Die drei Damen von HEAVY TIGER machen mit „Glitter“ einen riesen Schritt nach vorne. Das Debut „Saigon Kiss“ war ein nettes Rock ‘n Roll Album für zwischendurch, tat nicht weh, begeisterte aber auch nicht restlos. „Glitter“ hingegen ist vertonte gute Laune und der perfekte Soundtrack für den bevorstehenden Sommer. 70er KISS, RUNAWAYS, skandinavischer Rotzrock und eine Prise Punk werden zu einem extrem kurzweiligen Gemisch verrührt, was ganz laut „Cabrio“ und „Straße“ schreit.
Nicht nur, dass die Mädels im Gegensatz zum Debut mit einem amtlichen Sound aufwarten können, nun rocken auch die Songs. Egal wo man den Laser ansetzt, man hat sofort ein meterbreites Grinsen im Gesicht. Und das genial betitelte „I Go For The Cheap Ones“, „No Tears In Tokyo“, „Starshaped Badge And Gun Shy“ und „Devil May Care“ sind schlicht großartige Rocksongs, die keinen internationalen Vergleich scheuen müssen.
So kann ich „Glitter“ allen ans Herz legen, die den Sommer begrüßen wollen und (im besten Sinne) simple Singalong-Mucke mit 70er Flair goutieren können.
GATECREEPER aus dem sonnigen Arizona haben sich nicht von den im gleichen Staat ansässigen SOULFLY oder FLOTSAM AND JETSAM inspirieren lassen, sondern lange und intensiv GRAVE, ASPHYX, DISMEMBER und ENTOMBED gehört. Für den Mix haben sie sich an CONVERGE-Gitarrist und Soundgott Kurt Ballu gewandt, dessen God City Studios schon DISFEAR und DOOMRIDERS zu einem guten Sound verholfen haben. Da kann ja nicht mehr viel schiefgehen. Und in der Tat: " Sonoran Depravation" kann überzeugen. Songs wie das Riff-huldigende "Lost Forever" oder die ASPHYX-meets-ENTOMBED-Verbindung "Grip" sind feine Interpretationen des schwedisch geprägten Death Metal-Sounds und verhindern, dass GATECREEPER zu einer reinen Kopie verkommen. Wenn "Sonoran Depravation" Tempo aufnimmt, kommen Nackenbrecher Marke "Desperation" oder "Flamethrower" heraus, die Live für ordentlichen Abriss sorgen dürften. Kleine Doomeinschübe ("Slave") und SUFFOCATION-Verneigung ("Sterilized") runden das Ganze ab. "Sonoran Depravation" unterhält von der ersten bis zu letzten Sekunde und ist vollgepackt mit Ideen, Spielereien und Verneigungen vor den Legenden der Szene. Mit diesem Album geben GATECREEPER einen sehr gelungenen Einstand und bringen sich als zukunftsträchtige Death Metal-Band in Stellung.
ERIC GALES gilt in Augen vieler seiner Musikerkollegen als einer der besten Gitarristen der Welt; wenn es um den rechtmäßigen künstlerischen Erben eines JIMI HENDRIX geht, fällt eins um andere mal sein Name. An mir, trotz meiner Blues-Rock-Affinität, ging der Mann seit seinem 2011er Album „Transformation“ an sich spurlos vorbei. Woran das liegen mag? Sicherlich auch daran, das GALES seinen Schwerpunkt weniger auf die rockige Seite des Blues legt (wie zum Beispiel BONAMASSA), sondern sich eher dem Soul, Gospel und Funk verbunden fühlt. Und so bietet auch sein neues Album „Middle Of The Road“ Gitarrenspiel vom Feinsten, aber eben ein Blues-Soul-Funk-Album (wobei ERIC GALES auf „Middle Of The Road“ noch den Bass spielt und den Gesang beisteuert).
Bereits der Opener „Good Time“ zeigt dabei mit seinem weiblichen Gospel-Background-Gesang und den funkigen Rhythmen die Richtung auf. Das nachfolgende „Change In Me (The Rebirth)“ hat dann was von traditionellem Blues (erinnert mich irgendwie an GARY MOORE R.I.P.) und kommt sehr gefühlvoll daher. Zwei tolle Songs – auch in der Kombination – aber eben nicht Mainstream oder Rock. Weitere Highlight noch das FREDDIE KINGS-Cover „Boogie Man“ (eingespielt mit dem jungen Gitarristen Gary Clark Jr.), das sogar eine Gewisse Jazz-Note aufweist und zu faszinieren aufweist. Diese abwechslungsreiche Mixtur wird in der Art über die komplette Distanz beibehalten und dürfte so vor allem Blues-Nerds ansprechen. Das abschließende „Swamp“ (ein reines Instrumentalstück) zeigt dann ERIC GALES beim rhythmusdominierten jammen in eine am Sumpfrand vereinsamt stehenden Südstaatenkirche – anders läßt sich das kaum beschreiben. Toller Schluss.
