SECRETS OF THE MOON haben sich langsam aber stetig zu einer festen Größe im deutschen Black Metal gemacht und legen mit „Privilegivm“ bereits ihr viertes Album vor. Das hat bei acht Songs plus Intro eine Spielzeit von 65 Minuten, ist also durchaus ambitioniert. Nach dem Intro kann „Sulphur“ nicht völlig überzeugen, in den neun Minuten des Songs werden zu viele Ideen zu oft wiederholt und der Song künstlich in die Länge gezogen, so dass irgendwann die Luft raus ist. Ähnlich geht es „Black Halo“, auch wenn es da SECRETS OF THE MOON besser gelungen ist, eine an SATYRICON erinnernde Atmosphäre aufzubauen. Aber auch hier wäre etwas weniger deutlich mehr gewesen. Die weiteren Songs zeigen das strukturelle Problem der Platte: zu oft haben die Niedersachsen eine notwendige Kürzung der Songlänge vermieden und ermüden damit immer wieder den Hörer. „Queen Among Rats“ stellt zwar unter Beweis, dass SECRETS OF THE MOON durchaus in der Lage sind, düstere und atmosphärisch dichte Songs mit langer Spielzeit zu schreiben, ist aber als einzig wirklich guter Song zu wenig. Das abschließende „Shepherd“ ist der zweite Lichtblick des Albums und entpuppt sich als dezent rockige Halbballade, bei der die Band alle Register zieht und ihr ganzes Können unter Beweis stellt. Unterm Strich bleiben so zwei ziemlich gute Songs und eine Handvoll gelungener, die sich aber nicht vom Genre-Standard absetzen können und auch im Band-internen Vergleich mit dem Vorgängeralbum den Kürzeren ziehen. So bleibt „Privilegivm” eine solide Platte, die die hohen Erwartungen nicht erfüllt. Ein fokussierteres Songwriting und der Mut, unnötige Längen zu entfernen, hätte dem Album gut getan. So bleibt es bei einem soliden Album, das zu selten das volle Potential der Band zeigt.
Auf MARDUK treffen viele Beschreibungen zu, aber experimentierfreudig gehört sicher nicht dazu, besonders Live gab es nur Highspeed-Geprügel. Da verblüfft „Wormwood“ über alle Maßen, haben sich Morgen und Co. doch endlich von Mortuus (FUNERAL MIST) beeinflussen lassen und die neue Scheibe variabler als erwartet werden lassen. Der Bass ist überraschend dominant im Sound, was durch die druckvolle Produktion noch unterstrichen wird und genauso für die Drums gilt – die Zeiten höhenlastigen Gescheppersounds scheinen vorbei zu sein. Natürlich gibt es gewohntes MARDUK-Riffing, aber Mr. Håkansson hat an der Gitarre nicht nur auf Nummer Sicher gesetzt, sondern immer wieder neue Ideen eingebaut, die komplexer als gewohnt sind und „Wormwood“ dadurch von den Vorgängerscheiben abhebend. Bei der Gesangsleistung gab es selten etwas zu meckern, so dass fehlende Experimente hier nicht überraschen. Das Alles wäre schon genug, um MARDUK anno 2009 anders klingen zu lassen als zuvor, wäre da nicht das Songwriting: das ist ebenfalls komplexer geworden und hat immer wieder Überraschungen in petto, die in den früheren MARDUK-Zeiten nie und nimmer eingebaut worden wären. „Into Utter Madness“ oder „Whorecrown“ sind dafür gelungene Beispiele. MARDUK haben sich nach dem x-ten Line Up-Wechsel in einer Konstellation gefunden, die frischen Wind in den Band-Sound gebracht hat und es schafft, die ausgelutschten Ideen zu verwerfen und sich für neue Sachen zu öffnen, ohne die MARDUK’sche Bösartigkeit und Brutalität vermissen zu lassen. „Wormwood“ ist immer noch ein fieses Stück Black Metal, mit dem die Die Hard-Fans schnell warm werden werden, das aber auch so (überraschend) variabel ausgefallen ist, dass es Neueinsteiger in den MARDUK-Sound gut bedient werden. Ein starkes Album, mit den in dieser Form nicht zu rechnen war.
