Wann welche Scheibe von THE CHUCK NORRIS EXPERIMENT wo veröffentlicht wird, ist etwas verwirrend, aber nach „Volume! Voltage!“ ist „The Return Of Rock’n’Roll“ der zweite Longplayer, der im Briefkasten landete. In den elf Songs setzen die Göteborger Chucktators ihre Mission fort, die Welt mit rotzigem Punkrock auf eine Machtübernahme des einzig Wahren vorzubereiten. Oder so. Im Vergleich zum „Volume! Voltage!“-Langeisen fällt der Gesang auf dieser Scheibe etwas ab, klingt er doch zu gepresst-bemüht und kann an die eigene Leistung nicht anknüpfen. Ganz fies ist es bei „Less Than A Man“, da kommen selbst die Screams mekrwürdig kraftlos. Definitiv ein Schwachpunkt des Albums, gerade im Vergleich mit der Genre-Konkurrenz, es sei hier nur Biff Malibu genannt. Derweil kann die Gitarrenarbeit überzeugen und einige coole Riffs vorweisen, die aus vielen Songs echte Rotzrocknummern machen („Move Like A Machine“) und mit Könnern Marke NASHVILLE PUSSY mithalten kann. Den Vergleich hält der Drummer ebenfalls Stand, nur beim Songwriting haben die Schweden noch Schwächen, einige Songs auf dem 11-Tracker sind den berühmten Tick zu lang und werden dadurch etwas zäh. Doch da die meisten Songs gut rockende Nummern sind und sich mit dem Gesang leben lässt, ist „The Return Of Rock’n’Roll“ eine anständige Scheibe. Nicht grandios, aber gut.
Galten über viele Jahre hinweg NAPALM DEATH als die Inkarnation politisch inkorrekten Geknüppels, so haben die Briten spätestens seit der Veröffentlichung des Hammerdebüts „Retaliation“ der US-Grinder MISERY INDEX absolut ernstzunehmende Konkurrenz bekommen. Die um Ex-DYING FETUS-Mitglied Jason Netherton versammelte Truppe konnte ihren Standard seit dem Debüt auf einem weiteren starken Album („Discordia“) halten, doch mit einem Überflieger wie „Traitors“ bläst sich das Quartett mal eben endgültig zur allerersten Liga empor. MISERY INDEX machen eben nicht den Fehler vieler ihrer Mitstreiter und brettern stumpfsinnig und immer auf 180 drauf los, sondern setzen viel auf Midtempo, gnadenlose Heavyness und sogar Killermelodien. Grind meets Punk meets Death meets alte SLAYER-Schule, alles auf „Traitors“ zu einem technisch grandios gespielten Hammercocktail zusammengerührt und von einer zwar trockenen, aber schön fetten Produktion veredelt – und von Songs, die in ihrer Kompromisslosigkeit kaum zu toppen sind. „Partisans Of Grief“, der etwas monotone, aber dafür umso wirkungsvollere Titelsong (beide mit Gastshouter Guy Kozowyk von THE RED CHORD am Mikro), der zähnefletschende Doomer „Thrown Into The Sun“ oder die alles überragende Eruption „Ruling Class Cancelled“ (mit DISFEAR/AT THE GATES-Fronter Tompa Lindberg am Goldkehlchen) – alles geilster Krachstoff, der auch in Sachen politischer Anspruch und Umsetzung fast alle Bemühungen diverser Punk- und Hardcore-Kapellen der letzten Jahre mit einem lässigen Arschtritt in den Staub befördert. So rattenfies hat neben besagten NAPALM DEATH und MINISTRY (die aber ein anderes Genre bedienten) seit Ewigkeiten keine andere Band mehr dem (amerikanischen) politischen Zeitgeist den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt. Ein Meilenstein!
Dass der gute alte Heavy Rock/Metal nicht nur aus Australien kommt, bewiesen schon 2006 die Schweden von BULLET. Ihr Debütalbum "Heading For The Top" erfüllte sämtliche Klischees und wer die Truppe einmal live erlebt hat der weiß, dass diese verrückten Jungs den Rock `n`Roll leben - und zwar richtig. Mit "Bite The Bullet" ist ihnen nun ein amtlicher Nachfolger gelungen, der nahtlos am Debüt anknüpft. Schon bei "Pay The Price" setzt sich der gitarrenorientierte Hard Rock durch und bekommt durch einen leicht fiesen Gesang der Marke UDO und AC/DC den richtigen Schliff. Die Refrains sind gleich im Ohr und auch beim Titeltrack "Bite The Bullet" sind strapazierte Stimmbänder garantiert. So variert das Album zwischen rotzigen Heavy Metal Songs und groovigen Midtempostampfern wie "Dusk Till Dawn". Wer die guten alten 80er Jahre aufleben lassen und ein Funke Jugend zurückerobern möchte, der sollte sich dieses Album dringend zulegen, seine verstaubte Kutte auspacken und ab aufs nächste BULLET Konzert gehen.