Mensch – PERZONAL WAR gibt es jetzt auch schon 20 Jahre – und haben dabei leider nie jene Beachtung gefunden, welche den Jungs aus Troisdorf/NRW für ihren qualitativ hochwertigen Thrash eigentlich zustehen sollte. Aber man läßt sich Gott sei Dank nicht unterkriegen und veröffentlicht zum Jubiläum ein richtig geiles Schmankerl. Hinter dem Titel „Inside The New Time Chaoz” verstecken sich die 11 Titel ihrer mittlerweile vergriffenen ersten beiden noch als PERSONAL WAR aufgenommenen Alben „The Inside“ (1998) und „New Time Chaoz“ (2000). Diese wurden leicht modifiziert und von der aktuellen Besetzung neu eingespielt; mit Unterstützung der an den damaligen Originalaufnahmen Beteiligten. Das PERZONAL WAR sich seit jeher den Vergleich mit METALLICA gefallen lassen müssen hört man hier deutlichst. Na und! Mir ging es damals wie vielen – METALLICA pendelten recht orientierungslos zwischen „S&M“ und „St. Anger“ – da waren PERZONAL WAR die perfekte Alternative. Und dieses Feeling gibt „Inside The New Time Chaoz” musikalisch wie gesanglich wieder. Schneller, melodischer und abwechslungsreicher Thrash mit klasse Soli und rauen, aber cleanen Vocals. Natürlich kommt das ganze nunmehr noch fetter als damals aus den Speakern und wurde neu arrangiert – und das Teil bestätigt erneut den damals oft gehörten Tenor – die Kollegen aus der Bay Area hätten sich hier ruhig ein Scheibchen abschneiden dürfen. Vom dynamischen Opener „The Inside“ bis zum laut/leisen „Putrefection Of Mind“ atmen die ersten 5 Songs des PERZONAL WAR-Debüts die Luft METALLICAS – danach wird es etwas härter und weniger eingängig- aber immer noch fett groovend – man höre sich nur „Voices“ und „Mother Darkness“ in voller Lautstärke an. Das Ding macht echt Laune.
Das es nach dem Ableben DER Kultfigur des harten Rock zu reichlich Tribute-Veröffentlichungen kommen würden war nicht schwer vorherzusehen. Die von Metalville herausgebrachte Compilation „A Tribute To Lemmy“ gehört dabei sicher zu den besseren. Hier wurden nicht einfach bekannte Bands auf die MOTÖRHEAD-Hits losgelassen; die Bands durften sich ihres Lieblingsstückes bedienen (das dabei OVERKILL bei „Overkill“ landen ist die Openerposition allemal wert). Die Bands bleiben dabei meist recht nah am Original; besonders gelungen für mich hier ist „Burner“ von PERZONAL WAR oder der von UGLY KID JOE mit Phil Campell eingespielte Klassiker „Ace Of Spades“. Schön hier noch, dass Lemmy auch selber zu Wort kommen darf. Einmal balladesk mit Freundin DORO, einmal Industrial/Wave-mäßig mit EMIGRATES „Rock City Nights“ (Richard Kruspe/RAMMSTEIN) und einmal covert er ungemein schwungvoll selber QUEENs „Tie Your Mother Down“. Etwas anderen Noten kommen dann zum Schluss: „Iron Fist“ wird mit KORPIKLAANI-Instrumenten verfeinert (Geige, Akkeodeon), MONSTER MAGNET setzen auf eine 8-minütige Stoner-Psychedelic Note bei „Brainstorm“ (HAWKWIND) und BLACK EXPLOSION schließen den Kreis zu Lemmy mit einer HAWKWIND-Version von „Location 9“. Zwar kein Cover aber eine Rückkehr zu Lemmy’s erster Band und ihrem Space Rock. Ob man das hier nun als Lemmy-Fan braucht oder will oder nicht – qualitativ ist das echt in Ordnung – dass muss ein jedweder selbst entscheiden.
