Mit „Broken Crown Halo” präsentieren die Italiener von LACUNA COIL ihr mittlerweile siebtes Studiowerk – und gleichzeitig das letzte, das mit Gitarrist Cris Migliore und Drummer Cristiano Mozzati aufgenommen wurde, denn beide verließen die Band im Frühjahr aus privaten Gründen und schweren Herzens, wie es hieß. Die weitere Entwicklung des Line-Ups ist also momentan noch offen, musikalisch bleibt man dem bewährten Rezept jedoch treu. Der Opener „Nothing Stands In Our Way“ stellt einen ebenso rockigen wie eingängigen Einstieg in das Album dar, dessen „Die Schöne und das Biest“-Konzept der beiden Gesangspartner Cristina Scabbia und Andrea Ferro schöne Kontraste ergibt, „I Burn In You“ ist deutlich ruhiger, aber nicht weniger melodiös geraten. Ähnliches gilt für das im Midtempo angesiedelte, schon fast etwas poppige „I Forgive (But I Won´t Forget Your Name)“. „Die And Rise“, bei dem Andrea Ferros Gesangsparts überwiegen, kommt ausgesprochen hart und düster daher, „In The End I Feel Alive“ glänzt an der Schnittstelle aus Gothic und Alternative Metal. Fazit: auch wenn gnadenlose Ohrwürmer mit sofortiger Wirkung rar sind, ist LACUNA COIL mit „Broken Crown Halo“ ein stimmungsvolles Album gelungen, dessen Melodien sich zwar nicht immer sofort festsetzen, nach mehrmaligem Anhören dann aber durchaus ihre Wirkung entfalten.
Das der duftig-dreckige Sleaze-Rock der Achziger wieder auferstanden ist und gerade fernab des sonnigen Kaliforniens im etwas kühleren Skandinavien wieder zum Leben erwacht, dürfte unlängst dank Szene-Größen wie HARDCORE SUPERSTAR, RECKLESS LOVE und CRASHDIET kein Geheimnis mehr sein. Doch etwas fehlt - etwas war besser in den 80’ern - gab es da doch Rock-Göttinnen wie JOAN JETT oder LITA FORD in blutjunger Frische.
Und wieder sind es die Schweden, die diese Lücke füllen: Denn VANITY BLVD haben mit Frontröhre Anna Savage Atemberaubendes aus dem eisigen Wasser gefischt. Mal mit etwas ruhigerer Stimme (wie in der Ballade „Falling Down“) oder etwas knackigerer (wie in „Dirty Rat“) trifft die obendrein noch hübsche Dame immer mit Feuer ins Korn.
Die Gitarrenarbeit der Schweden ist hart und ehrlich. Ein kräftiger, zeitgemäßer Sound aus den Black Lounge Studios (PAIN, OVERKILL) bringt dabei den Hörspaß zum Retro-Feeling. So klingt „Wicked Temptation“ so durchtrieben und gleichzeitig kraftvoll und frisch aus den Boxen, dass es doch tatsächlich eine Verführung ist, alte LITA FORD-Sachen aus- und VANITY BLVD in den Player rein- zu schieben. „Wicked Temptation“ ist definitiv eine Scheibe voller guter Rock-Nummern ohne große Schwächen, die sich nicht zu verstecken braucht. Hervorgehoben seinen hier vor allem das rebellische „Do Or Die“, das erwachsenere „Desperate Hearts“ oder das wunderschöne gefühlvolle „Had Enough“. Doch auch das ein wenig plakative „Miss Dangerous“ im MÖTLY CRÜE-Stil kann sich sehen lassen!
Für alle Glam-/Sleaze-/Hard Rock-Fans, Verstorbene und Neuerwachte.
MAYAN heißt Mark Jansens todesmetallischer Ausgleich zu Erst-Band EPICA. Nicht weniger als drei Jahre sind nun seit dem Erstschuss namens „Quarterpast: Symphonic Death Metal Opera“ vergangen. Ein Debüt-Titel, der Stil-beschreibend ist – wobei das „Death“ wirklich in Klammern gehalten werden sollte, findet man Elemente des Death Metal doch tatsächlich nur in den Grunts der Herren wieder. Der Rest lässt sich größtenteils als symphonisch, operesk, progressiv und teils sogar „modern“ bezeichnen: MAYAN – ein Wirrwarr aus allem, eine Mischung aus vielem.
