15 Jahre IMPALED NAZARENE sind ein Grund zu feiern, wer hätte schon gedacht, dass Mika so lange Mucke macht, ohne komplett verrückt zu werden? IMPALED NAZARENE haben sich im Dezember 2004 einen Club in Helsinki gesucht, dort eine Jubiläumsshow gespielt und das Ganze mitschneiden lassen. Herausgekommen ist ein Live-Album, das einen guten Überblick über das Schaffen der chaotischen Finnen und die Power ihrer Gigs (der meisten jedenfalls…) gut widergibt. Das Publikum ist oft zu hören, genauso Mikas Ansagen in fan-freundlichem Finnisch. Beim Sound wurde im Finnvox nochmal drübergebügelt, so dass "Death Comes In 26 Carefully Selected Pieces” ziemlich gut knallt, ohne seine Rohheit verloren zu haben. Alles in Allem eine der besseren Live-Platten, obwohl bei solchen Werken für treue Fans immer die Frage aufkommt, ob sich das lohnt, wenn man schon alle Scheiben der Band im Schrank hat. Für Leute, die in Sachen IMPALED NAZARENE noch unbeleckt sind, ist die Pladde auf jeden Fall eine guter Einstieg und eine feine Best-Of.
Ein gewagtes Unterfangen: Den Koblenzern KEN ist es nicht genug, drei Jahre nach ihrem Debüt ein neues Album vorzulegen, sondern es werden parallel gleich zwei veröffentlicht. Dazu kommt noch, dass es sich bei "I Am Thief" um ein reines Coveralbum handelt - fast, um genau zu sein, denn ein Songs stammt von KEN selbst - der Titel ist also Programm. Nicht ganz zu Unrecht fragt man sich, ob das sein muss, denn Covers sind für B-Seiten und als Compilation-Beiträge eine nette Sache, aber will man sich ein Album anhören, das so gut wie kein Material der Band enthält? Um es vorwegzunehmen: Im Falle von "I Am Thief" will man das. KEN gelingt es nämlich bei ihren Interpretationen, genau die Waage zu halten, so dass man die Original-Songs wiedererkennt, ihnen aber ein neuer, eigener Sound eingehaucht wird. Das geht so weit, dass man durchgehend das Gefühl hat, das jeweilige Cover könnte auch das Original, also ursprünglich so gewollt gewesen sein. So wird Peter Gabriel´s "Digging In The Dirt" von seinem schweren Beat befreit und mit einem düster-chilligen Charakter versehen, der ein wenig an MASSIVE ATTACK erinnert, aus PANTERA´s "I´m Broken" wird ein leichter Western-Song, THE WHO´s "Boris The Spider" rumpelt böse garagen-rockig und aus "Wir Müssen Hier Raus" von TON STEINE SCHERBEN wird treibender Alternative Rock. Abgerundet wird dieser Ritt durch die Musikgeschichte mit dem einzigen selbstgeschriebenen Song, der den gleichen Titel wie das Album trägt und für einen ruhigen, schwermütigen Ausklang sorgt. "Why must I be a Thief"? fragt da Aydo Abay sich und gleichzeitig auch den Hörer. Die Antwort ist müßig - wenn solche Alben dabei herauskommen, bedarf dies keiner Rechtfertigung.
