Hell-o sagen uns die SÉPULCRE aus der Bretagne. Mit einem Demo, das Invictus jetzt als Kassette veröffentlicht. Nun steht die Bretagne für wunderschöne Küsten und liebreizende Märchen – davon ist bei den Franzosen nichts zu spüren. Auch, wenn das Label nicht ganz so genau weiß, wie sich der Bandname nun schreibt, so wissen die Musiker ganz genau, wo sie hinwollen. Und das sind feuchte, dunkle Tropfsteinhöhlen und nicht die pittoresken Leuchttürme, die an der bretonischen Küste herumstehen. Also: Nix mit HM2-Kopiererei, hier geht es nach dem kurzen Intro drei Songs lang in die olle, alte, stinkige Unterwelt. „Ascent Through Morbid Transcendence“ erinnert 15 Minuten lang an die fiesen Drecksvögel von AUTOPSY und Co – spielen aber durchaus sauberer. Mächtiger Ekelfaktor – aber State of the Art, sozusagen. SÉPULCREs Debütaufnahme ist teilweise ganz schön schnell, die Drums kloppen recht blechern und wirken dadurch ein bisschen schwarz-metallisch. Und die Riffs sind kaputt und krank. Aber – und damit verschleiern SÉPULCRE ihre französische Herkunft nicht: Mit geheimnisvollen Leads und schönen Melodien durchbrechen sie die Dunkelheit, flüchten ins Tageslicht und erinnern ein wenig auf die vielen entfernten Verwandten aus Québec. Ein fabelhaftes Beispiel für ihr Schaffen ist „Invocation Of Plague Ridden Entity“, aber letztlich ist unter den drei Songs absolut kein Ausfall. Roh. Düster. Hart. Und dennoch voller Hoffnung. SÉPULCRE sind lange nicht so morbide, wie es scheint. Aber gut, das sind sie, verdammt gut.
So genretypisch der vollgedröhnte, steinige Doom, so variantenreich seine Formate: Der HORSEHUNTER-Live-Vierer ist als Digisleeve-CD, in braunem oder schwarzem Vinyl erhältlich, vor allem aber als Teil eines 4-CD-Hardcover-Art-Books, in dem sich auch die Label-Kollegen ELEPHANT TREE, DOMKRAFT und SUMMONER präsentieren. Die Live-Konserve stammt – natürlich – von den „Days Of Doom“, einem Label-Showcase in der trefflich passenden „Saint Vitus Bar“ zu Brooklyn, New York. HORSEHUNTER machen keinen Halt vor 08/15-Stoner-Doom, sondern reichern die Chose mit Sludge-Klatsch und -Mohn an. „Witchery“, gute zehn Minuten lang, erstaunt beispielsweise mit erstaunlich harmonischem Einstieg, den auch der kehlig-hysterische Gesang nicht zunichtemacht. Und macht fast ein bisschen gute Laune mit seinen schweren Riffs, die gemeinsam mit mächtigem Wumms für eine erstaunlich lockere Atmosphäre sorgen. Man muss also nicht nur Angst haben, sondern kann auch mal das Tanzbeinchen schwingen. Oder beide. Und einen besseren Titel für einen HORSEHUNTER-Song als „Stoned To Death“ kann es sowieso nicht geben. Außerdem bedienen die Australier auch Fans von NEUROSIS und Co.. Wenngleich der angedrohnte Beginn sicherlich noch recht verträglich rumpummelt. Aber: der Gesang klingt plötzlich wie von einem irren Pfarrer und Professor Hastig in einer Person, und die Tempoverschärfung macht den Song nach gut sechs Minuten zu einem echten Hit. Also, wenn das Prädikat für einen 16-Minüter erlaubt ist. Der allgegenwärtige Groove lässt einen automatisch die Augen schließen, und wer Lust hat auf einen Kräuter-Pimango, der dürfte dieses Verlangen nach diesen vier mächtigen Langmachern und gut 40 Minuten nicht verloren haben. Gute Songs, gute Platte: Langeweile ist woanders – spürbare, echte Live-Atmosphäre allerdings auch. Hier findet Ihr mehr Infos.
