Es gibt einige Leute in der so genannten "Metal-Szene", die stehen Folk in seiner etwas traditionelleren Spielart ein wenig skeptisch gegenüber. Da gibt es Mädels, die halten so was wie die OYSTERBAND für eine Rentnerband, da gibt es Jungs, die tun Folk-Fans als körnerfressende Schwuchteln ab. Das tut aber tatsächlich alles nicht zur Sache. Klar kommt einem das absolut gemischte Publikum ein wenig merkwürdig vor, weil Metaller ja eher nietengespickte Krawalleure gewohnt ist und klar scheint einem das Stageacting ein wenig langweilig, weil die Band eben nicht wie wild propeller-bangt. Aber: Dafür sind die Fans mit einer unglaublichen Freude bei der Sache (was diese DVD auch anschaulich transportiert) und die Band spielt sympathisch-entspannt wesentlich länger als die bei Metal-Gigs üblichen 30 bis 80 Minuten. Den Mittelpunkt der dieser versatilen Scheibe bildet die "25th Anniversary Show" im Londoner Forum, bei dem Chumbawamba, June Tabor und James O’Grady die Brit-Folker unterstützten: 90 Minuten, 18 Songs voller Melancholie und doch auch gespickt mit Lebensfreude. Dazu gibt’s nette Extras vom 89er-Video "New York Girls" über interessantes Backstage-Material bis hin zu witzigen Interviews. Eine sehr angenehme DVD, die genau dann passt, wenn der harte Metaller mal ein wenig wirklich ruhige Entspannung braucht. Oder eine DVD für eben all die, die ihren Blick im Alter über den Tellerrand bis auf die grüne Folk-Wiese schweifen lassen und dazu Sonnenblumenkerne futtern.
The 25th Anniversary Concert
Band:
Genre:Nicht angegeben Tracks:18 plus Extras Länge:122:0 () Label: Vertrieb:
Seit der letzten Scheibe hat sich im Hause REVENGE nicht viel geändert. Ne Website ist immer noch nicht am Start und für Akustikfetischisten gibt’s auch nicht viel zu holen. "Victory.Intolerance.Mastery" brummt wie gehabt dumpf aus den Boxen, ziemlich roh und primitiv. Ist aber nicht weiter wild, da sich die Band fast ausschließlich in High Speed-Gekloppe ergeht und Feinheiten im Sound nicht so wichtig sind für den Gesamteindruck. Wenn jemals eine Scheibe als akustisches Inferno bezeichnet wurde, muss sie sich ab sofort mit "Victory.Intolerance.Mastery" messen. So roh, brutal und anstrengend wie Grind nur sein kann. Auf Dauer nervt nur das Gekeife vom Grunzer und das ziemlich eintönige Geprügel vom Drummer - beide variieren einfach überhaupt nicht und kennen genau zwei Arten zu spielen: langsam und verdammt schnell. REVENGE sind weiterhin super geeignet zu zeigen, was man für ein harter Kerl ist und was für brutale Mucke man hört, aber jenseits von solchem Poser-Kram braucht man diese Scheibe nicht.