Nicht weniger als fünf Mitglieder teilen sich hier den Platz hinter dem Mikro und auch für die Orchestrierung zeigten sich gleich zwei Herren verantwortlich (Driessen und Janson). Tatsächlich fragt man sich bei so mancher Instrumental-Passage, ob diese lediglich dem Erreichen einer epischen Spielzeit von über 62 Minuten dient und auch die Vocals harmonieren in meinen Ohren nicht immer bestens miteinander (Das Ende von „Burn The Witches“ oder Herr Basse in „Lone Wolf“ seien hier genannt). Dabei beweisen MAYAN stellenweise, dass sie auch anders können, kommt doch der Opener mit überraschender Eingängigkeit daher, weiß Frau Macrí ihre schöne Stimme im akustischen Intermezzo „Insano“ perfekt zu präsentieren und sind auch in „Human Sacrifice“ und „Capital Punishment“ viele gute Ansätze dabei, bis MAYAN es letztlich gen Ende wieder übertreiben und die Songs überladen – mit Background-Opera-Gesang, Bombast und Zwischenparts.
Ein Faustschlag ins Gesicht jedoch ist das Songwriting, sieht man hier von epischen Märchen und Heldentaten einmal ab und widmet sich der Politik: MAYAN hinterfragen auf „Antagonise“ unsere „Demokratie“ und die uns gewährte „Freiheit“ („Eniemies Of Freedom“, „Capital Punishment“). Spannend und eigentlich gradlinig – hätte man es nur auch so verpackt. Wirre Songstrukturen verschachteln diese Aussagen hier nämlich leider zu sehr …
Wer nun aber komplexen, kryptischen und mit Sopran-Gesang und Orchester durchzogene Stücke mit einem Hauch Härte in Form von Grunting und E-Gitarren mag, sollte „Antagonise“ ruhig mal antesten. Eher jedoch sollten Fans von EPICA, AFTER FOREVER und WITHIN TEMPTATION denn die von HYPOCRYSY oder EX DEO diesen Kampf wagen – MAYAN machen es einem nicht leicht.
THE UNGUIED – oder die führerlosen Ex-SONIC SYNDICATEler Richard Sjunnesson und Roland Johannsson und Anhängsel – sind zwei Jahre nach ihrem Debüt „Hell Frost“ zurückgekehrt und testen nun mit dem Nachfolger namens „Fragile Immortality“ die Grenzen ihrer Unsterblichkeit.
Verleugnen lässt sich die Ähnlichkeit der Schweden zu SONIC SYNDICATE mitnichten, haben wir es auch hier mit modernem, „peppigen“, melodischem Death Metal zu tun. Auch THE UNGUIDED setzen auf gute, markante Gitarrenarbeit, ein hämmerndes Schlagzeug, einen Mix aus Klar-Gesang und Grunts und ein tragendes Keyboard – steril und perfektionistisch gehalten, mit glasklarer Produktion. Fast könnte man sagen, dass alles perfekt (ja fast sogar zu perfekt) klingt, doch genau hier liegt das Manko: Was die Schweden mit „Fragile Immortality“ abliefern ist so gut wie der Vorgänger, klingt wie der Vorgänger und ist eben nicht unsterblich. Auf „Fragile Immortality“ gibt es keinen wirklich schlechten Song, doch auch eben keinen, der sich hervorhebt. Schade! Gut hörbar und doch irgendwie belanglos versinkt das Album letztlich in seiner Kurzlebigkeit.
Vier vermummte Gestalten, der Bandname „THE COMMITTEE“ (der sich auf einen s/w Film aus den 70’ern bezieht), der Titel „Power Through Unity“ plus ein Artwork das von drakonischen Künstlern nicht besser hätte entworfen werden können: Manch einen schreckt das ab – „Achtung, rechts!“ schreit es da – Bei dem internationalen Doom-BM-Projekt jedoch vollkommen zu Unrecht, spricht sich das anonyme Quartett (mit dem noch anonymeren Keyboarder) doch für eine vielschichtige und gewissenhafte Beleuchtung der doch so sehr umstrittenen Thematik des Stalinismus und des WKII. Lesenswert sind die Texte alle mal, schimmert doch hier und dort weit mehr als der allgemeine Wunsch durch, den Hörern die Augen zu Öffnen und diese zum Nachdenken zu bewegen (besonders interessant an dieser Stelle der Titeltrack, in dem es durch die Aussöhnung der UDSSR und des Deutschen Reiches durch den – für beide Parteien nutzlosen - Krieg geht und sich auch problemlos auf heutige Situationen beziehen lässt (…) ). Intelligent, aufklärerisch und unerkannt. Wie eine rostige Doom-Walze der Finsternis rollt der erste Fulltime-Player der Jungs daher, bedient sich dabei einigen überraschenden Breaks, schaurig-frostigen Akkustik-Parts und Wind-Samplern. Auch stimmliche Variationen und eine sanfte Akzentuierung mit Hilfe der fremd-importierten Keys (besonders berauschend in „The Last Goodbye“) sowie das eingespielte russische Liebeslied am Ende des Stalin-Orgel-Songs „Katherine’s Chant“ sorgen für Abwechslung und High-Lights. Eher auf den Erhalt der Atmosphäre, denn auf die klare Differenz einzelner Details besinnt, hat sich das Komitee der Geschwärzten für einen leicht sumpfigen Sound entschieden – was in Anbetracht zeitgemäßer Hochglanz-Produktionen doch gleich schon wieder für die Jungs spricht und der Scheibe einen ganz besonderen Charme verleiht.
BRAINSTORM gehörten in der ersten Hälfte der 00er Jahre zu den Bands, denen man einen Durchbruch auf breiter Front sowohl gegönnt, als auch zugetraut hatte. Warum es nicht geklappt hat, darüber kann man nur spekulieren. Ich denke, dass BRAINSTORM das passiert ist, was auch vielen anderen ambitionierten Bands schon passiert ist. Das Material wurde seit dem 2008er Output „Downburst“ zwar musikalischer, aber auch komplexer, und was sich beim wochenlangen Tüfteln im Studio für den stolzen Musikus geil anhört, muss auf den Bühnen dieser Welt noch lange nicht funktionieren. Und so ließen BRAINSTORM auf ihren letzten Alben den Mix aus Eingängigkeit und schierer Metal-Power der Alben wie „Metus Mortis“, „Soul Temptation“ und „Liquid Monster“ schmerzlich missen. Aber Schwaben sind ja als durchaus lernfähig bekannt und BRAINSTORM haben ohrenscheinlich sehr genau hingeschaut, was die Band einmal groß gemacht hat. Und so qualmt es bei „Firesoul“ (nomen est omen) an allen Ecken und Enden. BRAINSTORM schaffen es scheinbar spielend an ihre eigenen Großtaten anzuknüpfen und zimmern ein zugleich hartes, als auch melodisches Power Metal Brett, welches vollkommen zeitlos und unkitschig daherkommt. Bei einer Speed Granate wie „Descendants Of Fire“ bekomme ich wirklich Gänsehaut. Aber auch das epische „Recall The Real“ gehört zu den ganz großen Momenten. Frontmann Andy B. Franck gehört immer noch zu den herausragendsten Sängern im Metalzirkus und kann mit seiner Stimme viele Akzente setzen. Da auch der wuchtige, von Achim Köhler perfekt in Szene gesetzte Sound absolut state-of-the-art ist, gibt es an diesem Gesamtkunstwerk nix zu mäkeln. Artverwandte Combos wie MYSTIC PROPHECY müssen sich ganz warm anziehen, denn BRAINSTORM sind stärker zurück denn je.
Piet Sielck und seine Mannen landen ihren IRON SAVIOR nun bereits zum achten Mal auf der guten alten Mutter Erde. Im Vergleich zu den vorherigen Besuchen hat sich glücklicherweise wenig geändert. Auch IRON SAVIOR gehören zu der Sorte Bands, welche ihren einmal eingeschlagenen Weg nur marginal verändert. Im Falle von „Rise Of The Hero“ heißt das hymnischer Power Metal, welcher durch die kraftvolle, angeraute Stimme Sielcks unter tausenden ähnlichen Bands sofort zu identifizieren ist. Außerdem hebt das Science Fiction Konzept IRON SAVIOR von den meisten anderen Bands ab. Auch wenn die Progression bei IRON SAVIOR seit jeher eher in kleineren Dosen stattfand, so ist es doch ein wenig überraschend, dass „Rise Of The Hero“ am ehesten mit dem Debut der Hanseaten vergleichbar ist. Eine Speedgranate wie „Revenge Of The Bride“ klingt wie eine Fortsetzung von „Riding On Fire“. Obwohl Innovationen naturgemäß ausbleiben (oder auch gerade deswegen) macht das Album Spaß und Tracks wie „Fistraiser“ verfehlen ihre Wirkung nicht. Aber auch ihrer Liebe für eher ungewöhnliche Cover-Versionen gehen IRON SAVIOR nach und so trifft es nach „Crazy“ von SEAL (auf „Condition Red“) dieses Mal „Dance With Somebody“ von MANDO DIAO. Witzige Idee. „Rise Of The Hero“ ist ein weiteres höchst professionelles Album ohne den Hauch eines Kompromisses und kann von der Zielgruppe, die GAMMA RAY, PARAGON oder HELLOWEEN zu ihren Faves zählt, bedenkenlos abgegriffen werden.