Von Altersmüdigkeit kann bei FLOTSAM AND JETSAM nun wirklich keine Rede sein. Wer ein Album wie „Blood In The Water“ in den Ring schmeißt, der hat wahrlich noch nicht vor, in Rente zu gehen. Und das ist verdammt gut so!
FLOTSAM AND JETSAM, diesen Namen hat wahrscheinlich schon jeder von Euch gehört, aber wahrscheinlich nur wegen 80er-Perlen wie „Doomsday For The Deceiver“ oder „No Place For Disgrace“. Nach diesen Machwerken wurde es lange ruhig um die Jungs. Zwar wurden immer weiter Platten produziert, aber die musikalische Qualität hinkte dem großen Namen oft meilenweit hinterher. Erst bei den letzten zwei Alben konnte man eine Rückbesinnung auf alte Zeiten erahnen, die sich jetzt in „Blood In The Water“ eindrucksvoll bündelt. Wir haben es hier mit einem absoluten Meisterwerk zu tun, welches zwar immer eine grundsolide Geschwindigkeit aufweisen kann, aber niemals mit eindrucksvollen Melodien und Vocal-Lines geizt. Besonders Sänger Eric hat Hummeln im Hintern und klingt teilweise wie Bruce Dickinson auf Thrash. Einfach eine gelungene Mischung aus aggressiven Vocals und einer gesunden Portion Harmonie. Das Songwriting wirkt wie aus einem Guss, und jeder Song kann einen eigenen Höhepunkt vorweisen. Abrissbirnen wie „Burn The Sky“ oder Dragon“ sprechen hier eine deutliche Sprache. Sogar eine Halbballade hat den Weg auf „Blood In The Water“ geschafft – „Cry For The Dead“ überzeugt mit einem MAIDEN-Intro, welches nun wirklich zu 100% an IRON MAIDEN erinnert, um dann zwangläufig in härtere Gefilde abzudriften. Klasse Song, dessen Vocals hier besonders eindrucksvoll in der Profiliga anzusiedeln sind.
Man kann zu jeder Sekunde erkennen, dass FLOTSAM AND JETSAM extrem hungrig sind und es jetzt nochmal wissen wollen. Für mich hat die Band fast das Niveau von HEATHEN erreicht, was nun wirklich einem Ritterschlag gleicht. Die Produktion ist gelungen und klingt modern und trotzdem zeitlos. Ok, der Trigger lief auf Hochtouren, aber dies ist Geschmackssache. Ich mag diesen modernen Sound, der bei hoher Lautstärke richtig in den Hintern tritt. Für mich hat hier Produzent Jacob Hansen (POWERWOLF, VOLBEAT) einen exzellenten Job hingelegt, der den Songs noch einen weiteren Schub nach vorne gibt.
Wer auf speedigen Thrash Metal steht, der kommt an „Blood In The Water“ nicht vorbei – wer nicht darauf steht, der muss sich das Album trotzdem kaufen!
Ich bin kein großer Anhänger von Tribute-Alben. Unzählige gibt es davon, und auch von THE SISTERS OF MERCY sind einige zu erwerben. Ob es da Sinn macht, ein weiteres Album zur Ehrerbietung der britischen Rockband zu veröffentlichen, lassen wir mal offen. Unumstritten ist indes, dass THE SISTERS Of MERCY mit zu den Wegbereitern des Gothic Rock gehören und sicherlich den meisten Rockhörern ein Begriff sind. Es war in frühen 90er-Jahren undenkbar, einen Rock-Disco-Abend ohne "Temple Of Love" oder "More" zu absolvieren.
Auf "Black Waves Of Adrenochrome" sind überwiegend SISTERS-Klassiker enthalten, die zum Teil bereits auf anderen Samplern vertreten sind. Performed werden die 15 Songs von einer Riege namhafter, aber auch weniger bekannter Bands aus der Metal- und Gothic Scene (u.a. IN EXTREMO, PARADISE LOST, KREATOR). Es gibt sowohl an den Versionen als auch an der handwerklichen Umsetzung nichts zu mäkeln. Mal unterscheiden sich die Nummern vom Original ("This Corrosion", "Marian"), mal klingen sie nahezu gleich ("More"). Ganze vier Songs sind doppel vertreten ; hier wären weitere, noch nicht enthaltener Cover-Songs abwechslungsreicher gewesen.
Die CD gibt es als Digipak in einem passenden Artwork. Fein ist das reich bebilderte Booklet mit der jeweiligen Info zu Song und Band (Erscheinungsjahr, Album etc.).
Tracklist:
FROWN - "Heartland"
ATROCITY - "More"
IN EXTREMO - "This Corrosion"
PARADISE LOST - "Walk Away"
CRADLE OF FILTH - "No Time To Cry"
DEADLOCK - "Temple Of Love"
NEVERGREEN - "More"
MARYSLIM feat. JYRKI69 - "This Corrosion"
DAEONIA - "Alice"
KREATOR - "Lucretia My Reflection"
CADAVEROUS CONDITION - "Floorshow"
DAN SWANÖ - "Lucretia My Reflection"
DREADFUL SHADOWS - "1959"
CREMATORY - "Temple Of Love"
CO BOX - "Marian"
Black Waves Of Adrenochrome - THE SISTERS OF MERCY Tribute
GORGONs „Traditio Satanae“ weiß durch schnelle Melodien, durch Hass und Gewalt, aber vor allem durch eingängige Riffs zu überzeugen, die Dir Deine Ohren ausweiden! Die ganze Platte besticht durch eine kraftvolle Intensität, breitbeinig mit stolzer Brust geht der Franzose Christophe Chatelet zu Werke. Kraftvoll ist auch die Produktion von „Traditio Satanae“: keine LoFi-Nummer, aber auch nicht glatt und seicht. Der Sound ist tief und emphatisch.
GORGON wurde 1991 in Südfrankreich von Chris gegründet. Die Band war damals dafür bekannt, dass man sich für ihr Konzert lieber nicht den neuen weißen Anzug anzieht; hier wurde nämlich nach Herzenslaune der Blutspritzerei gefrönt. Nach dem im Jahr 2000 veröffentlichten Album „The Spectral Voices“ löste sich die Band auf, um 2019 das Comeback-Album „The Veil Of Darkness” und im Juni 2021 das sechte Album „Traditio Satanae“ zu veröffentlichen. Chris Chatelet hat für das neue Album alles außer dem Schlagzeug eingespielt; GORGON ist sowas wie eine One-Man-Show.
Wir hören mal mitreißend stampfendes Midtempo und mal hohe Geschwindigkeit. GORGON verfallen aber nie in blinde Blastbeat-Raserei, die Musik behält immer etwas Hymnisches. Direkt zu Beginn wird mit „Blood Of Sorcerer“ ein Opener rausgehauen, der es in sich hat: eingängig und hart. Der Track ist kompromisslos, und insbesondere der Refrain bleibt im Kopf. Es folgen das rifflastige „Death Was Here“ und „Entrancing Cemetery“ mit angenehm melodiöser Gitarrenarbeit. „Sacrilegious Confessions“ beginnt mit schnellem, bratzigem Stil, das Tempo wird aber dann zwischenzeitig runtergeschraubt, die Aggressivität bleibt dabei jedoch aufrechterhalten. „My Filth Is Worth Your Purity” ist rockig gespielt, und der Titeltrack „Traditio Satanae” ist eine bassbetonte Midtempo-Nummer, bei der man rhythmisch die Faust in die Luft schnellen lassen will. „The Long Quest“ ist ein guter, punkig-rotziger Song à la IMPALED NAZARENE, und bei „Scorched Earth Operation” wird es nochmal hymnisch mit griffigen Gitarren. Beim letzten Track „At The Beginning There Was Hate” geben GORGON nochmal Vollgas, und die Scheibe wird temporeich beendet. Ich bilde mir ein, auf dem feinen Silberling Einflüsse von CELTIC FROST, DISSECTION und SATYRICON herauszuhören.
Auf „Traditio Satanae” wurde gutes Songwriting betrieben. Das bereits erwähnte, kraftvolle, nackenwirbelzerbröselnde Riffing ist spitze und geht vom Gitarrensound eher in Richtung Death Metal. GORGON hat elf Songs am Start, die ohne Umwege direkt ins Schwarze treffen!
Jedes Jahr gibt es Events, die verlässlich stattfinden: Weihnachten, Ostern, Silvester oder der eigene Geburtstag. Darüber hinaus gibt es seit einigen Jahren aber noch einen weiteren Fixpunkt. Jedes Frühjahr hauen OSSIAN ein neues Album raus, und auch wenn große Experimente erwartungsgemäß außen vorbleiben, so ist doch nur oberflächlich alles wie immer, denn die Ungarn haben mit dem feinen Feilbesteck ihren ureigenen Sound nachgeschliffen und ihm ein dezentes Facelift verpasst, so dass man auch als langjähriger Fan ab und zu erstaunt eine Augenbraue nach oben zieht. Das Grundgerüst dabei bleibt natürlich extrem melodischer Metal, der sowohl von seinen melancholisch-hymnischen Melodien als auch den meist sehr relaxten, aber nicht langweiligen Grooves lebt.
Den Anfang dabei macht das unglaublich schöne und mental aufbauende „Kell Egy Szikra“, welches den Hörer sofort in die träumerische Welt OSSIANs ein- und entführt. So geht Pathos, meine Damen und Herren. Das folgende „Ember A Holdon“ ist poppig im besten Wortsinne und wird zu 100% im nächsten Liveset auftauchen. Bei diesem Refrain höre ich die Publikumsgesänge schon automatisch mit. „A Türelem Hatalom“ zieht das Tempo leicht an und präsentiert sich als beschwingter Rocker, der einen leichten Bogen in die eigene Vergangenheit schlägt. Bei „Lassan Ébredő“ wird es dann richtig besinnlich, und die urtypische OSSIAN-Ballade lädt mit dezenten Folkverweisen zum Träumen ein. „Szabad Maradhat“ ist kraftvoller Stampfrocker, der einmal mehr das Zeug zur Live-Hymne hat. Das nun folgende Titelstück „A Teljesség“ überrascht mit leichten Vocaleffekten und mit cleanen Gitarrenlicks und ist ein Beispiel für die anfangs beschriebenen dezenten Neuerungen. Der ungewöhnliche „Wardrum“-Groove macht „Együtt Voltunk Minden“ interessant und ist prädestiniert, um mit hoch gereckter Faust Ungarns produktivster Metal-Legende zu huldigen. Die recht reduzierte und zu großen Teilen akustische Ballade „Azon A Napon“ weckt in mir Erinnerungen an Sommer und sich im Wind bewegende Weizenfelder. Da ich kein Wort verstehe, kann ich mich ganz auf die Bilder konzentrieren, die die Musik in mir auslöst. „Kelj Fel És Láss“ überrascht mit sehr dezentem Doublebass-Einsatz und weiteren cleanen Gitarrenparts. Der dritte balladeske Song hört auf den Namen „Nem Elég Az Ég“ und besteht nur aus Endres Gesang und einer akustischen Gitarre. Dieser Singer/Songwriter-Aspekt rückt auf dem neuen Album noch weiter in den Vordergrund als jemals zuvor, passt aber sehr gut zum Melodieverständnis OSSIANs. Bei „A Hiányzó Láncszem“ wird wieder mit einem eher ungewöhnlichen Uptempo-Beat experimentiert, was die Härteschraube wieder etwas anzieht. Das Instrumental „Engedd El“ zeigt zwar die Fingerfertigkeit der Saitenfraktion, ist mitnichten aber Shredding zum Selbstzweck, sondern auch gespickt mit Melodien und ein echter Song, welcher eben auch ohne Gesang funktioniert. Den Abschluss bildet der entspannte Rocker „Az, Aki Voltam“, welcher ein passendes Finale für „A Teljesség“ abgibt.
Natürlich kann man sich fragen, ob das alles wirklich noch Heavy Metal ist, oder ob OSSIAN für dieses Genre mittlerweile zu soft geworden sind, oder man kommt zu dem Schluss, dass das eigentlich vollkommen egal ist und erfreut sich an 13 neuen Songs dieser Hitfabrik. Der Autor tendiert zu Letzterem und hofft, dass bald wieder eine Liveshow OSSIANs möglich sein wird.
Seit 1984 stehen NECORONOMICON für unverfälschten Thrash Metal, welcher es aber bisher nie über das Kreisoberliganiveau geschafft hat. Lag es an der Musik? Nicht wirklich! Die Jungs haben immer eine solide Thrash-Keule geschwungen, aber konnten nie den Status von Bands wie DESTRUCTION oder SODOM erreichen. Fehlende Touren und ein mangelndes Marketing haben hier leider eine größere Reichweite unmöglich gemacht.
Und nun kommen die Jungs mit „The Final Chapter“ um die Ecke, und man bemerkt, dass hier noch mit Herzblut und einem gesunden Aggressionslevel gearbeitet wird. Die Riffs sitzen, und die Drums peitschen jeden Song nach vorne – hier werden keine Gefangenen gemacht! Parallelen zu DESTRUCTION dürfen zu jeder Zeit gezogen werden, obwohl NECRONOMICON ein wenig ungezügelter durch die Boxen kommen. Bei „Spilling In Blood“ kann man sogar Einflüsse von MEGADETH erahnen, welche den Song an die Spitze des Albums katapultieren. Kommen diese interessanten Einflüsse von den neuen Bandmitgliedern? Könnte schon sein, dass die Neuzugänge Rik Charron (ex-EXCITER) und Glen Shannon einfach frischen Wind und neue Einflüsse zugelassen haben.
Was bleibt, ist ein enorm starkes Thrash-Album, welches eine enorme Bandbreite vorweisen kann. Ein Song wie „Pain“ kommt sehr relaxt aus dem Quark, um dann in einer amtlichen DESTRUCTION-Verneigung zu enden. „Burning The Fury“ erinnert am Anfang an MAIDENs „Flash Of The Blade“ und überzeugt im Nachgang mit feinsten Gitarrenmelodien. Sagt man bei manchen Alben, dass man das Werk nur in Gänze anhören sollte, steht bei „The Final Chapter“ jeder Song für sich selber und sollte auch einzeln bewertet werden. Man könnte meinen, es würde der rote Faden fehlen, aber NECRONOMICON verlieren nie das eigentliche Ziel aus den Augen und überzeugen mit zwölf bockstarken Tracks, die dem geneigten Thrasher viele Freudentränen abverlangen werden.
Was soll ich sagen? Es gibt keinen Ausfall zu verzeichnen. Die Band agiert auf einem extrem hohen Level und verliert sich nie in technischen Extravaganzen. Auf „The Final Chapter“ steht straighter Thrash im Vordergrund, der mit interessanten Ideen angereichert wurde. So muss das sein, und so ergibt sich eine Kaufempfehlung. Und zum dem Albumtitel „The Final Chapter“ gibt es nur eine Sache zu sagen: Vergesst es mal ganz schnell! In der Form bitte am Ball bleiben!
THE MONOLITH DEATHCULT spielen pompösen Industrial Death Metal, und auf dem sechsten Album der Niederländer, "V3 - Vernedering", erwartet uns ein wüstes Auf und Ab, ein vertonter futuristischer Krieg. „Vernedering“ bedeutet Erniedrigung, und textlich dreht es sich um Verschwörungen wie die rechten Verschwörungsmythen zu George Soros, den Verschwörungstheoretiker und Trump-Unterstützer Alex Jones und die Initiative "Great Reset" ("Großer Neustart") des Weltwirtschaftsforums, die eine Steilvorlage für verschwörungsgläubige Corona-Skeptiker darstellte.
Der Nachfolger des 2018er "Vergelding" stellt den letzten Teil der V-Trilogie dar, dem dreiteiligen Albumzyklus. Bei „V2 – Vergelding“ ging es um historische Racheaktionen, und „Versus 1“ (2017) setzte sich mit der okkulten Seite des Nationalsozialismus auseinander. THE MONOLITH DEATHCULT behandeln schon immer Themen rund um Historie, Mythologie und menschliche Obszönitäten. Die Auswahl der Themen wie Nationalsozialismus und Krieg mag wie kalkulierte Provokation wirken. Die Band betitelt das Album im Promotext als „blutiges Super-Spektakel (…) mit einer Botschaft so stumpf und brutal wie ein Bleirohr“ und sich selbst als „unbesiegbare Götter“. Uiuiui, vielleicht doch ein bisschen viel Jenever gesoffen. Oder waren´s doch die guten Pilze aus Kampens Coffeeshop? Jedoch werden THE MONOLITH DEATHCULT auf der CD augenzwinkernd von einer Sprecherstimme à la Radiomoderator Alex Jones u.a. der chemischen Kriegsführung beschuldigt. Dieses Augenzwinkern spürt man bei der Musik, den Videos und bei den Bandfotos. Lyrisch und musikalisch haben wir es allemal mit hartem Tobak zu tun.
Die Holländer schauen über den Tellerrand hinaus!
2002 kredenzten sie noch schnellen Technical Death Metal, und Stück für Stück kamen weitere Fragmente anderer Genres zum Potpourri hinzu: Avantgarde, Grindcore und Industrial. Je größer der Anteil von Carsten Altenas Umgang mit Keyboards und elektronischen Effekten wurde, desto unverwechselbarer wurde der Klang ihrer Musik, und desto mehr werden auch die Grenzen des Death Metal ausgedehnt.
Zu Beginn der Scheibe hört man in „Infowars“, wie sich jemand vorm Fernseher ein Bierchen eingießt und den Hasstiraden des Sprechers lauscht, bevor „Connect The Goddamn Dots“ mit Stimmengewirr, Industrial-Beats und ordentlichem Riffing losbricht. „Gone Sour, Doomed“ strotzt vor Aggressivität, meterhoch schichten sich die Akkorde, und der Bass wummert lässig. Wenn Bassist Robin Kok die vokalen Übergrößen-Growls auspackt, bleibt kein Auge trocken! „Vernedering” beinhaltet nicht nur flott marschierende Rhythmen, anpeitschende Shouts, Growls und wilde Soli, sondern auch Gretas „How dare you“-Sample. Im Anschluss kann man sich während des atmosphärischen Instrumentals „Blood Libels“ etwas ausruhen. „The White Silence” und „They Drew First Blood” sind dramatisch und kraftvoll. Im Abschluss-Track „L’Ouverture De Morose“ wird es lang, ausladend, episch-doomig mit schweren Riffs und obendrein mit Piano und Fanfaren.
Auf "V3 - Vernedering" sind zahlreiche Samples, Spoken-Word-Passagen und elektronische Keyboard-Soundflächen zu hören. Die Zugabe von Chören und einem Bombast-Orchester aus der Konserve gibt einen chaotischen und aufwühlenden Anstrich und erinnert an DIMMU BORGIRs sinfonische Aufnahmen. NILE meets MINISTRY - Parallelen zu Bands wie SEPTIC FLESH, ANAAL NATHRAKH, FLESHGOD APOCALYPSE und Devin Townsends STRAPPING YOUNG LAD sind zu ziehen. Die Stimmung ist oft hektisch, bedrohlich und abenteuerlich. Gemischt wurde von Guido Aalbers (NEMESEA u.a.) und gemastert von Pier Durk Hogeterp. Die Produktion war bestimmt kein leichtes Unterfangen, ist aber durchaus geglückt. Die Komposition und die Arrangements sind detailreich und ausgefeilt.
Sie hassen Götter, die norwegischen Black Metaller von MISOTHEIST. Sagt ja schon der Band-Name. „For The Glory Of Your Redeemer“ ist das zweite Album der Trondheimer, dessen Erscheinen mehrmals verschoben wurde. Nidrosian Black Metal, betitelt nach dem alten Namen der Heimatstadt, der drittgrößten Kommune Norwegens, steht ja in dem Ruf, exklusive Musik zu verantworten. Dazu passt die Kooperation der Label-Vertreter Terratur Possessions und Ván Records. Vor allem aber rechtfertigen die „nur“ drei Stücke die Erwartungshaltung. Klar, es ist in Teilen konventioneller Black Metal mit Verweisen (zum Beispiel) an URFAUST und ähnliche Vertreter, aber mit spannenden Wendungen – grenzüberschreitend zwar, aber doch innerhalb „gültiger“ Regeln. Im Mittelpunkt steht natürlich der mehr als 16-minütige, mächtige Opener „Acts Of The Flesh“, ergänzt durch das fast heimelige „Benefactor Of Wounds“ und das bisweilen gar dissonante „Rope And Hammer“. Ein beeindruckendes Trio stellen MISOTHEIST mit ihrem Sänger B. Kråbøl (auch ENEVELDE) bereit. Das verwundete Mittelstück gibt Herrn Kråbøl Raum zu fiesen, halligen Rufen mit knüppeliger Unterstützung. Doch bevor das Höhlendogma langweilt, holen melodische Gitarrenlicks den geneigten Hörer aus der Tiefe. Geil. Dabei sind die Skandinavier meist in mittleren Tempobereichen unterwegs, beziehen ihre Kraft also nicht aus dem Motto „schneller, höher, weiter“. Aber sie sind stets ein wenig abgedreht und immer sehr dramatisch. Und auf jeden Fall aber beeindruckend. Teuflisch sowieso. Das wahre Kunststück aber vollbringen MISOTHEIST mit ihrem Spagat zwischen dunkler Irrnis und warmer Emotion. So schön kann Black Metal sein, so hintergründig ist die Gotteslästerung im Nidrosianischen.
Der Blick auf das Cover des Solo-Projekts von C.L. (Ludvig Andersson) lässt Böses erahnen. Der Protagonist steht da wie weiland der Lattenjupp und trägt sein Kreuz. Doch wer jetzt an einen schwarzwurzeligen Nachwuchs-Kirchenanzünder denkt, der schnüffelt an der falschen Fährte. Die Songs enthalten Naturgeräusche, Spoken Words, blackmetallisches Knurren, Akustik-Instrumente, nur manchmal auch metallische Trademarks. All das kommt mit recht dünnem Sound, aber echte Gefühle brauchen eben auch keine dicken Produktionswände.
Und so passiert es, dass „Den Bästa Sommaren“ SOLSTAFIR-Feeling versprüht, das nachfolgende „Inkognito“ gar ein wenig Gothic-Flair. „Evig Är De Dödas Ryktbarhet“ überrascht mit Varieté-Atmosphäre und ,Skilt åt Att Förenas‘ gleicht einem Hörspiel aus der Kindheit des Schweden. Mit Papa und Schwester. Gequälte Black Metal-Vocals wechseln sich hier mit wunderschöner Akustik-Musik ab, die in jedem schwedischen Liebesfilm mit Pilcher-Touch einen Platz fände. Wirklich metallisch wird es selten, das mehr als achtminütige „Förgätmigej“ erinnert immerhin streckenweise an die eigentliche Schublade, in der GLÄDJEKÄLLOR mit der PR ihres Labels Talheim stecken. Wobei auch hier die Melodien viel zuckriger klingen als die Weisen, die der Schwede traurig dazu knurrt. „Jesuskomplex“ ist ein Album voller Widersprüche. Gegensätze, die am Ende zu einer Emotions-Collage verschmelzen – Post Black Metal mag es allenfalls sein, Shoegaze vielleicht, aber mit Depressive Black Metal à la SHINING hat das ganz und gar nichts zu tun. Wo sich Kvarforth blutig ritzt, erzählt der Ludvig hier schaurige Märchen. Die sind eben auch von Andersson, aber irgendwie viel trauriger. Ein schönes Album voller Traurigkeit, die so glaubwürdig davon kündet, dass der Solist hier Probleme mit der Musik kanalisiert. Gut so: große Trauer – voller Hoffnung. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät. Infos gibt es hier.