Dass schwedische Musiker gerne mal die E-Gitarren dröhnen lassen, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Mit CELLOUT betritt nun ein neuer Konkurrent die Bühne, um bei dem lustigen Reigen fleißig mitzumischen. Das Quintett bewegt sich im Nu Metal/Modern Metal-Bereich, markantestes Markenzeichen ist die Dauerpräsenz fetter Gitarren bei gleichzeitiger Wertlegung auf durchgehend eingängigen Gesang ohne große Scream- oder Growl-Einlagen. Dass dabei des Öfteren Erinnerungen an PAPA ROACH wach werden, wird keine gar zu große Überraschung sein, dürfte aber dafür sorgen, dass Freunde der eben genannten bei „Superstar Prototype“ ihren Spaß haben dürften. Der Opener „Dark Days“ klingt ein wenig, als hätten sich PAPA ROACH mit CELLOUTs Landsmännern CRASHDIET zusammengetan und treibt gleich mal ordentlich vorwärts. Das Album kommt durchweg druckvoll und dynamisch daher, einziger Beanstandungspunkt ist, dass etwas mehr Abwechslung vielleicht ganz nett gewesen wäre: mit „Flooded“ findet sich zwar auch eine hübsche Ballade auf der Platte, aber die ist auch der einzige Song, der klar aus dem auf ansonsten fetten, aber auf Dauer ein wenig monotonen, dominierenden Gitarrensound heraussticht. Fazit: CELLOUT erfinden das Rad nicht neu, liefern mit „Superstar Prototype“ aber saubere Arbeit ab.
Das Album „Warm Winter“ von MEMORIES OF MACHINES ist schon ein paar Tage alt; was aber angesichts der momentanen herbstlichen Wettereskapaden dem geneigten Musikliebhaber die Gelegenheit bietet sich gebührend auf einen träumerischen Herbst einzustellen - zwischen anspruchsvollen Artrock und Pop wohlgemerkt.
Denn die beiden NO-MAN Protagonisten Tim Bowness (Gesang) und Giancarlo Erra (Gesang, Gitarre, Keyboard) haben zusammen mit bekannten Szenegrößen den dazu passenden Soundtrack abgeliefert. Als da unter anderem wären Steven Wilson (PORCUPINE TREE, BLACKFIELD, NO-MAN), Robert Fripp (KING CRIMSON), Jim Matheos (FATES WARNING, OSI), Peter Hammill (VAN DER GRAAF GENERATOR), Colin Edwin (PORCUPINE TREE) und Schlagzeuger Ricard Huxflux Nettermalm (PAATOS). Alleine die Nennung obiger Namen zeigt die Ausrichtung des Debüts, wobei man auf künstlerische Ego-Trips verzichtete und eher in PINK FLOYD Manier song- und melodiedienlich soliert. Stimmlich kann man auf „Warm Winter“ mehr von soufflieren als von lautem Gesang reden, ergänzende weibliche Vocals sowie Cello-, Trompeten- und Saxophonklängen erweitern das Spektrum. Einzelne Songs heraus zu heben fällt allerdings schwer, da „Warm Winter“ zehn Songs lang leicht melancholische Kost bietet welche gewollte Überraschungen ausspart und mehr auf Tiefe und Emotionen setzt. Wer die fragile Anmut der atmosphärisch ruhigen Stücke von PORCUPINE TREE zu schätzen weis und auch bei ANATHEMA eher schwebt, darf bei „Warm Winter“ getrost ein Ohr riskieren. Bowness und Erra verzichten auf Sperrigkeit - gehen gar einen Schritt weiter und legen den Schwerpunkt auf Verträumtes und Sphäroides.
Auch wenn man mit den Kompositionen der beiden letztgenannte Referenzbands nicht mithalten kann, bieten MEMORIES OF MACHINES ein gut gemachtes, ganzheitliches Album zum Genießen und Tagträumen.