Mit ihrem zweiten Album “The Wanderer And His Shadow” legten die 1349-Ableger PANTHEON I vor gut zwei Jahren einen echten Hammer vor, der sehr gekonnt nordische Raserei und hohen musikalischen Anspruch verknüpfte. Nun steht mit „Worlds I Create“ das dritte Werk der Band um Gründer Andre Kvebeck ins Haus, das die Linie des Vorgängers weiterführt, jedoch insgesamt nicht ganz so verspielt ausgefallen ist wie der Vorgänger. Inzwischen steht waschechter Black Metal noch stärker im Vordergrund, dessen Vertracktheit aber nicht gelitten hat. Immer noch halten sich hohes technisches Können und Songdienlichkeit die Waage, wobei dem Cello von Live Julianne Kostøl noch mehr Raum zur Verfügung steht. Einziger Kritikpunkt geht an die Produktion, die für diesen - für Black Metal-Verhältnisse - recht komplexen Sound einfach zu verwaschen und (mitunter sogar leicht nervig) monoton vor sich hin röhrt. Dennoch bollern Songs wie „Defile The Trinity“ oder „Ascending“ (geile Chöre!) durchweg stark und atmosphärisch-hymnisch aus den Boxen und präsentieren eine Band, die man als Fan von anspruchsvollem Schwarzmetall einfach kennen sollte und die nach der Auflösung einer Band wie EMPEROR zu 100% ihre Berechtigung in der Szene hat. Erstklassig!
Ganz unbekannt dürfte Cornelius Jakhelln der schwarzstählernen Anhängerschaft inzwischen nicht mehr sein, betreibt der in Oslo geborene Wahl-Berliner seine Band STURMGEIST neben seiner anderen Formation SOLEFALD schon seit 2003. „Manifesto Futurista“ nennt sich das inzwischen dritte Werk des studierten Philosophen, der auch abseits der Musik immer wieder für intellektuelle Ausschreitungen (zuletzt gewann er für seine Sage „Gudenes Fall“ sogar einen Preis) zu haben ist. Und natürlich ist auch sein neuestes musikalisches Erzeugnis weit von plumpen Black Metal-Klischees entfernt; „Manifesto Futurista“ ist an die Werke von F. T. Marinetti (umstrittener, faschistischer Begründer des „Futurismus“, 1876-1944) angelehnt und konzeptionell ein harter Brocken: der Song „Verdun“ handelt vom Schicksal eines jungen Soldaten im Ersten Weltkrieg, während etwa „Sturmgeist_89“ die Tat eines Amokläufers behandelt, der diesen Namen im Internet trug. Black Metaller, die gerne mal fernab von Satan und Co. die Matte kreisen lassen, werden hier auch musikalisch bestens bedient, denn das Album klingt nicht schwülstig und auf Pseudo-Epik ausgelegt, sondern rockt ordentlich das Haus. Jakhelln und sein Drummer Christian Svendsen haben trotz aller textlicher Komplexität eine sehr basische Platte erschaffen, die stilistisch nah an rock´n´rollige Kollegen/Vorbilder der Marke (jüngere) SATYRICON, VREID oder KHOLD angelehnt ist. Bisweilen bekommt man sogar atmosphärische Chöre („Elegie D´une Modernite Meurtriere“) zu hören, die „Manifesto Futurista“ noch weiter aufwerten und als sehr gutes, wenn auch leicht gewöhnungsbedürftiges Album über die Ziellinie laufen lassen. Echt cool!
Ich muss gestehen, dass ich die nordrhein-westfälischen Düstermetaller GEIST (mit den zwei Punkten über dem „i“) bis vor Kurzem nur dem Namen nach gekannt hatte, bis sie mich live mehr als überzeugt haben. Dieser sehr geile Eindruck wird auch von ihrem aktuellen, inzwischen dritten Werk „Galeere“ bestätigt, denn das Sextett gehört zu den originellsten, eigenständigsten, aber auch kompromisslosesten Bands der deutschen Black Metal-Szene. Zwar kann man im Sound der Band einen gewissen Viking/Pagan-Einschlag ausmachen, dennoch stehen Kreischhals Cypher D. Rex und seine Mannen eher in einer Reihe mit Bands wie TODTGELICHTER, MOONSORROW, VREID oder SOLSTAFIR, die mitunter derbes Schwarzmetall mit ungeheurer Atmosphäre verknüpfen und damit überlange Soundbastarde zum Leben erwecken als zwischen plumpen Goten- und Sauffolk-Klischees verbratenden Spaßkapellen. Ganze fünf Songs bietet „Galeere“, alle weit von radiotauglicher Länge entfernt und mit so vielen Facetten gespickt, dass man das Album mehrmals genießen muss um alle Details erfassen zu können. Hört Euch nur mal „Einen Winter Auf See“ oder den genialen Titelsong an, die atmosphärisch beginnen und sich dann nach und nach in schwarzmetallische Raserei steigern, die von fettem Midtempo angereichert wird. „Galeere“ ist ein songwriterisches Meisterwerk, das keinen internationalen Vergleich scheuen muss und zu den besten Düsterplatten gehört, die in Deutschland in den letzten Jahren veröffentlicht worden sind. Ein vielschichtiger Oberhammer!
