Immer wenn ich Bandbiografien lese, fange ich an, die Existenz von Paralleluniversen ernsthaft zu hinterfragen! Demnach bezeichnen die deutschen Fans von SEASON OF THE WOLF deren Musik als „Psycho-Hippie-Doom Metal“… da waren vermutlich eher Psycho-Hippie-Kräuter im Spiel, aber egal. Das Quintett aus Florida spielt richtig guten, typischen US Metal, der durch seine epischen Melodien (und zusätzlich durch den gezielten Einsatz von Keyboards) und den hohen, aber kräftigen Gesang von Wes Edward Waddell bisweilen an Bands wie ganz frühe QUEENSRYCHE, CRIMSON GLORY oder EXXPLORER erinnert. Zugegeben, die saisonalen Wölfe sprechen eher das undergroundig, obskur orientierte Publikum als den Mainstream an, obwohl ein Stück wie das starke „Interstellar“ sogar Radio-Potential besitzt. Aber auch die anderen Songs dieses erstmals 1999 veröffentlichten und nun als Doppel-Vinyl erhältlichen Albums können sich absolut hören lassen: das geschickt aufgebaute und anfangs sperrige Titelstück, der Ohrwurm „Abandoned City“, das hymnische „Communion“, die überlangen „Witchfinder“ und „Voo Doo Master“ oder das majestätische „One Land One King“ (mit cooler „Spieluhr“-Melodie) sind superber, wenn auch leicht gewöhnungsbedürftiger Stoff für Traditionalisten mit eher schräger Ausrichtung. Hinzu kommen bei diesem Re-Release drei Bonustracks, die in Sachen Stil und Qualität bestens in Gefüge passen, allen voran das treibende „Land Of The Dead“. Freunde der angesprochenen Genre-Schublade machen hier definitiv nicht viel falsch.
Mensch was eine unsäglich schlaffe Platte ist denn dass bitteschön?! Die Scheibe lautet zwar schon auf den bereits egrundsätzklich einfallslosen Titel "It's A Beautiful Life" aber die hier gebotene Mucke kommt dann tatsächlich noch kreativloser daher - kaum zu glauben aber war, dass als Macher dahinter ein so erfolgreicher Songwriter wie MARK SPIRO steckt.
Dieser Mann ist seit über 30 Jahren ganz dicke im Geschäft, hat ungefähr 45 Gold- und Platinauszeichnungen erhalten und war an Millionen verkaufter (Platin)-Alben beteiligt. Als Co-Produzent von Jack White sowie als Verfasser von Musik für Filme („Top Gun“) und TV-Serien („Fame“) hat er viele Genres beackert sogar Pop/Country ja und auch für viele Rockkapellen wie HEART, CHEAP TRICK, LOVERBOY, GIANT, BAD ENGLISH oder auch KANSAS hat er sehr erfolgreich Songs geschrieben – der Junge weiß also wie man so was eigentlich richtig und überzeugend macht. Eigentlich leider deshalb, da dieses vierte Solowerk nur noch biedere Easy Listening Fahrstuhlmusik bietet und zwar komplett über die ganze Scheibe mit zehn Tracks.
Besonders übel kommt der nervige Drumcomputer und ein dermaßen gnadenloser Plastiklang ohne jede Gitarre, ja da ist auf manchen deutschen Schlagerproduktionen mehr „Riffing“ zu hören. Sein Gesang bzw. Seine stimme ist dabei wirklich nicht schlecht, hat was von JOHN WAITE und auch einige Kompositionen sind so übel nicht, wären sie nicht so gnadenlos glatt gebügelt und lieblos dahergespielt.
Klar, ein Mann der solche nachgewiesen herausragenden Songwriter-Qualitäten hat(te) muß sich nichts mehr beweisen aber muß Melodic Rock dann so billig und low-budgetmäßig klingen? Aus dem Opener/Titelsong "It's A Beautiful Life" hätte man schon noch mehr machen könne der Refrain ist ganz nett, danach wird es eher gemächlich aber "Go Another Mile" oder „Come back to me“ haben dann zumindest etwas mehr Tempo und vermindern dass komplett Eindösen. Das Programming von "Dance The Lonely Spotlight" ist neben dem Song an sich total daneben. Nicht mal die balladesken Töne „Love Struck Dumb“ überzeugen so recht, allein der Schluss mit dem halbwegs überzeugenden „Everything I Do“ (nein hier muß man sagen leider kein Brian Adams-Cover) ist noch etwas erträglich. Radiotauglich ist diese „Zeuge“ sicher alles ohne Frage aber gespielt wird dieses konturenlose Material heutzutage wohl nicht mal mehr in Amieland. Es fehlt trotzt vermeintlich überall vorherrschender Eingängigkeit irgendwie komplett die Dynamik im Sound und selbst für eine typische AOR/Melodic Rock-Platte ist "It's A Beautiful Life" erstaunlich zahnlos. Mit einer richtigen Band im Rücken und nicht am heimischen Computerstudio zusammengebastelt hätte sich MARK SPIRO sich ffür dieses Werk wohl eher einen Gefallen getan, so bleibt zumindest bei mir nur grenzenlose Enttäuschung zurück.
