Warum lag denn das HAIL! HORNET-Zweitwerk so lange auf dem Review-Stapel? Ach ja, weil es langweilig ist. Der Opener von „Disperse The Curse“ geht zwar klar, aber das war es auch schon, die restlichen Songs sind zwar solide gespielter Sludge Metal, aber mehr auch nicht. Mit ihrem Shouter haben die Amis zudem eine massive Fehlbesetzung, viel zu dünn, kraftlos und eintönig ist sein Gekeife, womit er genau Null zum schweren Sludge passt. Einen schönen Groove haben HAIL! HORNET („Beast Of Bourbon“), aber das recith gegen die starke Konkurrenz aus dem eigenen Haus nicht aus. Mittelmaßscheibe, die so niemand braucht.
RWAKE-Alben machen keinen Spaß, soviel steht mal fest. Die Amis fordern Nerven und Geduld des Hörers mit ihrer zähen, vertrackten Mischung aus Doom, Sludge und Postcore heraus, mit Easy Listening ist hier nichts. „Rest“ überrascht da mit einem relativ entspannten Einstieg, haut allerdings sehr schnell das volle Pfund Sperrigkeit raus. Wer NEUROSIS zum Frühstück hört, ist bei RWAKE auch weiterhin richtig; die Band hat sich auch nach mehr als einer Dekade nicht verändert. Und sie wissen mittlerweile, wie sie einen klassischen RWAKE-Song schreiben, was in Nummern wie dem starken „It Was Beautiful But Now It’s Sour“ oder dem fiesen, überlangen „The Culling“ mündet – beides Songs, die den Hörer fordern und fesseln. Stellenweise wollten RWAKE zwar zuviel des Guten und verzetteln sich ein wenig im Songaufbau, so dass der Spannungsbogen nicht immer da ist, aber im Großen und Ganzen macht „Rest“ eine gute Figur. Vorausgesetzt, es ist ein Faible für anstrengende, sich nach und nach erschließende Musik da.
CRIPPLED BLACK PHOENIX sind Prog-Underground – daran haben hervorragende Alben wie „200 Tons Of Bad Luck“ (2009) und „I, Vigilante“ (2010) nichts groß geändert. Und ob das neue Label Mascot daran was ändert ist mit schlichtweg egal. Denn CRIPPLED BLACK PHOENIX sind einfach eine Nummer für sich und lassen sich nicht gen Mainstream messen – und das ist gut so. Ihr faszinierend Mix aus Post-Rock, Folk, Blues und Artrock erinnert in vielen Momenten an die hochklassig entspannten Parts der 70er PINK FLOYD. Kein Vorurteil; das ist schon so! Aber CRIPPLED BLACK PHOENIX waren schon früher mehr und sind auf „(Mankind) The Crafty Ape” noch viel mehr. CRIPPLED BLACK PHOENIX beherrschen die Kunst sofort zu gefallen, zu überzeugen – und trotzdem mit jedem Durchlauf zu wachsen und weitere Facetten ihrer detailverliebten Kompositionen zu offenbaren. Zu jeden einzelnen der sich auf drei Kapiteln („Chapter I – A Thread“, „Chapter II – The Trap“ und „Chapter III – The Blues Of Man“) verteilenden 15 Songs könnte man genüsslich phrasieren – zu vielfältig die Ideen und die über den Hörer hereinbrechenden Soundlandschaften; Bläser, Streicher, weibliche Vocals, elektronische Dubs setzten Akzente. Justin Greaves und seine diversen Mitstreiter und Gäste zelebrieren ihre sogenannten „Endzeitballaden“; „Chapter I“ glänzt mit eben jenen oben genannten PINK FLOYD Bezügen, „Chapter II“ rockt und vertreibt (fast) die melancholische Grundstimmung, „Chapter III“ lebt von Blues-, Psychedelic- und Spaceatmosphäre. Das abschließende „Faced With Complete Failure, Utter Defiance Is the Only Response“ gehört mit 14 Minuten Soundeskapaden ins Lehrbuch für Intensives. Das fünfte Album der Band bestätigt locker die mit den Vorgängerwerken gewachsenen Erwartungen. Anhören, Song für Song – in den Emotionen versinken - repeat. CRIPPLED BLACK PHOENIX haben mit „(Mankind) The Crafty Ape” für mich bereits jetzt schon eines der Highlights 2012 abgeliefert, welches Classic Rock Freunden genauso gefallen wird wie dem geneigten Proggie – ach was, jedem aufgeschlossenem Freund anspruchsvoll guter Rockmusik.