Die mir wenig erschlossene slowenische Musikszene hat mit VAIN wohl einen großen Künstler verloren. So sehen es zumindest SILENCE, die mit dem tributesken Album "Vain" ebendiesem mysteriös und jung verstorbenen Menschen gedenken. Der intelligente Anspruch lebt in der zerbrechlich anmutenden Musik und den fratzenhaften Skizzen im Booklet. Softe Elektronik und eigentlich recht eingängige Beats dominieren das Bild, arabischer Touch und klassisch instrumentierte Parts mit Klavier und Streichern vervollständigen es. Der Gesang verdient durchweg das Prädikat "schön", kein Hauch einer Dissonanz und keine Spannungen. Was zum einen bisweilen fast zu Tränen rührt und durch Harmonizer und Doppler den Ohren beinahe unnatürlich schmeichelt wird SILENCE aber beinahe zum Verhängnis. Denn der Grat zwischen Träumen und Einschlafen ist gefährlich dünn. Für das KRAFTWERK Cover "Hall Of Mirrors" konnte mit ANNE CLARK eine Person gewonnen werden, die der Band musikalisch sicherlich nicht allzu weit entfernt ist und deren stimmliche Einmaligkeit den Song zu einem der wenigen Ohrwürmer des Albums mutieren lässt. Todtraurig und dramatisch mit einer fast MUSEschen melodieverliebtheit drückt"She Alone" auf erwähnte Tränendrüse, nicht weniger packend das beinahe soundtrackartige"Silver Bloom" mit den einzigen tiefen Gesangsfetzen des Albums. SILENCE haben ein schönes Album gemacht mit wahrlich emotionalen Songs. Aber leider schleicht sich bisweilen eine Lethargie beim Hören ein, die aus einigen zu konstruierten und vorhersehbaren Tracks resultiert. Dennoch für Soundtrackfetischisten mit Hang zu elektronischer Softavantgarde empfehlenswert.
Es gibt Sampler, über die freut man sich auch dann, wenn gar kein überragender Track drauf ist. "Tervetuloa Kioskiin Vol. 2" ist der zweite Label-Sampler des ELÄKELÄISET-Heimathafens Humppa Records. Deren Tug-Mailorder - beziehungsweise der Plattenladen Kioski in Nürnberg - bereichert unsere Lauschlappen schon seit geraumer Zeit mit aussergewöhnlichen und abgedrehten Pretiosen aus dem Land der tausend Seen, 6 Millionen Nokia-Handys und der Sprache mit den angehängten Wortbedeutungen. "Tervetuloa... 2" ist schon im Hochsommer erschienen, uns aber leider durch die Lappen gegangen. Zu dumm, denn der Trip in den mückenverseuchten Sommer beginnt schon auf dem Cover und geht weiter mit dem Bild vom Bratfisch auf der CD selbst. War der erste Teil der Label-Umschau noch einladend mit dampfend heißem Kaffee bebildert, geht es auf Teil 2 auch der Mahlzeit entsprechend ruppiger und direkter zur Sache, Rock und Experimentelles sind Trumpf: Der gemeine Finnland-Fan weiß wohl, worauf er sich einläßt, gesungen wird vorwiegend finnisch. Unter den bekannteren sind ELÄKELÄISET (hört sich an, als würden sie Blackmetal covern) und ihr metallischeres Side-Projekt KUMIKAMELI; THE NIGHTINGALES und BOOMHAUER haben erst kürzlich zusammen die Republik betourt, KOTITEOLLISUUS konnte unsere Anordnung auf dem Tuska-Festival beobachten, und endlich, endlich sind Helsinkis Skandal-Punker APULANTA via Kioski auch in Deutschland zu bekommen. Fazit: Über eine Stunde Urlaub für alle Finnland-Fanatiker. Und wahrscheinlich der preiswerte Start in einen kostspieligen Einkaufsbummel...
YYRKOON stammen aus Frankreich, der Name aus der Fantasy-Saga um Elric. Das lässt böse Vorahnungen aufkommen. Aber nein, nein, nein, hier geht’s nicht um Drachen, Regenbögen und Schwertchen. Hier wird das Todes-Hackebeilchen geschwungen, dass es eine wahre Pracht ist. Den Jungens ist es tatsächlich gelungen, melodischeren Schweden-Death mit der Variante aus dem Bush-Land Florida zu verbinden - zu einer schlüssigen und teilweise wirklich geilen Death-Metal-Scheibe, die ab und an sogar mit klitze-kleinen Thrash-Attacken gewürzt wird. Einziger Nachteil: Die CD hat ein sehr wellenförmiges Niveau, mal wird ganz kurz zu sehr gefrickelt, mal wird’s ein wenig belanglos (zum Beispiel ausgerechnet beim Titelstück). Dafür sind beispielsweise mit "Blasphemy" oder dem Rausschmeißer "Erase The Past" auch echte Göttergaben an Bord. Dazu kommt, dass sich die Weißbrote um einen echten Pölser bereichert haben, die Franzosen haben dank des dänischen Produzenten Hansen eine sehr fette Sound-Schnitte am Start. Nun nutzt der beste Sound nichts, wenn die Songs nicht stimmen. Aber das tun sie - und YRKOON liefern damit den Beweis, dass in Frankreich auch wirklich gute, harte Bands an die Oberfläche streben.
