Bereits das wirklich klasse Artwork von PENDRAGON’s neuer Scheibe „Passion“ schürt optisch relativ starke Erwartungen an den musikalischen Inhalt. Und tatsächlich, dass Ergebnis nach einigen Durchläufen ist überzeugend. Beim letzten Werk der britischen (Neo)Proger „Pure“ (2009) attestierte Kollege Hardy den Herren um Mastermind Nick Barett den Aufbruch zu neuen Ufern. Die Band wollte damals einfach deutlich weg von eher traditionellen Wegen, agierte sehr sehr viel riffiger, war deutlich härter unterwegs, es gab weniger „niedlich-zuckrige“ Melodien und keine (wie früher häufig zu hören) eindimensional, klebrige Keyboardteppiche.
Auch auf diesem aktuellen Werk „Passion“ wird diese Ausrichtung weiter konsequent fortgesetzt, vielleicht einen Tick weniger drastisch. Egal, ob man jetzt die beim Vorgänger anschienend verprellten Alt-Fans wieder einsammlen will oder nicht, die Band hat sich ihre Identität mit einem geschickten Mix auch mit bekannten Trademarks bewahrt. Trotzdem ist die Musik deutlich moderner geprägt, mit starken stilistischen Breaks, die Stimmungen sind mitunter recht düster aber auch variantenreicher, die Riffs immer noch ungewohnt fett, mitunter klingen PENDRAGON sogar bewußt ein wenig schräg bzw. spröde. Die Hinführung mit dem etwas hektisch startenden dann sehr treibenden Titelsong gelingt bestens, der Song geht perfekt über in das recht dunkle „Empahty“ mit zunächst stampfenden Heavyriffs, ein Anflug von dumpfen Growls und sogar Rap-bzw. Sprechgesangparts aber mit wunderbar hymnischen Refrain, ein echt geiler betonter pumpender Bass sorgt für eine passende Hintergrundbeschallung. Hinten raus wird es etwas psychedelischer in Sachen Gitarren und dann werden die gewohnt, floydig-elegischen Lick-Teppiche von Mastermind Nick Barrett im bekannten Bombbastsound wieder ausgefahren, klasse gemacht. Solche monumentalen Longtracks gibt es gleich zwei, aus recht verschieden klingenden Parts zusammengesetzt, die aber mittels gelungener Brücken meist gelungenen zu einem stimmigen Ganzen verwoben sind. Hierbei setzen die Briten natürlich gerne ihre gewohnt breit angelegten instrumentalen Gitarrenlinien und die weitläufigen Keyboardpassagen von Clive Nolan ein.
Die Zeiten des wohlig-sonnigen Neo-Weichspühl-Progs scheinen trotzdem vorbei zu sein, geboten wird von diesen auch schon älteren Herren trot allem (auch wenn manche dies vielleicht anderst sehen) eine glaubwürdige Darstellung und „Verjüngung“ von PENDRAGON Anno 2011. Sachen wie das mitunter relativ einfache, aber gut nach vorne abgehende „Feeding Frenzy“ wären früher unvorstellbar gewesen. Die Band klingt trotzdem immer noch nach sich selbst. So wie auch bei „This Green And Pleasant Land", da starten die alten PENDRAGON in Verbindung mit einem sehr popig-weitläufigen Refrain durch, dass hat schon was von 30 SECONDS TO MARS. Nach acht Minuten Melodieseeligkeit bricht der Song ab und geht über in einen schnellen Inmstrumentalpart mit RUSH-artgien Gitarrenparts sowie tollen sehr coolen Drumparts. Zum Schluss zeigt uns Tastenmann Nolan was er noch für alles an skurillen Samples in seiner Kiste hat, da läßt er es neben viel Sumpfgeplupper tatsächlich Jodeln… sehr gewöhnungsbedürftig. Nach dem fünften Durchgang kann man es sogar hören. Auch "Skara Brae" beginnt wieder recht modern mit relativ „harten“ Klängen, stampfende Rhythmik, Doublebass-Parts, eine melancholische-düstere Stimmung mit total schrägem Keyboard wird erzeugt - trotzdem geht alles sehr gekonnt zusammen mit guten Melodiezügen und zum Ende klingt es fast fröhlich und man läßt es entspannt auslaufen. Da kommen dann wieder die „alten“ PENDRAGON durch, wie auch bei der relaxten Schlussnummer „Your Black Heart“, dass sehr ruhig fast nur mit Pianoklängen getragen wird und dann mit den typischen singenden Gitarren ein wirklich gutes Album beendet.
Für mich haben sich PENDRAGON absolut gekonnt neu erfunden, haben musikalisch in der Progszene etwas zu sagen. „Passion“ überzeugt sprichwörtlich und ist kein lascher Aufguss von altem Wein in neuen Schläuchen (wie bei so vielen anderen Bands) sondern ist als musikalisches Gesamtwerk stimmig und gut gelungen.