Der plakative Albumtitel in Verbindung mit der Tatsache, dass in nicht mal einer halben Stunde 17 Songs gezockt werden, lässt schon vor dem ersten Hören klar werden, dass es sich bei LIBERTEER nur um eine Grind- oder Crust-Geschichte handeln kann. Tatsächlich ist LIBERTEER das Projekt von Matthew Widener (CITIZEN, ex-EXHUMED), der sich auf „Better To Die On Your Feet Than Live On Your Knees“ textlich mächtig über die Zustände der Gesellschaft auskotzt. Schön in kurzen Grindsongs verpackt, gibt es eine gepfefferte Kritik, die so aus Tea Party-Land nicht mehr oft zu hören ist. Musikalisch lockert Mr. Widener die Chose immer wieder durch Einfälle wie die Trompeten-Einsätze bei „Build No System“ oder den Mandolinen bei „Rise Like Lions Afters Slumber“ auf, was sich überraschend gut in den harschen Sound einfügt. Immer wieder gibt es schwedische Gitarren zu hören (“Build No System“), während das Shouting an den guten Barney Greenway (NAPALM DEATH) erinnert. Für eine Grindplatte ist das Ergebnis trotz aller Experimente völlig in Ordnung, hier gibt’s immer noch gepflegt einen vor die Kauleiste.
Better To Die On Your Feet Than Live On Your Knees
TEMPLE OF YOUR SOUL waren bereits mit PAIN unterwegs, ein gänzlich unbeschriebenes Blatt sind sie also nicht mehr. Jetzt erscheint mir „For All“ das Debütalbum mit gepflegt angedunkelter Rockkost. Das Album beginnt mit einem knisternden Retrointro im Schallplattestil, von dem man sich allerdings nicht täuschen lassen sollte. Wer eine weitere Band mit elfengleichem Gesang erwartet wird enttäuscht, denn die Stimme von Sängerin Karoline Drechsel kommt als angenehme Überraschung deutlich dunkler und rockiger daher. „Warfare“ rockt und zeigt im Solo eine gewisse Progressive-Affinität, „Change Sites“ schafft einen schönen Kontrast zwischen fetten E-Gitarren im Refrain und ruhiger, hauptsächlich von Piano getragener Strophe. „Evening Takes Over“ ist eine nette Ballade und mit „Eleanor Rigby“ (offenbar überdurchschnittlich beliebt in der Dark-Rock-Fraktion) findet sich überdies ein BEATLES-Cover, dem ein neues, dunkles Gewand verpasst wurde. „For All“ ist ein solides Dark Rock-Album- richtige Killermelodien sind zwar noch nicht dabei, aber TEMPLE OF YOUR SOUL machen den Eindruck, als wäre das nur eine Frage der Zeit.
Im Opener ihres neuen und zweiten Albums lassen es DEAF HAVANA aus dem englischen Norfolk ruhig angehen. „The Past Six Years“ ist ein zurückhaltender, nachdenklicher Folksong, klingt wirklich ziemlich schön und macht auf das Kommende neugierig. Beim nachfolgenden „Youth In Retrospect“ werden dann die Stromgitarren eingestöpselt, und es darf auch mal ein bisschen krachen, harmonisch und melancholisch bleibt es aber auch hier. Im Laufe des Albums fühlt man sich dann immer wieder an End-90er Nu Rock erinnert, denn auch bei DEAF HAVANA gibt es nahezu durchgehend diese typischen Wechsel zwischen ruhiger Strophe und rockigem Chorus. Die Produktion schielt dabei eindeutig auf den Pop-Markt. Auch wenn die Gitarren im Hintergrund ordentlich braten, ist der Gesamtsound sehr clean und steht der Gesang immer eindeutig und von jedem Dreck befreit im Vordergrund. Auch die Songs bewegen sich öfter mal in poppigen Bahnen. In einem Song wie „Little White Lies“ kann man gar etwas SNOW PATROL heraushören, in „I'm A Bore, Mostly...“ wiederum COLDPLAY in ihren bombastischen Momenten. Selbst ein Song mit einem Titel wie „Filthy Rotten Scoundrel“ versinkt im Refrain trotz ordentlich rockender Strophe in allzu viel Wohlklang. Und so wie Sänger/Gitarrist James Veck-Gilodi durchgehend leidet, könnte er auch in jeder Emo-Band anfangen. Tja, was soll man sagen. Die Songs selbst sind gut gemacht und tadellos gespielt, aber der süßliche Anstrich verleidet einem die Musik dann doch schnell wieder. Kann ich mir gut im Radio vorstellen, aber nicht in meinem CD-Player.