Um THE QUILL wurde es nach dem letzten Album „In Triumph“ in 2006 erst mal richtig ruhig – nach Bassist Roger Nilsson (in 2005) verließ Sänger Magnus Ekwall 2007 die Band. Letzterer ist jetzt wieder zurück an Bord und THE QUILL mit einem neuem Album am Start. „Full Circle“ setzt dabei zwar weiterhin auf typische Stoner-Trademarks (wie es zum Beispiel auch die vergleichbaren SPIRITUAL BEGGARS tun, auch KYUSS gehören hier sicher zu den Urvätern), lassen aber auch dem Metal raum (MONSTER MAGNET, DEEP PURPLE und LED ZEPPELIN seien da mal genannt). THE QUILL lassen es in den besten Songs des Albums (das riffige „Sleeping With Your Enemy“, das eingängige „Black Star“, das fett-flotte „Medicine“ und der Rock’n’Roller „Bring It On“ – allesamt zu Beginn des Albums platziert) ordentlich krachen und können auch balladesk (die Halbballade „River Of My Childhood“ und das wunderschöne „No Easy Way Out“) überzeugen. Und natürlich lebt die Band auch vom herausragenden, alternativ angehauchten Gesang von Magnus Ekwall - ganz großes Kino was der drauf hat. Allerdings darf man auch nicht verschweigen, dass es vor allem die oben genannten Songs sind, die was reißen. Es kommt doch über die komplette Distanz etwas zu Ermüdungserscheinungen und „Full Circle“ kann so nicht vollends punkten. Aber mit „Full Circle“ als das Album zur Widerauferstehung sowie dem Überflieger „Hooray! It's A Deathtrip“ im Back-Katalog sollten sich THE QUILL damit wieder in eine gute Position für die Zukunft manövriert haben.
DYING FETUS schmeißen nach ihrem 2009er-Album mit „History Repeats“ eine EP mit sieben Coversongs auf den Markt. Als da wären: DEHUMANIZED ("Fade Into Obscurity"), NAPALM DEATH ("Unchallenged Hate"), BROKEN HOPE ("Gorehog"), BOLT THROWER ("Unleashed Upon Mankind"), PESTILENCE ("Twisted Truth") und CANNIBAL CORPSE ("Born In A Casket"). Der Sound ist wie beim letzten Album bei den Drums zu schwach auf der Brust, sonst aber ok. DYING FETUS haben sich die Songs genommen und an den eigenen Sound angepasst, was gerade der BOLT THROWER-Hommage noch mehr Wumms gibt, als das Original sowieso schon aht. Überraschungen finden sich in der Songauswahl aber nicht, das ist alles Standard-Kost für eine Death Metal-Band. Als kleiner Bonus hat sich mit „Rohypnol“ ein eigener, bisher unveröffentlichter Song eingeschlichen, der zu gefallen weiß. Alles in Allem eine solide Coverscheibe, die nicht essentiell wichtig ist (anders als es die NAPALM DEATH- oder ENTOMBED-Werke waren), aber für Fans interessant sein dürfte.
Bitte sich nicht gleich vom Cover erschrecken lassen – metal-inside.de hat weiterhin nichts mit Landeier-Country am Hut. Und auch wenn JOHNNY HILAND schwer nach vorgenanntem Musik-Stil aussieht – der Junge hat es drauf. Mit einer Krankheit namens Nystagmus auf die Welt gekommen ist der gute JOHNNY faktisch Blind – und trotzdem einer der besten Gitarristen Nordamerikas. Er verdiente in den 90ern seinen Unterhalt als Studiomusiker in Nashville und ergattert gar einen Vertrag bei Fender. Sein 2004 erschienenes Debüt wurde auf STEVE VAI’s Label veröffentlicht und HILAND durfte mit dem Rock-Gitarrengott auf Tour. Für sein neues, drittes Album „All Fired Up“ lieh VAI seinen Schlagzeuger und Bassisten an JOHNNY HILAND aus. Auf dem rein instrumentalen Album (außer den beiden Bonustracks) gibt es dann auch von Country (also doch, sorry) über Bluegrass bis zu Rock, Blues und Rock’n’Roll eine feine Bandbreite an gekonnten Gitarren-Spielereien – unheimlich flink und gefühlvoll zugleich - und vor allem mit dem von HILAND brillant gemeisterten „chicken‘ pickin“. Gleich die ersten beiden Songs („Barnyard Breakdown“, „All Fired Up“) servieren für Musiker – sicherlich auch die naheliegenste Zielgruppe – es rockt; auch wenn man im Nachgang den einen oder anderen Ausflug gen US-Volksmusik hört. JOHNNY HILAND ist gitarrentechnisch ein Virtuose – Bluegrass hin, Bluegrass her. Gitarrenfreaks mit Nerv für Könner verschiedenster Genres dürften aber mit „All Fired Up“ was anzufangen wissen.
DEGRADEAD haben für ihr Drittwerk auf bewährtes Personal gesetzt, Jonas Kjellgrän und Daniel Bergstrand sollen wieder für einen knackigen Sound. „A World Destroyer“ hat den bekommen und kommt entsprechend gut aus den Boxen. Mit dem Vorgängeralbum hatten die Schweden zwar keinen Meilenstein im Melodic Death Metal abgeliefert, was angesichts der Konkurrenz und Historie in dem Genre nicht verwunderlich ist – sehr gut war „Out Of Body Experience“ allemal. „A World Destroyer“ führt das fort und hat mit dem brachialen „A False Hope“ und dem nicht weniger knackigen „Cold Blood“ sehr gute Nummern aufzuweisen, die den Vergleich mit den Göteborger Ikonen nicht zu scheuen brauchen. „The Final Judgment“ erweitert den Sound gar ein wenig, indem es Parallelen zu CARNAL FORGE aufweist, während „Human Nature“ oder das extrem melodische „Broken“ an ältere IN FLAMES erinnern. Handwerklich macht den Jungs ebenfalls keiner mehr was vor, hier sind gestandene Musiker am Werk, die sich spätestens mit diesem Album als Band wie auch als individuelle Musiker gefunden haben. Das Problem von „A World Destroyer“ ist, mehr noch als beim Vorgänger, das Fehlen einer wirklich eigenen Note. DEGRADEAD suchen sich das Beste aus dem erweiterten Göteborger Kreis heraus und schreiben damit gute Songs, lassen aber ein Alleinstellungsmerkmal vermissen – weder der Gesang noch die Gitarrenarbeit noch Details im Songaufbau lassen einen Song klar zu einem DEGRADEAD-Song werden. Stattdessen muss zweimal hingehört werden, um sicher zu gehen, dass hier gerade nicht IN FLAMES oder CARNAL FORGE im Player rotieren. Das ist ein Manko der Scheibe (wie bei vielen anderen Melodic Death Metal-Alben), aber nichts, was sich nicht aus der Welt schaffen lässt. Wer sich daran nicht stört, sondern wer auf der Suche nach einer melodischen Death Metal-Scheibe ist, kann hier bedenkenlos zugreifen.
Nachdem SKINDRED vor etlichen Jahren mit ihrem nun doch recht ungewöhnlichen Mix aus Metal und Reggae den einen oder anderen eingefleischten Metalhead etwas brüskierten, sind die Briten inzwischen fester Bestandteil der Szene und gern gesehen Gäste auf diversen Festivals. Mit „Union Black“ wird jetzt neues Studiomaterial unters Volk gebracht. Insgesamt überwiegt der Rock/Metal-Anteil, es geht ordentlich zur Sache, dass die Gitarren nur so krachen, und dass gleich schon zu Anfang bei „Warning“ oder „Doom Riff“. Gemäßigtere Strophen wechseln sich mit teils Refrains (siehe „Make Your Mark“), vereinzelt finden sich Elektro-Einsprengsel. Bei „Gun Talk“ dominiert eindeutig der Reggae-Einschlag und sorgt für karibisches Flair, wohingegen „Death To All Spies“ ein bisschen Sleaze-Attitude verbreitet. SKINDRED weigern sich ebenso beharrlich wie erfolgreich, sich festlegen zu lassen und führen ihren eigensinnigen Stil auf „Union Black“ konsequent fort, was ihnen sicherlich noch den einen oder anderen neuen Rekruten bescheren dürfte.
Mit „Runner“ könnte das Münsteraner Trio EAT THE GUN (Hendrik Ücüncü – Gesang und Gitarre, Phil Hüls – Bass, Gereon Homann – Schlagzeug) den großen Wurf gelandet haben. Nach tollem Start mit „Kingsize“ (Eigenproduktion in 2003) und „Cross Your Fingers“ (offizielles CD Debüt in 2006), sowie dem tollen und hochgelobten 2009er Album „Super Pursuit Mode Aggressive Thrash Distortion“ lassen die Heavy Rocker in 2011 nicht nach – nein – sie legen noch was drauf und rocken für Fünf! Und das auf voller Spiellänge. Exemplarisch seien mal das groovige „The Evil In You And Me“ (dreckig schneller Ohrwurm der Extraklasse) und der Riff betonte Banger „Not Dead Yet“ genannt. Bei „Down The Fire“ nimmt man dann doch den Fuß vom Gaspedal und spielt gekonnt mit Blues und Wüstenrock, ansonsten rockt es konsequent nach vorn. EAT THE GUN sparen sich auf „Runner“ Füllmaterial und liefern ein rotzig homogenes Album das auch dem Begriff zeitlos stand hält. Das Produzent Toni Meloni (THE SORROW, APOKALYPTISCHE REITER, DIE TOTEN HOSEN) dem Album dann noch den nötig fetten Sound verpaßte ist da nur noch das i-Tüpfelchen. Wenn die alte Regel noch Bestand hat, dass das dritte Album über den Weg einer Band entscheidet, dann haben EAT THE GUN mit „Runner“ einen Treffer gelandet. Dazu noch den Supportact für die die traditionelle Dezembertour von DORO – da sollte was gehen. Starke Scheibe.
AGORAPHOBIC NOSEBLEED, die durchgeknallten Amis um PIG DESTROYER-Chef Scott Hill, haben sich mit ihrem letzten Werk, „Agorapocalypse“, auf neue Pfade begeben – weg vom chaotischen Grindcore, hin zu einer Sludge-Doom-Melange. Auf der Split mit DESPISE YOU hält sich ihr Material die Waage, neben den erwarteten Grindnummern („Miscommunication“, „Los Infernos“ und „Ungrateful“) haben sie auch ein paar schwere, fiese Songs auf die Scheibe gebrannt, die klar in Richtung des letzten Albums gehen. Für Fans der Band ist der Beitrag der Relapse-Veteranen auf jeden Fall ein guter Grund, die Split zu kaufen, denn beide Ausprägungen sind gelungen. Beim Beitrag von DESPISE YOU lässt sich das so nicht sagen, dazu sind die 18 Songs zu eintönig und zu sehr auf schnell, krachig, 1-2-3 ausgelegt, was gut nerven kann. Da nützt auch die leichte Hardcore-Note nichts, die den Mix aus Powerviolence und Grindcore auflockert, von den 17 Minuten DESPISE YOU-Beitrag nerven mindestens 15. „And On And On…“ ist so eine zwiespältige Sache, deren Kauf sich für AGORAPHOBIC NOSEBLEED-Affine lohnt, deren DESPISE YOU-Beitrag aber niemand braucht.
WEEKEND NACHOS haben nicht nur einen selten beknackten Bandnamen, sondern auch viel kreative Energie beim Songschreiben – nur kurz nach der „Black Earth“-EP haben sie „Worthless“ fertig, das sie via Relapse Records nachschieben. 14 Songs in gut 27 Minuten gibt es, also wieder schön Auf-die-Fresse-Grindcore, wie gleich der Opener „Hometown Hero“ klarmacht. Interessant ist an der ganzen Chose die Einbeziehung von New Orleans-mäßigem Sludge-/ Doom-Passagen, was das andere Extrem zur wütenden (mit Crust-Einschlag) Raserei darstellt. Die Kombination funktioniert leidlich („Frostbitten“) und geht im Regelfall auch harmonisch ineinander über. Einzig bei „Future“ und ein, zwei anderen Songs reizen WEEKEND NACHOS die Sludge-Parts zu lange aus, wodurch vermeidbare Monotonie aufkommt. Der Großteil von „Worthless“ kann aber locker überzeugen, solange ein Faible für crustigen Grindcore vorhanden ist.