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Occult

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Da hätten Papa und Mama sich bei der Taufe mal mehr Mühe geben können. TORMENT und dann auch noch „Occult“... naja. Bei ihrer Musik zeigt sich die Band aus dem französischen Nancy dann etwas mutiger – das muss aber wiederum auch nicht den Geschmack eines jeden treffen. Die Death Metaller verkriechen sich nämlich nicht in einer einzigen Genre-Schublade, sondern machen ganz viele auf, vielleicht auch zu viele auf einmal. Beispiel „Swarm“: Es beginnt flott, really groovy. Aber dann kommt ein Break, und sämtliche Scharmützel und Soli (und so) zerhacken den eh nur 2:51 Minuten langen Song. Ähnlich verhält es sich mit dem folgenden „Locked Away“. An den Zutaten selbst hingegen gibt es wenig zu mäkeln. Grober Grunz trifft sägende Gitarren meets treibende Drums – die allerdings oben rum ein bisserl blechern und weiter unten ein bisschen klinisch produziert sind. Indes: spielen könn´se! So bleibt der Gesamteindruck voller zwiespältiger Emotionen. Ein simples „weniger wäre mehr gewesen“ ist als Tipp vermessen. Und vielleicht braucht eine junge Band auch so ein Album, in dem sie alles rauslässt, was raus muss, um anschließend entspannter zum Happy-End zu kommen. Zum großen Glück ist es aber noch ein Stück.

 

Occult


Cover - Occult Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 11
Länge: 44:22 ()
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Arcanum

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Mit „Arcanum“ verbeißen NIHT ihre bluttriefenden Zähne dank des ausgefeilten Songwritings und der bedrohlichen Harmonien tief im Fleisch der Zuhörerschaft.

Der räudige Sound gibt Atmosphäre, die Scheibe klingt Old School genug, um Underground-Puristen zu beglücken, aber auf der anderen Seite sauber genug, um die Musik nicht zu sehr zu minimalisieren. Verzichtet wird auf überflüssige Frickelei, geliefert wird viel Emotion statt gekünsteltem Okkult-Zinnober. „Arcanum“ ist intensiv und keine leichte Kost; vertontes Leid dringt einem ins Ohr. Bei seiner dunkelsten Schattierung des Metal wechselt das Duo aus Süddeutschland auf seinem zweiten Album immer wieder das Tempo. Sie kreieren dabei keine Standard-Blast-Beats, sondern punkten mit Eigenständigkeit und Variation. S. (Gitarre) und Z. (Gesang und Bass) konnten 2017 bereits mit dem Erstling „Vanum“ überzeugen. Die Musiker kennt man vielleicht auch von der düsteren Death Metal-Band NEKROVAULT, die im letzten Jahr einen ordentlichen Todesbrecher veröffentlichte.

Bei den einzelnen Tracks sind die Namen Programm, und NIHT haben hier Emotionen und Zustände vertont. Die Musik macht die Gefühle spürbar. Mit „Angst“ gelingt ein furios eiskalter Auftakt, der Spuren von IMMORTALs „Diabolical Fullness Mysticism“ und „Pure Holocaust“ und auch von SATYRICONs „The Shadowthrone“, also den nordischen Neunzigern, enthält. Bei „Schmerz“ wechselt beinahe grooviges Midtempo zur Raserei, und NIHT offerieren hier eine stilistische Bandbreite. Diese Bandbreite zeigt sich auch beim dritten Song („Lüge“) in der variablen Stimme; sie wechselt zwischen hoch und tief, und Z. rotzt giftig heiser krächzende Screams. „Sucht“ ist ein sehr extremer Song: es wird gekauert, gelitten und verrückt gewinselt. Mittig lockert die heavy Gitarre den Morast etwas auf, bevor der Song gegen Ende in beschwörendes manipulatives Flüstern übergeht. Danach klingt „Hass“ wütend und bitter, und „Wahn“ wird nach einem langsamen Beginn allmählich wüster und wüster. „Tod“, der letzte und längste Track, ist ein düsteres Biest, das am Ende Erlösung verschafft. Ein Lied wie ein verlorengegangener Todeskampf. Auffallend sind die schönen tragenden Gitarrenmelodiebögen.