Fast drei Jahre haben BURST für den „Origo“-Nachfolger – und sich in der Zeit soundmäßig verändert. Progressive Klänge sind an die Stelle von fiesen Postcore-Sachen getreten, die Songs sind länger und verspielter geworden, das Aggressivitätslevel wurde zurückgeschraubt. Soundtüftler waren die Schweden schon immer, da überraschen die tausend Details in den „Lazarus Bird“-Songs nicht wirklich, aber es scheinen schlicht mehr Ideen in die Musik geflossen zu sein als beim sowieso schon verdichteten Vorgänger. Einen einzelnen Song herauszuheben gestaltet sich schwierig, zu nahtlos sind die Übergänge, zu verwoben die Songs. Jazzparts finden sich, Hardcore-Brachialität, ruhige Abschnitte, die an Hörspiele gemahnen, und manchmal sogar eingängige, beinahe poppige Part. Kein Wunder, dass BURST so lange Zeit brauchten, um die Songs fertigzustellen, ohne Feintuning und einer Liebe zum Detail würden so komplexe Musik nur wie eine willkürliche Aneinandereihung von Ideen klingen und nicht wie kleine Meisterwerke progressiver harter Musik. BURST haben von ihren Fans schon immer viel Zeit verlangt, um die Alben begreifen zu können, das ist auch bei „Lazarus Bird“ so gelieben, auch wenn sich die musikalische Ausrichtung geändert hat. Jeder aufgeschlossene Geschmacksextremist sollte der Scheibe die Zeit geben, es lohnt sich!
SKINDRED haben mit ihrer Mischung aus heftigem Rock, Reggae, New Metal und etwas Hardcore auf „Babylon“ voll überzeugen können und mehr als eine Viertelmillion Scheiben verkauft – da sind die Erwartungen an den Nachfolger natürlich hoch. Mit Matt Squire (PANIC! AT THE DISCO) wurde beim Produzenten schonmal kein Risiko eingegangen, was sich ausgezahlt hat: „Roots Rock Riot“ hat einen differenzierten, druckvollen Sound, der den kompexen Mischmasch bestens in Szene setzt. Stellenweise kommt sogar leichtes REFUSED-Feeling auf („Destroy The Dancefloor“), hauptsächlich setzen SKINDRED aber auf knackige Rocknummern, die durch die charismatische, sehr facettenreiche Stimme getragen werden. Reggae, New Metal, Metalscreams, alles kein Problem. Da gerät die sehr gute Gitarrenarbeit beinahe in den Hintergrund, was angesichts der knackigen Riffs völlig unverdient wäre, liefern die Sechssaiter doch die nötige Härte, um SKINDRED auch für Metaller interessant zu machen. Da die Band auch noch ein Händchen für mitreißende Songs hat, die gleichermaßen in Ohr und Tanzbein gehen, macht „Roots Rock Riot“ in jeder Minute Spaß, sofern Scheuklappen abgelegt werden können. Starke, sehr individuelle Scheibe!
Album Nummer Drei des Solo-Projekts TOXIC HOLOCAUST ist schon beim Cover eine Zetreise in die Hair Crimes-Ära: die 80er. Damals, als Trash Caps und weiße Basketballschuhe der letzte Schrei waren. Oder abgeschnittene Jeans…. Mr. Grind ist dabei nicht allein, auch der ZEKE-Drummer ist mit dabei und macht mächtig Dampf, um die Songs in der angemessenen Geschwindigkeit zum Hörer zu bringen: hoch. Auch wenn sich mal Mid Tempo-Parts einschleichen („Nuke The Cross“), ist „An Overdose Of Death…“ im Grunde eine rasend schnelle Platte, wie Thrash nunmal sein muss. Gerade wenn der Geist der Mittachtziger gelebt wird, wie es Joel Grind wohl macht. Dabei gibt es eine gute Punk-Schlagseite, was TOXIC HOLOCAUST mehr in Richtung D.R.I. als in Richtung SLAYER drückt. Das steht der Musik sehr gut zu Gesicht und macht die 13 Songs zu einer kurzweiligen Angelegenheit, die gerade Live mächtig Spaß machen dürfte. Bei der Produktion hat Mr. Grind sich dankenswerterweise an heutigen Standards orientiert, so dass „An Overdose Of Death…“ mit sehr gutem Sound aus den Boxen kommt. Einige Songs sind dabei zwar uninspiriert, am Ende überwiegen aber die guten Songs, so dass diese Platte allen Thrashern eine Chance wert sein sollte, auch wenn sie nicht an die Originale oder die kultigen MUNICIPAL WASTE heranreicht.