Nicht der nur der Titel des Albums („Apokalypse der Liebe“) und der Bandname LOS BANDITOS klingen irgendwie schräg. Das Ganze Album ist es – und verbreitete dabei trotzdem Laune. Das „irgendwie schräg“ kommt dabei vom ungewohnten 60er-Sound – denn die LOS BANDITOS sind eine waschechte ostdeutsche Beatkapelle (aus Jena, 1996 gegründet). Dazu vermengen sie in ihren überwiegend instrumentalen und tanzbaren Stücken Ska, Punk, Rock, Blues, Americana, Jazz und was weis ich noch. Mir kommt da ständig die alte TV-Kultserie „Raumschiff Orion“ in den Sinn – was aber wohl nicht jedem was sagen wird (eventuell weis hier ja youTube Rat). Da spielt auch mit Sicherheit die Tatsache mit hinein, dass die Produktion, die Orgel und die Gitarre soundmäßig ebenfalls stark Retro klingen. Die Protagonisten der Tanzkapelle haben sich dem Sound entsprechende Künstlernamen verpasst: Seniore Commodore Professore Rodriguez (Oliver Jahn), Django Boogiebastard Silbermann (Ulf Steinhauer), Mr. 2014 Volt" (Steffen Gräf) und Sven Franzisco (David Pölzing). Die Titel der einzelnen Kompositionen scheinen durchaus wahllos gewählt („Terrorgefahr auf der B7“, „Petra und der Wolf“, usw.) und offenbaren meist keinen nachvollziehbaren Kontext zur Musik oder den wenigen Textpassagen (die oft nur TV- und Spielfilm-Samples sind). Mit „Pik As“ hat man gar ein Coverversion am Start – wer es noch nicht erraten hat – an dieser Version von „Ace Of Spades“ (MOTÖRHEAD) hätte der gute Lemmy (R.I.P.) seine helle Freude gehabt. Live macht das sicherlich (bei entsprechender Perfomance) Spaß – ansonsten wohl nur einem eingeschränkten Kreis von Musikliebhabern zu empfehlen.
POVERTY’S NO CRIME haben in den letzten knapp 25 Jahren nunmehr 7 Alben vorzuweisen, welche allesamt im Prog Metal zu verordnen sind und den einmal gefundenen Stil zwar nicht revolutionieren, aber dennoch immer weiterentwickeln. „Spiral Of Fear“ ist das erste Album nach der 2007er Veröffentlichung „Save My Soul“. In diesem Business sind 9 Jahre eine verflucht lange Zeit. Man kann nur hoffen, dass POVERTY’S NO CRIME nun nicht ganz von vorne anfangen müssen, denn das hätten die Nordlichter nicht verdient. Etwas melodischer als ihre Gesinnungsgenossen von IVANHOE lassen es POVERTY'S NO CRIME angehen. Eigentlich wollte ich mir den DREAM THEATER Vergleich sparen, da er an vielen Stellen doch etwas hinkt und POVERTY’S NO CRIME mit Sicherheit keine Copycats sind. Dennoch kann ich mir gut vorstellen, dass viele Leute, die den „Images & Words“ -Tagen des Traumtheaters hinterher trauern, durchaus ihre Freude mit „Spiral Of Fear“ haben könnten. Denn der mit einer gesunden Härte ausgestattete melodische Prog Metal vereint in ähnlicher Weise musikalischen Anspruch mit Eingängigkeit. Das wäre dann auch schon die Kritik, denn POVERTY’S NO CRIME lassen es missen, den einen oder anderen nicht so glatten Widerhaken einzubauen. Das ist aber Meckern auf hohem Niveau. Die Liebe zu einschmeichelnden Sounds wird einem besonders bei „A Serious Dream“ bewusst, wo das Stakkato-Piano FOREIGNER’s „Cold As Ice“ zitiert. Diese AOR Momente sind es auch, die POVERTY’S NO CRIME von vielen anderen ähnlich gelagerten Bands abheben. Wie weiter oben bereits angesprochen ist dieses Alleinstellungsmerkmal Fluch und Segen zugleich. Den einen ist es womöglich zu glatt und die anderen erfreuen sich gerade daran. Bleibt eine gute Progressive Metal Scheibe, die man als Genre Fan mal antesten sollte.
BILLION DOLLAR BABIES haben sich einer sehr heavy und modern klingenden Version skandinavischen Sleaze Rocks verschrieben. Irgendwo zwischen SISTER, HARDCORE SUPERSTAR, MARILYN MANSON, der Rocky Horror Picture Show und Tim Burton haben es sich die BABIES gemütlich gemacht. Es gibt harte Riffs, ein paar elektronische Sounds und Spielereien und es wimmelt nur so vor Drogen, Alpträumen, Monstern und allerlei anderen Dingen, die unser Leben so lebenswert machen. Etwas aus dem groovigen Vollbrett des Restalbums fällt das gelungene und sehr sphärische „One“, so wie die überlange, swingende Abschlussnummer „House Of Dreams“, welche so auch aus „Nightmare Before Christmas“ stammen könnte. BILLION DOLLAR BABIES sind die düstere, hässliche Fratze des Hard Rocks. Hier gibt es keine Neontücher, dafür gefährliche und selbstzerstörerische Orgien im „Eyes Wide Shut“ Stil. Beim Eintritt in diese Welt hält der bucklige Butler schon an der Tür ein Tablett mit chemischen Köstlichkeiten bereit. Aber Vorsicht: Es sind schon einige von solchen Reisen nicht zurückgekehrt.