NIHT bearbeiten, so verriet die Gitarristin S., auf ihren Alben Aspekte des Nihilismus, und der Albumtitel „Arcanum“, steht für "Geheimnis". Auf dem ganzen Album ist die Stimme prägnant im Vordergrund, die Gesangsarbeit von Z. glänzt vor Abwechslungsreichtum: Krächzen und Heulen, kehlige Growls und Screaming, Falsettschreie mit sich überschlagender Stimme, Geflüster und Hauchen. Eine bewegende kranke Achterbahnfahrt! Die Gitarre trägt im Gitarrenlauf angenehm die Melodien, Keyboard ist da unnötig. Musikalische Vergleiche könnte ich in Ansätzen zu UADA und MGLA, aber auch zu MAYHEM und TAAKE ziehen. Die Klangcharakteristik hat im Sinne einer Low Fidelity einen recht rohen, klirrenden Sound mit wenig Bass und vielen Höhen. Die Produktion des Scumlight-Studios passt gut rein und hat etwas vom Black Metal der alten Second-Wave-Schule. Das Schlagzeug rumpelt dabei hier und da etwas drucklos.

NIHT liefern eine beachtliche musikalische sowie kompositorische Leistung ab, sie hauen hier ein Album raus, das prägnant, beklemmend und erdrückend ist. Ihr Black Metal wirkt auf mich authentisch, und die Band hat echten Widererkennungswert!

 

Arcanum


Cover - Arcanum Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 7
Länge: 34:23 ()
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Interview:

Interview mit NIHT zum zweiten Album "Arcanum"

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Interview

Danke für die Möglichkeit, ein paar Takte mit Euch zu sprechen!

NIHT sind im Internet ein ziemlich unbeschriebenes Blatt, und anstatt Namen gebt Ihr Initialen an. Ist das eine beabsichtigte Anonymität?

Ich würde uns nicht als anonym betrachten, da wir diese Initialen auch für andere Bands verwenden, in denen wir mitmischen. Eher geht es uns darum, unsere Musik mehr in den Vordergrund zu stellen und uns als Personen zurückzunehmen.

Ihr seid nur zu zweit; zu viele Köche verderben den Brei?

Was das Songwriting und das Lyrische angeht, trifft dies auf jeden Fall zu. Jedoch haben uns schon nach dem ersten Album unsere geschätzten Mitmusiker aus dem Memminger Kreis stets live unterstützt. Bei den Aufnahmen für "Arcanum" haben wir das Ganze erweitert. Unsere Kollegen von SACROSCUM haben am Bass (SS.) und am Schlagzeug (J.) mitgewirkt. Jeder von ihnen bringt seinen ganz eigenen Charakter mit seinem Instrument in die Musik ein.  

Ihr spielt auch bei NEKROVAULT und habt 2020 einen viel gelobten Todesbrecher rausgebracht. Habt Ihr noch bei weiteren Bands und Projekten die Finger im Spiel?

Wir sind ein paar Leute in Memmingen, die sich zusammen einen Proberaum teilen und dort inzwischen auch ein kleines Studio (Scumlight-Studio) haben. Die Aufnahmen für "Arcanum" sind die ersten, die komplett in diesem Studio entstanden sind und wurden unter der Fuchtel von A.J.R. aufgenommen. Wir machen alle zusammen Musik, und dort entstehen zwangsweise viele Ideen und Projekte. Vor allem P. hat noch bei einigen Bands aus diesem Kreis seine Finger im Spiel.  

Habt Ihr musikalische Vorbilder?

Direkte Vorbilder kann ich Dir jetzt nicht nennen. Ich würde sagen, dass wir uns alle in diesem Proberaum gegenseitig pushen und beeinflussen. Daraus ensteht der Anreiz, sich ständig musikalisch weiterzuentwickeln und voneinander zu lernen.  

Welche Musiker und Bands haben Euren eigenen Stil maßgeblich geprägt und beeinflusst? Welche Einflüsse hören wir in der Musik von NIHT?