2001 als Nebenprojekt im Umfeld der Koblenzer Bands SCUMBUCKET und BLACKMAIL entstanden, ist aus KEN nach diversen Besetzungwechseln mittlerweile eine richtige Band geworden. Mit "Stop! Look! Sing Songs Of Revolutions!" steht jetzt nach dem Debüt von 2002 bereits das zweite Album in den Läden, das in grade mal 10 Tagen aufgenommen wurde. Aufgrund der extrem prägnanten Stimme von BLACKMAIL-Sänger Aydo Abay ist man zumindest am Anfang der Scheibe ständig versucht, Parallelen zu seiner Hauptband zu ziehen, doch nach und nach wird man in den KEN eigenen Sound gezogen und man stellt fest, dass hier etwas völlig Eigenständiges entstanden ist. Offenbar haben KEN eine gehörige Portion NEW ORDER eingeatmet, was man besonders in den melodischen Refrains hört, im Hintergrund spielen aber auch oft PINK FLOYD mit, in Form von sphärischen Keyboard-Sounds und leicht psychedelischen Passagen. Dazu gesellen sich dann immer wieder schrebbelige Gitarren-Riffs und groovig bis treibende Drum-Beats, so dass sich eine schöne Mischung aus modernen und altmodischen Einflüssen ergibt. Und so nehmen KEN den Hörer mit auf ihre musikalische Reise, angefangen beim melancholisch schwermütigen "Black Phantom" mit seinen PINK FLOYD-typischen Synthies und sägenden Gitarren, über das flotte, von Beat beeinflusste "Paniciss", den treibenden Rocker "Lend Me Your Leg", das vermeintlich den 80ern entsprungene, groovige "The Dragon With The Bleeding Nose", den wunderbaren NEW ORDER-Klon "Wake City", das bluesige "Ashes" mit chilliger Trompete im Hintergrund und Jazz-Gitarrensolo, bis hin zum medidativen Schlusstrack, der rein aus sphärischen Synthie-Flächen besteht. Nahezu das gesamte Album ist durchzogen von Melancholie und wunderschönen Melodien, trotzdem wirkt die Musik immer etwas rau und ungeschliffen und sind an jeder Ecke kleine Störeffekte eingebaut, wie Rückkopplungen und extrem verzerrte und verfremdete Gitarren- und Keyboard-Sounds, so dass der Gesamtsound nie zu glatt wird und den Ohren keine Chance gelassen wird, auf Durchzug zu stellen. Ein großartiges Album, irgendwo zwischen Pop, Rock und Alternative, das durch seine Melodien, seine Vielfalt und seine Intensität süchtig macht und das auch beim zehnten Mal hören noch nicht langweilig geworden ist.
Bei "The Link” handelt es sich um die remasterte Neuauflage des zweiten GOJIRA-Albums, das bis dato nur in Frankreich erhältlich war. Es gibt so Geschenke, die man eigentlich nicht haben möchte. "The Link" gehört dazu. Angeblich sprengen GOJIRA alle Genregrenzen und sind innovativ und so, aber eigentlich sind sie nur langweilig. Der Sänger klingt derbe angestrengt, wenn er seine Growls versucht, das Schalgzeug ist sehr klinisch und die Riffs sind langweilig. Genaugenommen sind nicht nur die Riffs langweilig, die ganze Platte ist es. 1999 haben die Jungs für IMMORTAL eröffnet. Hätten sie sich danach aufgelöst, wäre ihre Karriere zwar nur kurz, aber relativ erfolgreich gewesen. Und mir hätten sie nicht soviel Lebenszeit gekostet.
Endlich! Die neue TURBO A.C.´s! Wie sehnsüchtig habe ich die erwartet... Und das Warten hat sich gelohnt, denn die New Yorker sind augen- bzw. ohrenscheinlich in Bestform und hauen einem mit ihrem fünften Album den wohl dreckigsten Surfpunk um die Ohren, den die Welt je gehört hat. Das Trio schüttelt einen Ohrwurm nach dem anderen aus dem Ärmel, wobei alles Überflüssige komplett weggelassen wird, so dass die Songs nur selten länger als 2 bis 3 Minuten sind. Langweilig wird´s an keiner Stelle, was zum einem den unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Stücke zu verdanken ist, die von Mid-Tempo bis Hochgeschwindigkeit variieren, zum anderen aber auch den vielseitigen Sounds und kleinen Spielerein, die aber nie den eigentlichen Song dominieren: In "Fistful Of Fury" z. B. erklingt eine wunderschön altmodische Surf-Gitarre, "Magic Bullets" beginnt mit einem Klavier-Thema und am Anfang von "No Time" sind gar dezente Bongos und eine Panflöte zu hören, was dem Gesamtsound immer wieder den Charakter eines alten Soundtracks verleiht. Einzelne Songs hervorzuheben ist aber eigentlich unmöglich und auch unnötig, denn auf dem Album gibt es einfach keinen einzigen Durchhänger; alles kickt gnadenlos, und man hat das Gefühl, dass die Jungs mit jedem Song noch einen draufsetzen. Nach der letzten SOCIAL D. ist "Avenue X" der nächste ganz große Punkrock-Kracher.