Der in Österreich lebende Amerikaner Matt Boroff ist schon seit den 90ern musikalisch aktiv, mal solo, mal mit wechselnden Bands, zuletzt mit dem Trio MATT BOROFF & THE MIRRORS. „Grand Delusion“ ist sein drittes Solo-Album, bei dem er allerdings prominente Unterstützung hatte, u. a. von Alain Johannes (u. a. QUEENS OF THE STONE AGE) und Mark Lanegan.
Boroff versucht hier immer wieder, eine düstere, an Desert Rock angelehnte Atmosphäre aufkommen zu lassen, was ihm jedoch nur stellenweise gelingt. Der zwar etwas langatmige Opener und Titeltrack lässt mit seinen Wüsten-Gitarren durchaus Hypnotik aufkommen, gleiches gilt für das instrumentale Interlude „Modern Plagues“. Auch das rockige „Pipe Dream“ gehört zu den besseren Songs des Albums, und besonders „Thirst“ strahlt mit seinen sägenden Gitarren eine intensive Dunkelheit aus. Dazwischen gibt es aber auch viel uninteressantes Material zu hören. „What A Shame“ z. B. stampft ziellos vor sich hin, auch beim schleppenden „Hang On“ wird es schnell monoton. Und dann gibt es auch noch einige balladeske Akustik-Nummern, die, wie „Behind Your Mask“ oder „Dissolve“, statt Western-Atmosphäre zu vermitteln, ziemlich schnulzig daherkommen. Auch Boroffs eher gewöhnliche Stimme vermag keine Akzente zu setzen.
Mit „Grand Delusion“ ist Boroff daher leider nur ein mittelmäßiges Album gelungen. Leider, weil man aufgrund der an der Produktion Beteiligten (s. o.) mehr hätte erwarten können.
Regelmäßig alle ein bis zwei Jahre erscheint ein neues Album von IMPERIAL STATE ELECTRIC. Das letzte, „Honk Machine“, kam erst letzten Sommer heraus, jetzt steht mit „All Through The Night“ schon das nächste in den Startlöchern. Ein bisschen wurmt es Nicke Andersson dabei offenbar schon, dass er mit dieser Band nicht den gleichen Erfolg hat wie mit den HELLACOPTERS. So war gerade in einem Interview zu lesen, dass er es nicht versteht, dass IMPERIAL STATE ELECTRIC nicht auf größeren Bühnen spielen würden, denn der Sound sei doch quasi die Optimierung dessen, was es auf dem letzten HELLACOPTERS-Album zu hören gab. Das Problem dabei ist, dass dieses bei vielen Fans nicht besonders gut ankam, weil es eben die endgültige Abkehr vom punkigen Garagen-Rock der Anfangstage darstellte, hin zu geradem und relativ cleanem 70s-Glam-Rock. Auch dass Bandname und Platten-Artworks weniger cool sind, wird eine Rolle spielen.
Andersson denkt trotzdem nicht daran, andere Musik zu spielen, sondern zieht den typischen IMPERIAL STATE ELECTRIC-Sound weiter durch. So auch auf „All Through The Night“, auf dem kaum Variationen zu den vorigen Alben zu hören sind. Immerhin, im Ansatz gibt es sie: „Break It Down“ z. B. hat einen ordentlichen Country-Einschlag, der Americana-mäßige Titelsong leistet sich Streichersätze im Hintergrund und beim ebenfalls sehr amerikanisch klingenden „Read Me Wrong“ dengeln Slide-Gitarren und ein Schellenkranz mit. Allerdings gehören diese Stücke zu den weniger gelungenen des Albums. Demgegenüber stehen aber Songs, bei denen zwar nichts anders, aber auch nichts falsch gemacht wird, wie der großartig vorwärts stampfende Opener „Empire Of Fire“, der dreckiger Boogie von „Get Off The Boo Hoo Train“ oder das bluesige, aber trotzdem treibende „Would You Lie“ mit seinen tollen Backings im eh schon tollen Chorus.
Kein schlechtes Album also, aber man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Songs, die am meisten nach den HELLACOPTERS klingen, sind die stärksten. Natürlich will Nicke Andersson auch mal neue musikalische Nuancen einbringen, aber Slide-Gitarre und Geigen müssen es nun wirklich nicht sein. Beides lässt er auf Tour hoffentlich zu Hause.