Wie man es wahrscheinlich unschwer raushören kann, ist vor allem die skandinavische Black Metal-Szene jene, die einen prägenden Einfluss auf NIHT hat.

Den rauen Sound von Euch verbinde ich unter anderem mit Black Metal-Bands der 90er. Ist ein gewisser räudiger Old School-Sound das Ziel?

Sagen wirs mal so: Ein glattpolierter, hochproduzierter Sound fängt die charakteristische Spielweise von den einzelnen Instrumente nicht wirklich ein. Im Black Metal braucht es Charakter. Es ist eine Musik mit Ecken und Kanten, und das macht für uns dieses Genre aus. Wir erfinden dieses Rad nicht neu, und wenn man es genau nimmt, ist das Essentielle dieser Musik bereits in den 90er schon gesagt worden und vor allem auch das, was im Black Metal als "Innovation" zum Tragen kam. 

Eure neue und damit zweite CD ist eine intensive gute Scheibe, herzlichen Glückwunsch dafür! In jedem Song vertont Ihr sozusagen eine Emotion oder einen Zustand?

Vielen Dank! Ja so ist es. Wir verarbeiten verschiedene Emotionen in unser Titeln und haben versucht, diese auch instrumental spürbar zu machen. Es sind die negativen Erfahrungen, die man im Laufe seines Lebens erfährt, und es gibt nichts besseres, als im Proberaum zu stehen und diese negativen Gefühle und Gedanken rauszulassen. Der Black Metal bietet die Möglichkeit, dies intensiv und pur, ohne großen Schnickschnack, rüberzubringen. 

Insgesamt höre ich der Musik und vor allem der ausdrucksstarken Stimme viel Leid und Schmerz an. Würdet Ihr sagen, dass dies auch Ausdruck von eigenen Leidenserfahrungen oder persönlichen Beobachtungen ist (Tod, Wahn…)?

Kann man so sagen. Wobei ich behaupten würde, dass ziemlich sicher jeder Mensch mit diesen Erfahrungen im Laufe seines Lebens in Kontakt kommt. Wir haben diese Erfahrungen kanalisiert und versucht, sie musikalisch zum Ausdruck zu bringen. 

Der letzte und längste Song "Tod" gefällt mir sehr gut. Er klingt so, als würde tatsächlich jemand jämmerlich zu Grunde gehen und quasi erlöst. Ist das die Absicht des Songs?

Ob der Tod wirklich eine Erlösung sein wird, kann ich nicht sagen. Es ist zumindest der menschliche Wunsch, dass er eine ist, und so findet es sich auch in diesem Song wieder. Doch eigentlich ist dieser Gedanke von Erlösung ein Trugschluss, weil nach dem Tod nichts kommt. Es wird sich in 200 Jahren sowieso niemand an Dich und Dein Leid im Leben erinnern. Zumindest wird das bei einem Großteil der Bevölkerung so sein. Und auch das, was Du gefühlt hast, spielt nach diesem Zeitraum keine Rolle mehr. Es ist fast so, als hättest Du gar nicht existiert.

"Arcanum" ist der Albumtitel, das Bedeutet "Geheimnis" und betitelt auch eine Tarot-Karte. Weshalb fiel die Wahl auf diesen Titel?

Unsere Idee hinter NIHT ist es, fünf Konzeptalben zu erstellen, die unterschiedliche Aspekte des Nihilismus bearbeiten. Die Anfangsbuchstaben von jedem Album fügen sich zu dem Wort "Vanum" zusammen, was so viel wie "Leere" oder "Nichts" bedeutet und auch der Titel von unserem ersten Album ist. Das zweite, "Arcanum", steht für "Geheimnis". Ob dieses Geheimnis nun eine gewisse Erkenntnis ist, überlassen wir den Zuhörern. Die Leere, die davor war, wird auf jeden Fall die gleiche sein, die danach folgt.

Mit "Vanum" gelang Euch 2017 bereits ein starker Einstieg. Nehmt Ihr selbst einen qualitativen Unterschied zwischen den beiden Veröffentlichungen wahr? Ist "Arcanum" eine konsequente Fortsetzung des letzten Werkes oder ein komplett eigenständiges Kapitel, welches losgelöst vom Vorgänger betrachtet werden soll?