Das französische Duo Antares und Infestvvs hat sich Ende 2002 zusammengetan um unter dem Namen GLORIOR BELLI schnörkellosen Black Metal zu inszenieren. Zwei Alben aus den Jahren 2005 und 2007 können die Herren bereits vorweisen, denen sich mit „Meet Us At The Southern Sign“ Werk Nummer drei anschließt, das auch hierzulande seine Freunde finden dürfte. Allerdings leiden GLORIOR BELLI, ähnlich wie ihre Landsmänner BLUT AUS NORD, unter dem Problem, dass sie ihr rohes Schwarzmetall gerne progressiv, facettenreich und vielschichtig gestalten wollen, dabei aber leicht übers Ziel hinausschießen, auch wenn die beiden Herren deutlich mehr überzeugen als die blutenden Nordmänner. Trotzdem ist „Meet Us At The Southern Sign“ ein schwer verdauliches Werk, das einige Durchläufe benötigt, damit man den roten Faden findet. Hat man sich aber erstmal in Stücke wie die etwas nach SATYRICON zu „Rebel Extravaganza“-Zeiten tönenden „The Forbidden Words“ und „Nox Illuminatio Mea“ oder in atmosphärische, mitunter fast schon gotisch-romantische Songs wie „Swamp That Shame“, „My True Essence“ oder „In Every Grief-Stricken Blues“ reingehört, geht „Meet Us At The Southern Sign“ als gelungene Platte durch, die sich progressive, anspruchsvolle Schwarzmetaller ohne Probleme geben können, auch wenn man etwas Arbeit investieren muss.
Dass die Re-Releases der deutschen Schwarzmetaller NAGELFAR ausgerechnet bei Ván Records erscheinen, dürfte nicht verwundern, immerhin war Labelchef Sven Dinninghoff alias Weidmann Sveinn Von Hackelnberg von 1995-1998 Bassist dieser wegweisenden Düsterformation. Lange Zeit nicht mehr regulär erhältlich, steht nun das Debütalbum „Hünengrab Im Herbst“ wieder im Laden und weiß auch heute noch genauso zu überzeugen wie bei seiner Erstveröffentlichung im Jahr 1997. NAGELFAR gehörten zu den „intellektuellen“ Bands des Genres und setzten neben majestätischem, mitunter rasendem Black Metal auf theatralische Zwischenspiele, die von diversen Spoken Word-Parts durchzogen wurden. Diese gesprochenen, sprachlich sehr blumigen Passagen mögen aus heutiger Sicht etwas kitschig wirken, waren vor zwölf Jahren jedoch sehr originell und sorgen auch heute noch für zusätzliche Abwechselung im progressiven Schwarzmetallgewitter. Es gibt bis heute keine einzige deutsch(sprachig)e Black Metal-Band (außer den ebenfalls genialen NOCTE OBDUCTA vielleicht), die es geschafft hat, derart facettenreiche, komplexe und intelligente Düsterwände auf ein so hohes Niveau zu hieven und dabei gleichzeitig noch „true“ genug für die Basis zu klingen. Der Re-Release enthält neben den durchweg erstklassigen regulären sechs Stücken noch den ebenfalls starken Bonustrack „Fressen Der Raben“, der sich nahtlos in das Gesamtkunstwerk einfügt. Auch die fette Produktion von Andy Classen hat die Jahrtausendwende mit Bravour überstanden und krönt einen Meilenstein des Genres, den sich jeder Fan zulegen muss, sofern er ihn noch nicht im Schrank stehen hat!