YOUR HIGHNESS machen auf „Cults’n’Cunts“ keine Sperenzchen, hier gibt es eine gute halbe Stunde lang die gerade angesagte BARONESS/ KYLESA-Chose, also schön rotzig-erdiger Metal, der mächtig Druck macht und arschcool daherkommt. Immerhin haben YOUR HIGHNESS durch ihren im Vergleich mit der Konkurrenz noch stärkeren BLACK SABBATH-Einschlag so was wie eine eigene Note, allerdings leiden sie auch unter einem Shouter mit sehr limitierten Fähigkeiten. Der brüllt manchen Song und manche gute Ideen in Grund und Boden, passt in guten Momenten aber wie Arsch auf Eimer zu der lässig rockenden Musik. „Cults’n’Cunts“ macht trotzdem Spaß, gerae als Wochenendeinstimmung mit ein paar Bier. Große Innovationen sollte niemand erwarten und die besseren Songs schreiben andere Bands, aber Charme hat auch dieses speckige, stinkende Album irgendwie.
Hinter WARBEAST stecken Musiker, die schon einige Bands am Start hatten und entsprechend Erfahrungen sammeln konnten. „Krush The Enemy“ profitiert davon, da die Herren hörbar wussten, wie knackige Thrash-Songs zu klingen haben. Das von Phil Anselmo (DOWN, PANTERA) produzierte Album ist dann auch eine qualitativ durchweg hochwertige Angelegenheit, Füllermaterial haben WARBEAST nicht draufgepackt. Die Songs halten die Balance zwischen Brutalität und Eingängigkeit (gerade in der sehr melodischen Gitarrenarbeit) und gewinnen durch den eigenständigen Gesang an Profil. Irgendwo zwischen EXHORDER, SLAYER und (natürlich) PANTERA angesiedelt, ist „Krush The Enemy“ eine gute Thrash-Platte, die sich Fans des Genres ruhig anhören sollten.
BLACK TUSK konnten sich mit ihrem Relapse-Debüt „Taste The Sin“ nicht aus dem Schatten der übermächtigen Konkurrenz von BARONESS bis MASTODON befreien. Ob ihnen das mit „Set The Dial“ gelingt? Stellenweise schon, so beim herrlich dreckigen „Bring Me The Darkness“ oder den nicht minder herrlichen, schnörkellosen „This Time Is Divine“ und „Ender Of All“; ganz zu schweigen vom mit dreistimmigen Gesang veredelten „Crossroads And Thunder“, mit dem das Album würdig beendet wird. Aber im Vergleich mit der Konkurrenz fehlt der letzte Kick, vielleicht weil BLACK TUSK dann doch zu gerade heraus sind und ihren Sound nicht genug variieren, wo KYLESA oder BARONESS immer wieder einen kleinen Dreh einbauen und ihre Songs so variabler gestalten. „Set The Dial“ macht durchaus Spaß, allerdings nicht so lange wie die Konkurrenzwerke, aber als Playlist-Ergänzung finden sich genügend Songs auf der Scheibe. Solide eben.
Die New Yorker Formation VOICES OF EXTREME macht es mir nicht leicht. Stilistisch schwanken sie zwischen alternativ angehauchtem Hard Rock und grooviger Aggromucke à la DISTURBED. Was die Sache nicht gerade vereinfacht ist der „St. Anger“-lastige Sound. Selbiger ist sicherlich gewollt, bereitet mir persönlich aber nur bedingt Vergnügen. Handwerklich ist dagegen alles im grünen Bereich, was bei nachgewiesenen Könnern wie John Macaluso am Schlagzeug aber auch zu erwarten war. Aufgelockert wird das Material durch einige ruhigere Nummern, die für sich genommen schöne Stücke sind, das Album aber noch weiter zerfasern. Es ist ein schmaler Grad zwischen Abwechslungsreichtum und stilistischer Unentschlossenheit. Auch wenn IRON MAIDEN-Schlagwerker Nicko McBrain die Truppe sehr lobt, so fehlt mir doch der rote Faden. Moderne und aufgeschlossene Hard Rocker können ja mal ein Ohr riskieren.