Wie schon erwähnt, gehören die Alben zu einem Gesamtkonzept. Wir haben uns auf jeden Fall persönlich und musikalisch weiterentwickelt, was man auch auf der neuen Scheibe, wie ich finde, deutlich hören kann.

Ihr seid aus Memmingen in Bayern? Ich habe auch irgendetwas von Österreich gelesen?

Als wir die Band damals gegründet haben, habe ich noch in Österreich gewohnt. Jedoch lebe ich seit ein paar Jahren in Deutschland.

Habt Ihr eine florierende Szene harter Musik in Eurem Umfeld?

Der Schwarze Adler in Egelsee bietet seit vielen Jahren einen lokalen Treffpunkt der Szene. Es spielen dort internationale Bands, sowie auch bekanntere aus dem Underground. Viele Leute, die man dort antrifft, sind selbst auch musikalisch aktiv und beleben die Szene dort. 

Manche Bands kokettierten mit neoheidnischen Konzepten und Satanismus. Einige mögen Schafsköpfe als Bühnendekoration, verkleiden sich aufwendig oder spucken Feuer. Braucht eine Black Metal-Band eine entsprechende Attitüde? Wie wichtig sind Show und Provokation?

Black Metal braucht im Prinzip keine opulente Show. Wichtig ist, dass die Emotionen, die Stimmung, das eigene Konzept, das, was die Musik ausmacht, rübergebracht wird. Wenn es sich mit aufwändiger Bühnendekoration oder Blut so am besten präsentieren lässt, wieso nicht?! Aber manchmal reichen auch nur die Musiker mit ihren Instrumenten auf der Bühne aus. Die Show muss zu der eigenen Musik passen und diese optisch untermalen, sodass die Botschaft auch beim Publikum ankommt und es in diese Welt gnadenlos mitnimmt. Es gibt auf jeden Fall nichts Enttäuschenderes als eine Band, die geilen Sound macht, aber live ihre Musik nicht authentisch rüberbringen kann.

Eine Frau in einer Black Metal-Band sehe ich nicht allzu häufig, irgendwie scheint die Szene recht männergeprägt. Gab es hierzu schon mal positives oder negatives Feedback?

Ich persönlich kann eigentlich nur Positives berichten. Ich würde mich sehr freuen, wenn es mehr weibliche Musikerinnen in diesem Bereich geben würde. Über die letzten Jahre hatte ich schon das Gefühl, dass sich immer mehr Frauen in Black Metal-Bands engagieren und mitmischen.

Welche Musik hört Ihr gerade, habt Ihr Tipps, wo man reinhören muss, außer natürlich in NIHTs neuen Silberling?

Die aktuellen Scheiben von THE RUINS OF BEVERAST, GOATH und TURIA sind sehr empfehlenswert.

Hoffentlich sind bald wieder Konzerte möglich, Ihr wollt bestimmt auch gerne den neuen Stoff live zum Besten geben? Ist schon was Konkretes geplant oder sind Gigs von der Zeit vor Corona verschoben und werden nachgeholt?

Zuerst wollen wir noch mit NEKROVAULT die ausstehenden Gigs nachholen. Mit NIHT wird es dann sicher auch ein paar ausgewählte Konzerte geben, geplant ist jedoch noch nichts. Wird sich zeigen, was die Zeit mit sich bringt. Lust haben wir auf jeden Fall alle, wieder mal live zu spielen.

Danke für das Interview und viel Erfolg mit dem Album!



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Spirit Of Alchemy

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Starkes Artwork und gehaltvolle Füllung geben in wenigen Worten mein Resümee des sechsten Albums "Spirit Of Alchemy" von Johan Kihlberg´s IMPERA wieder. Johan Kihlberg ist ein schwedischer Schlagzeuger, der bereits Jahrzehnte im Musikgeschäft tätig ist und u.a. mit Acts wie KISS, THIN LIZZY und weiteren großen Namen zusammen gearbeitet hat. IMPERA ist sein Projekt; Unterstützung findet er hier bei befreundeten Musikern, meist Landsmännern, wie u.a. Gitarrist Lars Chriss (LION´S SHARE), Sänger John Lindkvist (NOCTURNAL RITES) oder EUROPE-Bassist John Gunnar Levén. Eingetütet hat der als Co-Songwriter, Mastermind und Co-Produzent agierende Stockholmer Künstler zeitgemäßen Hard Rock an der Grenze zum Metal, wie ihn einst DIO in seiner letzten Solo-Phase präsentierte. Wobei Gitarrist Lars Criss, der ebenfalls co-produziert und eigentlicher Hauptsongwriter ist, nochmal Erwähnung finden muss.
 