Die Franzosen existieren seit einem Jahr und einem Demo und dennoch haben sich Osmose drum gerissen, PHAZM zu signen. Und da haben sie sich keineswegs eine Laus ins Haar gesetzt. Generell machen PHAZM Black Metal mit jeder Menge Old-School-Einflüssen und verbinden das mit Rock’n’Roll, der bisweilen an neuere Entombed oder sogar Motörhead erinnert. Mit dem Opener "In Chaos" startet die Band noch recht eindimensional schwarzwurzelig (vor allem das Schlagzeug klingt ziemlich dunkelthronig oder so), spätestens aber bei "What A Wonderful Death" gehen die Rock’n’Roll und Blues-Pferde so richtig mit PHAZM durch. Der Sound ist jetzt nicht so fett wie ein Ex-Kanzler, geht aber zumindest mit dem Prädikat "professionell" durch. Und auf jeden Fall nimmt er der Band auf ihrer Full-Length-Premiere kein Stück von ihrem zweifelsohne immer wieder aufblitzenden Groove. Eine besondere Affinität scheinen die Herren zum Motörhead zu haben, deren "Dogs" (vom 87er Rock’n’Roll-Album) sie zum Abschluss ihrer Orgie covern. Selbst das gelingt "phazmweise". Ohne den Herrschaften zu nahe treten zu wollen, so bleibt doch zu bemerken, dass sie ein erstaunlich modernes Album gemacht haben, dass sie mal wieder etwas Ungewöhnlicheres auf die Beine gestellt haben. Was Tradionalisten sicherlich sauer aufstößt, einer ganzen Musikrichtung aber mit Sicherheit auf sehr, sehr gut tut.
Hässliche Franzosen singen von einer Gotenparty. Von Drogen und Sex, von tollen Mädels und wilden Feten. Auch wenn einheimische Goten hierzulande ihren musikalischen Horizont wohl selten so sehr erweiten werden, dass ihnen CRACK OV DAWN auf eine Party kommen würde, ist "Dawn Addict" eine Platte mit recht schmissiger Musik geworden. Sehr eingängige Songs die als glamverkitschte Gothicrocker um die Ecke kommen und beileibe nicht vor Originalität strotzen aber doch belanglos gut unterhalten. Electrodurchsetzte und computerdrumoptimierte Sounds sind sicherlich größtenteils tanzbar, die Texte mit Rock´n Roll Attitüde sehr direkt aber auch flach und gehen fast nur um das Eine. "Dawn Addict" ist keine anspruchsvolle Unterhaltung und "Dawn Addict" legt mit seinen munter rockenden Gitarren bei zeitweise düsterem Grundtenor die Messlatte nicht all zu hoch. Das ebenfalls nicht neue Eingangssample zum Drogensong "Fix You To Death" oder das U2 Cover "Pride In The Name Of Love" verstärken den Eindruck. Effektvoll ins Szene gesetzt wird es von den vier Jungs aber allemal. Und vielleicht kann der ein oder andere über die sicher nicht allzu ernst gemeinten Songs der sonst zu oft affektiert nichtlachenden Szene schmunzeln.