Die vor Kurzem veröffentlichte EP „Worldfall“ der Chicagoer Black Metaller wurde vor dem immer noch aktuellen Album „Assassins“ aufgenommen, so dass die vorliegende EP „Doomsday Derelicts“ das momentan aktuellste Material dieser umstrittenen, obskuren, aber höchst interessanten Band darstellt. Von ihrem noch auf „Assassins“ vorhandenen LSD-Trip sind die Jungs um Gitarrist/Sänger Blake Judd (der hier auch an der Produktion beteiligt ist) inzwischen weitestgehend runtergekommen, obwohl Stücke wie „Life Of Wire“ oder „Hellish Overdose“ immer noch ganz gut angekifft und psychedelisch-verzerrt anmuten. Streckenweise hat man etwas den Eindruck, als ob eine Band wie SOLSTAFIR oder meinetwegen auch ENSLAVED ein Tütchen zuviel inhaliert und dann eine Platte aufgenommen hat. Trotzdem klingt das Ergebnis mächtig und auf räudige Weise majestätisch, was NACHTMYSTIUM nach wie vor zu einem echten Geheimtipp für aufgeschlossene und von dreckigstem Rock angetane Black Metaller macht. Falls diese Band ein Album abliefern sollte, das qualitativ an „Doomsday Derelicts“ anknüpft, ist hier ohne Weiteres der Tipp drin!
Bei „The Invocation Of Demise“ handelt es sich nicht etwa um ein neues Werk der schwedischen Band, sondern um die Wiederveröffentlichung ihres 2007er Debüts, das nun von Metal Blade allgemein zugänglich in die Plattenläden gewuchtet wird. Und das ist auch gut so, denn der Stil der Jungs liegt irgendwo in der gemeinsamen Schnittmenge aus NAGLFAR, NECROPHOBIC, DAWN und DISSECTION und bietet majestätischen, pfeilschnellen, hymnischen Black/Melodic Death Metal, der ohne Umschweife auf den Punkt kommt. Einziges Manko dieses Debüts ist das noch nicht ganz ausgereifte Songwriting, das die meisten Stücke im Flug vorbeisausen lässt, ohne, dass sie sich in den Gehörgängen fest gefräst haben. Mit dem geilen Stampfer „The Vigil“ hat das Quintett aber eine echte Megahymne an den Start gebracht, die zeigt, wozu die Band fähig ist. Unterm Strich ist „The Invocation Of Demise“ eine sehr gelungene, ordentlich fett (wenn auch leicht matschig) produzierte Platte, die, abgesehen von den noch vorhandenen Kinderkrankheiten im Songwriting (zum Bleistift klingt das Riff von „Sinister Obsession“ arg derbe nach DAWN´s „The Knell And The World“), jeden Fan der oben genannten Referenzbands ansprechen dürfte. Ein wirklich guter Einstand, der aber in diesem Genre nicht ganz an das überragende ONHEIL-Debüt „Razor“ heranreicht.
Ich glaube, wenn man den ganzen Tag flaschenweise Möbelpolitur säuft und dabei rhythmisch die Rübe gegen die Wand haut, schreibt man solche Musik wie ANAAL NATHRAKH. Die Anaal-Fetischisten um Irrumator und BENEDICTION-Recke V.I.T.R.I.O.L. haben mit „In The Constellation Of The Black Widow“ eine Scheibe vorgelegt, die selbst für Black Metal-Verhältnisse in jeder Hinsicht extrem ist. Mr. Hunt (also V.I.T.R.I.O.L.) kreischbrüllt sich ultraverzerrt (und am Rande der Schmerzgrenze!) durch die Songs, die beim ersten Höreindruck noch klingen, als wären sie in der Klapsmühle eingespielt worden, später aber zu Bombenhymnen mutieren, die sogar enorme Eingängigkeit offenbaren. Die pfeilschnellen Riffs sind Sahne, die oftmals hymnischen, clean gesungenen Refrains passen wie Arsch auf Eimer, und mit knapp 35 Minuten Spielzeit wird hier nicht ein einziger Ton zu viel gespielt. Es bedarf schon echter Kunst, wahnsinnige Stücke wie den Opener und Titelsong, „More Of Fire Than Blood“ oder „So Be It“ zu scheiben, die zudem gleichermaßen heavy wie bombastisch daherkommen. Da wundert es auch nicht, dass diese Formation schon bekannte und in Szenekreisen geschätzte Musiker wie Shane Embury, Nick Barker oder Attila Csihar auf ihrem jetzt zehnjährigen Weg begleitet haben. „In The Constellation Of The Black Widow“ ist ein Meisterwerk irrer, abgefuckter, aber gleichermaßen durchdachter, rasender, extremer Schwarzmetallmucke und geht von den Zehenspitzen bis in die Brille – solange, bis die Herren in weiß kommen!