"Nothing Will Last" eröffnet und kontrastiert mit Orchester-Pomp das Album hart und Power Metal-lastig. Sänger John Lindkvist macht einen klasse Job; sein Gesangsstil und seine kraftstrotzende Performance erinnern an Ronnie Romero, seine Klangfarbe indes ist etwas schriller. "Read It And Weep" ist ein Hybrid aus ACCEPT-Groove und DOKKEN-Refrain. Auch die Rythmus-Fraktion verzichtet überwiegend auf dumpfes Doppelbass-Gewitter und unterlegt mit variantenreichem und differenziertem Beat die Songs. Einzig die abschließende, rein instrumentale und synthetische Keybord-Nummer "Battle" wirkt doch etwas unausgegoren und deplatziert.
 
Gleichwohl bleibt es ein unerwartet starkes Album, das auch handwerklich kaum Mängel zeigt. Man stellt sich die Frage, warum hat man IMPERA, immerhin seit 2011 aktiv, zuvor nicht auf dem Schirm gehabt? Wer auf kernigen Hard Rock bzw. Metal steht, macht mit "Spirit Of Alchemy" nichts falsch.
 
 

Spirit Of Alchemy


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Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 39:10 ()
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Berlin (Ein Akustischer Tanz Auf Dem Vulkan)

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„Babylon Berlin“ ist eine tolle Serie und trat eine Welle los: Plötzlich tanzten Hunderte Hipster in anderen deutschen Großstädten auf Mega-Partys zu ungewohnten Klängen mit merkwürdigen Verrenkungen. Sie dachten dann vermutlich, sie seien mittendrin im Sündenpfuhl der 20er. Aber es ist ja wie mit dem Mittelalter: heute romantisiert, früher schwamm die Scheiße durch unbefestigte Straßen. Und auch im damaligen Berlin war nicht alles so geil, wie es gemacht wird. Was aber stimmt, und deswegen ist die HÄMATOM-Adaption doch über alle Maße lohnend: Es gibt viele Parallelen zur heutigen Situation, politisch, gesellschaftlich – und jetzt eben auch musikalisch. Niemand muss HÄMATOM und ihre Neue Deutsche Härte vergöttern, aber was die Band macht, das tut sie mit viel Energie und Professionalität. Und das trifft auch auf das babylonische Treiben von Nord, Süd, West und Ost zu. Die Süddeutschen transportieren Swing („Tanz Auf Dem Vulkan“), Tango („Au Revoir“), folkloristische Sauflieder („Werft Die Gläser An Die Wand“, mit Russenverve), Akustik-Balladen („Du Bringst Mich Um“), Frank Sinatras Bigband-Sound („Die Welt Ist High“), zeitgenössische „Liedermacher“ („Ein Herz Und Eine Kehle“) und Walzer („Nichts Bleibt Für Immer“) von „annodunnemal“ in die Moderne. Gelungenes Highlight ist sicherlich die Version von Dolly Partons Americana-Country-Pop-Song „Jolene“ namens „Berlin“. Die Texte zur Scheibe sind bunt: Liebe, Sex, Killer, Feiern, Abschied – was es damals eben so gab. Also: HÄMATOM tanzen wirklich sehr gekonnt auf dem Vulkan – ob sie dabei auf den zuverlässig fahrenden „Babylon Berlin“-Zug aufspringen, sich selbst verwirklichen oder einfach nur ganz viel Bock dazu hatten, sei mal dahingestellt. Sicherlich wird auch nicht jeder etwas mit den vielen verschiedenen Sujets und Umsetzungen anfangen können. Was aber auf jeden Fall fehlt, ist der authentische Dreck: Rauchschwaden-durchflutete Hinterhofkneipen mutieren hier zu höherglänzenden Clubs, sauberer zwar, aber eben auch steriler. Schwächer sind die Songs, wenn es konventioneller wird, wie „Zwischen Gangstern Und Ganoven“, wo vorsichtig SUBWAY TO SALLY grüßen lassen. Seit Release noch bis zum 04. April 2021 können sich Fans die Release-Show „Das Leise Abendmahl“ zum neuen Album reinziehen. Aber Achtung: Vergesst Federboa und Strumpfhalter oder Wollflanell-Dreiteiler und Ballonmütze nicht, damit ihr den Lindy Hop standesgemäß tanzen könnt. Vielleicht macht Euch das genauso viel Spaß wie den Hipstern. HÄMATOM scheint das alles jedenfalls viel Freude zu bereiten.