Der Franzosen Chef-Bäcker ist Stevee, einstmals aktiv bei den besten Thrashern des eckigen Landes im Westen, No Return. Die Basis für ZUUL FX bildet weiterhin Thrash Metal, allerdings machen’s uns die Franzacken ein bis zwei Grade moderner. Dass es dennoch nicht wie viele neuerer Bands zu diesem Metal-Core-Generve mit eingebauter Hüpfgarantie und Ruck-Unfreier-Zone mutiert, dafür sorgen die vielen anderen Einflüsse der Band. So verflechten sie durchaus auch industriellere Elemente, haben den Mut zu ruhigeren Phasen und grooven dabei ordentlich und haben eben einen Sänger. Also einen, der nicht nur bellt wie eine nervös gewordene Promenaden-Mischung und ebenso zuckt. Nein, einer der sich der alten Schule besinnt und zwischenzeitlich eben auch wieder erkennbar singt. Fear Factory kommen als Anhalt sicherlich in Frage. Neben altem und neuem Thrash und Industrial vernachlässigen ZUUL FX auch die gute, alte Metal-Bäckerei nicht. Was alles in allem (neben großen Sound) dazu führt, dass diese neue Scheiblette eben nicht so fad schmeckt wie ein französisches Weißbrot oder eben einer der acht Millionen pro Tag erscheinenden Metal-Core-Scheiben der unaufhörlichen neuen Thrash-Moderne … Gutes, fettes Debüt.
"Up For You & I" nennt sich Album #3 des Osloer Quintetts MINOR MAJORITY; einer Band welche bisher vor allem in ihrer norwegischen Heimat für positive Schlagzeilen sorgte und dort einen hohen Bekanntheitsgrad erlangte ("Up For You & I" erhielt im hohen Norden bereits 2004 Goldstatus). Dabei beweisen sie in eindrucksvoller Art und Weise, dass sich zwischen den norwegischen Wäldern und Fjorden nicht nur Trolle und (zugegebenermaßen erstaunlich gute) Black/Death-Metal-Bands tummeln, sondern das die nordische Muse auch zu leisen Tönen im Singer/Songwriter-Stil bester amerikanischer Tradition in der Lage ist. MINOR MAJORITY pflegen jene hohe Kunst des Verpackens melancholisch trauriger Töne in süßen Melodien - mehr akustische Popmusik als Rock - aber einfach schön. "Wish You Know" würde ohne all zu großen Veränderungen auf ein R.E.M. Album passen; auch wegen Pål Angelskår’s ausgezeichneter Stimme und seines einfühlsamen Gesangsstil welcher eben jene Größe des Showbiz deutlich durchschimmern lässt. Dies gilt auch für "The Dark Half", welches mit einem gehörigem Schuss Banjo und Mundharmonika die Countryeinflüsse verrät und ebenfalls eine deutliche R.E.M. Affinität aufweist. Noch heraus zu heben: "(In That) Premature Way" mit Gitarrenparts welche an Mark Knopfler erinnern und das tränenschwere "A Song For Nicole" welches gekonnt mit eingestreuten weiblichen Vocals angereichert wurde. Die dezente, akustisch ausgerichtet Instrumentalisierung unterstreicht noch die Qualität der einzelnen Songs - Flöte, Akkordeon, Piano, Violinen usw. sorgen für gehörig Abwechslung und lassen bei aller wohliger Ruhe keine Langweile aufkommen, sondern erzeugen Atmosphäre. Es ist schon erstaunlich mit welcher Lockerheit MINOR MAJORITY elf derartige Kompositionen aus der Hand schütteln - auch wenn man sich dabei ertappt immer wieder Vergleiche zu bekannten Acts zu ziehen. "Up For You & I" ist ein angenehmes Album für die melancholische Morgende des heraufziehenden Frühlings. Freunde zeitloser Klänge in der Melange von Pop und klassischem Songwriting, R.E.M. Fans und jene, welche ihre Freundin morgens mal mit einfühlsamen Tönen überraschen wollen, sollten bei MINOR MAJORITY mehr als nur ein Ohr riskieren.
Ein hoch auf dieses freie Land. Fiel die Band bei einem ihrer letzten Konzerte dadurch auf, dass der Gitarrist in Netzstrumpfhosen auf der Bühne stand, entzücken die Jungs uns nun mit Zungenspielereien im Booklet. Jedem das seine, MERLONS LICHTER machen so auf jeden Fall neugierig - und von einer rein männlichen Band hat man sich ohnehin entfernt, zwei Mädels komplettieren das Line Up seit diesem Album. Thematisch als Konzeptalbum angelegt, zieht sich der rote Faden "Lust" durch die guten Texte. MERLONS LICHTER setzen hier nicht auf mittelalterliche Thematik, dort entliehene Sounds dienen er eher als Mittel zum Zweck denn als Mittelpunkt ihrer Musik. Sie gehen textlich weniger verbittert und bissig zu Gange als dies LETZTE INSTANZ - die ihnen vom der thematischen Herangehensweise sicherlich ähnlicher waren als die anderen oben schwimmenden Folkbands - taten. Die Texte wollen nicht direkt provozieren, sind durchdacht, beobachten aber mit scharfem Auge und verpacken die oft schlüpfrige Thematik in unaufdringliche Zweideutigkeiten ("Ich Würde So Gerne In Dir Sein"), limitieren sich dadurch aber auch etwas. Der Sound ist erstaunlich fett, generell wird druckvoller Rock um etliche Folkelemente angereichert, das eine Mal mehr ("Weltenlauf"), das andere mal weniger dominant. Als gandenlose Tanznummer entpuppt sich "Sie", die mit dem Rhythmus der Worte amüsant spielt und nicht wenig an eine (wenig auch deutlich weniger technoide) Form der "Mondfahrt" bereits bemühter Band erinnert. MERLONS LICHTER hätten für meine Ohren durchaus etwas frecher an das Thema herangehen können, die Musik klingt aber durchaus frisch und ist des Antestens würdig.
