SCOTT HULL ist als Kopf von PIG DESTROYER und AGORAPHOBIC NOSEBLEED Grindfans und Krachmaten kein Unbekannter, auch als Produzent hat er sich einen Namen gemacht. Unter eigenem Namen veröffentlicht er mit „Requiem“aber keine weitere Krachwurst, sondern zeigt auf Sountrack/ Ambient-Klängen. Angeblich wurde die Musik für einen Film geschrieben, der dann doch nicht realisiert wurde. Davon hat sich Mr. Hull nicht entmutigen lassen, einen Artwork-Künstler angeheuert, der schon Werke von MARILYN MANSON und NILE veredelt hat und bringt das Ganze via Relapse raus. In den ersten Minuten klingt das noch ganz passabel, was da aus den Boxen kommt. Nicht unbedingt atmosphärisch, aber seicht wabernd – ideal, um dabei zu Kiffen oder schmutzige Dinge zu tun. Wirklich fesselnd sind die Kompositionen nicht, manche wirken wie ein Versuch eines Musikschülers, auf dem Keyboard erste Songs zu schreiben und das abschließende „In Paradisum Deducant Te Angeli“ wabert komplett spannungsbefreit aus den Boxen, 14 Minuten Ödness. Naja, kann nicht immer alles klappen, was sich Musiker als Soloprojekt vornehmen. Die anderen zehn Songs sind als laue Hintergrundbeschallung ganz nett, mehr aber auch nicht.
I HATE SALLY sind eine der wenigen Bands im Hardcore-Bereich, bei denen eine Frau am Mikro zu finden ist, was ihnen noch immer (leider) einen Exotenbonus einbringt. Und natürlich Vergleiche mit WALLS OF JERICHO. Aber schon nach zwei Songs von „Don’t Worry Lady“ wird klar, dass die hier fehl am Platz sind, denn im Gegensatz zu der Detroiter Dame schreit ihr kanadischer Counterpart noch extremer und bewegt sich mit ihrer Truppe in chaotischeren Gewässsern. Verlgeiche mit alten MASTODON lassen sich nicht von der Hand weisen, wenn sie auch den Nagel nicht ganz auf den Kopf treffen. Es ist schlicht durchgeknallter, schwer verdaulicher Stoff, der in der guten Dreiviertelstunde geboten wird und der durch den Wechsel aus postcorigen und treibenden Parts gleichzeitig dynamisch und vetrackt ist, ohne den Hörer komplett zu überfordern. Trotzdem weitab von Easy Listening. Für die Produktion war CONVERGE-Kurt verantwortlich, der wieder einmal einen guten Job gemacht hat, war ja auch nicht anders zu erwarten. I HATE SALLY sind für Freunde fordernder Musik eine Hörprobe wert, auch wenn sich niemand von der Frau am Mikro täuschen lassen sollte: das ist heftige Musik.
PIG DESTROYER/ AGORAPHOBIC NOSEBLEED-Chef Scott Hull hat für sein Heimatlabel Relapse Records mit der „This Comp Kills Fascists“ tief in der Grindcore-Szene gewühlt, um eine einstündige Demonstration brutaler Musik zusammenzustellen. Dabei finden sich alte Helden Marke BRUTAL TRUTH neben vielversprechenden Newcomern wie KILL THE CLIENT, INSECT WARFARE (empfohlen von NAPALM DEATH-Shane) und MAGRUDERGRIND, die allesamt dermaßen brutal sind, dass selbst ausgemachten Krachmaten schnell die Ohren bluten. Einige Vertreter sind zwar eher lahm (AGENTS OF SATAN), aber im Großen und Ganzen ist die Compilation eine hochklassige Veranstaltung und somit für Lärmfreunde genau das Richtige. Und sei es nur, um die Nachbarn zu ärgern oder Mitbewohner auf Distanz zu halten. Ob sich Nazis mit der Musik töten lassen, konnte aber nicht ermittelt werden…