 

Berlin (Ein Akustischer Tanz Auf Dem Vulkan)


Cover - Berlin (Ein Akustischer Tanz Auf Dem Vulkan) Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 10
Länge: 31:56 ()
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Kontra

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Nun ist es endlich da: Das neue KÄRBHOLZ-Album. Nach vielen Verzögerungen und diversen Release-Verschiebungen kommen die Chartstürmer endlich mit „Kontra“ aus dem Quark und präsentieren ihre Version von deutschsprachiger Rockmusik. Eins vorweg - die Welt wird sich auch nach „Kontra“ weiterdrehen. Die Band liefert genau den Stoff, welchen die Fans von ihr verlangen. Räudiger Gesang paart sich mit einprägsamen Riffs, die immer eine Mischung aus den HOSEN und den ONKELZ darstellen. Soweit so gähn, aber KÄRBHOLZ schaffen sich trotzdem ihre ganz eigene Lücke und Vision von deutschsprachiger Musik. Hier werden auch gerne mal Umwege und der Fuß vom Gaspedal genommen, um neue Stilelemente einzubringen. Natürlich dürfen auch ruhige Klänge nicht ganz fehlen. „Voran“ wartet mit einer sanften Gesangsstimme auf, die einen Gegenpol zu den meist rohen Vocals bietet und überzeugt mit cleanen Gitarren, Klavier und Violinen. Guter Song, der die weiche Seite von KÄRBHOLZ bestens aufzeigt. Einen ganz anderen Weg schlägt der Song „Rückenwind“ ein. Hier fühlt man sich ein wenig an THE BOSSHOSS erinnert, und ein typisches Western-Feeling kommt auf. Man kann förmlich die Strohballen über die Route 666 rollen sehen… Etwas seltsam und durchaus gewagt kommt „Easy“ durch die Boxen. Hier dominieren Beats aus der Konserve und ein durchaus tanzbares Grundkonzept. Nicht gut und nicht schlecht, aber gewiss nicht passend für ein Album wie „Kontra“.

Ansonsten dominieren solide bis wirklich gute Deutschrocker, die oftmals kritische Themen intelligent beäugen und auch interessant vertont werden. Textlich distanziert man sich gleich im Opener von der AFD/NPD-Fraktion und stellt klar: „Es darf nie wieder sein wie vor 88 Jahren“. Klar, es gibt viele Songs gegen rechtes Gedankengut, aber einer mehr kann bestimmt nicht schaden. Die Hooks, das wahrscheinlich wichtigste Element auf einer Platte dieses Genres, treffen alle sicher das angesteuerte Ziel und dürften live für gute Laune sorgen.

Die Ampel zeigt also insgesamt grün für KÄRBHOLZ, die sich hier zwar kein Denkmal gesetzt haben, aber für solide und gute Kost sorgen. Der Mut zum Experimentieren steht der Band gut zu Gesicht, aber zu viel sollte man in Zukunft auch nicht wagen, wie der Song „Easy“ beweist. Nach dem Schulnotensystem würde ich hier eine Zwei minus vergeben – die Versetzung ist somit nicht gefährdet und wird durch einen zu erwartenden Chart-Einstieg untermauert werden.