Vor ca. zwei Jahren debütierten TIMELESS HAUNT mit ihrer EP „Haunted Symphony“, welche ich zwar nicht als schlecht, aber auch als etwas zerfahren empfand. Nun kommt also das erste Full-Length-Album um den „Unknown Vocalist“ über den großen Teich, und es ist eine massive Steigerung zum Debüt. Das Werk ist viel kompakter, und man konzentriert sich auf seine Stärken, die da im klassischen US Metal liegen. Dieser wird allerdings recht modern und sehr düster interpretiert. Die geisterhafte Stimmung zieht sich durch das ganze Album und verleiht „Dark For Life“ ein ähnliches Flair wie den Mid-90er-Scheiben von KING DIAMOND. Annäherungsweise fielen mir auch düstere WINTER’S BANE oder RADAKKA ein. Alles in Allem klingen TIMELESS HAUNT jedoch sehr eigenständig und haben einen musikalischen Gruselfilm geschaffen, der über Kopfhörer seine wahre Pracht entfaltet. Neben kraftvollem Midtempo-Metal schrecken TIMELESS HAUNT aber auch nicht vor kurzen thrashigen Ausbrüchen oder progressiven Abfahrten zurück.
Neben dem spooky Opener „Embrace The Haunt“ hat es mir vor allem das abwechslungsreiche „Sinful Girl“ angetan. Dort zeigt Mr. Unknown auch seine beeindruckende Range.
Überraschend und dennoch nicht als Fremdkörper erweist sich das am Ende platzierte CHRIS ISAAK-Cover „Wicked Game“
Mit „Dark For Life“ ist TIMELESS HAUNT eine düstere und doch klischeefreie US Metal-Scheibe gelungen, die sich erfrischend individuell anhört.
Ziemlich genau drei Jahre nach ihrem letzten Album „Nyárutó“ beglücken uns Ungarns Vorzeige-Folkies DALRIADA mit ihrem neuen Album „Öszelö“.
Im Gegensatz zu den letzten Alben hat der Anteil folkiger Klänge wieder etwas abgenommen, und die klassische Metal-Instrumentierung nimmt mehr Raum ein. Nichtsdestotrotz haben es DALRIADA geschafft, das neue Album melodiöser als je zuvor klingen zu lassen. Die immer schon grandiosen Hooks kommen nun noch majestätischer und bei aller stählerner Garstigkeit auch einschmeichelnder. „Öszelö“ klingt zwar immer noch typisch für die Band, erreicht in Punkto Qualität jedoch ein neues Level.
Die Stimmen von Gitarrist András Ficzek und Laura Binder harmonieren traumhaft, und man merkt, dass man mittlerweile fast 20 Jahre zusammenspielt. Akustische Einsprengsel, folkloristische Violinen, thrashiges Drumming und flottes Riffing greifen auf „Öszelö“ auf solch natürliche Art und Weise zusammen, als wäre es das Normalste der Welt.
Der treibende Opener „Ezer Élet, Ezer Csillag“ zeigt gleich mal, wo es lang geht: Abwechslungsreich, hymnisch und mit dieser latenten Melancholie durchzogen, welche paradoxerweise auch Lebensfreude ausstrahlt. Ein weiteres Highlight ist „Dúvad“, welches wieder mit genialen Tempowechseln und einem großen Chorus punkten kann. Aber auch „Földanya“ mit seinem fetten Chor oder „Örökség“ mit seinem Mix aus folkiger Leichtigkeit und metallener Schwere können kräftig punkten. Den Abschluss bildet eine akustische Version des Openers, welcher leicht umbenannt wurde. Aber auch so funktioniert „Ezer Csillag“ prächtig.
Alles in allem ist Album Nummer elf wieder eine stimmige Angelegenheit und zementiert den Ruf DALRIADAs, eine der besten und konstantesten Folk Metal-Bands zu sein.
Wer sich für die limitierte Erstauflage entscheidet, bekommt die CD/DVD-Nachlese „Hazatérés - 15 Év Dalriada“ frei Haus mitgeliefert. Das Konzert, welches DALRIADA anlässlich ihres fünfzehnten Geburtstags in Budapest haben mitschneiden lassen, vermittelt einen sehr guten Eindruck, was live bei den UngarInnen so abgeht. Der Sound ist fett, aber natürlich und besonders auf der DVD sieht man den Spaß, den DALRIADA haben, sehr deutlich. Wenn Sängerin Laura sich um die eigene Achse dreht, dann kann einem schon vom Zusehen schwindelig werden. Ihr allerdings scheint es nichts ausmachen. Beindruckend sind auch die vereinzelten Growls, welche sie loslässt. Dem Anlass entsprechend, gibt es einen wilden Parforce-Ritt durch die Geschichte DALRIADAs.