„Somewhere Along The Highway“ war der endgültige Durchbruch für CULT OF LUNA, die Erwartungen an „Eternal Kingdom“ sind dadurch nicht gerade klein gewesen. Aber die Schweden ließen sich während des Songwritings davon nicht beeinflussen und haben in den zurückliegenden knapp zwei Jahren konzentriert an den zehn neuen Songs gearbeitet. „Eternal Kingdom“ ist ein Konzeptalbum geworden, dass die Geschichte eines Psychiatrie-Patienten (pre-Psychiatriereform) erzählt, die natürlich düster ausgefallen ist. Alles andere wäre auch unpassend, spätestens wenn Klas Rydbergs Gesang einsetzt. Wie gewohnt kraftvoll-brutal bahnt sich seine Stimme den Weg in des Hörers Ohr, das auf softe, cleane Passagen vergeblich wartet. Ihre Trademark-Gitarrenwände haben CULT OF LUNA ebenfalls beibehalten, genau wie das Pendeln von brutal zu soft, von krachig zu ruhig. Die Songs sind dabei sowohl in sich als auch als Gesamtkonzept geschlossen, wodurch „Eternal Kingdom“ wie aus einem Guss wirkt. Und vielschichtig. Mit jedem Durchlauf lassen sich neue Facetten entdecken, kleine Spielereien und große Melodien, die CULT OF LUNA in den Songs versteckt haben. Mit Easy Listening hat das natürlich nichts zu tun, aber wer erwartet das bei einer Postcore-Platte? „Eternal Kingdom“ braucht Zeit und erfordert Hingabe, belohnt dafür aber mit einem Klangerlebnis, dass seinesgleichen sucht. Ganz ganz großes Kopfkino!
Die HERO DESTROYED-Scheibe ist wieder so ein Fall, bei dem weniger als 30 Minuten Musik als Album verkauft werden. Kein Wunder, dass immer weniger Platten verkauft werden, sowas ist doch echt dreist. Dabei kann die Scheibe musikalisch durchaus überzeugen und gerade MASTODON-Fans was bieten, erinnern doch Gesang und Songaufbau an die jetzigen Megaseller. Gemischt mit einem Schuss Chaoscore wird daraus eine anstregend-fordernde Scheibe, die so perfekt zum Relapse-Stall passt und Freunden gepflegten Geprügels 20 Minuten Wahnsinn bietet. Die Produktion ist druckvoll und gleichzeitig ein wenig dreckig, ein anderer Sound würde der Musik auch nicht gerecht werden. Im Grunde haben HERO DESTROYED alles richtig gemacht… wäre die Scheibe als EP im Handel, spräche nichts gegen einen Erwerb derselben, aber so sollten Krachmaten auf Schnäppchen warten. Und bis die zu haben sind, vergeht immer einiges an Zeit. Andererseits: irgendwas ist ja immer.
FUCK THE FACTS sind zweifellos eine der heftigsten Bands, die momentan auf Relapse Records beheimatet sind – und das will beim legendären Krachmatenlabel schon was heißen. Auf ihrem Zweitwerk „Disgorge Mexiko“ gibt sich der kanadische Haufen sogar kompromissbereit und stellenweise sogar eingängig, „No Place For Failure“ kann sogar mitreißend rocken, ohne dabei auf die Heftigkeits-Bremse zu treten. Immer noch wird in bester NAPALM DEATH/ BRUTAL TRUTH-Manier gegrindet, dass dem Krachfreund der Kiefer offensteht. Da ist es die Tatsache, dass eine Frau am Mikro steht, kaum weiter erwähnenswert, den Unterschied zu einem männlichen Brüllwürfel würde niemand heraushören. Dafür ist das infernalische Gebrüll zu brutal und zu verzerrt, einzig die Frage, wo die Dame ihre Wut hernimmt, bleibt offen. Die Songs pendeln zwischen halb-wahnsinnigen Abrissbirnen, die den Kalk aus den Ohren kloppen, und fast schon catchy zu nennenden Songs, die auch der Metalcore-Crowd gefallen dürften. Aber macht euch nix vor, „Disgorge Mexiko“ ist Grind vom Feinsten und hat mir trendigen Plugs, Caps und Beatdown-Parts nichts am Hut, sondern steht in der Tradition großer Relapse-Kapellen. Ganz feine Scheibe, die Grindern über den Sommer helfen wird.