 

Kontra


Cover - Kontra Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 13
Länge: 45:52 ()
Label:
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Katedralen

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MORK sind qualitätstechnisch eine Bank und lassen auch bei Album Nummer fünf nichts anbrennen. Thomas Eriksen überzeugt mit klassischem norwegischem Black Metal, der aber immer wieder durch belebende Elemente aufgewertet wird. Die Melodieführung ist zwar immer negativ beeinflusst, aber man wagt auch einzelne Ausflüge in rockige Gefilde, und auch Folk-Elemente sich MORK nicht ganz unbekannt. MORK übertreiben es nie mit Geschwindigkeitsausbrüchen, sondern setzen auf starke Riffs und griffige Melodien, die in der guten Produktion wirklich exzellent zur Geltung kommen. Natürlich werden MORK mit „Katedralen“ den Black Metal nicht neu erfinden, aber sie setzen immer wieder kleine Stiche, die beim Hörer nicht unbemerkt bleiben. Klar, man setzt auf Epik, und natürlich nutzt man Klargesänge, aber im Gesamtbild hält man die Trademarks des Black Metals hoch – und der Mix funktioniert. Wenn selbst ein Nocturno Culto (DARKTHRONE) seine Gaststimme dem Album verleiht, dann ist man in bester Gesellschaft und hat seinen Ritterschlag verdient.

Besonders geschärft hat mich der Abschlusstrack „De Fortapte Sejelers Katedral“, welcher in über neun Minuten komplett überzeugen kann. Tolle Melodien treffen auf die Epik von MANOWAR und werden mit leichten Orgelklängen begleitet. Ein großes Stück Black Metal, welches das Highlight auf „Katedralen“ darstellt. Besonders gelungen ist, dass MORK niemals den Song aus den Augen verlieren und nicht unbedingt überall meinen, einen Hochgeschwindigkeitsrekord aufstellen zu müssen. Das macht die Truppe um Eriksen irgendwie sympathisch, und man bemerkt, dass hier keine Klischees bedient werden sollen, sondern dass der Song im Mittelpunkt steht. Eine starke Vorstellung von MORK, die man als Freund des Black Metals ruhig antesten sollte.

 

Katedralen


Cover - Katedralen Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 8
Länge: 48:4 ()
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Empire Of Sins

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Wenn es um gutklassigen Power Metal geht, dann ist man bei Pride & Joy in der letzten Zeit immer öfter fündig geworden. WINTER´S VERGE, STRANGER VISION und nun SILENT WINTER – alles Bands, die die Flagge des unverfälschten Metals hochhalten und überzeugen können. SILENT WINTER sind also bei diesem Label bestens aufgehoben und liefern auf „Empire Of Sins“ souverän ab. Die Griechen starten mit „Gates Of Fire“ und lassen gleich aufhorchen. Die Produktion drückt, der Gesang ist abwechslungsreich und tatsächlich gut verständlich. Die Musiker lassen aufhorchen und setzten jederzeit spielerische Akzente. Natürlich lassen Textzeilen wie „Three hundred men, in battle they stand“ nicht auf ein literarisches Meisterwerk schließen, aber immerhin verarbeitet man das Thema von König Leonidas und seinen Spartanern, und man hat somit den Lehrauftrag erfüllt.

Musikalisch bewegt man sich in guter Gesellschaft mit HELLOWEEN, BLIND GUARDIAN und GAMMA RAY. Die Hooks sitzen, und der Mitsingfaktor ist bei jedem Song gesichert. Sänger Mike Livas ist in allen Tonlagen der Chef im Ring. Meistens bewegt er sich in erträglichen Tonhöhen und führt sicher durch die Songs. Besonders auf abwechslungsreiche und eingängige Refrains wurde großer Wert gelegt. Hier können die tolle Stimme von Livas und die gelungene Produktion gleichermaßen punkten. Rasante Rhythmusgitarren werden oft von grandiosen Soloparts flankiert und lassen keine Abwechslung vermissen. Kompositorisch wurde hier auf einem sehr hohen Level gearbeitet. Gassenhauer wie „Wings Of Destiny“ und „Mirror“ lassen Rückschlüsse auf IRON MAIDEN-Einflüsse zu, und diese werden famos mit dem BLINDHELLORAY-Basismodell gemixt. Wie man bemerkt, haben SILENT WINTER das Rad nicht neu erfunden, aber sie bewegen sich in ihrem Universum sicher und zielgerichtet. Kleine MANOWAR-Zwischenspiele dürfen natürlich auch nicht fehlen, und somit werden alle Bausteine eines gelungenen Power Metal-Albums verwendet, und der Genre-Liebhaber wird dies zu schätzen wissen.