THE B52’s waren zu Beginn vor allem ein Phänomen der US-Studentenbewegung. Ihr Indie-Sound, eine Mixtur aus Rock, Pop, Punk und New Wave, ihre hippes Outfit (der Name B52 leitete sich von den turmhohen Frisuren der beiden Sängerinnen ab), eher seltsamen Texte und ihr eigenartiger verschrobener Gesang lies das Quintett aus Athens, Georgia recht schnell bekannt werden. Von 1979 bis Anfang der 90er war man recht erfolgreich und konnte vor allem in den US- und UK-Charts punkten. Hits wie „Roam“ und „Love Shack“ dürfte ein jedweder kennen, aber auch „Private Idaho“, das punkige „Wig“, „Planet Claire“ und die B52-Hymne, quasi die Essenz ihres Schaffens „Rock Lobster“ lassen die Partytauglichkeit der B52’S erahnen. Neben dem bereits erwähnten recht eigenwillig grotesken Gesang dominierte ein bissige Gitarre und typisch 80er Science Fiction Keyboards. Die DVD „With The Wild Crowd! Live In Athens“ bietet eine 20 Songs umfassende Best-of Show der B52’s, musikalisch nahe an den Studioaufnahmen, optisch deutlich gesetzter als in den 80er, gesanglich leicht schräg – aber vor allem machen THE B52’s immer noch einen auf gute Laune.
Der Sound in DTS Surround Sound, Dolby Digital 5.1 und Dolby Digital Stereo, das Bild in 16:9 und die Darbietung paßt. Die Show – optisch, musikalisch - sowie die Fans im Classic Center in Athens sind stimmig (manch einer krammte sein altes Outfit raus). Als Bonus zur 90-Minuten-Show (Setliste siehe unten) gibt es noch ausführliches Interviews (mit Untertitel in englisch, französisch und spanisch).
NAGLFAR sind nur noch zu dritt unterwegs, nachdem 2011 sowohl Drummer Matthias Gran als auch Bassist Morgan Lie ihren Hut genommen haben. Für das fünf Jahre nach dem letzten Album kommende „Teras“ hat sich Gitarrist Marcus E. Norman um den Bass gekümmert, während mit Dirk Verbeuren (SOILWORK, SCARVE) ein renommierter Drummer verpflichtet wurde. Der kann auch vom Start überzeugen, wenn er in „Pale Horse“ förmlich sein Kit zerlegt und den Song gnadenlos vorantreibt, wodurch selbst die sehr gute Gesangsleistung von Kristoffer W. Olivius ein wenig verblasst. Überhaupt machen NAGLFAR in den neun Songs keine Kompromisse und gehen härter vor als noch auf „Harvest“, ohne ihr Gespür für melodische Gitarrenläufe verloren zu haben („Bring Out Your Dead“). Neben den Highspeed-Passagen gibt es mit fies-schleppenden Songs wie „The Monolith“ dezente Entspannung für die Nackenmuskeln, bevor der nächste Black/ Death-Hammer auf den Hörer niedersaust. NAGLFAR haben in der langen Pause das Songschreiben definitiv nicht verlernt, auch wenn sie wohl nie wieder an die Jens Ryden-Phase werden anknüpfen können. „Teras“ ist ein saustarkes Black/ Death-Album, das so aus außer NAGLFAR kaum eine andere Band hätte schreiben können und das in der Schwarzkittel-Szene mächtig einschlagen wird, soviel ist mal sicher.
THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION haben eine Show in Moskau mitgeschnitten und so ihr bereits viertes Album „Egor“ herausbekommen. Der Live-Faktor ist aber kaum wahrnehmbar, da vom Publikum nichts zu hören ist und der Sound einer reinen Studioaufnahme in nichts nachsteht. In den vier Songs, die die 60-Minuten-Marke problemlos knacken, zeigen sich die Niederländer Song-orientierter als noch beim Vorgänger „Anthropomorphic“, so dass jeder Track für scih funktioniert, aber „Egor“ auch als überlanger Song ein homogenes Klangerlebnis ist. Wie nicht anders zu erwarten liegt er Schwerpunkt auf verstörender, dissonaler Musik, die zwar im Jazz ihren Ursprung hat, aber auch sehr stark von Ambient-, Drone- und psychedelischen Sounds geprägt ist; selbst Postrock findet sich immer wieder. Durch den Gesang von Charlotte Cegarra bekommt die Chose einen weiteren Gänsehautgaranten. „Egor“ ist eine faszinierend anzuhörende Scheibe, die niemals langweilt und trotz der vielen unterschiedlichen Versatzstücke wie aus einem Guss wirkt, hier ist eben eine sehr gut aufeinander eingespielte Schar guter Musiker am Werk. Gemeinsam haben sie eine Platte aufgenommen, die sich in den THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION-Kontext einfügt und gleichzeitig die Grenzen des eigenen Sounds erweitert. Exzellente Arbeit, wie nicht anders zu erwarten.
Ihr Debütalbum „Misanthropic Path Of Madness“ war eine schwarzmetallische Dampfwalze erster Kajüte, so dass meine Erwartungen an den Nachfolger „Towards The Ultimate“ relativ hoch gesteckt waren. Doch nach zig Durchläufen stellt man ernüchtert fest, dass es der Haufen aus Oslo nicht geschafft hat, seinen Erstling zu toppen, im Gegenteil. Vielleicht fehlt einfach nur das Überraschungsmoment, aber „Towards The Ultimate“ klingt einfach sehr glatt gebügelt; eine fette (wenn auch leicht matschige) Produktion, wieder ordentlich Dampf auf den Kesseln, weitgehend hymnische Ausrichtung des Songmaterials, aber auch eine gewisse Blutleere, Sterilität und Vorhersehbarkeit kennzeichnen das Album, von dem auch kein einziger Song länger im Ohr bleiben will. Oder anders: Stücke wie „Hellig Jord“, das zugegebenermaßen durchaus gelungene Massaker „Aroused Self-Extinction“ oder „Desolate Predictions“ wirken trotz ihrer kraftvollen Ausrichtung irgendwie weder böse, aggressiv noch majestätisch, sondern leider einfach nur banal und oberflächlich. Dachte ich beim Hören des Debüts noch, SVARTTJERN hätten möglicherweise das Zeug dazu, in Erstliga-Brachialregionen der Marke MARDUK oder DARK FUNERAL aufzusteigen, muss ich hier feststellen, dass sich die Band davon sogar noch weiter entfernt hat, was richtig schade ist. Eine kleine Enttäuschung.
Halten wir mal fest: es ist für eine Punkrockband schwer, sich immer treu zu bleiben, gerade wenn Big Money ruft. Denken wir nur mal an die zahnlos gewordenen RISE AGAINST. ANTI-FLAG waren mit ihren letzten beiden Alben kurz davor, einen ähnlichen Weg zu gehen und zu einer Karikatur ihrer selbst zu werden. So viel Wut, wie sich im Opener „The Neoliberal Anthem“ findet, war den seit zwei Dekaden aktiven Amis kaum noch zuzutrauen, ebenso wenig die knackige Mitsinghymne „Broken Bones“, in der ANTI-FLAG ganz wie in alten Tagen klingen. “Bullshit Opportunities” erinnert dann dermaßen an alte GOOD CLEAN FUN, das es seine Freude ist. Es wird deutlich, dass bei ANTI-FLAG der alte Spirit wieder da ist (ein Schelm, wer das in Verbindung mit ihrem Weggang von einem Major bringt) und die Herren mehr Bock auf kleine, ehrliche Shows als auf Mehrzweckhallen haben. Das ist in einer Zeit, in der immer weniger Bands sich treu bleiben, eine verdammt schöne Sache. „The General Strike“ ist das musikalische Ausrufezeichen, mit dem sich ANTI-FLAG zurück in die Herzen ihrer alten Fans bringen werden. Willkommen zurück und auf die nächsten 20 Jahre ehrlichen Punkrock!