Unterschiedliche künstlerische Vorstellungen anno 2001 der Grund für den Split von DAN CABALLERO und erklären die lange Zeit bis zum 2006er-Album „World Class Listening Problem“, das mit neuem Line-Up eingespielt wurde. Die gleiche Besetzung hat mit „Punkgasm“ den Nachfolger fertig, große Veränderungen sind demnach nicht zu erwarten. Bei einigen Songs ist mittlerweile Gesang dabei, was sich in allen Fällen als Gewinn für die Musik erweist und sie facettenreicher macht, gerade weil der Gesang über das Album gesehen so sparsam eingesetzt wird. Denn natürlich regieren weiterhin frickelig-dissonante Gitarrenarbeit und komplexes Drumming die Szenerie und fordern den Hörer heraus. Für Nebenbei ist das Album nix, aber wer erwartet das bei einem Instrumental-Album? Die Songs sind dabei teilweise zu verspielt und verlieren den roten Faden, ihre besten Momente haben DON CABALLERO in den rockigeren Songs („Lord Krepelka“). Neben diesen beiden Aspekten gibt es einen starken melancholischen Einschlag, der den Songs zu Gesicht steht. Das unvermeidliche Drumsolo kommt erschreckend kraftlos aus den Boxen, was mit „Shit Kids Galore“ aber auch ironisch gemeint sein kann. Musiker, die soll einer verstehen. Hätten sich DON CABELLERO technisch etwas zurückgenommen und den durchaus vorhandenen Rockfaktor ausgebaut, wäre „Punkgasm“ der Spagat zwischen Anspruch und Eingängigkeit besser gelungen als es jetzt der Fall ist. So schrammt sie knapp an der Konkurrenz vorbei und muss sich im oberen Mittelfeld des Genres einordnen.
An wen erinnert die Band aus Brooklyn bloß. Grübel, grübel: Na klar, Electric Light Orchestra! Mit dem Unterschied, dass JUPITER ONE (auf diesem wiederveröffentlichten Debüt inklusive zweier Bonus-Songs) nicht so bombastisch zu Werke gehen wie ELO, sie sind leichter, smarter und irgendwie lebenslustiger. Sie spannen den Bogen von den 70er-Jahren bis in die Gegenwart, vertonen neben ELO-, auch Pink Floyd-, und Police (Sting)-Einflüsse. Herausgekommen ist eine ungeheuer catchy Alternative-Rockpopchose, die einfach Spaß vermittelt. Nun gut, eine Band, deren Musik bereits für Auto-Werbung und kommerziell erfolgreiche Computerspiele genutzt wurde, die ist vielleicht nicht sonderlich kompatibel für diese kleine Magazin, und auch echte Metaller werden so ihre Schwierigkeiten mit der Zuckerwatte aus New York City haben. Aber auf dem Jahrmarkt, der Kirmes, dem Schützenfest oder dem Dom schmeckt einem die klebrige Süßspeise ja auch. Und ELO waren eh mal großartig.
SPACE PROBE TAURUS haben ihre selbstbetitelte Scheibe schon seit knapp zweineinhalb Jahren fertig im Kasten, aber ganz zum Klischee des kiffenden Musikers passend keine Eile mit dem Release gehabt. Via Buzzville kommt der 10-Tracker jetzt in die Läden, erweitert um einen Bonustrack. Die Herren Schweden wummern sich durch eine Mischung aus landestypischem Rotzrock Marke alter HELLACOPTERS, MC5 und MONSTER MAGNET (letztere besonders in der Gitarrenarbeit, wie „Barefoot“ schön zeigt). Die Platte braucht einige Zeit, um wirklich zu zünden, fast wirkt es, als nähme sie Anlauf, um dann mit voller Wucht auf den Hörer niederzukommen. Die ersten zwei, drei Songs sind noch recht vorhersehbar, mit „Barefoot“ kommt dann Fahrt auf im „Neanderthal Speedway“ und ab da rockert die Platte ganz ordentlich, zumal auch der Sound stimmt. Der Schluss mit „She-Wolf, Baby!“ ist der krönende Abschluss und versöhnt mit dem gemächlichen Anfang. Eine solide Stoner-Platte, die zeitlos aus den Boxen kommt und den Charme von verkifften Jamsessions versprüht.
BENÜMB-Kopf Pete hat sich wohl noch nicht in Stimmung für eine weitere Scheibe konzentrierten Lärms gebracht und füllt seine freie Zeit mit AGENDA OF SWINE, zusammen mit ein paar Leuten von VULGAR PIGEON. „Waves Of Human Suffering“ geht dabei in die old schoolige Punk/HC-Ecke, mit leichtem Grindcore-Einschlag, und ist deutlich nachvollziehbarer als die Hauptband des Herren am Mikro. Der hat das, was sich wohl „charakteristische Stimme“ nennt, mit der auch bei AGENDA OF SWINE Akzente setzt („Persecution, Ascension, Leave Nothing Standing“). Außer ihm kann die Gitarrenarbeit überzeugen, die einige knackige Riffs beisteuert und die Songs generell sehr druckvoll nach vorne bringt. Unter die dreizehn Songs haben sich zwar einige laue Nummer geschlichen, die aber durch die restlichen Nummern aufgefangen werden – „Waves Of Human Suffering“ ist zwar keine Bombe, aber eine solide Platte, die für Old Schooler eine Überlegung wert sein sollte.