches Getrümmer, es wechseln sich Midtempo und hohes Tempo ab.
Die Jungs starten mit dem namengebenden „Imperial Congregation“, die Vitalzeichen des Hörers steigen rapide an und es darf sofort geheadbangt werden. „Itika“ und vor allem „Conquered Malevolence“ sind schnell und hart, „Transparent Existence“ entpuppt sich als grooviger Midtempo-Walzer mit Gitarrenvariationen im Mittelteil. „Inferior Elegance“ ist ein cooler treibender Song mit eingängigem Gitarrenspiel. Im Track “6-7“ präsentieren BLOOD RED THRONE ein gutes Paket an Soli und Riffing. Mit „Zarathustra“ steht ein epochaler Song am Ende von „Imperial Congregation“, das am 8.10.21 veröffentlicht wird. Die Aufnahmen fanden im Heimstudio von Gitarrist Daniel Olaisens statt, für das Mixing und Mastering wurde das Material zu Ronnie Björnström von „The Mixroom - Enhanced Audio Productions“ gegeben. Der Sound ist glasklar und aufgeräumt, könnte für meinen Geschmack vielleicht ein Stück dreckiger und ungehobelter sein.
„Imperial Congregation“ ist nicht unbedingt fesselnd, aber es ist eine ordentliche Scheibe und besticht durch erstklassige Growls und gekonnte Instrumentalisierung.
Noch immer sind bei THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA keine Berührungspunkte mit SOILWORK zu verzeichnen, da die Death-Metal-Einflüsse der Stammband unter einen schweren AOR-Teppich gekehrt wurden und somit nicht vorhanden sind. THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA huldigen noch immer den Urvätern des bombastischen Rocks und transportieren somit diesen Spirit in die heutige Zeit. Fans von VAN HALEN, JOURNEY, KANSAS, MAGNUM und SURVIVOR werden sich beim Konsumieren von „Aeromantic II“ pudelwohl fühlen. Besonders die 80er Keyboards werden oft verwendet, um diesen speziellen Spirit aufleben zu lassen und werden fast übermäßig eingesetzt.
Zu Beginn stimmt das Doppelpack „Violent Indigo“ und „Midnight Marvelous“ auf die musikalische Reise ein. Die Refrains kommen alle zuckersüß aus den Boxen und bleiben sofort im Ohr hängen. Musikalisch ist natürlich auch alles im grünen Bereich und besonders die Gitarrenfraktion lässt zu keiner Sekunde etwas anbrennen. Insgesamt alles perfekt! Meines Erachtens leider zu perfekt – die Songs klingen steril und mathematisch konstruiert. Hier wurde nichts dem Zufall überlassen und jede Note, jede Strophe und jeder Refrain sitzt genau an der richtigen Stelle und songübergreifend sind einzelne Parts quasi in den Songs austauschbar. THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA haben ein Baukastensystem für den perfekten Song gebastelt, aber über fast 52 Minuten wird die Geschichte dann doch ermüdend. Die Songs sind zu identisch und auswechselbar. Klar, das ist Meckern auf höchsten Niveau, aber auf einem niedrigen Level kann man die Band auch nicht kritisieren. Mir ist das alles ein wenig zu glatt, obwohl ich viele Songs wirklich genossen habe. Fazit: Für mich ist das NIGHT FLIGHT ORCHESTRA langsam eine Nummer zu steril und zu groß, aber Hörer, die perfekten „Las Vegas-Metal“ hören möchten, die sind mit „Aeromantic II“ bestens bedient.