„Conforming To Abnormality“ ist mitnichten ein neuer Streich der Denver´schen Krachfetischisten CEPHALIC CARNAGE, sondern die Wiederveröffentlichung ihres Debüts von 1996. Bereits damals war zu erkennen, was für eine kranke Band da auf die Menschheit losgelassen werden sollte: Grindcore, Jazz-Anleihen, elektronische Soundcollagen, Spoken Words und kellertiefe Growls werden in einen Topf geworfen, durchgeknetet und heiß, schmutzig und fettig serviert. Die teilweise wie ein „Knüppel-Hörspiel“ anmutende Scheibe ist garantiert nichts für Jedermann, sondern nur Kost für die Kranken unter den Bekloppten. Hier regiert das Chaos, das allerdings wirklich Eier hat, aber nur echten Rumpelfreaks empfohlen werden kann, denen eine Band wie NAPALM DEATH zu normal, durchschaubar und „etabliert“ ist. Dieser Re-Release kommt mit 21 (!!!) Bonustracks daher (bei einer Gesamtspieldauer von unter 48 Minuten wohlgemerkt!), die mitunter noch bescheuerter und hirnverbrannter sind als der schon nicht gerade zimperliche Rest. Sehr coole, wenn auch derbe an den Nerven zerrende Platte!
ROTTEN SOUND-Vokalist K (Keijo Niinimaa) hat 2007 bei MEDEIA angeheuert, wohl um abseits von fiesem Grindcore Musik zu machen. Dabei prägt seine markante Stimme auch die vier Songs der Debüt-EP, alles andere wäre aber auch verwunderlich. Die Songs bewegen sich im Schnittfeld von Death Metal und Metalcore, mit Schlagseite zu Ersterem sind sie brachial und gehen gleichzeitig gut ins Ohr. Unter den vier Songs ist kein Ausfall dabei, allerdings auch kein wirklicher Hit, aber als Appetizer für das im Herbst kommende Album erfüllt die EP ihren Zweck.
Gepflegt old-schoolig geht es bei ABYSMAL DAWN zu, die Combo hat sogar noch eine richtig echte Website und nicht nur eine MySpace-Präsenz. Wie sich die Zeiten doch ändern… Auch wenn ABYSMAL DAWN auf Relapse Records gelandet sind, haben sie mit dem Chaoscore vieler Labelkollegen nichts gemein, stattdessen gibt es ein technisch anspruchsvolles Death Metal-Brett, das Ähnlichkeiten zu NECROPHAGIST, IMMOLATION und DEATH aufweist. Alles ordentlich brutal, wie es der Totmetaller wünscht, und mit einer guten Produktion ausgestattet, auch da gibt es keinen Grund zur Klage. Die Musiker verstehen ihr Handwerk und haben einige gelungene Songs zustande gebracht („Walk The Path Of Fire“), aber auch einige nur durchschnittliche Sachen, so dass „Programmed To Consume“ nicht durchweg überzeugen kann. Ganz solides Mittelmaß, was durch den old schooligen Charme aber an Reiz gewinnt und seine Liebhaber finden wird.
Wer VALIENT THORR im Vorprogramm der letztjährigen MOTÖRHEAD-Tour oder auf einer der Headliner-Shows gesehen hat, wird alleine von der schieren Wucht der fünf bärtigen Rocker fast erschlagen worden sein. Was die Jungs aus North Carolina live an Energie rüberbringen, lässt sich allerdings nur schwer auf eine Aufnahme bannen. So war „Legend Of The World“ von 2006 mit seiner Mischung aus 70s Rock, 80s Metal und frühem Punkrock zwar immer noch ein herausragendes Album, aber an die Intensität der Konzerte kommt es nicht heran. Die neue Scheibe „Immortalizer“ hat dasselbe Problem. Der Sound hat sich hier eindeutig Richtung Metal verschoben, aber so richtig zünden wollen die Songs immer noch nicht. Zwar macht das komplette Album Spaß, und die Jungs gehen mit jeder Menge treibender, rauer Energie und viel Spielfreude zu Werke. Aber songtechnisch fehlen einfach doch ein paar eingängige Momente, irgend etwas, das im Ohr hängenbleibt. Live geht es – im Falle von VALIENT THORR – auch ohne, aber zum Abrocken in den heimischen vier Wänden reicht es eben nicht.