Ganz offiziell ist aus NEUROTICFISH ein Duo geworden, Henning Verlage ist vom Gelegenheitskeyboarder zum festen Mitglied avanciert. Die Zeichen stehen also auf Sturm, nach der lauten EP "Bomb" scheinen die deutschen Elektroniker aufzudrehen. Und in Anbetracht der vielen noch zur Verfügung stehenden Farben könnte "Gelb" erst der Anfang sein. NEUROTICFISH waren nie eine und werden auch nie eine innovative Kraft werden. Aber NEUROTICFISH klingen 2005 noch kompakter und wohl auch besser als sich dies schon auf dem letzten Album andeutete. Die Arbeitsteilung scheint sich positiv in Punkto Qualität der Songs niedergeschlagen zu haben. Das trancige Standbein kommt beim Opener "Why Don´t You Hate Me" effektiv zu Geltung, die Vocals ermöglichen aber auch hier die Identifikation mit den Beiden und bewahren vor der sonst oft aufkeimenden elektronischen Anonymität. Eingängig sind sie geblieben, mit "The Bomb" oder "Waving Hands" manifestiert sich ihr Anspruch auf Tanzbarkeit. Melodisch und im Chorus erstaunlich schön anzuhören zeugt "I Don´t Need The City" von einem verbesserten Songwriting. "Are You Alive" ist dabei als ruhigerer Song aber zu substanzarm und vorhersehbar um wirklich neben den anderen Tracks bestehen zu können. NEUROTICFISH spielen noch immer mit ihrem "EBM IS DEAD" Slogan, verwursten totgehörte Samples von Modem ("Why Don´t You Hate Me") bis Anrufbeantworter ("Are You Alive") mit einem Augenzwinkern und dem vollen Wissen über ebendiese aus der Mode geratenen Intros. Das großartige und herrlich atemlos, fast beschwingt umgesetzte "They´re Coming To Take Me Away" (NAPOLEON XIV Cover) reiht sich in die unterhaltsame Clubtauglichkeit par Excellence ein. Klassenziel voll erfüllt! Die CD erscheint als 2-CD mit der Geschichte "Die Bombe, Die Nicht Tickt" als Hörbuch.
Nicht dass es für die regulären Alben von UMBRA ET IMAGO musikalisch zwingende Kaufgründe gäbe. Und nicht dass die Hoffnung bestünde, dass andere Acts deutlich mehr Substanz aus den Vorlagen der Band holen könnten. Mozarts ohnehin eher flaches rumgegrufte ist in die Jahre gekommen, daran ändern Remixe nichts. "Hörst Du Mein Rufen" als Hauptthema und mehrfach verarbeiteter Song zeigt in der 2005er Version zwar dank neuer Aufnahme ein etwas differenzierteres Bild auf der einen, umso deutlicher aber die ungeheuere Kluft zwischen einer guten Stimme wie der Heppners (WOLFSHEIM) und Mozarts Grummelorgan auf der anderen Seite. Wo Acts wie WUMPSCUT sich beim eigenen Projekt schon die Zähne ausbeißen um einmal wieder was zu bewegen, verkümmert deren Remix des Songs in der Nichtigkeits seichten Electropops. Die ASP Version von "Sweet Gwendoline" ist dabei so überflüssig wie der neue Song "Stalker". Ingesamt wirkt "Motus Animi" konzeptlos und ist qualitativ unterdurchschnittlich. Außer beinharten Fans braucht das kein Mensch. Ein Umstand an dem auch ein limited Digipack mit Bonus DVD nichts ändert.