Die Deluxeausgabe kommt per schickem Digibook mit einer beiliegenden DVD daher, die u.a. eine Dokumentation zur Entstehung des Albums bietet. Der Unterhaltungsfaktor ist relativ dürftig, zuviel Geplapper und zu wenig Musik mit einem 20-minütigen "Making Passion - A Handycam Progumentary". Es gibt noch andere kurze Sequenzen der Band auf Tour, unter anderem auch in deutschen Locations, von den Aufnahmearbeiten im Studio und vor allem (etwas zuviel) meist von Gitarrist Barrett in seinem Zuhause, so um die Weihnachtszeit aufgenommen, wobei er lang und breit erklärt wie er seine Songs schreibt – hätte man sich aber schenken können.
Passion
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
7
Länge:
54:58 ()
Label:
Vertrieb:
Die aktuelle Scheibe „Big Dogz“ der Rockurviecher von NAZARETH (gegründet bereits 1968), könnte was sein, dachte ich mir, is mal was ganz „Neues“. Denn die letzte amtliche Veröffentlichung der schottischen Herren um Kultreibeisenstimme Dan McCafferty, die ich mir seinerzeit mal angehört hatte, war noch auf echter schwarzer Schallplatte. Damals so gegen 1986, von einem Kumpel angeschleppt, war die inzwischen zum Kultklassiker avancierte Livescheibe „'Snaz Live“ (1981) mein erstes längeres Hörerlebnis mit NAZARETH.
Klar, die Schnulze „Love Hurts“ ist sicher auch den Jüngeren hinlänglich von jedem mittelmäßigen Sampler dieser Zeiten bekannt. Der Song hat aber echt schon so nen Bart und ist mir etwas zu ausgelutscht, die "Jungs" haben deutlich besseer Sachen im Programm wie etwa "Dream On", "Razamanaz" oder auch "This Flight Tonight".
Jetzt zurück zur neuen Platte, die klingt unverkennbar etwas rumpelig (vor allem das Schlagzeug) und auch stilistisch nach Retro pur aber dies ist auch so gewollt und paßt bestens zu dieser Musik. Hier kommt kein überproduzierter und mit Digitaltechnik zugekleisterter Sound daher sondern es geht voll erdig und teilweise etwas verknarzt zu. Mit dem Material auf den 12 Tracks habe ich mich anfangs schon etwas schwer getan, musikalisch bewegen sich Nazarett schon mit dem letzten Werk wieder deutlich in Richtung ihrer Anfangstage also mitunter etwas düsterer Heavy Hard Rock, Rock’n’Roll und auch etwas Blues.
Schnulzige Balladen gibt es zur Abwechslung mal so richtig keine „Butterfly“ kommt recht luftig und entspannend daher, mit perliger Pianobegleitung hat eher was von den ROLLING STONES. Dieses Dejavu kommt einem auch bei dem flotten „The Toast“ etwas in den Sinn, nur das Reingequatsche der Erzählstimme hätte nicht sein müssen. Dann tauche so ein paar leicht doomig-schwulstige Sachen wie „When Jesus Comes To Slave The World Again“ is mir deutlich zu lange und zu wenig auf den Punkt ohne guten Refrain. Da können die etwas mittelschnellen Tracks wie „No Mean Monster“ oder „Lifeboat“ schon eher Punkte sammeln, da kreischt McCafferty teilweise in besten Brian Johnson-Manier (AC/DC) aus den Boxen. Der kommerziellste und eingängigste Song dürfte wohl „Radio“ geworden sein, könnte man auch heute noch im Ü40-Radio so hören.
Der Einstieg mit den beiden eher schleppenden Nummern Big Dog’s Gonna Howl“ und dem „Claimed“ war nicht gerade ideal, da fehlt einfach die recht Zündung. Und das ist bei gut der Hälfte der Song leider so irgendwie fehlt der Pöpp oder schlicht nur ein guter Refrain. Das etwas mehr abgehende „Watch Your Back“ mit etwas blusig-rockender Ausrichtung bildet da eine löbliche Ausnahme, der Rest ist eher monoton und oft mit nervig vielfach wiederholenden Refrainzeilen, die einfach nicht mitreißen.
Selbst für echte Fans dürfte „Big Dogz“ mit diesem selten billig-miesen Coverartwork ein harter Geduldsbrocken werden. Straßenköter-Sound klingt ansonsten definitiv anderst, der Biss fehlt – authentisch hin oder her - hier fast völlig, es geht vielfach eher gediegen und leider, trotz auch grooviger Facetten, ziemlich fad zu. Die Scheibe wandert jedenfalls sofort in meinen Restekoffer, da hör ich mir jetzt doch viel lieber den alten Schinken „'Snaz Live“ nochmal an.
Big Dogz
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
12
Länge:
55:45 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten