GILBY CLARK ersetzte Izzy Stradin bei GUNS N' ROSES, blieb drei Jahre bei den Gunners und war bei einer (Studio-) Veröffentlichung mit dabei. Das ist jetzt nicht sensationell und hallt auch nicht groß nach, aber auf seiner Visitenkarte darf er das natürlich aufführen.
"The Gospel Truth" heißt sein neues Solo-Album, und irgendwie habe ich genau diesen unaufgeregten Sleaze Rock erwartet, wobei der Sänger und Gitarrist hier mehr bietet als pures Klischee. THE QUIREBOYS, THE ROLLING STONES und THE FACES sind präsent, aber mit "Wayfare" liefert er eine reine Soul-, mit Hammondorgel aufgewertete Nummer ab, die überrascht und mit ansteckender Lässigkeit punktet. Gilbys Vocals sind schlicht, unverfälscht und limitiert, jedoch passen sie zur Coolness des Longplayers und unterstreichen diese gar. Rock'n'Roll, Blues, Hard Rock, dazu eine Prise Punk ("Rusted N' Busted") - alles recht unpräzise, schnodderig vorgetragen, aber authentisch, und das macht es charmant. Mich stört hin und wieder der nörgelnde Unterton seiner Gesangsdarbietung, aber in Gänze bin ich doch eher positiv angetan von dem Werk.
"The Gospel Truth" ist irgendwie typisch, aber gehaltvoller, unerwartet detailliert (Piano, Chor, Orgel) und abwechslungsreicher als erwartet.
Sind das jetzt DOKKEN unter einem anderen Namen, oder ist das Zweitwerk von THE END MACHINE ein eigenständiges Werk mit einem völlig anderen musikalischen Background? Die Frage ist schwierig zu beantworten, da die Bandbesetzung ziemlich für Variante eins spricht. Die alten DOKKEN-Mitglieder George Lynch, Jeff Pilson und Robert Mason, der bekanntlich auch bei LYNCH MOB seine Stimmgewalt unter Beweis stellen konnte, sprechen hier eine deutliche Sprache. Ein DOKKEN-Mitglied hat die Segel gestrichen, aber wurde innerhalb der DOKKEN-Familie ersetzt. Drummer Mick Brown hat seine Drumsticks an seinen Bruder Steve Brown übergeben, der auf „Phase 2“ einen mehr als anständigen Job abliefert.
Die Frage des musikalischen Backgrounds ist leicht zu beantworten. Wollte man sich bei dem Erstlingswerk „The End Machine“ noch deutlich von DOKKEN unterscheiden und setzte auf eher bluesige Töne, so nähert man sich auf dem vorliegenden Album doch immer mehr dem bekannten DOKKEN-Sound an. „Phase 2“ orientiert sich (natürlich) grundsätzlich an dem Sound von DOKKEN, aber man findet jederzeit auch Parallelen zu Bands wie T&T, WARRANT oder SOULS OF WE. Zu Beginn wird mit „Blood And Money“ eine ordentliche Uptempo-Nummer aus dem Ärmel gezaubert, die musikalisch überzeugen kann, aber leider bleibt der Hook ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Dafür macht ein erstklassiges Gitarrensolo hellhörig und bringt den Song wieder auf Spur. Nach diesem Einstieg zieht man sich in eine Bar zurück und lauscht „We Walk Alone“. Was ruhig beginnt, steigert sich zu einer erstklassigen Hymne, deren Refrain so schnell nicht vergessen wird. Hier zeigt Robert Mason, wie ein guter Fronter einem Song noch das Sahnehäubchen aufsetzten kann. Starker Song! „Crack The Sky“ ist ein höllischer Groover, der auch auf einem alten BON JOVI-Album hätte stehen können. An das erste Album erinnert „Dark Divide“, welches sich zurückhaltend gibt und über starke Basslines verfügt. Hier wird eher dem Blues gehuldigt, und man lässt die metallische Schlagseite ein wenig außen vor. Für Abwechslung ist auf „Phase 2“ also bestens gesorgt. „Plastic Heroes“ beginnt sehr ohrenschmeichelnd, aber dann kommt dieses Killer-Riff. Leider klingt Mason hier ein wenig kraftlos und kann das musikalische Level nicht halten. Der Song wirkt zu statisch und auf den Sänger ausgerichtet, der aber nicht komplett aus sich herausgeht. Die restlichen Songs bewegen sich im gleichen Fahrwasser. Mal wird dem Blues gefrönt, und oft wird auch in härtere Gefilde gedriftet. Alles auf einem ordentlichen Niveau, aber es befindet sich kein wirklicher Hit auf der Scheibe, der „Phase 2“ ins Oberhaus katapultieren würde.
Insgesamt ist die Scheibe hochklassig, aber kein Pflichtkauf. Hier gibt es tatsächlich andere Genre-Vertreter, die noch mehr Leidenschaft vorweisen können und einfach spontaner und hungriger erscheinen. „Phase 2“ ist definitiv kein Fehlkauf, aber bei dem Überangebot an gutem AOR sollte man eventuell auch anderen Bands eine Chance geben.
Dieses Projekt scheint im Hause Frontiers Records einen hohen Stellenwert einzunehmen, da Serafino Perugino, seines Zeichens Präsident und A&R Director von Frontiers, die Schirmherrschaft übernommen hat. Musikalisch hat Magnus Karlsson das Zepter in der Hand, der als Gitarrist bei PRIMAL FEAR seine Brötchen verdient. „The Metal Opera“ zeichnet sich durch eine Vielzahl von Sängerinnen aus, die teilweise solo, im Duett oder auch gemeinsam ein gewaltiges Klangbild abgeben. Bei Female-Fronted-Alben bin ich ja immer sehr wachsam, dass die Geschichte nicht zu kitschig wird, und der Titel des Albums verheißt diesbezüglich auch nichts Gutes… Aber Magnus und seine Damen bringen den Kahn sicher in ruhige Gewässer und die Theatralik nimmt nicht überhand.
Die wohl bekannteste Protagonistin auf „The Metal Opera“ ist wohl Anette Olzon, die durch ihr Schaffen bei NIGHTWISH und THE DARK ELEMENT hinlänglich Erfahrung mitbringt. Auch einen guten Namen haben sich Adrienne Cowan (u.a. AVANTASIA) und Noora Louhimo (BATTLE BEAST) erarbeitet und bereichern das Album mit ihrer Stimmgewalt.
Die Story ist sehr seicht geraten. Die Kurzfassung: Frau wacht auf - Erinnerung weg - kann jetzt heilen - wird bei jeder Heilung schwächer - findet Personen, die ihr helfen, sie mögen oder jagen. So spannend kann Metal sein! Wenn Rosamunde Pilcher mal Metal-Texte schreibt, dann dürfte dies ähnlich ausfallen…
Jetzt aber zur Musik, die natürlich bombastisch ausfällt und orchestral unterstützt wird. Trotzdem fehlt zu keinem Zeitpunkt die Verbindung zum kernigen Metal. Tausendsassa Magnus Karlsson sorgt für den ordentlichen Drive an Gitarre und Bass und wird durch das druckvolle Drum-Spiel von Andreas Köllerfors bestens angetrieben. „The Metal Opera“ bietet keinen Ausfall und überzeugt mit klassischem Symphonic-Metal, der Freunde von NIGHTWISH und Co. durchaus ansprechen müsste. Besonders die Hooks sind natürlich einprägsam und geschickt gesetzt, und somit bleibt der Wiedererkennungswert der einzelnen Stücke auf einem stets hohen Level. Besonders Stücke wie „Awake“ oder „Come Out Of The Shadows“ setzten nicht auf Tempo, sondern stellen die Sängerin(nen) klar in den Vordergrund. Bei „Back To Life“ driftet man musikalisch sogar in schwerfällige Doom-Gefilde ab, die nur durch glockenklare Vocals eine Perspektive aufzeigen.
In Sachen Metal-Oper würde ich zwar noch immer AVANTASIA vorziehen, da einige Songs schon eine männliche Stimme verdient hätten, und es somit ein wenig an Abwechslung fehlt. Es bleibt aber ein starker Output, der mit Spontanität und Schweiß aber nichts zu tun hat. Freunde der Female-Metal-Oper sollten in jedem Fall einen Blick riskieren.
Sänger Kristian Fyhr hat die Band SEVENTH CRYSTAL gegründet und sich die geeigneten Musiker dazu gesucht. Und ich danke ihm dafür. Denn was die Schweden auf ihrem Debüt anbieten, verdient das Prädikat "Wow"!!! Hier reiht sich Hit an Hit, es ist schwer fassbar, welche Güte und Griffigkeit den Melodien der elf Rocknummern innewohnt. Es beeindruckt, wie dynamisch, kantig und dennoch anschmiegsam sich das Kollektiv präsentiert, und wie berührend dazu der Bandgründer singt.
"Say What You Need To Say" zeigt sich eckig-modern, bietet dazu aber einen cremigen, anhänglich hymnischen Refrain."When We Were Young" ist beschwingt, gleichwohl transportiert es eine gewisse Tragik. Die bewegende Halbballade "Broken Mirror" punktet mit Atmosphäre und Emotion. Und "Should've Known Better" ist ein Vergissmeinnicht, das sich im Hörgang verwurzelt und zum verträumten, melancholischen Tanzen einlädt. SEVENTH CRYSTAL klingen auf der einen Seite wie die seligen 80er, trotzdem strahlen sie eine gewisse Moderne in den Arrangements und in ihrem Klang aus. Das macht dieses Debüt zusätzlich spannend. Zu guter Letzt beendet das wunderbar gesungene und allein mit einem Piano und Cello begleitete, zum Sterben schöne "Hope It Will Be Alright" das beeindruckende Erstwerk.
"Delirium" ist nicht weniger als ein großartiges Album, das mit packenden Songs, einer motivierten und clever agierenden Band in einem zeitgemäßen und kräftigen Sound voll und ganz überzeugt - Applaus nach Schweden!
Monster, Kreaturen und Dämonen, erhebt Euch: Der Blutgott und seine Combo starten die Death Metal-Warmachine und ziehen wieder in den Krieg!
DEBAUCHERY frönen wieder dem ausschweifenden, unkomplizierten Party-Death Metal. Hier wird grooviger Death Metal gezockt, und Elemente des Hard Rocks der 70er Jahre fließen mit ein. „Monster Metal“, der Nachfolger zu „Fuck Humanity“ (2015), erscheint am 21. Mai 2021 bei Massacre Records u.a. als 3-CD-Digipak. Auf CD zwei und drei werden die Songs von den Side-Projekten BALGEROTH und BLOOD GOD anders interpretiert.
Mastermind Thomas Gurrath gründete die Stuttgarter Band 2003 und bleibt sich auch bei der neuesten Scheibe treu: Ein blutrünstiger Brecher folgt hier dem anderen. Das klingt kernig, gradlinig und ohne Schnörkel. DEBAUCHERY sind wie eine gekonnte Mischung aus GOREFEST, SIX FEET UNDER, BENEDICTION, OBITUARY und AC/DC. Zum so häufig genutzten Vergleich mit dem amerikanischen Genre-Kollegen SIX FEET UNDER, muss man aber erwähnen, dass sich Chris Barnes stimmlich schon länger nicht mehr in Top-Form präsentieren konnte, Thomas Gurraths gutturale Growls aber um jeden Zweifel erhaben sind. Dennis Ward (KROKUS, ANGRA, PINK CREAM 69) hat das Ganze ordentlich produziert und mit einem kräftigen Sound versehen. Das neue Album ist überwiegend im Midtempo-Bereich gespielt, die zehn Songs rocken durch die Bank mit simplen Riffs, tiefen Vocals und größtenteils Ohrwurmqualität. Splatter und Gore mit Spaß und Übermut! Der Opener „Bloodking“ wurde bereits sehr früh samt Video vorveröffentlicht, und nach 2:30 Minuten ertönt zum ersten Mal die markerschütternde allseits bekannte Stimme des Gastsängers Tim „Ripper“ Owens. „Debauchary Warmachine“ überzeugt durch ein eingängiges dreckiges Gitarrenspiel und könnte ein Live-Knaller sein. Ähnlich verhält es sich beim Groove-Massaker „Hate Kill Murder“.
Wie auch in der Vergangenheit, wird DEBAUCHERY auch für die neue Scheibe keinen Preis für Innovation in Sachen Songwriting erhalten, und eine intellektuelle Kunstkapelle will die Band auch gar nicht sein. Die Namensgebung der Songs und die Texte sind eigentlich schon seit über 15 Jahren eine plumpe Dreistigkeit. Gibt es eigentlich im Internet bereits einen DEBAUCHERY-Songtitelgenerator? (ähnlich wie bei MANOWAR) Mit „blood“, „hail“, „war“ und ähnlichen Begrifflichkeiten, könnte man problemlos weitere Alben planen. Natürlich spielt Gurrath mit dieser Einfältigkeit und beweist dabei Selbstironie und erreicht etwas Entscheidendes, nämlich dass man kriegt, was man erwartet. Und Gleiches gilt auch für die Musik und den typisch groovigen Sound. Riffs, Beats und Lines weisen Ähnlichkeit auf. Diese fehlende Varianz mag den einen oder anderen auf die Dauer langweilen. Immerhin sind an das Album „Monster Metal“ noch BALGEROTHs „Böse Bis Ins Blut“ und BLOOD GODs „Metal To The Bone“ angehängt und sorgen für mehr Abwechslung. Die Songs von „Monster Metal“ sind bei BALGEROTHs Version auf Deutsch, Gurraths Stimme klingt hier heiser und weniger tief. Für mich geht das nicht so gut ins Ohr, und die deutschen Texte haben etwas seltsam Komisches. Aber ähnlich erging es mir bereits beim Vorgänger „In Der Hölle spricht Man Deutsch“ von 2018. Anders empfinde ich das bei der Deutung der Songs von BLOOD GOD auf Silberling Nummer drei. Hier wird der sowieso vorhandene Rocksound in den Vordergrund gestellt. Die Stimme tendiert zur knarzend rauchigen Reibeisenstimme à la Brian Johnson. Das geht wunderbar auf, und Songs wie „Metal To The Bone“ oder „Blood God Eternal“ funktionieren im Death Metal-Stil und ebenso im Hard Rock-Gewand. So kann man je nach Laune und Verfassung die gewünschte Version auflegen.
DEBAUCHERY-Frontmann Thomas Gurrath kam einst in die Schlagzeilen, weil er sich zwischen seiner Band und seinem Job als Lehrer entscheiden musste. „Herr Blutgott aus dem Lehrerzimmer“ benannte ihn Spiegel Online 2010. Gurrath bewies damals Rückgrat, entschied sich glücklicherweise für den Metal, und so können wir uns nun an seinem neuesten Wurf erfreuen.
Gurrath sagte mal, dass Heavy Metal für ihn vor allem etwas mit positiver Energie und guter Laune zu tun hat. Er will die Leute unterhalten: Monster Metal rein, Alltag raus - sozusagen. Genau so sollten wir die Musik aufnehmen, und ich bekomme beim Hören direkt Lust, ein Bierchen aufzumachen!
HORE präsentieren auf "Siostry Wiedźmy" eine originelle raue Variante des Post-Black Metals.
Die polnische Black Death Metal-Szene ist kaum zu bremsen. Einflussreiche, qualitativ hochwertige Bands wie MGLA, THAW, BATUSHKA, BEHEMOTH, IPERYT, LVX OCCULTA und IN TWILIGHT EMBRACE stammen aus polnischen Gefilden wie Kattowitz und Danzig.
Hore wurden 2018 gegründet und legen Wert auf Anonymität, was beileibe keine Seltenheit darstellt. Doch wäre es spannend zu wissen, wer aus der polnischen Szene hier zu Werke geht! Black Metal polnischer Schule mit progressiver Herangehensweise: da fallen einem Namen wie MOROWE, ODRAZA, KLY, MASSEMORD und FURIA ein. Mich würde es nicht wundern, wenn sich der eine oder andere Musiker aus genannten Kapellen hinter HORE verbirgt. Wenn ich Recht habe, bitte ich bei Zeiten um einen Blumentopf.
Inspiration finden HORE laut Infotext des Labels Witching Hour Productions von alten Volksmärchen und Schriften von Słowacki, Mickiewicz, Broniewski und Goethe. Der Albumname "Siostry Wiedźmy" bedeutet übersetzt "Schwestern der Hexe". Betitelt wird der musikalische Stil als Post Black Metal und Avantgarde Jazz. Allerdings klingt diese polnische Variante von Post Black Metal reichlich anders als bekannte Szenegrößen à la DEAFHEAVEN und ALCEST. Bei HORE geht es ungeschliffener und rauer zur Sache. Zudem ist die Stimme tief knurrend und der Gesang recht langsam und nicht hoch und schnell gekreischt. Der Opener „Drwimy Jak Grom“ startet mit Regen- und Gewittergeräuschen, und dann doomt es los. Schließlich gibt das Schlagzeug Gas. Der Schlagzeugsound hat hier und da etwas vom trockenen Klang eines Kochlöffels auf einem Topf. Mir schießt eine kurze Assoziation von METALLICAs "St. Anger" in den Kopf. Aber das ist schnell wieder vergessen. Insgesamt ist es eine coole Nummer. Weiter geht es mit „Bije Raz, Dwa, Trzy“. Der Track hat viele Tempowechsel parat und ist düster und böse. „Siostry Wiedźmy“ bietet lichtfreies Gemetzel. Ein Saxophon flackert zwischendurch theatralisch auf. Mit beschwörender Sprechstimme und langsam startet "Król Olch", aber der Song nimmt schon bald Fahrt auf. Bei “Pieśń Ma Była Już W Grobie“ sind viele Jazz-Elemente vorhanden, und das Saxophon kommt erneut zum Einsatz. "Biesy" hat etwas progressiv Variables, mitunter Psychodelisches. Der letzte Song "Księżnę Dziś Pochowano" groovt zumeist angenehm im Midtempo.
Immer wieder fällt auf, dass der Schlagzeuger dermaßen abgeht und prügelt, der dichte Gitarrenklang sowie auch die Stimme aber zeitgleich ein langsameres Tempo an den Tag legen. Die Drums sind insgesamt erstaunlich: sie wirken oft wie ein Trommelwirbel; zum Teil besitzen sie auch SEPULTURA-Vibes. Im Album gibt es einige spannende experimentelle Wendungen, kantige Riffs und ein gut eingewobenes Saxophon, wie wir es zum Beispiel auch von den ukrainischen Dark Jazz-Kollegen WHITE WARD kennen. Jazz-Elemente im Black Metal sind sicherlich nicht jedermanns Sache. Die martialische Mischung hat aber Wiedererkennungswert, und "Siostry Wiedźmy" bietet viel Abwechslung: Doom mit Riff-basierten Parts, Tempowechsel, viel Kälte und spannende Arrangements.
FM sind ein Paradebeispiel für eine Band, die zwar musikalisch den Stadionrock verkörpert, aber niemals den Status eines Megaseller erlangen konnte. Die 1984 gegründete Band konnte leider nie die wirklich großen Hallen für sich erobern. Die englischen Rocker konnte zwar einige Erfolge für sich verbuchen, die besonders dem 1989er Release „Tough It Out“ geschuldet waren, aber der absolute Durchbruch blieb nur ein Wunschgedanke. Der vorliegende Output wird als Doppelalbum auf die interessierten Hörer losgelassen und lässt uns das komplette „Tough It Out“-Album in einer Live-Performance genießen. Für Liebhaber des besagten Albums also ein Pflichtkauf. Da auch die Atmosphäre eines Live-Events gut auf Vinyl gepresst worden ist und absolut authentisch rüberkommt, ist „Tough It Out Live“ ein willkommener Ausflug in die Welt von FM, die keine Überraschungen bietet, aber mit einem authentischen Sound aufwarten kann und somit die Live-Atmosphäre bestens vermitteln kann. Überraschungen bietet das zweite Album. Hier wurde nicht auf Sicherheit oder kommerzielle Aspekte geachtet, sondern man bedient sich auch unbekannterer Songs, die es bisher auf keine Scheibe geschafft haben. Klassiker wie „I Belong To The Night“ oder „Closer To Heaven“ wurden ausgeschlossen und zeigen eine selbstbewusste Band, die sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruht. Dieses fehlende Kalkül macht die zweite Scheibe zu einer spannenden Geschichte, die besonders für eingefleischte Fans einen Kaufanreiz bietet. Ich kann an diesem Live-Werk nichts bemängeln. Die Songs stehen eh für sich selbst, aber die Interaktion zwischen Band und Publikum kommt einfach fantastisch durch die Boxen, und man vergisst, dass man vor der heimischen Stereoanlage sitzt. „Tough It Out Live“ bietet eine fast zweistündige Reise, die eine Band zeigt, die es musikalisch mit allen Stadionrock-Bands aufnehmen kann, aber den Sprung nicht geschafft hat. Wahrscheinlich macht dieser Punkt das Album doppelt sympathisch.
DARWIN sind bisher mit zwei wirklich gutklassigen Alben aufgefallen und haben den progressiven Rock positiv bereichert. Mit dem dritten Output „DarWin 3 – Unplugged“ kommt die Band aber nicht so recht aus dem Quark. Zwar ist die Besetzung extrem hochkarätig ausgefallen – Simon Phillips (TOTO, THE WHO), Matt Bissonette (ELTON JOHN, DAVID LEE ROTH) und Projektleiter DarWin sprechen hier eine deutliche Sprache, aber leider kränkelt „Unplugged“ an seiner ursprünglichen Intention. Fünf Instrumentals, zwei Unplugged-Versionen und ein Acapella, die zum großen Teil vom Erstling stammen, verbreiten eher gepflegte Langeweile und bieten leider kein überzeugendes, leises Prog-Werk. Zwar wurden einzelne Songs mit dem „Chamber Orchestra Of London“ und dem „Reykjavik Quartett“ eingespielt, aber diese orchestralen Parts wollen auch nie so wirklich zünden. Es fehlen die wirklich harten Riffs und die beißenden Schlagzeug-Parts, die bei den Vorgängeralben durchaus überzeugen konnten. In diesen Versionen verkommen Songs wie „Escape The Maze“ oder „Last Chance“ zu seichter Hintergrundmusik, die man zwar wahrnimmt, aber nach ein paar Sekunden wieder vergessen hat. Natürlich klingt alles höchst professionell, aber die Musik berührt einfach nicht und könnte eher bei einem Restaurantbesuch als Hintergrundmusik verwendet werden. Ich glaube nicht, dass dies die Absicht der Vollblutmusiker gewesen ist, aber wir reden hier von Fakten. Ich bin einfach mal frech und unterstelle, dass man mit „Unplugged“ nur ein wenig die Corona-Phase überbrücken wollte und sich nicht wirklich um diesen Output gekümmert hat. Keine Frage, man kann die Scheibe hören, aber es gibt so viele ambitionierte und gute Prog-Bands, und ich wüsste keinen Grund, warum man auch nur einen Euro in dieses lieblose Produkt verschwenden sollte. Hier sollte man besser auf die nächste reguläre Scheibe warten.
Bereits mit seinem Debütalbum „Freak“ von 2017 konnte das Quartett aus Atlanta, Georgia auf sich aufmerksam machen, nicht zuletzt dadurch, dass Band-Chefin Diamond Rowe als erste afroamerikanische Lead-Gitarristin der härteren Gangart in diversen Gitarren-Fachblättern viel Presse bekam. Zudem spielte man diverse Shows mit Truppen wie AVENGED SEVENFOLD, KORN, ALTER BRIDGE oder DEVILDRIVER, was auch eine ungefähre Marschrichtung vorgibt, wohin die musikalische Reise auf dem Nachfolger „Unstable“ geht: irgendwo in der gemeinsamen Schnittmenge aus Metalcore, Nu Metal, typisch amerikanischem „Psycho-Rock“ und Jahrgangsabschlussband einer humanistischen Realschule in Bielefeld wildernd, bespaßen TETRARCH erwartungsgemäß eher modern orientierte Naturen als den gemeinem Keep It True-Besucher. Rein handwerklich machen Hauptsongwriterin Frau Rowe und ihre männlichen Mitstreiter einen sehr guten Job; die Genre-üblich tief und breit bollernden Riffs werden von Josh Fores (der auch für die Rhythmusgitarre verantwortlich zeichnet) wechselnd wütendem und melodischem Geschrei/Gesang songdienlich ergänzt, was in gelungenen bis guten, wenn auch wenig überraschenden Stücken wie dem Opener „I´m Not Right“, dem treibenden Titelsong, dem hymnischen „You Never Listen“, der fast schon doomigen Breitwand-Nummer „Take A Look Inside“ (mein persönliches Highlight des Albums) oder „Addicted“ kulminiert. Einerseits liefern TETRARCH hier eine saubere, zudem amtlich produzierte Vorstellung ab, an der es objektiv nix zu mäkeln gibt, und die die Fans dieser musikalischen Gattung mehr als befriedigen wird. Andererseits wirkt „Unstable“ wie ein am Reißbrett entworfenes und perfekt durchkalkuliertes, bis in die letzte Note berechnetes und durchkonstruiertes Konsumprodukt für die Generation der Spotify-Teens – auch wenn sie nicht in Bielefeld wohnen.
SULPUR spielen auf "Embracing Hatred And Beckoning Darkness" breiig rumpelnden Old School-Black Metal im Stil des 90er-Jahre-Undergrounds.
Über die Band kann man gar nichts berichten, da seine Mitglieder beschlossen haben, den Mantel des Geheimnisses zu wahren. Wer sich hinter der raubeinigen Rumpeltruppe verbirgt, und wo sie herkommt, ist unbekannt. Es ist die zweite Veröffentlichung des mysteriösen Acts und der erste Longplayer. Das Album bietet etwas Midtempo und viel Raserei. Stilistische Vergleiche könnte ich zu BATHORYs "The Return" und DARKTHRONEs "A Blaze In The Northern Sky" ziehen.
Leider gefällt mir der Schlagzeugsound gar nicht, die melodiöse Gitarrenarbeit verschwindet zum Teil hinter dem Geschepper. Der Sänger wütet recht souverän durch die fünf langen Songs. "Embracing Hatred And Beckoning Darkness" startet mit dem gleichnamigen Opener und einem höhlenartig schallenden Keyboard-Intro. Dann wird der Knüppel ausgepackt, und nach fünf Minuten kommt ein langsamer Zwischenpart mit schallunterlegter Sprechstimme. In "Blessed By Foul Magick" geht’s mit aggressivem Tempo los, und im späteren Verlauf ergänzen sich schöne Gitarrenmelodien, wohingegen bei "Through The Triumph Of Blood" acht Minuten gut durchgerotzt wird. "A Temple Draped In Shadow" stellt für mich persönlich das Highlight der Platte dar: Der Song ist abwechslungsreicher als die anderen und glänzt mit hypnotisch-beklemmenden Harmonien sowie melodisch "singenden" Gitarrenklängen. "As Stars Line The Path To Glory" ist ein Zehn-Minuten-Track und startet langsam treibend. Nachdem sich das Tempo steigert, geht der Song in einen Akustikgitarrenpart über.
Insgesamt wäre deutlich mehr drin gewesen. Authentizität und Lo-Fi-Purismus in allen Ehren, aber die Produktion von SULPURs Erstling killt einiges an Atmosphäre!