Das Gesamtpakt ist also ausgesprochen wertig und bietet für Folk Metaller die absolute Vollbedienung. Hoffentlich geht das noch weitere 15 Jahre so weiter.
Vorneweg schonmal – von MOTÖRHEAD gibt es unzählige Live-Alben – und das Reservoir „noch“ nicht veröffentlichter Mitschnitte scheint ja auch recht umfangreich zu sein. Dieses Mal ist also die deutsche Hauptstadt dran – „Louder Than Noise – Live In Berlin“ – die dazugehörige Show fand nämlich am 05. Dezember 2012 im Velodrom in Berlin vor über 12.000 MOTÖR-Fans statt. ANTHRAX waren damals der Anheizer und durften auch länger spielen; MOTÖRHEAD drehten dann für 70 Minuten voll auf. Das Digipak kommt als Doppeldecker daher, CD und DVD mit identischem Inhalt (ohne Extras), die Aufmachung (inkl. Faltposter) ist ordentlich; die Bildqualität ist erste Sahne.
Allerdings Live-Aufnahmen von Lemmy & Co. gibt es sicherlich auch bessere als diese hier – der Sound ist gelegentlich undifferenziert, dafür laut (!) – authentisch kommt das hier aber allemal rüber. Für mich sind diesmal das Phil Campbell-Gitarrensolo „String Theory“ (auf DVD sieht man die „leuchtende“ Gitarre) mit dem direkt darauf folgenden „The Chase Is Better Than The Catch” (Mr. Kilmisters räudiger Gesang ist da mal wieder aller Ehren wert) und dem unkaputtbaren „Rock It“ die Hinhörer. Die Standards sind auch fast alle da (siehe Setlist unten) – das Drum-Solo von „Tier“ Mikkey Dee im Anschluss an „The One To Sing the Blues“ macht aber vor allem auf DVD was her. Was braucht der MOTÖR-Fan mehr? Naja trotzdem, ob man die x-te Live-Veröffentlichung wirklich braucht, sei mal einfach so dahingestellt. Für jene, welche Anno 2012 die damalige Tour besuchten, ist das ein Stück Erinnerung – und MOTÖRHEAD geht für die Altvorderen ja eh immer.
Helden der Jugend bleiben für immer: So ist es auch mit RAVEN. Die Verrückten, die METALLICA ins Tourleben einführten, und denen der wahre Lohn für ihre tolle Musik stets verwehrt blieb. Die drei ersten Veröffentlichungen sind Götteralben, nach „Rock Until You Drop“ und „Wiped Out“ kam 1983 „All For One“. Zu diesem himmlischen Trio gesellt sich noch das anschließende Live-Album „Live At The Inferno“ – und machte das Neat-Quartett der Band aus Newcastle perfekt. Dass mit dem Labelwechsel und einem Umzug in die USA vieles in die Grütze ging? Geschenkt! Schnell fanden die Raben wieder den Weg - weg vom Haarspray - und stehen bis heute für gute bis sehr gute Alben. Inspiriert von der NWOBHM, ist’s gradliniger, energiegeladener Heavy Metal mit einer äußerst charismatischen Stimme, was das aktuelle Album „Metal City“ mal wieder eindrucksvoll beweist. Warum das hier geschrieben steht? Weil RAVENs „All For One“ via High Roller Records erneut ans Licht dieser Welt kommt. In lässigem Vinyl, versteht sich. Die Songs erscheinen im „original transfer”, sind audio-restauriert und gemastert von Patrick W. Engel im Temple Of Disharmony (und wie das Info sagt: „mastered from an unreleased Megaforce sterling cutting“). Also klingt das sowieso am besten produzierte Neat-Album der Jungs noch mal besser. Und so sieht es aus mit den auf 1000 Exemplare limitierten Werk: 300 x Black, 350 x Purple, 250 x Olivgrün plus 100 x Grau, die HRR-Mailorder-exklusiv sind). Weitere Fakten, englisch: "425g sm heavy cardboard cover with 5 mm spine, poster, lyric sheet, insert, bonus 10" with p/s". Boah! Und wer es noch nicht weiß: Neben Klassikern wie „Take Control“, „Mind Over Metal“, „Run Silent Run Deep“, „Break The Chain“, dem einzig wahren „Seek And Destroy“ oder allen anderen sind das mit Udo Dirkschneider intonierte „Born To Be Wild” und die B-Seite der damaligen Single, „Inquisitor”, die etwas unbekannteren, aber saugeilen Songs „Ballad Of Marshall Stack“, „The Power And The Glory” sowie das räudige „Mind Over Metal“ in einer Live-Version von 1983 enthalten. Großartig, ein wunderbar nostalgisches Album – für immer.