Keine Ahnung, was ich vom Bonustrack „Leave A Light On“ halten soll. Hier handelt es sich um die metallische Vertonung des 80er-Klassikers von Belinda Carlisle. Klingt alles ordentlich, aber passt irgendwie nicht in das Konzept von „Empire Of Sins“. Ist eben als Bonus und Geschenk gedacht und sollte auch so bewertet werden. Insgesamt ein mehr als ordentliches Album, welches Spaß macht, aber halt auch keine Neuerungen bietet. Da der Power Metaller ja musikalisch eh eher konservativ ist, kann dies als Lob angesehen werden. Für diese Hörergruppe ist „Empire Of Sins“ definitiv ein Tipp, und alle anderen Leser sollten zumindest ein (oder besser zwei) Ohr(en) riskieren.

 

Empire Of Sins


Cover - Empire Of Sins Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 50:45 ()
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Smith/Kotzen

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Eine interessante Kollaboration: IRON MAIDEN-Gitarrist Adrian Smith und der US-amerikanische Saitenkünstler Richie Kotzen (u.a. ex-POISON, THE WINERY DOGS) veröffentlichen ein gemeinsames Album. Überraschend dabei ist, wie gebunden und harmonisch die Veranstaltung der aus verschiedenen Genres stammenden Künstler doch ist. Eines vorweg: mit Metal à la IRON MAIDEN hat das Ding nichts zu tun. Geboten wird bluesiger Rock, der an frühe ZZ TOP, WARREN HAYNES und dessen GOV'T MULE oder, um auch der englischen DNA von Adrian Smith gerecht zu werden, an ERIC CLAPTON und BAD COMPANY erinnert. Beide Protagonisten spielen Gitarre, teilen sich das Songwriting, die Produktion, partiell den Bass und die Vocals. Der Gesang auf "Smith/Kotzen" ist neben dem Gitarrenspiel charakteristisch und identitätsstiftend. Vielleicht gerade, weil beide Gitarristen hauptamtlich keine Sänger sind, klingt ihre passionierte, temperamentvolle Performance warm und immens ausdrucksstark. 

"Taking My Chances" startet das Album mit erdigem, lebhaften Blues Rock, die eingebetteten Gitarren-Soloparts strahlen Spontanität und enthemmte Spielfreude aus. "Running" beginnt lässig, ehe es in seinem griffigen Refrain Rock-Dynamik sowie Hitpontential offenbart. Und "You Don't Know Me" ist empfindsamer, markiger Hard Rock der alten Schule, der so auch von MR. BIG sein könnte.

Das Debütalbum dieser kontinentalen Fusion punktet mit Coolness, direktem und wertigem Songwriting, seinem lebhaften, feurigen Gitarrenspiel und dem seelenvollen Gesang beider Künstler. Wer hätte solch ein tolles Ergebnis von dieser Zusammenarbeit erwartet? "Smith/Kotzen" ist mehr als eine positive Überraschung, es ist nicht weniger als eines der Jahres-Highlights des klassischen Hard- bzw. Blues Rocks.

Uns liegt das Album als 140g schwarze, makellos verarbeitete Vinyl-Version vor. Hier verdient der kontrastreiche Glanz-Präge-Druck des stilvollen Artworks Erwähnung; zusätzlich gibt es ein bedrucktes Inner Sleeve inklusive einem Foto und aller Texte.

Smith/Kotzen


Cover - Smith/Kotzen Band:


Genre: Nicht angegeben
Tracks: 9
Länge: 47:14 ()
Label:
Vertrieb:
Band:

SMITH/KOTZEN

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