Metalcore boomt wie Sau, dass brauche ich dieser Tage wohl niemandem mehr großartig erzählen. Da wird’s auch Zeit, dass die mittelmäßigen Alben veröffentlicht werden und der boomende Trend zu Tode geritten wird. THE ACACIA STRAIN haben die üblichem Metalcore-Zutaten, wie sie auch HATEBREED nutzen, aber haben eine völlig langweilige und somit überflüssige Scheibe eingespielt. Um sich vom typischen Metalcore abzusetzen sind die Jungs viel in SloMo unterwegs und versuchen irgendwie heavy oder düster zu sein. Gelingt ihnen aber nicht, sind sie nicht. Sondern langweilig. Da helfen auch die paar cool rockenden Parts nicht ("Drawn And Quartered"), mir ging die Scheibe einfach nur auf’n Sack. Aber zum Einschlafen ist sie super… Ach so: Produktion wurde bei KILLSWITCH ENGAGE-Gitarrist Adam Dutkiewicz gemacht, der so langsam der Peter Tägtgren der Ostküste wird. Nützt nur nix, THE ACACIA STRAIN sind langweilig.
Quietschgelb ist die neue E.P. des deutschen Elektronikerduos NEUROTICFISH. Vorab zum neuen Album, das so heißt wie diese EP aussieht, gibt es einen der für sie typischen, mit zig Remixen und einigen neuen Sachen ausgestatteten Appetizer. Musikalisch macht "The Bomb" dort weiter, wo die letzten Maxis aufgehört haben. Recht einfacher Futurepop bis EBM, gut tanzbar, kaum fordernd, cleaner Gesang, klare Struktur, melodisch bis ultimo. Von den Remixen ist der trancige Track von Froning (DUNE) hervorzuheben. "Suffocating Right", in einer Vorabversion des kommenden Albums vertreten, ist als Electroballade etwas schwachbrüstig, könnte im Kontext eines Albums aber durchaus passen. "No More Ghosts" mit wabernder Bassline, Effekten auf den Vocals und gesampelten Gitarren bringt etwas Abwechslung, flüchtet sich im Chorus aber in Nichtigkeiten. "Clear" als Abschluss dann in einer sozusagen akustischen Variante ohne Beats, nur mit Keyboard und Bass begleitet. Das Album "Gelb" erscheint 2005.
Einer großen Herausforderung stellte sich die OYSTERBAND laut Sänger John Jones - und stellt den Hörer vor eben solche. Vor allem das metal-erprobte Ohr wird sich mehr als schwertun. Open-Minded muss man wohl mindestens sein - wobei ich nicht gedacht hätte, dass ich zu dieser Fraktion gehöre. Egal, wer die OYSTERBAND mal live gesehen hat, der spürt die von ihr ausgehende Freude an der Musik und gewinnt desgleichen - unter Umständen selbst dann, wenn man aus einem ganz anderen "Lager" kommt. Für die große Session Nummero eins haben sich die Briten viele bekannte Szenegrößen eingeladen und mit ihnen gezockt, die Konzerte waren auf der Insel ein recht großer Erfolg, so dass man das Ganze gleich noch auf Silberling verewigte. Folk, Rock und ein wenig Country vereinigen sich zu verschiedensten Hör-Eindrücken - die aber alle eins gemeinsam haben: eine enorme relaxte Atmosphäre, die ansteckend wirkt. Geigen, Gitarren, schöne Stimme und Dudelsäcke schrammen gern mal die Musik aus dem Irish Pub, ohne aber ihre lustige Versoffenheit in sich zu tragen. Es geht eher in die nachdenkliche Ecke, taugt zum Schwelgen am gemütlichen Abend bei Kerzenlicht, am Lagerfeuer oder: Man glotzt im Dunklen auf die schwere See, eingemummelt in die Decke und - sagt nichts. Denn das übernehmen die wirklich schönen Stimmen der Kollegen am Mikro. Eine äußerst angenehme Scheibe, abseits ausgelatschter Pfade und außerhalb selbst verordneter Grenzen - so schön und harmonisch die Musiker mit sich und ihren Instrumenten umgehen, so angenehm dürfte ein Abend in netter Gesellschaft mit dieser Scheibe als Untermalung werden. Überraschend coole Veröffentlichung.