Vor drei Jahren wurde im Headquarter von Frontiers Records eine logische Idee geboren. Kein Metal-Fan kommt an QUEENSRYCHE und somit an den Glanztaten mit GEOFF TATE vorbei – und wenn sich die Fronten nicht glätten lassen und eine Reunion scheinbar unmöglich erscheint, dann macht man auf einem anderen Weg das Unmögliche wahr. Somit war SWEET OBLIVION FEAT. GEOFF TATE geboren und sollte für alle Freunde der ersten vier QUEENSRYCHE-Göttergaben eine Offenbarung versprechen. Dümpelte Tate vorher eher in belanglosen Soloprojekten und Kooperationen, dreht er auf dem zweiten Longplayer von SWEET OBLIVION FEAT. GEOFF TATE hörbar auf.
Im Gegensatz zum Debüt war Tate bei „Relentless“ in das Songwriting involviert und konnte die Musik mehr auf seine Stimmlage ausrichten. Das Album besitzt eine gewisse Grundlagenspannung, die man von „Operation Mindcrime“ kennt und liebt. „Relentless“ ist aber keine reine Kopie der erfolgreichen QUEENSRYCHE-Ära, sondern kann für sich, als eigenes Statement, stehen und bestehen. Der Opener „Once Again One Sin“ erinnert zwar sofort an die „Empire“-Phase, kommt aber etwas härter und direkter aus den Boxen. Trademarks wie gesprochene Lyrics und Keyboards, dürfen natürlich nicht fehlen und sorgen für die typische Tate-Gänsehaut. „Strong Pressure“ nimmt den Ball auf und überzeugt mit Tates gewaltiger Stimme und mit einem einprägsamen Refrain. So will man QUEENSR … ääähhh… SWEET OBLIVION hören! Weiter geht es mit Songs, die alle auf „Operation Mindcrime“ oder „Empire“ stehen hätten können. Leider geht die Band aber nicht ganz so verspielt vor wie auf den Vorbilder-Alben, aber darum geht es auch nicht. Die Songs sind eigenständig und perfekt arrangiert, und der Vergleich mit den alten QUEENSRYCHE ist nicht zu verhindern. Dies ist Tates Stimme geschuldet, der auf „Relentless“ eine geniale Melodie nach der anderen raushaut und wesentlich ambitionierter als in der jüngeren Vergangenheit erscheint. Stirnrunzeln kommt nur bei dem italienisch gesungenen „Aria“ auf. Die Stimme vermag irgendwie nicht mit der gewagten Sprachwahl zu verschmelzen, und es verbleiben Fragezeichen. Komisch, aber Englisch scheint irgendwie doch die Sprache der Rockmusik zu sein. „I´ll Be The One“ ist eine typische Ballade, die ohne die Stimme von Tate wahrscheinlich in Vergessenheit geraten würde. Musikalisch eher belanglos, aber stimmseitig natürlich wieder großes Kino. Der Rausschmeißer „Fly Angel Fly“ überzeugt wieder vollkommen. Schon die Anfangsmelodie kann nur an eine Band erinnern – QUEENSRYCHE, so wie wir sie in Erinnerung haben. Hier darf ruhig mal eine Freudenträne verdrückt werden!
Natürlich kann „Relentless“ nicht die Qualität von „Operation Mindcrime“ oder „Empire“ erreichen (Einflüsse aus den ersten QUEENSRYCHE-Releases kann ich nicht entdecken), aber man setzt ein eindrucksvolles Zeichen und GEOFF TATE zeigt, dass mit ihm noch immer zu rechnen ist. Natürlich gibt es von mir eine klare Kaufempfehlung, und somit ist das Album eine sehr gute Überbrückung zur zeitnahen QUEENSRYCHE-Reunion! Man darf ja beim Schreiben eines Reviews noch träumen dürfen…